In aller Freiheit

So leben wie alle anderen – das kommt für Annette und Tobias Lapp nicht in Frage. Sie wollen frei sein von gesellschaftlichen Konventionen. Doch in einem Punkt geht die Rechnung nicht auf …

Mein Mann und ich machen so einiges anders als die meisten anderen Familien, die wir kennen. Wir haben kein Auto – die meisten Entfernungen kann man ganz gut mit dem Rad und der Bahn zurücklegen. Wir haben auch keinen Fernseher – mit Internet und DVDs lässt sich der Bildschirmkonsum unserer Ansicht nach besser kontrollieren. Die Liste könnte noch ein bisschen weitergehen. Zum Beispiel haben wir unsere Kinder schon bekommen, während ich noch studiert habe. Besonders für meinen Mann galt schon immer das Motto: „Nur weil alle anderen etwas so oder so machen, mache ich das noch lange nicht!“ Bis hin zum Kleidungsstil ging es sogar so weit, dass er die Dinge ganz bewusst und absichtlich anders machte als alle anderen. Das mit der Kleidung habe ich in den acht Ehejahren mit ihm ganz behutsam ein bisschen korrigiert. Aber verstehen Sie mich nicht falsch – ich liebe die Individualität meines Mannes. Und die grundsätzliche Einstellung, sich nicht immer anzupassen, liegt mir durchaus auch.

Ins Gegenteil verkehrt

Die Dinge anders machen als „alle anderen“: Das bedeutet, mir nicht von irgendwelchen Trends vorschreiben zu lassen, wie ich mein Leben zu leben habe. Es bedeutet, so zu leben, wie es für mich und meine Familie sinnvoll ist und nicht dem hinterherzulaufen, was andere für sinnvoll halten. Das kann damit anfangen, scheinbar selbstverständliche Dinge einfach mal in Frage zu stellen. Muss man ein Mädchen wirklich rosa anziehen? Brauchen wir den besten Kinderwagen von allen? Muss jedes Kind sein eigenes Zimmer haben? Für meinen Mann und mich ist jedenfalls klar: Wir sind wir – und nicht automatisch Teil irgendeines Trends, nur weil er uns gerade überrollt. Was wir tun und lassen, wollen wir gut durchdenken. Aber an einem Punkt in meinem Leben hat mich der Wunsch, mir nicht von „allen anderen“ diktieren zu lassen, wie ich mein Leben führen muss, für eine längere Zeit unbewusst unter Druck gesetzt. Er hat sich verrückterweise letztlich in das genaue Gegenteil verkehrt und dazu geführt, dass doch wieder „alle anderen“ wider Willen der Maßstab für meine Pläne wurden.

4 Kommentare
  1. Romy Richter sagte:

    Hallo Annette, ich fürchte, so wie dir geht es fielen Müttern. Sich „ausgebremst“ zu fühlen, weil man sich lediglich um die Kinder kümmert, dafür vieles zurückstecken muss und keinerlei Anerkennung erfährt ist ein aktuelles Desaster. Nur ganz selten wird davon berichtet, was man eigentlich zurückbekommt und wie stark Elternschaft bereichert! Wer sind die Leidtragenden dieser Denkweise? Die Kinder. Was können sie dafür? Nichts. Für dich persönlich tut es mir leid, dass du den Eindruck hattest, so auf der Strecke geblieben zu sein. Es ist eine große Herausforderung als Mutter gut für sich zu sorgen- vor allem dann, wenn man ein anstrengendes Kind abbekommen hat oder auf wenig Unterstützung zurückgreifen kann. Ich wünsche dir von Herzen, dass Gott deinen Tank auffüllt und deine Bedürfnisse befriedigt. Er hat ein großes Herz für Mütter und entgegen den Trends unserer Gesellschaft schätzt er wert, was Mütter leisten und Er sieht auch, worauf sie verzichten. Was ich wirklich schade finde, ist, wenn Kinder diesem (politisch forcierten) Dilemma zum Opfer fallen. „Ich atmete auf, als die Kleine mit einem Jahr in die Kita ging“ !? Hast du dich vorher darüber informiert, was das für sie bedeuten wird? Hast du diese Entscheidung auch mal aus der Perspektive deiner Tochter betrachtet? Du schreibst, dass du nicht alles mitmachen willst, was andere machen. In diesem Punkt bist du aber voll eingestiegen. Eine gute Mutter wird man nicht, indem man die Anzahl der geborenen Kinder möglichst in die Höhe treibt- das stimmt wohl. Für mich zeigt sich gute Mutterschaft darin, bereit zu sein, dem Kind zu geben, was es braucht. Sich genau zu informieren und verantwortungsvoll Entscheidungen zu treffen- vor allem, wenn die Kinder selbst noch gar nicht mitreden können und auf unseren Schutz und unser „Wohlwollen“ angewiesen sind. Du kannst „anders“ sein, indem du nach Gottes Maßstäben entscheidest- das wünsche ich dir und deinem Mann von Herzen!

