Wahlfreiheit

Das Bundesverfassungsgericht hat das Betreuungsgeld gekippt. Im Anschluss daran tauchte ein Wort in den Kommentaren sowohl von Gegnern als auch von Befürwortern des Betreuungsgelds immer wieder auf: Wahlfreiheit. Alle wollen, dass Eltern frei entscheiden können, ob sie ihr Kind in den ersten Lebensjahren selbst betreuen oder ob sie es betreuen lassen. Aber das nehme ich den meisten Kommentatoren nicht ab. Denn wie können sie von Wahlfreiheit sprechen, wenn in ihrem Kommentar überdeutlich wird, dass sie ja am besten wissen, was gut für Eltern und Kinder ist?

Die Gegner des Betreuungsgeldes unterstellen, dass zu Hause betreute Kinder von Bildung ferngehalten werden. Sie reden von „veraltetem Familienbild“ und von „Herdprämie“. In ihren Augen findet „gute Betreuung“, in die das eingesparte Geld nun investiert werden sollte, offensichtlich in der Kita statt. Wahlfreiheit bedeutet für sie, dass Eltern eine passende, wohnortnahe Kita für ihr Kind wählen können. Befürworter des Betreuungsgeldes (zu denen ich auch gehöre), sind oft Gegner der U3-Betreuung (dazu zähle ich mich nicht, auch wenn ich die Frühbetreuung durchaus kritisch sehe). Auch sie fordern Wahlfreiheit für Eltern. Die besteht in ihren Augen allerdings darin, dass Familien vom Staat finanziell so unterstützt werden, dass sie es sich leisten können, von nur einem Einkommen zu leben. Schließlich sei es das Beste für das Kind, zu Hause betreut zu werden. Warum fällt es vielen so schwer, anderen wirklich das Recht einzuräumen, selbst und frei zu entscheiden? Ohne Vorwürfe und Diffamierungen – wahlweise „Rabenmutter“ oder „Heimchen am Herd“?

Natürlich hat auch das Betreuungsgeld mit seinen bescheidenen 150 Euro nicht wirklich zur Wahlfreiheit beigetragen. Echte Wahlfreiheit würde ein deutlich höheres Betreuungsgeld voraussetzen. Aber es war zumindest ein Anfang. Wenn nicht nur die Eltern vom Staat unterstützt werden, die ihr Kind betreuen lassen, sondern auch die, die es selbst betreuen, dann kommen wir der Wahlfreiheit schon etwas näher. Gute (!) Kitas muss es trotzdem geben.

Bettina Wendland

Family-Redakteurin

1 Kommentar
  1. Juliett sagte:

    Ich persönlich würde mich über Betreuungsgeld freuen. Mein einjähriger Sohn besucht noch keine Kita und auch das nächste Jahr möchte ich ihn gerne zuhause betreuen.
    Allerdings sehe ich auch eine gewisse Problematik, die in diesem Artikel nicht angesprochen wird. Ich habe in einer Kindertagesstätte gearbeitet, die sich in einem sozialen Brennpunkt befindet. Eine Familie hat 16 Kinder, eine andere 8. Man merkt den Kindern, wie auch den Eltern an, das sie in diesem Fall mit einer solchen Anzahl an Kindern und Geschwister eigentlich überfordert sind. Dennoch sind es häufig genau diese Eltern, die das Betreuungsgeld als erstes in Anspruch nehmen, um einen Zuschuss in der Haushaltskasse zu haben. Leider kann eben nicht immer eine ausreichende Betreuung zuhause gewährleistet werden und in bestimmten Fällen kann eine Verwahrlosung zunehmen.

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