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Nachgehört: Diese Hörspiele und Podcasts eignen sich für Kinder

Hörspiele und Podcasts machen nicht nur Spaß, sondern helfen Kindern auch in der Entwicklung. Diese Serien und Abspielgeräte sollten Eltern kennen.

Rumms. Jule schmeißt ihren Rucksack in die Ecke und stapft in ihr Zimmer. Es ist nicht leicht, ein Vorschulkind zu sein. Viele Erwartungen, Eindrücke und eigene Ansprüche paaren sich mit ungeliebtem Essen, Streitereien mit Freunden und dem Kummer über das T-Shirt, das Mama heute Morgen rausgelegt hat. Jule braucht jetzt dringend eine Pause. Zum Runterkommen. Zum Abschalten. Zur Neusortierung. Sie wartet darauf, dass ihre Mutter ihren Lieblingspodcast startet, der dann über WLAN aus der Box in ihr Zimmer schallt, schnappt sich Kuschel-Fohlen Ferdinand und macht es sich auf ihrem Bett gemütlich.

Ein Zimmer weiter fährt ihr kleiner Bruder Jonte seine Autos von links nach rechts. Auch für ihn war der Tag im Kindergarten anstrengend. So viele Regeln, so viele Grenzen, so viel, was noch nicht geht. So viel, was er noch lernen muss. Und so viel, was er – mit seinen zweieinhalb Jahren – noch nicht versteht.

Was er dagegen versteht: was ihm jetzt guttut. Und das ist eine kleine Pause. Es fühlt sich richtig an, jetzt die Autos von links nach rechts zu schieben, dabei leise Brumm-Geräusche zu machen und sich anschließend vielleicht noch ein bisschen auf dem Teppich rumzukugeln. Untermalt von Kinderliedern. Jonte hat sich seinen Lieblings-Tonie mit kurzen Geschichten und Liedern auf die Tonie-Box gestellt und hört – immer mal wieder – gespannt zu.

Warum Hörspiele?

Jule und Jonte nutzen – wie die große Mehrheit der Kinder – Hörspiele zur Entspannung. Super für die Eltern, werden doch durch das Hören von Liedern und Geschichten viele Fähigkeiten geschult: Aufmerksamkeitsspanne, Fantasie, Sprachverständnis, Kreativität, die Möglichkeit zur Selbstregulation. Und auch wenn es Eltern zuweilen in den Wahnsinn treiben kann: Gerade das wiederholte Hören von Lieblingsgeschichten ist essenziell für die Sprachentwicklung: Neue Wörter werden gelernt und verinnerlicht, der Sprachwortschatz wächst.

Darüber hinaus bieten Hörspiele Kindern eine Erweiterung ihrer Erfahrungswelt an. Egal, ob es sich um neue Situationen wie den Schuleintritt oder die Ankunft eines Geschwisterchens handelt, ob es in dem Hörspiel um das Thema Freundschaft, Trauer, Zähneputzen oder Mut geht – die Geschichten von Feuerwehmann Sam, Bobo Siebenschläfer, Ponyhof Apfelblüte oder von Greg und seinem Tagebuch trösten die jungen Zuhörer, ermutigen sie, erklären ihnen die Welt und vermitteln wichtige Werte.

Was ist das richtige Abspielgerät?

Dabei ist es Geschmackssache, ob der Nachwuchs die Hörspiele via Streamingdienst, auf CD oder mittels einer (Tonie-, Tiger-, Hörbert-)Box konsumiert. Plattformen und Abspielmöglichkeiten gibt es mittlerweile immer mehr. Zeitbegrenzungen – entweder aus Speicherkapazitätsgründen oder weil Eltern einen Timer einstellen können – sorgen für Beruhigung der elterlichen Nerven, damit das Gedudel aus dem Kinderzimmer nicht zur Dauerbeschallung mutiert. Gemeinsam mit den Kindern können Eltern zudem aussuchen und besprechen, was sie da gerade hören.

Die Vorteile der Streamingdienste wie Spotify (kids), Deezer, AppleMusic, Play-Europa, Bookbeat, Audible etc. sind, dass sie (beim Familienabo) von mehreren Familienmitgliedern gleichzeitig genutzt werden können, eine Vielzahl an verschiedenen Hörspielen und -büchern zur Verfügung stehen, man die Geschichten auch offline hören und auf verschiedene Abspielgeräte (Sprachassistenten, Bluetoothboxen, WLAN-Lautsprecher) übertragen kann. Außerdem kann man (abgesehen von den reinen Hörbuchportalen) auch Podcasts streamen.

Tonie-Figuren können selbst bespielt werden

CDs sind super leicht in der Handhabung, kostengünstig und bieten eine gute Übersicht im Regal. CD-Abspielgeräte finden sich jedoch nicht mehr in jedem Haushalt, geschweige denn Kinderzimmer, zumal die silbernen Tonträger leicht zerkratzen.

