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Depression, Angststörung und Co.: Wohin kann ich gehen? Diese Adressen helfen konkret

Psychische Erkrankungen sind kein Sonderfall. Wenn die Belastung zu groß wird, gibt es viele Hilfen – sogar ohne lange Warteliste!

Wenn das Knie schmerz oder der Kopf brummt, wissen wir genau, an wen wir uns wenden müssen. Und zumindest beim Hausarzt müssen wir nicht lange auf einen Termin warten. Doch wenn die Psyche belastet ist, sieht das oft ganz anders aus.

Es ist längst kein Tabu mehr, eine Psychotherapie zu machen. Prominente reden offen darüber, es wird immer bekannter, dass niemand „verrückt“ ist, der eine Therapie braucht oder wünscht. Immerhin sind laut Aussagen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) jedes Jahr 27,8 Prozent der Menschen in Deutschland von einer psychischen Erkrankung betroffen und etwa die Hälfte aller Menschen erlebt im Laufe seines Lebens zumindest einmal eine Depression, Angststörung oder andere psychische Erkrankung. Somit zählen seelische Belastungen nicht zur Ausnahme, sondern sind ein normaler, häufiger Bestandteil des menschlichen Lebens.

Lebensberatungsstelle hilft gegen Wartezeiten

Und doch gibt es noch immer viel zu wenige Therapieplätze, weil zu wenige Kassensitze zur Abrechnung freigegeben werden. Deshalb sind die Wartezeiten oft lang, sie betragen laut Bundespsychotherapeutenkammer durchschnittlich vier bis fünf Monate. Zur Überbrückung sind häufig Termine in einer Lebensberatungsstelle oder, für Kinder und Jugendliche, in einer Erziehungsberatungsstelle hilfreich. Dort arbeiten ausgebildete psychosoziale Fachkräfte, die zwar noch keine Therapie anbieten können, aber stabilisierende und klärende Beratung im Angebot haben. Kostenlose Anlaufstellen in der Region (z. B. von der Diakonie, Caritas und AWO) sind beispielsweise über den Online-Beratungsführer dajeb.de zu finden.

Beratungsstellen sind generell die richtige Adresse, wenn es nicht unbedingt um eine psychische Störung (oder nur mit leichten Symptomen), sondern eher um die Klärung schwieriger Lebensfragen und -situationen geht. Hier kann auch eine Seelsorge gute Dienste leisten. Seelsorge ist eine geistliche Beratungsform, bei der neben bekannten Beratungstechniken zusätzlich Aspekte des Glaubens einbezogen werden. Die Beziehung zu Gott kann in den Prozess integriert werden, auch das Gebet kann zu einem seelsorgerlichen Gespräch dazugehören. In vielen Kirchengemeinden gibt es Seelsorgeangebote, zudem lassen sich Adressen in Verzeichnissen wie cstab.de oder acc-deutschland.org finden.

Bei Krankheit hilft Psychotherapie

Wenn hingegen die Belastung Krankheitswert bekommt, ist auf Dauer Psychotherapie zu bevorzugen. Krankheitswert bedeutet, dass die Symptome (z. B. Ängste, starke Niedergeschlagenheit, ausgeprägte Antriebslosigkeit) so stark sind, dass sie die Funktionsfähigkeit im Alltag deutlich einschränken oder drohen, dies bald zu tun.

Psychotherapeutinnen und -therapeuten sind unter therapie.de oder über die Psychotherapeutenkammer des Bundeslandes (z. B. „Psychotherapeutensuche Psychotherapeutenkammer NRW“ in eine Suchmaschine eingeben) zu finden. Hilfreich sind auch die sogenannten Terminservicestellen der Bundesländer. Dort können Betroffene sich melden und bekommen dann einen ersten Kontakt zu einer therapeutischen Praxis vermittelt. In den sogenannten Sprechstunden können sie überprüfen, ob die „Chemie“ zum Therapeuten stimmt – wenn nicht, dürfen sie selbstverständlich wechseln. Klientinnen und Klienten sollten hier nicht zögern – wie bei körperlichen Symptomen dürfen sie erst einige Ärzte „testen“, bis sie den richtigen gefunden haben.

Versichertenkarte reicht

Psychiaterinnen und Psychiater sind übrigens Ärztinnen und Ärzte, die auf die Behandlung psychischer Erkrankungen spezialisiert sind. Sie bieten jedoch keine ausführliche Therapie an, sondern meistens nur gelegentliche Gespräche und Medikation. Dies kann anfangs oder zur Überbrückung sinnvoll sein, ersetzt jedoch keine gründliche Therapie.

Übrigens, ein häufiger Irrtum: Für den Besuch bei einem Psychotherapeuten braucht man keine Überweisung – die Versichertenkarte reicht völlig aus.

Bei besonders schweren psychischen Belastungen kann es sein, dass eine ambulante Behandlung, beispielsweise einmal pro Woche, nicht ausreicht. Dann kann eine Behandlung in einer psychiatrischen Klinik sinnvoll sein. Auch das kann in einer ambulanten Therapie geplant werden.

Melanie Schüer ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und Autorin (neuewege.me).

Gesunde Kinder

Die gute Nachricht zuerst: „Nach Einschätzung der Eltern weisen 94 Prozent der Kinder und Jugendlichen einen sehr guten oder guten allgemeinen Gesundheitszustand auf.“ Das ist ein wesentliches Ergebnis der „Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland“ (KiGGS), die heute veröffentlicht wurde. Sie umfasst den Zeitraum von 2009 bis 2012. Im Vergleich zur KIGGS-Basisstudie, die zwischen 2003 und 2006 erstellt wurde, rauchen Heranwachsende weniger und trinken weniger Alkohol. Dreiviertel der Kinder und Jugendlichen treiben regelmäßig Sport.

Die schlechte Nachricht: Immer noch haben Kinder aus sozial schwachen Familien ein höheres Risiko für bestimmte Erkrankungen.

Zu den häufigsten Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter gehören Allergien, allein neun Prozent der Kinder und Jugendlichen leiden an Heuschnupfen. Besonders häufig sind auch psychische Erkrankungen: Bei 20 Prozent der Befragten zwischen 3 und 17 Jahren wurden Hinweise auf psychische Störungen festgestellt.

Weitere Informationen: www.rki.de, www.kiggs-studie.de