Sehnsucht nach Sicherheit

„Endlich kann ich in Ruhe und Sicherheit leben.“ Dieser Satz einer iranischen Christin, die vor einem Jahr nach Deutschland kam, hallt in mir nach. Ja, Deutschland ist ein sicheres Land für Christen und auch für Menschen anderer Religionen und Weltanschauungen. Immer noch! Auch nach dem Anschlag von Berlin.

Aber Sicherheit bedeutet nicht 100-prozentige Sicherheit. Die gab es noch nie. Auch wenn wir sie uns so wünschen! Gerade als Eltern. Wir investieren viel in die Sicherheit unserer Kinder. Kaufen Helme und Kindersitze mit Prüfsiegel. Stehen unter dem Klettergerüst, die Arme zum Ausbreiten bereit. Schließen Versicherungen ab. Kochen mit Biogemüse. Bitten Gott um Bewahrung.

Das ist alles gut und richtig. Aber es darf uns nicht die Augen davor verschließen, dass es 100-prozentige Sicherheit nicht gibt. Es passieren Unfälle, die wir nicht verhindern können und die auch Gott nicht verhindert – für uns oft kaum zu ertragen. Und es passieren schreckliche Gewalttaten – seien es nun terroristisch motivierte Anschläge oder kriminelle Taten.

Gerade sitzen wir an der Planung des Dossiers der übernächsten Family und FamilyNEXT. „Riskant oder sicher leben?“ lautet unser Arbeitstitel. Eigentlich geht es dabei mehr um die Frage der Lebensgestaltung: Kündige ich den sicheren Job? Kaufen wir ein Haus trotz unsicherer Finanzierung? Wagen wir uns an das Abenteuer „Pflegekind“? Riskieren wir ein zweites Kind, obwohl die erste Schwangerschaft komplikationsreich war? Gehen wir als Missionare ins Ausland?

Wir überlegen noch, ob und wie wir auch die andere Seite des Themas aufgreifen: Wie gehe ich damit um, wenn ich mich in meiner Heimat nicht mehr sicher fühle? Wenn ich Angst habe, auf den Weihnachtsmarkt zu gehen, zum Kirchentag nach Berlin zu fahren oder ein Fußballspiel zu besuchen? Wie halte ich es aus, dass meine Sehnsucht nach Sicherheit für meine Kinder nur begrenzt erfüllt werden kann?

Für mich persönlich ist ein Vers in der Bibel hilfreich angesichts solcher Fragen: „Gott hat uns nicht einen Geist der Furcht gegeben, sondern einen Geist der Kraft, der Liebe und der Besonnenheit“ (2. Timotheus 1,17). Mit dieser Haltung will ich meiner Angst und Sorge begegnen: mit Kraft, mit Liebe und mit Besonnenheit.

Ich habe die Kraft, diese Gesellschaft mitzugestalten. Wenn auch vieles nicht in meiner Macht steht. Das was ich tun kann, will ich tun.

Ich will anderen Menschen mit Liebe begegnen. Ganz besonders meinen Kindern – denn Liebe ist für Kinder noch wichtiger als Sicherheit.

Und ich will mich bemühen, besonnen zu reagieren auf Ereignisse wie in Berlin. Will die Situation nicht überdramatisieren und trotzdem auf den Weihnachtsmarkt gehen. Und zum Kirchentag fahren. Wenn auch mit einem leicht mulmigen Gefühl …

Bettina Wendland

Redakteurin bei Family und FamilyNEXT

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