3 bis 5 – Stressfrei reisen mit Kindern
Elternfrage: „Lange Autofahrten in den Urlaub oder zu Familienfeiern enden bei uns stimmungsmäßig immer in einer absoluten Katastrophe. Ich frage mich oft, ob sich der Stress überhaupt lohnt oder ob wir lieber daheimbleiben sollten. Habt ihr Empfehlungen für das Reisen mit Kleinkindern?“
Kids mitentscheiden lassen
Jedes Kind ist anders, und deshalb gibt es sicherlich keine Patentlösung zum Reisen mit Kindern. Aber gern teile ich mit euch, was bei uns gut funktioniert.
Verständnis und Geduld: Der beste Tipp, den mein Mann und ich auf unseren Reisen als Familie umsetzen konnten, ist, auf unsere Haltung gegenüber den Kindern zu achten und unsere Gefühle daran anzupassen. Wir wertschätzen sie, wenn sie geduldig sind und zeigen Verständnis, wenn ihnen der Weg zu lange dauert.
Realistische Erwartungen: Wir haben gelernt, uns von der Wunschvorstellung zu verabschieden, dass alles harmonisch läuft und jeder gleichzeitig eine gute Zeit hat. Eine lange Reise ist anstrengend, und das dürfen unsere Kinder auch äußern. Das Kind muss nicht einfach „da durch“, sondern wir versuchen es hindurchzutragen. Manchmal klappt das super und manchmal nicht so gut. Wir entschuldigen uns, wenn wir den Stress an unseren Kindern ausgelassen haben.
Mitspracherecht: Wir fragen die Kinder, was ihnen helfen würde. „Braucht ihr eine Pause?“ Vielleicht gibt es einen tollen Spielplatz, für den sich ein kleiner Umweg lohnt. Oder ihr könntet anhalten und ein spontanes Bewegungsspiel machen. Sowas wie: „Alle hüpfen jetzt, alle stampfen und alle machen, was das Kind sagt.“ So fühlen sich auch die Jüngsten ernst genommen. Pausen an kindergerechten Orten sind generell für uns eine gute Idee. Die Kinder haben Spaß, Bewegung und frische Luft.
Gella Scheven ist Erzieherin und Mama von drei Kindern.
Nachts fahren oder es sein lassen
Mein Mann und ich lieben weite Distanzen. Unser Erstgeborener ist mit uns einmal quer durch Europa im Van gefahren. Das war streckenweise auch nicht immer easy going, aber so richtig anstrengend empfinde ich lange Reisen erst, seitdem noch ein Kind inklusive Bedürfnisse Teil der Crew geworden ist. Trotzdem fahren wir jährlich mehrmals nach Schweden in unser Ferienhaus – über 14 Stunden eine Strecke. Das funktioniert. Zumindest dann, wenn wir die Nacht durchfahren und die Kinder schlafen. Und es lohnt sich. Weil wir uns vor Ort erfahrungsgemäß nach wenigen Minuten von den Strapazen erholt haben. Andere Reisen wiederum machen wir nicht mehr, weil Nervenaufwand und Genuss am Zielort nicht im Verhältnis stehen. Ich wäge deshalb vor jeder langen Fahrt gut ab und finde die Frage „Lohnt sich die weite Strecke für uns als Familie?“ völlig berechtigt. Wer dafür kein Verständnis hat, der stand noch nie in einem fiesen Baustellenstau auf der A8 am letzten Ferientag mit brüllenden Kindern auf der Rückbank.
Annabel Breitkreuz ist crossmediale Redakteurin. Über ihre Reiserouten durch Europa schreibt sie unter anderem in ihrem Buch „Wild.Frei.Authentisch – Aufbruch ins Abenteuer Familie“ (Brunnen Verlag).
Kurzstrecke mit Musik, Langstrecke mit dem Zug
Für meine Großstadt-Jungs (7+4) ist Autofahren nicht alltäglich. Nachdem wir knapp zwei Jahre kein eigenes Auto hatten, haben wir jetzt wieder einen alten „Pablo“ (Citroën Picasso) – quasi unser fünftes Familienmitglied. Am Wochenende fahren wir öfter zu unserem Campingplatz, der knapp zwei Stunden entfernt im Wald liegt. Die beiden Jungs schauen aus dem Fenster, manchmal spielen wir Tiere-Entdecken oder zählen Autos, die eine bestimmte Farbe oder Marke haben, schlafen, knabbern oder hören Hörspiele. Wir haben auch günstige LCD-Schreibtafeln (ähnlich wie eine Zaubertafel), auf denen sie im Auto malen können. Egal, wie lang die Fahrt ist, circa 20 Minuten vor Ankunft fangen sie meist an zu quengeln, besonders als sie noch jünger waren. Da hilft es nur noch, ihre Lieblings-CD von Rage against the Machine voll aufzudrehen und wild zu zappeln. Für längere Strecken nehmen wir am liebsten den Zug, da vergeht die Fahrt bei ein paar Partien UNO oder beim Vorlesen wie im Flug.
Anna Koppri ist Sozialpädagogin und Systemische Familientherapeutin. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.