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Spielplatz – Ort zwischen Kritik und echter Begegnung

Spielplätze können erfrischen oder runterziehen. Psychologin Tabea Müller über Einsamkeit, die Sehnsucht nach Kontakten und ihre Erfahrungen mit anderen Müttern.

„Ich freue mich immer darauf, mein Kind vom Kindergarten abzuholen. Ihr seid die einzigen erwachsenen Kontakte, die ich tagsüber habe.“ Mit diesem ehrlichen Geständnis berührte mich eine Mutter tief, als wir wieder einmal zusammenstanden, während die Kinder auf dem Spielplatz spielten. Wie vielen Eltern in meinem Umfeld es wohl noch so erging?

Der Einsamkeit entgehen

Laut dem Einsamkeitsbarometer 2024 ist diese Mutter kein Einzelfall. Die intensive Betreuung von Kindern oder Pflegebedürftigen ist häufig mit einer erhöhten Einsamkeitsbelastung verbunden. Obwohl Mütter von Kleinkindern selten allein sind und immer genug zu tun haben, fehlt oft ein echter, tiefgehender Austausch mit anderen Erwachsenen. Sowohl die Arbeit als auch Freizeitaktivitäten fallen erst einmal weg und hinterlassen ein Vakuum an menschlichen Beziehungen. Das Leben spielt sich zum Großteil in den eigenen vier Wänden ab – zwischen Wickeltisch, Babybett und Snacktellerchen. Doch um der Einsamkeit zu entgehen, brauchen wir Orte, an denen wir mit anderen zusammenkommen. Räume, die Gespräche, Entspannung und Vielfalt bieten, an denen unser Bedürfnis nach Begegnung und Austausch gestillt werden kann.

Der Soziologe Ray Oldenburg prägte 1989 dafür den Begriff der „Dritten Orte“. Er beschreibt damit neutrale Treffpunkte außerhalb von Familie (Erster Ort) und Arbeitsplatz (Zweiter Ort), an denen alle Menschen willkommen sind, frei kommen und gehen können und an denen Austausch möglich ist. Große Städte bieten in der Regel einige solcher Angebote, zum Beispiel kinderfreundliche Cafés. In ländlichen Gegenden ist die Auswahl „Dritter Orte“ dagegen oft spärlich. Was es jedoch überall gibt, sind Spielplätze.

Skepsis statt Sicherheit auf dem Spielplatz

Spielplätze sind der Inbegriff „Dritter Orte“, sie wurden als Wohlfühloasen geplant, sind kostenlos, niederschwellig und einladend. Erschaffen als Treffpunkt für Spaß, Austausch und Gemeinschaft. Doch meine Realität sah lange anders aus: Als frisch gebackene Mama mied ich Spielplätze. Ich empfand die Stimmung oft als skeptisch, beinahe feindselig. Bloß nicht zu lange die Schaukel besetzen oder die Sandsachen eines anderen Kindes benutzen … Spitze Kommentare anderer Eltern schienen stets in der Luft zu hängen. Kritik erlebte ich auch anderorts, im Laden oder auf der Straße. Fremde Menschen schienen sich an den skurrilsten Anlässen zu stören. Wie beispielsweise an meinem Babybauchwatschelgangschlurfgeräusch oder den nackten Füßchen meiner Tochter.

In dem Wirrwarr aus gut gemeinten Ratschlägen und ständig gefühlter Bewertung nagte die Unsicherheit an mir. Somit war ich auf der Hut, wollte mich unter Fremden nicht entspannen, auch nicht auf dem Spielplatz. Gemeinschaft erlebte ich genug: Wir lebten in einer tollen WG im Grünen und hatten häufig Besuch.

Tiefe Gespräche

Nach der Geburt unseres zweiten Kindes zogen wir um. Zwar wieder in eine Wohngemeinschaft, doch das Studienleben mit seinen interessanten internationalen Begegnungen und massig Zeit war vorbei. Mein soziales Netz verteilte sich in ganz Deutschland, und mein Wunsch nach lokalen Freundinnen wuchs. Ich sehnte mich nach Verbundenheit und Zugehörigkeit in meiner neuen Heimat. Also wagte ich mich wieder auf den Spielplatz.