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    • annettelappAnnette Lapp sagte:

      Hallo Romy,
      danke für Deinen Kommentar. Ja, ich habe mich informiert, was es für mein Kind bedeutet, in die Kita zu gehen. Und gerade für die Große war es eine immense Bereicherung. Die ganze Familie hatte viel davon. Sie ist durch die Kita – die selbstverständlich mit Bedacht ausgewählt sein will – viel offener und selbstbewusster geworden. Außerdem, was wahrscheinlich noch gravierender ist: Die Familienatmosphäre war viel entspannter, ich war viel ausgeglichener seit sie dort hin gegangen ist. Was hat ein Kind von einer permanent gestressten, genervten Mutter, die sich eigentlich nur danach sehnt, etwas Freiraum zu haben? Nicht viel, meiner Meinung nach. Dann lieber Unterstützung von Außen (in diesem fall eben durch die Kita) suchen und die Zeit zu Hause viel entspannter miteinander genießen. Für uns ist es ein Segen, dass es Kitas gibt! Gottes Maßstäbe für mein Leben – genau die sollen meine Leitlinien sein. Bestimmt heißt das nicht, dass immer alles Friede, Freude Eierkuchen und ein Rundum-Wohlfühl-Paket sein muss; aber ich glaube nicht, dass er beabsichtigt, uns an den Rand unserer nervlichen Belastbarkeit zu bringen. Menschen sind verschieden und von Gott verschieden begabt. Meine Kinder fallen keinem politisch forcierten Dilemma „zum Opfer“. Sie haben ein liebevolles zu Hause (mit einer stabilen familiären Situation), in dem sie sich geborgen fühlen. Sie gehen in eine Kita, in der sie mit Begeisterung spielen. Und sie haben Eltern, die ihr zu Hause und ihren Beruf lieben. Kann das verkehrt sein? Ich habe diesen Artikel nicht geschrieben, um eine Diskussion darüber zu eröffnen, ob man Kinder in die Kita geben sollte oder nicht. Vielmehr wollte ich ausdrücken, was Du auch geschrieben hast: Entscheidend ist, was Gott für mein Leben möchte. Das ist meiner Ansicht nach eine sehr individuelle Angelegenheit. Und damit fühle ich mich momentan ziemlich gut im Einklang. 🙂
      Viele Grüße,
      Annette Lapp

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  2. k.f. sagte:

    danke für den ehrlichen und mutigen artikel liebe frau lapp! sie haben mir an vielen stellen aus dem herzen gesprochen. ich hatte auch den plan mit der 6-köpfigen famile, weil ich vierköpfige familien „spießig“ oder „langweilig“ fand. nun mit 2 süßen kindern und einem fertig-studierten beruf, den ich auch sehr mag und in dem ich jetzt erstmal pausiere, merke ich dass 2 kinder schon eine riesen herausforderung für mich sind. auch ich möchte nicht, dass ich mir aus falschem inneren ehrgeiz 4 kinder wünsche und dass ich mich dazu (wenn) in aller freiheit entscheide.

    herzlichst, k.f.

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  3. Susanne Bischoff sagte:

    Guten Tag Frau Lapp,
    ich verstehe Sie absolut, da ich in einer ähnlichen Situation bin/war: ich träumte von einer Grossfamilie, einfach nur, weil ich auch drei Geschwister habe und das als Kind sehr genossen habe. Dann kam unsere Tochter zur Welt und das Geschrei nahm kein Ende mehr! Etwa acht Monate lang Tag und Nacht. Vor allem wegen des Schlafmangels total am Anschlag. Als sie drei Monate alt war, ging ich wieder etwas arbeiten, nur damit ich einen Grund hatte, dem Gebrüll zu entkommen! Und natürlich auch, weil ich meinen Beruf liebe! Als sie eineinhalb Jahre alt war, suchte ich mir eine Tagesmutter, zu der sie heute noch liebend gern geht. Nun haben wir noch ein Mädchen bekommen, dreieinhalb Jahre nach der Geburt unserer ersten Tochter. Und siehe da, sie ist zum Glück sehr pflegeleicht. Es sind kaum drei Monate her, seit ich aus Zeitgründen mit arbeiten aufgehört habe. Aber ich spüre, wie ich unausgeglichen bin, weil ich meiner Arbeit nicht mehr nachgehen kann. Bestimmt werde ich wieder ein kleines Pensum übernehmen, damit mein Mann und unsere Kinder eine ausgeglichene Mama haben. Und auch ich fühle mich nicht mehr von mir selber genötigt, unbedingt eine Grossfamilie in die Welt zu setzen. Ich weiss, dass meine Kinder auch so genügend Möglichkeiten haben, mit anderen Kindern zu spielen. Sei dies auf dem Spielplatz, bei Nachbarn oder bei der Tagesmutter!
    In diesem Sinne wünsche ich Ihnen weiterhin, dass Sie sich alle Freiheiten nehmen, die für Sie und Ihre Familie stimmen.
    Liebe Grüsse, S.B.

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