Elefant mit Blaubeeren

Wenn Kinder kreativ sind

Max hat einen blauen Elefanten mit grauem Rüssel gemalt, der aus einem pinken Eimer Blaubeeren isst. Stolz präsentiert er sein Bild. Seine ältere Schwester spricht das aus, was Sie jetzt vielleicht denken: Ein Elefant sei weder blau noch blau-grau und Blaubeeren esse er auch nicht. Max’ Schultern sacken bei jedem Wort seiner Schwester ein bisschen tiefer.

An einem anderen Tag bastelt Max ein Osternest – und das im Mai. Eigentlich sollte er doch etwas Schönes für Omas Geburtstag basteln. Und sonntags dauert es eine halbe Stunde, bis Max endlich alle Utensilien zum Basteln  zusammengesucht hat. Doch dann hat er nach sieben Minuten keine Lust mehr.

Max ist kreativ, er lässt seine Fantasie spielen, probiert aus, erfindet Neues. Er erreicht das eigentliche Ziel vom Kreativsein – den Weg dorthin. Das Ergebnis ist nur ein Ausdruck des Weges.

Eltern sind nur Assistenten

Wenn Ihr Kind etwas malt oder bastelt, fragen Sie: „Wie bist du auf diese Idee gekommen?“ Max hat sich zum Beispiel überlegt, dass der Elefant von den vielen Blaubeeren ganz blau geworden ist. Das ist kindliche Fantasie. Sie können ehrlich und anerkennend darauf reagieren: „Das ist aber eine lustige Idee von dir. Ich mag die grauen Elefanten wie im Zoo aber auch gerne.“

Über das Osternest hatte sich die Oma an Ostern so sehr gefreut und das soll sie am Geburtstag schließlich auch, denkt Max, der gerade so viel Spaß dabei hat, bunte Eier zu bemalen. Kreativität bietet Kindern vielfältige Möglichkeiten, das zu verarbeiten, was sie beschäftigt. Geben nicht Sie Ihrem Kind das Thema vor, lassen Sie sich es selbst wählen.

Kinder entscheiden auch, wann ihr kreatives Tun anfängt, unterbrochen wird oder aufhört. Bieten Sie Anreize durch Materialien und Ideen: „Vielleicht hält es mit Klebeband fester …“. Stellen Sie Zeit und Raum zur Verfügung und begleiten Sie als Assistent: „Ich halte dir die Pappe fest – damit du das kleben kannst.“

Wecken Sie die Vorstellungskraft Ihres Kindes, indem Sie ihm nicht zum Beispiel die Schablone von einer Ente geben, sondern mit ihm überlegen: „Wie sieht eine Ente aus? Was hat sie am ganzen Körper?“ Begegnen Sie Ihrem Kind mit Alternativen, ehrlichen Erklärungen und Kompromissen, wenn es an Grenzen stößt: „Du darfst dir fünf Streifen Klebeband abmachen, mehr leider nicht, weil es sehr teuer ist.“ Oder: „Lass mich für dich ein Loch mit dem Messer in den Karton schneiden, mit der Schere ist es zu gefährlich.“

Loben Sie Ihr Kind, zeigen Sie echte Anerkennung: „Du hast dir sehr viel Mühe gegeben, die Ente gefällt mir sehr gut.“

Frisuren für die Strichmännchen

Aber wie reagieren, wenn Ihr Kind ein weißes Papier nimmt, drei Strichmännchen draufkritzelt und sich dafür ein Lob abholen will? Reagieren Sie positiv auf das Gezeigte und motivieren Sie: „Ich finde, die Männchen könnten noch Frisuren gebrauchen. Und frieren die nicht – so ganz ohne Kleidung?“

Kreativität zu fördern, verlangt viel Muße und Geduld, beschert uns aber auch viel Freude, Faszination und Bewunderung der kreativen Wege und Werke unserer Kinder. Und sie ist eine unvergleichbare Möglichkeit, Kinder in all ihren Entwicklungsbereichen herauszufordern, dadurch zu fördern und blaubeeressende Elefanten kennenzulernen!

Juliane Schmitz ist Erzieherin sowie Erziehungs- und Entwicklungsberaterin. Sie arbeitet in einer evangelischen Kindertagesstätte in Köln.

Illustration: Thees Carstens

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  1. […] durch das Hören von Liedern und Geschichten viele Fähigkeiten geschult: Aufmerksamkeitsspanne, Fantasie, Sprachverständnis, Kreativität, die Möglichkeit zur Selbstregulation. Und auch wenn es Eltern […]

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