Vielleicht lag es an den zusätzlichen Jahren an Lebenserfahrung und einer größeren Portion Gelassenheit, vielleicht auch an der Sehnsucht nach echter Begegnung. Ich weiß nur, dass ich nicht mehr im ständigen Selbstbeobachtungsmodus war, sondern bei mir und mit mir als Mama im Reinen. Ich stellte Fragen, die mich wirklich interessierten, und erlebte spannende Gespräche. Das Wetter und die eigenen Kinder ließen wir schnell hinter uns, sprachen lieber über aramäische Tattoos, Finanzkonzepte, Depression und Gott. Ich erlebte: Menschen erzählen gern, wenn man . Und doch dauerte es zwei weitere Jahre und ein Kind mehr, bis ich langsam anfing, Gesichter wiederzuerkennen und herausfand, welche Spielplätze zu welchen Zeiten besucht werden.

Eine Mutter und inzwischen Freundin hat es mir besonders angetan. Bereits bei unserer ersten Begegnung erzählte sie mir von tiefen Zweifeln, war ehrlich und schenkte mir ein Vertrauen, das ich noch gar nicht verdient hatte. Mitten auf dem Spielplatz saßen wir barfuß im Sand und ließen die Tränen laufen. Sie bewies mir, dass echte Begegnungen auch inmitten von Kindertrubel auf Spielplätzen möglich sind, wenn wir uns einander zumuten und wahrhaft zeigen.

Spontan auf dem Spielplatz Geburtstag feiern

Heute ist ein bestimmter Spielpatz ein „Dritter Ort“ für mich geworden. Oft treffe ich dort Menschen, die mich beim Namen kennen, die spontan meinen Geburtstag mit mir feiern. An manchen Tagen bringe ich Kaffee, Kuchen und Sandsachen mit. An anderen Tagen teilen andere mit meinen Kindern und mit mir. Wenn eines meiner Kinder hinter den Busch muss – leider in der Regel die einzige Spielplatztoilette –, passt jemand anderes auf meine Kinder auf. Wenn ich erschöpft und entnervt ankomme, wartet manchmal sogar eine Umarmung auf mich. Und wenn jemand ruft: „Entschuldigung, der Kleine klettert gerade das Klettergerüst hoch“, setzt mein Herz zwar immer noch einen Schlag aus, während ich losspurte. Aber anstatt Scham empfinde ich Dankbarkeit. Dafür, dass wir aufeinander achtgeben.

Dritte Orte sind wertvoll, weil sie uns mit Menschen verbinden, die anders denken, fühlen und leben als wir. Sie lehren uns Offenheit und Empathie, auch wenn unsere eigene Weltsicht nicht bestätigt wird. Die anderen Mütter haben sich vielleicht gar nicht so sehr verändert. Aber ich habe es. Heute sehe ich keine Kategorien mehr wie die „Rasenmähermama“ oder die „Verschleierte“. Ich sehe echte Menschen mit komplexen Geschichten, entdecke im Gegenüber stets einen Teil von mir und stelle eigene Glaubenssätze in Frage. Und immer wieder treffe ich dabei, ganz unverhofft, auch Gott.

Tabea S. Müller ist Psychologin und lebt mit ihrem Mann und drei Kindern in der Nähe von Karlsruhe.

Entwicklung von Babys: Nicht alle Tabellen sind hilfreich

Viele junge Eltern fragen sich, ob die Entwicklung ihres Babys gut verläuft und suchen im Internet nach Rat. Doch Vorsicht: Nicht jede Quelle ist wirklich zuverlässig!

Ein Blick ins weltweite Netz reicht aus – und schon finde ich Dutzende verschiedener Links zu Kalendern für die wichtigsten Entwicklungsphasen eines Babys. Ein Blick in viele verunsicherte und verängstigte Gesichter junger Mütter zeigt mir, mit wie viel Vorsicht all diese Tabellen zur Entwicklung zu genießen sind. Zu oft habe ich erlebt, dass es Eltern wortwörtlich den Schlaf raubt, weil ihr Kind einen bestimmten Entwicklungsschritt im vorgegebenen Zeitraum noch nicht gemacht hatte.

Eigenes Tempo

Damit will ich keinesfalls all diese Tabellen und Literatur verwerfen. Es kann hilfreich und wichtig sein, sich damit zu befassen, welche Entwicklungsschritte mein Kind gerade zu bewältigen hat. Es sollte sich dabei jedoch um verlässliche Quellen handeln. Und vor allem sollten Eltern bedenken, dass jedes Kind sein eigenes Tempo hat. Manche Babys drehen sich schon im zarten Alter von drei Monaten vom Rücken auf den Bauch, andere bewältigen diese herausfordernde Leistung eben mit sechs Monaten.

Manche Kinder fangen an zu „sprechen“, sobald sie aus dem Mutterleib geschlüpft sind (Sie merken, ich übertreibe), andere beschränken sich zwei Jahre lang auf die für sie wesentlichen Wörter. Und so könnte man viele Beispiele aneinanderreihen.

