Baby mit Daumen im Mund; Symbolbild: GettyImages / ljubaphoto / iStock / Getty Images Plus

Dauerthema: Schnuller statt Daumen? Was hilft, weiß das Kind selbst

Darf ein Baby den Daumen benutzen, um sich zu beruhigen, oder muss es der Schnuller sein? Überlasst es dem Kind, rät Stillberaterin und Hebamme Martina Parrish.

„Mein Baby (5 Monate) verweigert partout den Schnuller und benutzt stattdessen lieber seinen Daumen, um daran zu nuckeln, wenn es müde ist oder sich beruhigen möchte. Ist der besser oder sollte ich es weiterhin mit dem Schnuller versuchen?“

Vor dieser Fragestellung stehen viele junge Eltern – und das schon seit Jahrzehnten. Allein daran erkennt man, dass es keine einheitliche Position zu diesem Thema gibt. Tendenziell neigen Kinderärzte, Logopäden, Zahnärzte und Kieferorthopäden dazu, den Schnuller zu empfehlen, und haben dabei auch gute Argumente an der Hand.

Schnuller oder Daumen – Für und Wider

Als Vorteile des Schnullers findet man immer wieder folgende Argumente aufgeführt: Er ist weicher, führt also zu weniger Zahnfehlstellungen. Seine Formen werden den anatomischen Gegebenheiten des Gaumens und Kiefers immer neu angepasst. Die Eltern können (zumindest über einen langen Zeitraum) entscheiden, wann und wie oft das Kind nuckeln darf. Und last but not least: Er kann leichter abgewöhnt werden als der Daumen.

Um vom Daumennuckeln abzuraten, wird häufig ins Feld geführt, dass der Daumen sehr viel härter und schmaler als ein Nuckel ist. Dadurch kann es zu falschen Schluckmustern, Aussprachefehlern und einer stärkeren Verformung des Kiefers bzw. Gaumens kommen.

Aus Neuseeland allerdings wurde eine Studie bekannt, die besagt, dass Daumenlutscher weniger Allergien gegen Gras, Wolle, Schimmelpilze und Katzenhaare haben. Ein weiterer eindeutiger Vorteil des Daumens liegt darin, dass er immer parat ist, nie gesucht und nie desinfiziert werden muss. Das Kind kann autonom entscheiden, wann es diesen Begleiter benötigt. Beide Arten des Saugens sollen allerdings im „Dauerbetrieb“ vermehrt zu Mittelohrentzündungen führen.

Das Kind weiß am besten, was es will

Sicher gibt es noch eine ganze Reihe anderer Für und Wider in dieser Diskussion, die sich auf Studien und wissenschaftliche Fakten beziehen. Für mich spielen andere Dinge aber eine sehr wesentliche Rolle. Das Saugen ist eines der Grundbedürfnisse eines Babys und spendet ihm häufig Trost, lässt es zur Ruhe kommen, hilft beim Einschlafen und erleichtert generell die Selbstregulation. Deswegen brauchen viele Babys mehr Möglichkeit zum Saugen, als das während einer Mahlzeit möglich ist. Dieses Saugbedürfnis ist am Anfang des Lebens besonders ausgeprägt und lässt mit dem Älterwerden langsam nach, da die Kinder nach und nach andere Mechanismen erlernen, die ihnen helfen, zur Ruhe zu kommen. Außerdem wird die Welt immer bunter für sie und es werden so viele andere Dinge interessant, die es zu erobern gilt.

Für mich steht ein Argument in vielen Bereichen über allen anderen: Trauen wir unseren Kindern doch einfach öfter zu (bis zu einem gewissen Grad natürlich!), selbst zu entscheiden, was sie brauchen und was ihnen guttut. Häufig klären sich dadurch sehr angespannte Situationen ganz von allein. Und zum Schluss sei noch meine eigene Erfahrung angeführt: Ein Baby, das sich für die Daumen-Variante entschieden hat, wird davon nur unter großen Anstrengungen abzubringen sein. Also freuen Sie sich an Ihrem kleinen, willensstarken Kind. Es weiß, was es will!

Martina Parrish war viele Jahre lang Hebamme und Stillberaterin und lebt in Berlin.