Allein schwanger
Helen (25) war nicht mehr mit ihrem Freund zusammen, als sie ihre Schwangerschaft bemerkte. Also zog sie die Sache allein durch.
Irgendetwas war anders mit meinem Körper. Ich bemerkte ein Ziehen im Bauch und dachte: Entweder du bist schwanger oder du hast eine Zyste oder sowas. Ich machte einen Schwangerschaftstest. Der war positiv. Ich musste zuerst an meine Mutter und meine Tante denken. Beide haben ewig darauf gewartet, überhaupt schwanger zu werden und hatten mehrere Fehlgeburten. Und bei mir hat es einfach so geklappt – ohne dass ich es wollte. Bis dahin war ich eigentlich immer davon überzeugt, dass ich auch nur sehr schwer schwanger werden würde. Zu dem Zeitpunkt, als ich bemerkte, dass ich schwanger bin, war ich schon nicht mehr mit dem Vater meines Kindes zusammen. Und ich war mir auch ganz sicher, dass ich nicht mehr mit ihm zusammen sein will. Mir war klar, dass ich das allein schaffen musste. Eine Abtreibung war für mich keine Option, allein schon, weil es in meiner Familie so schwierig war, schwanger zu werden. Als ich meinem Ex-Freund von der Schwangerschaft erzählte, war er geschockt. Er hat gleich klargestellt, dass er mich, wenn überhaupt, nur finanziell unterstützen würde. Als Vater wollte er nicht auftreten.
EMOTIONALE BELASTUNG
Die Reaktion meines Umfelds war sehr unterschiedlich. Meine Familie hat sich gefreut. Sicher kamen Fragen nach dem Vater auf, aber sie haben die Situation schnell akzeptiert. In meinem Freundeskreis war es ähnlich. Auf der Arbeit war es schon ein bisschen anders. Viele haben sich für mich gefreut, aber es kamen auch kritische Fragen. Ich habe mich teilweise ganz schön bloßgestellt gefühlt. Ich habe erfahren müssen, dass andere schlecht über mich redeten. Das war furchtbar für mich. Allein schwanger zu sein, ist schon eine riesige emotionale Belastung. Man hat so viel, mit dem man klarkommen muss: die Angst vor der Geburt, die Fragen, warum der Papa nicht da ist … Und wenn man dann noch erfährt, dass andere einen schlechtmachen, ist das ein furchtbares Gefühl. Ein grauenhafter Moment war auch, als mich ein Kollege fragte, warum ich das Kind nicht einfach habe wegmachen lassen. Eine Abtreibung kam für mich nie in Frage. Auch wenn ich das Kind allein bekommen und großziehen würde. Das Kind allein zur Welt bringen zu müssen, war für mich zeitweise sehr schwer. Wenn man schwanger ist, gehen alle automatisch davon aus, dass man zu Hause einen liebenden Partner hat, der sich wahnsinnig darauf freut, Vater zu werden. Und der bei allen Vorsorgeuntersuchungen dabei sein möchte. Aber so ist es halt nicht immer. Eine Schwangerschaft an sich ist schon eine emotionale Achterbahn, aber wenn man allein ist, ist das Ganze noch viel heftiger.
Helen (Name geändert) ist inzwischen dreißig Jahre alt.
Protokoll: Priska Lachmann
*Weitere Artikel zum Thema Abtreibung gibt es in der Ausgabe 2/17.
Ich sitze hier und lese die Zeilen und denke an meine Schwangerschaft vor 9 Jahren zurück, meine vierte Schwangerschaft – zwei Fehlgeburten und ein 2 jähriges Kind. Und verheiratet mit einem Mann, der kein weiteres Kind mehr wollte. Eine einsame Schwangerschaft, allein schwanger. Da war kein gegenüber, der sich mitgefreut hat, der mich unterstützt hat, mich zu den Vorsorgeuntersuchungen begleitet hat. Eine sehr belastende Zeit. Ich bin froh über mein Kind, dankbar in und trotz allem Schweren. Wir sind als Familie – wieder – zusammengewachsen. Nicht einfach und nach wie vor belastend.