Mehr Spielplatz, weniger Smartphone

Experten beobachten weltweit eine deutliche Zunahme der Kurzsichtigkeit. „Besonders die asiatischen Länder sind von dem unscharfen Sehen in der Ferne betroffen“, sagt Professor Dr. med. Karl Ulrich Bartz-Schmidt,  Ärztlicher Direktor der Universitäts-Augenklinik Tübingen und Präsident des diesjährigen Kongresses der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG). In China etwa sind in manchen Regionen bis zu 90 Prozent der Jugendlichen und jungen Erwachsenen kurzsichtig.

In Deutschland beträgt der Anteil derzeit 35 bis 40 Prozent. „Wir rechnen aber auch hierzulande mit einem starken Anstieg“, erklärt Professor Dr. med. Wolf Lagrèze, Leitender Arzt der Sektion Neuroophthalmologie, Kinderophthalmologie und Schielbehandlung von der Universitäts-Augenklinik Freiburg. „Die Gründe sind vermutlich veränderte Spiel- und Freizeitaktivitäten mit vermehrter Nutzung von Smartphones und iPads, verbunden mit intensivem Lernverhalten in Räumen, die wenig Tageslicht bieten“, so Lagrèze. In Asien verbringen Kinder viele Stunden täglich am Schreibtisch, um den Anschluss im Bildungsbereich nicht zu verpassen.

Aus der Analyse leiten sich Gegenmaßnahmen ab. So zeigt eine Studie in Taiwan, dass Schulkinder weniger kurzsichtig werden, wenn sie die Pausen draußen statt drinnen verbringen – Tageslicht schützt vor Brillenbedürftigkeit. „Untersuchungen belegen, dass es mindestens zwei Stunden Aufenhalt im Freien pro Tag sein sollten, wobei Lichtstärken von mindestens 10.000 Lux erreicht werden sollten“, erklärt Lagrèze. Zum Vergleich: Ein bewölkter Tag kann diesen Wert unterschreiten, ein gut beleuchteter Klassenraum bringt es auf maximal 500 Lux. „Um die Lichtintensität zu erhöhen, werden deshalb etwa in Singapur taghelle Schulzimmer erprobt“, so Lagrèze.

Ein zweiter Hebel setzt am Nutzungsverhalten von Smartphone & Co an. „Die Nutzung erfordert eine Nahsicht und findet häufig in Innenräumen statt – zwei Faktoren, die Kurzsichtigkeit fördern können“, erläutert Lagrèze. „Eltern sollten die Online-Nutzung ihrer Kinder deshalb kontrollieren und gegebenenfalls dosieren, in dem sie Alternativen anbieten und ermöglichen“, rät Lagrèze. Nach aktuellen Schätzungen sind zehn Prozent der Dreijährigen und 50 Prozent der Achtjährigen regelmäßig online.

„Zusammengefasst lautet die wichtigste Empfehlung: mehr Spielplatz, weniger Smartphone“, so Lagrèze. Zumal dieses Freizeitverhalten noch weitere positive Effekte hat – es verbessert die Stimmung und schützt vor Übergewicht. „Eine wirkungsvolle Maßnahme, die nichts kostet“, freut sich der DOG-Experte.

 

 

 

 

 

 

 

 

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