Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Porno nein, Selbstbefriedigung ja?

„Meine Tochter (14) hat einen Text gelesen, in dem Teenager vor Pornografie und Selbstbefriedigung gewarnt wurden. Pornografie sehe ich auch problematisch, aber Selbstbefriedigung? Gehört das nicht zum Entdecken der eigenen Sexualität dazu?“

Es gibt Christen, die davon ausgehen, dass Selbstbefriedigung – als eine sexuelle Aktivität außerhalb einer Ehe zwischen Mann und Frau – Sünde ist. Manchmal wird auch die Bibelstelle 1. Mose 38, 8-10 aufgegriffen. Allerdings geht es an dieser Stelle um etwas anderes – den Versuch, Gott zu täuschen.

Eine eigene Bibelstelle zum Thema Selbstbefriedigung gibt es tatsächlich nicht. Die Frage danach, ob sie jungen Menschen wie Ihrer Tochter schadet oder nicht, beantworte ich daher aus einer anderen Sichtweise, nämlich aus der der sexuellen Entwicklung.

DIE ENTDECKUNG DES KÖRPERS

Bereits bei Kleinkindern kann man beobachten, dass sie gern an ihren Genitalien spielen. Sie tun das auch schon, weil es sich schön anfühlt und weil sie dabei eine kindliche Art von Lust empfinden. Diese hat noch nichts mit erwachsener Sexualität zu tun, ist aber bereits eine Art Selbstbefriedigung.

Mit der Pubertät kommt auch sexuelles Verlangen hinzu, wie wir es als Erwachsene kennen. Junge Menschen bekommen eine neue Lust, ihren Körper zu entdecken. Das ist, wie Sie schon selbst festgestellt haben, ein wichtiger Bestandteil der eigenen sexuellen Entwicklung. Viele Mädchen entdecken ihren Körper in dieser Zeit und lernen dadurch, an welchen Stellen sie Berührungen schön finden – und wie sie zum Orgasmus kommen können.

Es ist wichtig, dass dieser Prozess stattfinden darf. Er hilft Heranwachsenden, eigene Vorlieben und Wünsche herauszufinden und so besser zu einer mündigen Sexualität zu finden, die eine spätere Partnerschaft positiv beeinflussen kann. Ein Verbot oder das Erzeugen von schlechtem Gewissen hingegen können sich negativ auswirken. Schamgefühle und zwanghafte Versuche, das eigene sexuelle Verlangen zu unterdrücken, schlagen oft ins Gegenteil um.

WEDER ERMUTIGEN NOCH VERBIETEN

Nun ist dieses Thema aber für Jugendliche schambelastet. Es kann sein, dass Ihre Tochter es nicht näher mit Ihnen besprechen möchte. Was Sie tun können, ist, Gegengewichte zu solchen Artikeln wie dem von Ihnen angesprochenen bereitzustellen. Es gibt gute Bücher, die Heranwachsende in dieser Lebensphase positiv begleiten (s. Buchtipps). Wichtig finde ich dabei Ihre Rolle: Eltern sind weder in der Position, Kinder zu ermutigen, noch es zu verbieten oder gar mit Scham und Schuld zu besetzen. Sie können aber einen Rahmen für eine gute Entwicklung schaffen

Zu diesem Rahmen gehört auch die Auseinandersetzung mit Pornografie, die im Gegensatz zur Selbstbefriedigung tatsächlich problematisch ist. Kinder und Jugendliche kommen damit immer früher in Kontakt und sehen dort Szenen, die ihre Vorstellung von Sexualität und von Männern und Frauen prägen. Wichtig ist es, Jugendlichen klarzumachen, dass dies nichts mit der Realität zu tun hat – und dass auf Liebe beruhender Sex zwischen zwei Partnern ganz anders abläuft.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern- und Familienberaterin, lebt mit ihrer Familie in Kaufungen und bloggt unter www.eltern-familie.de.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

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  1. […] Kind auf seinem Rechner hatte. Aus Ihrem Brief können wir nicht ersehen, ob dieses Bild für ihn sexuell stimulierend gewesen ist, Sie mit ihm darüber gesprochen haben und was er selbst dazu gesagt […]

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