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Medienpädagogin meint: „Im Handy schnüffeln ist wie Tagebuch lesen“

Der heimliche Blick ins Smartphone der Kinder ist ein No-Go, sagt Medienpädagogin Iren Schulz vom Medienratgeber ‚Schau hin!‘. Im Interview verrät sie, wie Eltern ihre Schützlinge trotzdem vor Mobbing und Kettenbriefen schützen können.

Dürfen Eltern Chats ihrer Kinder kontrollieren?

Dass Eltern wissen wollen, mit wem und über was ihr Kind übers Handy kommuniziert, ist grundsätzlich nachvollziehbar, da dahinter immer die Frage steckt: Geht’s meinen Kindern gut? Man muss sich trotzdem bewusst machen, dass heimlich im Handy zu schnüffeln nichts anderes ist, als das Tagebuch des Kindes zu lesen oder seine Briefe zu öffnen. Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre und sollen auch in ihren Räumen frei kommunizieren können. Dies findet seine Grenzen, wenn es um das Alter der Kinder geht. Dass die beliebtesten und weitverbreitetsten Messenger-Apps ab 16 sind – obwohl das jenseits unserer Realität liegt –, hat seine Gründe und zeigt, dass ihre Nutzung nicht ohne ist. Stichwort Datenschutz, Kettenbriefe, Cybergrooming, pornografische Fotos oder Videos, Mobbing. Diese Dinge kann man nicht einfach nur kontrollieren, indem man abends einmal Handykontrolle macht und alle Chatverläufe durchscrollt, sondern sollte im Gespräch miteinander bleiben und von Anfang an gute Regeln aufstellen.

Keine privaten Profilfotos!

Was für Regeln empfehlen Sie?

Begleiten Sie Ihr Kind bei den ersten Schritten mit den Messengern und richten Sie sein Profil gemeinsam und so sicher wie möglich ein: kein privates Profilfoto, den Status eingrenzen, einstellen, dass niemand Fremdes Kontakt aufnehmen kann. Auch Regeln sind wichtig, etwa keine privaten Infos wie Anschrift, Telefonnummer oder Fotos zu teilen, Bescheid zu sagen, wenn man Kettenbriefe oder doch mal Nachrichten von Fremden bekommt, reduzierte Bildschirmzeiten, fairer Umgang in Gruppenchats. Leben Sie einen guten Umgang vor! Die Kinder gucken sich viel bei ihren Eltern ab und wenn Sie die ganze Zeit mit Messengern verbringen und dort frank und frei alles Mögliche teilen, dann wird Ihr Kind diese Handlungsweise übernehmen.

Wenn mein Kind Opfer von Cybergrooming geworden ist oder ein Pornovideo bekommen hat, was muss ich unternehmen?

Ich empfehle, alles so gut wie möglich zu dokumentieren, indem man Screenshots von den Chatverläufen macht, damit man, sollte man sich beraten lassen oder sogar zur Polizei gehen und Anzeige erstatten, etwas in der Hand hat. Die Polizei ist da inzwischen gut aufgestellt. Man kann sich auch an Erziehungsberatungsstellen und das Jugendschutznetz wenden. Melden Sie dem Anbieter das Profil, der es dann sperren kann. Wichtig ist: Das Kind gut mitnehmen und mit ihm die Schritte besprechen.

Beratungsstellen helfen bei Mobbing

Und wenn es um Mobbing geht?

Da ist es gut, Täter und Opfer und auch die Eltern an einen Tisch zu setzen, miteinander zu sprechen und es erst mal zwischenmenschlich zu klären. Es geht darum, die Opfer zu schützen und zu stärken. Aber es geht auch darum, zu gucken, was den anderen Jugendlichen oder das Kind dazu gebracht hat, jemand anderen so fertigzumachen. Da stehen oftmals auch Verletzungen und Ängste dahinter. In manchen Schulen gibt es Sozialarbeiter oder aber Beratungsstellen, die dabei unterstützen können, sowie gute Deeskalationsprogramme.

Interview: Ruth Korte