Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

„Warum sind da nackte Frauen?“

„Auf dem Rummel ist unseren Kindern (7 und 9) aufgefallen, dass an vielen Fahrgeschäften halbnackte Frauen abgebildet waren. Sie fragten, wieso die Frauen so wenig anhaben und warum es keine Männer gäbe? Wie erkläre ich das altersgerecht?“

Es ist super, dass Ihre Kinder ansprechen können, was sie irritiert und ihnen komisch erscheint. Das Schöne an dieser Frage ist, dass Sie dadurch mit Ihren Kindern ganz natürlich über die Sexualisierung unserer Gesellschaft sprechen können – ein Thema, mit dem Kinder schon früh konfrontiert werden.

Häufig kommen Kinder im jungen Teenageralter über das Smartphone ungewollt in den direkten Erstkontakt mit Nacktbildern und pornografischen Inhalten. Deswegen ist es ein wertvoller Schutz, wenn Eltern schon im Grundschulalter thematisieren, dass es solche Bilder und auch Filme gibt, wie sie darüber denken und wie Kinder damit umgehen können.

EIN GESPRÄCH IN RUHIGER MINUTE

Falls ein Kind eine solche Frage mitten im Trubel der Kirmes ausspricht, können Eltern ruhig um etwas Aufschub bitten, damit sie diese – vielleicht auch etwas überfordernde – Frage nicht in Anwesenheit anderer Zuhörer beantworten müssen. „Das ist eine wirklich gute Frage, über die ich noch etwas nachdenken möchte. Wenn wir zu Hause sind, können wir darüber reden.“ Dann sollte man das Versprechen aber auch einhalten.

In einer ruhigen Minute können Sie dann kindgemäß und möglichst sachlich erklären, dass Nacktheit für Aufmerksamkeit sorgt. Männern fällt es schnell ins Auge, wenn Frauen wenig anhaben oder aufreizend gekleidet sind. Diese Vorliebe nutzen manche Menschen, um Geld zu verdienen. „Sex sells“ ist ein Motto, das in der Werbung sehr effektiv ist, auch im Kirmesgeschäft. Die Zielgruppe dieser Art der Werbung sind vor allem Männer. Und weil Frauen sich durch Nacktbilder eher weniger ansprechen lassen, befinden sich auf den Fahrgeschäften vermutlich auch keine Bilder von Männern. Hier können Sie hinzufügen, dass es ähnliche Bilder auch auf Plakaten, in Zeitschriften oder im Internet gibt.

WERTE WEITERGEBEN

Je nach Offenheit Ihrer Kinder könnten Sie nachfragen, was sie darüber denken und wie sie diese Bilder empfinden. Überlegen Sie auch, ob Sie mit beiden Kindern gleichzeitig oder lieber einzeln sprechen wollen. Unter Umständen öffnet sich eines Ihrer Kinder mehr, wenn Bruder oder Schwester nicht mithören. Ich halte es für sehr wichtig, zu betonen, dass Nacktheit grundlegend nichts Negatives ist. Gott hat Männer und Frauen in ihrer Männlichkeit und Weiblichkeit geschaffen. Und es war seine Idee, dass sich erwachsene Menschen anziehend finden. Gleichzeitig ist Nacktheit aber auch etwas sehr Persönliches und Schützenswertes. Sie könnten Ihre Kinder fragen, ob sie es gut fänden, wenn sie jeder nackt sehen würde. So kann man gut thematisieren, dass Nacktheit in manchen Situationen normal oder sogar wichtig ist, zum Beispiel im vertrauten Zuhause oder beim Arzt, in anderen aber eben auch nicht. Nutzen Sie diese Gelegenheit, und erzählen Sie in einem geschützten Rahmen, wie Sie das empfinden und geben Sie Ihre Werte kurz und knackig mit, ohne lange Vorträge zu halten.

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin. Sie lebt mit ihrer Familie in Remscheid und ist Mitarbeiterin bei Team.F. www.sonja-brocksieper.de
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com