Ein Paar – zwei Perspektiven: Taschengeld
Müssen sie alles vom Taschengeld bestreiten?
Katharina Hullen möchte, dass ihre Kinder den Wert des Geldes lernen. Aber sie sollten auch Freiheiten haben.
Katharina: „Können wir noch ein Eis essen?“ Noch bevor ich zu einer Entscheidung kommen kann, tönt schon die klare Antwort aus Haukes Mund: „Ihr könnt euch gerne ein Eis von eurem Taschengeld kaufen!“ Lange Gesichter bei den Kindern: „Also kein Eis!“ Da sie aber feine Antennen für Unstimmigkeiten zwischen uns Eltern haben, nehmen sie doch noch einen kleinen Quengelanlauf bei mir. Am Ende bleibt es bei keinem Eis – aber der beste Ehemann von allen und ich sind uns nicht immer einig, was die Kinder von ihrem Taschengeld bestreiten müssen und was nicht.
Darum gab es in den letzten Monaten auch harte Tarifverhandlungen im Hause Hullen. Die Gewerkschaftsvertreter trafen auf einen eher unbeugsamen Arbeitgebervertreter, welcher die Haltung vertrat: „Die Getränke, die ihr in der Jugendstunde für kleines Geld kaufen könnt, könnt ihr gut vom Taschengeld bezahlen!“ und „Wenn du lange Schultage hast und darum dreimal die Woche mit deinen Freunden Pizza essen gehst, bezahlst du das vom Taschengeld.“
Ich kann beide Seiten sehr gut verstehen. Das Budget der Kinder ist nicht so umfangreich, als dass sie all diese Ausgaben einfach so tätigen könnten. Sie müssen sich gut überlegen, wie viele Getränke sie beim Jugendabend in der Kirchengemeinde trinken und wie oft sie mit den Freunden auswärts essen gehen können.
Aber wollen wir nicht eigentlich, dass sie die Jugendstunde genießen und vielleicht auch mal einen Freund auf ein Getränk einladen können? Sollen sie wirklich darüber nachdenken müssen, ob sie noch ein zweites Getränk nehmen? Andererseits ist das Taschengeld dafür da, den Wert des Geldes zu erkennen und den verantwortungsbewussten Umgang damit zu lernen. Wenn alles von Mama und Papa übernommen wird, entfällt dieser Effekt. Sie lernen erst später oder nie, gute Entscheidungen mit ihrem Geld zu treffen und mit Verzicht oder Mangel klarzukommen.
Am Ende der Verhandlungen kamen wir zu einem Kompromiss: Wir erhöhen das Taschengeld um ein Getränk pro Woche und geben dem Oberstufenkind etwas Verpflegungsgeld zusätzlich. Alles darüber hinaus wird vom Taschengeld bestritten.
Interessant finde ich hier wieder einmal die unterschiedlichen Prägungen. Hauke selbst hat als Jugendlicher einen guten Teil seines Taschengeldes in Pommes, Pizza und Co. investiert, da seine Eltern nicht bereit waren, dafür Geld herauszurücken. Vielleicht ist es ihm darum so wichtig, dass die Kinder selbst für ihr Eis und ihre Burger aufkommen.
Grundsätzlich fällt mir auf: Unsere Kinder fragen uns nach mehr Taschengeld, weil sie einerseits mehr ausgeben wollen, aber andererseits auch, weil sie erhalten wollen, was sie haben. Vor die Entscheidung gestellt, Eis vom eigenen Geld zu bezahlen oder zu verzichten, wählen sie stets „kein Eis“. Vielleicht haben sie ja doch schon was gelernt!
Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache in Elternzeit. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.
Immer schauen sie auf mein Portemonnaie!
Hauke Hullen ist genervt, wenn seine Kinder sparen wollen und gleichzeitig alle Ausgaben auf Papa abwälzen.
Hauke: „Können wir noch ein Eis essen?“ Wann immer wir als Familie einen Ausflug unternehmen, kommt irgendwann diese Frage aller Fragen. Jahreszeitlich bedingt mal abgewandelt in der Pommes- oder Crêpes-Version, aber immer verbunden mit großen hoffnungsvollen Kinderaugen, die schmachtend auf Pommes und Papas Portemonnaie schauen.
Nun stehe ich ungesunden Snacks durchaus nicht abgeneigt gegenüber – was mich aber stört, ist die Tatsache, dass ich den ganzen Spaß bezahlen soll. Natürlich ernähre ich meine Familie gerne und üppig, doch selbst wenn wir uns gerade erst von der heimischen Tafel erhoben haben, beginnen bei der nächsten Leuchtreklame die Sirenengesänge von der Rückbank, die mir die Spendierhosen andichten wollen.
„Klar kannst du dir ein Eis kaufen, dafür bekommst du ja Taschengeld“, ist meine Standard-Replik, welche ebenso standardisiert mit Augenrollen und Unverständnis quittiert wird. Als ob meine Kinder ihr Taschengeld für derlei Zeug ausgeben würden, wenn doch die elterliche Geldbörse mit ihren unendlichen Weiten in der Nähe ist!
Hier stoßen wir auf ein interessantes Phänomen: Laut Paragraph 110 des Bürgerlichen Gesetzbuches darf ein Minderjähriger den unsinnigsten Tand kaufen, „wenn der Minderjährige die vertragsmäßige Leistung mit Mitteln bewirkt, die ihm zu diesem Zweck oder zu freier Verfügung von dem Vertreter oder mit dessen Zustimmung von einem Dritten überlassen worden sind“. Also mit dem Taschengeld. Und obwohl Eltern den Kindern eigentlich nicht reinreden sollten in ihre Kaufentscheidungen, haben wir uns doch schon alle den Mund fusselig geredet, um das Kind davor zu bewahren, seine Ersparnisse in überteuerten Nepp zu investieren. Doch diese Zeiten sind bei meinen Töchtern vorbei – inzwischen bin ich derjenige, der sie zum Kauf von unnötigem Fastfood animieren muss! Aus reinem Selbstschutz!
Leider mit wenig Erfolg. Obwohl gerade erst im Teenager-Alter angekommen, sparen sie eisern für Führerschein und Eigenheim. Für die Finanzierung dekadenter Genüsse, auf die sie trotzdem nicht verzichten wollen, sollen aber die Eltern aufkommen. Problematischerweise werden sie dabei unterstützt von der besten Ehefrau von allen: Katharinas Mutterherz kann vermutlich die Vorstellung nicht ertragen, dass unsere Kinder unterzuckert vor sich hinleiden, weil sie ihr Taschengeld nicht ausgeben wollen. Um diese Not von Mutter und Meute zu lindern und um der ständigen Bettelei den Nährboden zu entziehen, gab es nun mehrfache außerplanmäßige Taschengelderhöhungen.
Die Kinder sind bislang sehr zufrieden. Sie können nun noch mehr sparen – und liegen mir weiterhin in den Ohren.
Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.