Nur eine Sache

Moor Jovanovski über Konzentration aufs Wesentliche.

Irgendwas ist immer!“ Diese drei Worte sprangen mich plötzlich an. Ich hatte mir gerade den Luxus erlaubt, einen Buchladen durchzustöbern. Zwischen den Regalen waren Magnete mit kleinen Weisheiten angebracht. „Irgendwas ist immer!“ – dieser Magnet kam mir wie ein Stoppschild vor. Er aktivierte mein schlechtes Gewissen. Ich fühlte mich beim Vertrödeln wichtiger Lebenszeit ertappt. Die Leichtigkeit war dahin, und ich stand wieder unter Strom. Stimmt, dachte ich. Irgendwas ist immer.

Gerade, als ich hinauseilen wollte, um meinem Leben wieder Effizienz zu verleihen, fiel mir ein, dass man diese Aussage auch mit einem Teilsatz erweitern könnte: „Irgendwas ist immer, also mach dich nicht verrückt!“ Meine Schritte wurden langsamer, und weitere Varianten für die zweite Satzhälfte fielen mir ein: „… also gönn dir mal eine Pause.“ „… also versuch nicht alles auf einmal zu lösen.“ Und dann noch eine weitere für mich wichtige Version: „… also vergiss die wirklich wichtigen Dinge nicht!“

Wirklich wichtig sind nur wenige Dinge, aber um diese muss man in unseren Zeiten wirklich ringen. Jeder macht sein Anliegen wichtig. „Irgendwas ist immer“ wird zu einem Lebensgefühl. Ständig poppen jede Menge Nachrichten auf unserem Display auf und buhlen um unsere Aufmerksamkeit.

Diesem Lebensgefühl begegne ich mit der „Kultur der einen Sache“. So habe ich meinen Entschluss benannt, die wirklich wichtigen Dinge in meinem Leben zu kultivieren. Ich habe festgestellt (und wen wundert das), dass viele automatisierte Abläufe in meinem Alltag zu finden sind: Der Griff zum Smartphone. Der Blick ins Mailpostfach. Die Sichtung der Aufgabenlisten. Sie sind deshalb automatisch, weil sie durch das Gefühl ausgelöst werden, dass ich danach schauen muss.

Diesen Selbstläufer habe ich für meine „Kultur der einen Sache“ genutzt. Ich habe mir sehr nüchtern überlegt, was mir die meiste Kraft gibt und was meine größte Quelle der Inspiration ist und bin bei diesen Überlegungen auf einen Psalm gestoßen, der zur Grundlage für diesen Selbstläufer geworden ist:

„Eins habe ich vom HERRN erbeten, danach trachte ich: zu wohnen im Haus des HERRN alle Tage meines Lebens, um anzuschauen die Freundlichkeit des HERRN und nachzudenken in seinem Tempel. Denn er wird mich bergen in seiner Hütte am Tag des Unheils, er wird mich verbergen im Versteck seines Zeltes; auf einen Felsen wird er mich heben.“ (Psalm 27,4+5)

Eine Sache! Eine einzige Sache, die tatsächlich das Wichtigste zu sein scheint: Gott sehen. Nachzudenken über seine Präsenz. Seine Freundlichkeit vor Augen haben. Geborgenheit erleben. Ein Zuhause spüren. Fundamente bekommen.

Die Sehnsucht danach versuche ich zu kultivieren, damit ich ganz automatisch nach Begegnungen mit Gott suche. Das Gefühl, auf meine Arbeit schauen zu müssen, weil irgendwas immer ist, bekämpfe ich nicht, denn es bringt mich auch voran. Ich habe vielmehr ein weiteres Lebensgefühl kreiert, dass es eine Sache gibt, die mir Kraft und Quelle ist und so stelle ich die Alarmzeit meines Weckers auf 05:25 Uhr. Hier ist die Ruhe, um meiner „Kultur der einen Sache“ nachzukommen. Denn danach ist immer irgendetwas.

Moor JovanovskiMoor Jovanovski hat zwei Kinder und ist verheiratet mit Monica.
Er arbeitet als Fachlehrer im Bereich Praktische Theologie am Theologischen Seminar Beröa.

 

 

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