Die großen Linien sind wichtig!
Ein Plädoyer für eine Erziehung, die das Wesentliche im Blick hat. Von Kerstin Wendel
Ist es wichtig, dass unsere Tochter die Röteln-Impfung auf jeden Fall bekommt? Wäre es besser, den Kinderwagen mit den breiten Rädern zu wählen, damit man auch am Strand damit durchkommt? Soll ich meinen 15-Jährigen ermutigen, den Schüleraustausch nach Polen mitzumachen?
Detailfragen! Oft hängen wir als Eltern so richtig drin. Wir hangeln uns von einem Thema zum nächsten. Wir suchen Informationen zusammen, lesen Internet-Artikel oder Bücher, tauschen uns mit anderen Eltern aus. Wir nehmen vieles richtig ernst. Gut so. Es ist schön, dass viele von uns als Eltern verantwortungsbewusst und kritisch sind. Es geht ja schließlich um unsere Kinder!
Ich frage mich allerdings, ob wir nicht manchmal in der Gefahr stehen, uns ein wenig zu verzetteln und „die große Vision“ zu verlieren? – Was denn für eine große Vision? Damit meine ich einige wenige, aber wichtige Ziele, die wir im Zusammenleben mit unseren Kindern anstreben – in der Zeitspanne, die sie bei uns im Elternhaus verbringen.
Ein großer Bogen
Ich mag einen Walzer. Schostakowitsch, ein zeitgenössischer Komponist, hat ihn komponiert. Er ist Teil einer Suite für Jazz Orchester. Es gibt ihn aber auch bearbeitet für Klavier. Mit einem kleinen Trick kann man dieses Stück zum Klingen zu bringen: Man muss sich innerlich große Bögen vorstellen, sozusagen eine Perlenkette voller Töne, die eng aneinandergehören. Spielt man es mit dieser inneren Vorstellung, dann entsteht eine wunderschöne Melodie. Man kann es natürlich auch Ton für Ton spielen. Dann wirkt es nichtssagend und farblos.
Das ist mir zu einem Sinnbild für uns Eltern geworden: Die großen Linien in der Erziehung zu verfolgen ist so unendlich viel wichtiger, als tausend Detailfragen gut zu lösen.
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