Meiner Beobachtung nach haben zudem sehr viele Säuglinge tatsächlich einen Entwicklungsschwerpunkt, also einen Bereich, den sie besonders stark „trainieren“ und in dem sie weiter sind als viele ihrer Altersgenossen. Andere Bereiche entwickeln sie dafür ein wenig später. Bei manchen ist es die Grobmotorik, bei anderen eher die Feinmotorik, das Lautieren oder das aufmerksame Beobachten. Durch intensives Zusammensein können Eltern diese für das Kind charakteristischen Themen herausfinden und ihr Baby unterstützen.

Der Blick aufs Kind

Einen guten Einblick in die wichtigsten Entwicklungsphasen bekommt man in den Elternbriefen vom Arbeitskreis Neue Erziehung. Und wer sich intensiver in das Thema einlesen möchte, ist mit Remo H. Largos Buch „Babyjahre“ gut beraten. Es liefert eine gute Übersicht über die Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern, ohne unter Druck zu setzen, bestimmte Entwicklungsschritte im festgelegten Alter bewältigt zu haben. Außerdem ist es sehr übersichtlich gegliedert und kann praktisch als Nachschlagewerk genutzt werden. Aber Vorsicht: Der Blick ins Buch ersetzt nicht den Blick aufs Kind – ich bin sicher, das wissen Sie!

Martina Parrisch war viele Jahre lang Hebamme und Stillberaterin und lebt in Berlin.

0 bis 2 – Gut entwickelt?

Elternfrage: „Wir sind seit ein paar Wochen Eltern und fragen uns: Macht es Sinn, sich mit den verschiedenen Entwicklungsphasen von Säuglingen zu beschäftigen?“

Ein Blick ins weltweite Netz reicht aus – und schon finde ich Dutzende verschiedener Links zu Kalendern für die wichtigsten Entwicklungsphasen eines Babys. Ein Blick in viele verunsicherte und verängstigte Gesichter junger Mütter zeigt mir, mit wie viel Vorsicht all diese Tabellen zur Entwicklung zu genießen sind. Zu oft habe ich erlebt, dass es Eltern wortwörtlich den Schlaf raubt, weil ihr Kind einen bestimmten Entwicklungsschritt im vorgegebenen Zeitraum noch nicht gemacht hatte.

Eigenes Tempo

Damit will ich keinesfalls all diese Tabellen und Literatur verwerfen. Es kann hilfreich und wichtig sein, sich damit zu befassen, welche Entwicklungsschritte mein Kind gerade zu bewältigen hat. Es sollte sich dabei jedoch um verlässliche Quellen handeln. Und vor allem sollten Eltern bedenken, dass jedes Kind sein eigenes Tempo hat. Manche Babys drehen sich schon im zarten Alter von drei Monaten vom Rücken auf den Bauch, andere bewältigen diese herausfordernde Leistung eben mit sechs Monaten.

Manche Kinder fangen an zu „sprechen“, sobald sie aus dem Mutterleib geschlüpft sind (Sie merken, ich übertreibe), andere beschränken sich zwei Jahre lang auf die für sie wesentlichen Wörter. Und so könnte man viele Beispiele aneinanderreihen.

Meiner Beobachtung nach haben zudem sehr viele Säuglinge tatsächlich einen Entwicklungsschwerpunkt, also einen Bereich, den sie besonders stark „trainieren“ und in dem sie weiter sind als viele ihrer Altersgenossen. Andere Bereiche entwickeln sie dafür ein wenig später. Bei manchen ist es die Grobmotorik, bei anderen eher die Feinmotorik, das Lautieren oder das aufmerksame Beobachten. Durch intensives Zusammensein können Eltern diese für das Kind charakteristischen Themen herausfinden und ihr Baby unterstützen.

Der Blick aufs Kind

Einen guten Einblick in die wichtigsten Entwicklungsphasen bekommt man in den Elternbriefen vom Arbeitskreis Neue Erziehung. Und wer sich intensiver in das Thema einlesen möchte, ist mit Remo H. Largos Buch „Babyjahre“ gut beraten. Es liefert eine gute Übersicht über die Entwicklung von Säuglingen und Kleinkindern, ohne unter Druck zu setzen, bestimmte Entwicklungsschritte im festgelegten Alter bewältigt zu haben. Außerdem ist es sehr übersichtlich gegliedert und kann praktisch als Nachschlagewerk genutzt werden. Aber Vorsicht: Der Blick ins Buch ersetzt nicht den Blick aufs Kind – ich bin sicher, das wissen Sie!

Martina Parrisch war viele Jahre lang Hebamme und Stillberaterin und lebt in Berlin.