Trageliebe

„Sollte ich mein Baby tragen? Was spricht dafür, was dagegen? Wie lange ist das gut für mein Kind und auch für mich?“

Für kleine Kinder ist Getragenwerden ein großes Plus hinsichtlich Wahrnehmung und Vertrauen. Über die Haut wird dem Kind beim Tragen ein positives Körpergefühl vermittelt, die eigene Begrenzung als Geborgenheitsgefühl verankert. Auch der Gleichgewichtssinn wird durch diese Art der passiven Bewegung stimuliert, kleine Blähungen lösen sich. Ganz natürlich lieben Kinder es, getragen zu werden. Und so hilft es Kindern oft aus Unwohlsein heraus. Eltern lernen ihr Kind kennen, je näher sie ihm sind.

TRAGEN, NICHT ERTRAGEN
Tragen sollte dennoch niemals zum „Ertragen“ werden. Wenn mit Ihrem Kind auf dem Arm verschiedene Tätigkeiten und Bewegungen nicht verrichtet werden können oder Ihr Körper ein „Genug“ signalisiert, nehmen Sie Ihre Grenzen ernst. Haben Sie mal ein Tragetuch ausprobiert? Damit schaffen Sie nicht nur Erleichterung, damit liegen Sie voll im Trend. Tragetücher und Tragesysteme gibt es in allen Bequemlichkeitsstufen, unter variationsreichen Gebrauchsanleitungen und in munteren Farben. Wussten Sie, dass die Hüftgelenke Ihres Kindes beim Tragen im Tragetuch in eine optimale Position geschoben werden können? Eine Position, in der die Hüfte sehr natürlich nachreifen kann, erreichen Sie, wenn Sie das Kind im Tragetuch zu sich gerichtet auf dem Bauch tragen. Ganze Nationen bevorzugen Tragetücher, um das eigene Kind unkompliziert bei sich zu haben und zu transportieren.

MOTIVE HINTERFRAGEN
Wenn Sie dennoch einen innerlichen Konflikt in Bezug auf das Hochnehmen Ihres Kindes erleben, prüfen Sie, warum Sie Ihr Kind hochnehmen möchten: Wann handelt es sich beim Aufnehmen Ihres Kindes um den eigenen Wunsch, Ihr Kind zu tragen, wann um eine Gelegenheit für Sie beide, wann um reine Forderung Ihres Kindes, wann um Erwartungsdruck durch das Umfeld und wann um wahre Notwendigkeit? Verwechseln Sie „Tragen“ nicht mit „Aufmerksamkeit geben“. Für Nähe brauchen sie Ihr Kind nicht hochnehmen. Legen Sie sich doch einfach runter zu Ihrem Kind auf den Boden. Es gibt echte Alternativen zum Tragen. Auch Menschen, die ihr Kind rein körperlich nicht heben können, können dennoch fantastische Eltern sein. Machen Sie sich frei von Druck und Erwartungen. Genießen Sie die gesunde Bindung zu Ihrem Kind. Wann immer Sie Ihr Kind tragen möchten, tun Sie es. Wenn Sie es schaffen, Ihrem Kind zu vermitteln, dass eine reine Erwartung an das Tragen nichtig ist, werden Sie gewisse Schemata durchbrechen und schnell Ihren persönlichen Mittelweg finden. Ein Kind zu tragen oder nicht zu tragen hat nichts damit zu tun, eine gute Mutter oder ein guter Vater zu sein. Und trotzdem kann Tragen so wunderschön sein.

Irina Kostic ist Kinderkrankenschwester, Autorin und Mutter von vier Kindern. Sie lebt mit ihrer Familie in Nordfriesland. www.irinakostic.de