Auch schön im Regal sehen die Tonie-Figuren aus, die darüber hinaus auch noch zum Spielen anregen. Die sogenannten Kreativ-Tonies können entweder selbst besprochen oder mit gekauften Hörspielen im mp3-Format bespielt werden. So kann die Oma auch aus 400 Kilometer Entfernung eine Gutenachtgeschichte vorlesen oder ein Schlaflied singen.

Die Tiger- und Hörbert-Box werden dagegen mit SD-Karten bespielt, die wenig Platz wegnehmen, leicht eigenständig bespielt werden können, jedoch gerade für kleinere Kinder nicht gut selbstständig ausgewählt und gewechselt werden können.

Welche Hörbücher und Podcasts eignen sich für Kinder?

Doch was bietet sich nun an für die Kleinen und noch nicht ganz so Großen? Kinderbuchklassiker sind heute noch beliebt, und so schallen die Geschichten von Erich Kästner, Astrid Lindgren oder Otfried Preußler durch viele Kinderzimmer. Auch die „5 Freunde“, das christliche Pendant der „5 Geschwister“, „Hanni & Nanni“, „die drei ???“ oder „die drei !!!“ (gern auch in der Kids-Variante für die Jüngeren), Pferdegeschichten wie die vom Ponyhof Mühlental, Apfelblüte oder Liliengrün oder von „Bibi & Tina“ finden ebenso beständig viele begeisterte Zuhörerinnen und Zuhörer. Christliche Hörspiele wie „Ben und Lasse“, „Der Schlunz“ oder „Leonie – Abenteuer auf 4 Hufen“ findet man genauso wie „Emmi – Mutmachgeschichten für Kinder“, „Die 3 vom Ast“, „Flo, das kleine Feuerwehrauto“ oder „Freddy, der Esel“.

Für wissensdurstige Kinder gibt es die beliebten „WAS IST WAS“-(Junior)-Bücher zum Hören, genauso wie die Reihe „Wieso? Weshalb? Warum?“. „1.000 Themen“ vermittelt eigenen Angaben zufolge alles, „was Kinder wissen wollen“, genauso wie die Geschichten rund um „Die kleine Schnecke Monika Häuschen“, die viel vom Ganter Günther und Schorsch dem Regenwurm lernt. Daneben beantworten die ständig wachsende Anzahl an Wissens-Podcasts wie „Rund um die Welt mit Fuchs und Schaf“, „Frag mich! – Die Nachrichten und ich“ vom Bayrischen Rundfunk und der ARD, „Kinari“ – der Kindernachrichten-Podcast, der Podcast der beliebten „logo!“-Nachrichten sowie „Eric erforscht“, „Die Umweltdetektive ermitteln“, „Weißt du’s schon – der Quiz-Podcast“ oder die „Ö1 Kinderuni“ Kindern zwischen fünf und zwölf Jahren (fast) alle Fragen.

Welche Podcasts hören Kids?

Überhaupt Podcasts: Was bei den Erwachsenen beliebt ist, mögen auch Kinder. Podcasts für Kinder gibt es immer mehr, Woche für Woche (oder monatlich) mit neuen Folgen. „Mira und das fliegende Haus“ zum Beispiel: Ein liebevoll gemachter Podcast, in dem Kindern zwischen vier und acht Jahren Werte wie Selbstliebe, Hilfsbereitschaft, Vergebung, Teilen nahegebracht wird. Auch in den Podcast „Einfach himmlisch“ lohnt es sich, reinzuhören. Dort erzählt eine Pfarrerin christliche Geschichten für Kinder in unter drei Minuten. Der Kinderbibelpodcast „Was glaubst du denn?“ widmet sich dagegen rund 30 Minuten einer biblischen Geschichte. Die Sendung mit der Maus kann ebenfalls als Podcast nachgehört werden.

Wer sich ein bisschen reinfuchst, findet für jeden Wissensbereich, jedes Interesse und jede Altersstufe ein Hörspiel, Hörbuch, Liederhörbuch (oder -hörspiel) oder einen Podcast. Egal, ob sich der Nachwuchs gerade für Musik, Kochen, Natur, Glaube, Tiere, Geschichte, Erdkunde oder Erfindungen begeistert. Recht neu im Portfolio ist die App „Hearooz“, eine reine Kinder-Podcast-App. Ob Kindernachrichtensendungen, Hörspiele (im Abo), Podcasts zu Religion, Sport oder Tieren – eine größere, detailliertere Podcastübersicht für Kinder gibt es derzeit nicht. Und wenn Mama oder Papa ihr Handy oder Tablet nicht abgeben wollen, kann man via WLAN oder Bluetooth die Podcasts auch streamen.

Ein kleiner Haken

So toll das alles ist, einen Haken gibt es trotzdem. Während das Vorlesen ein gemeinschaftlicher Akt ist, isoliert einen das Hören von Geschichten. Es gibt wenig Kommunikationsanreize, und Kinder werden, gerade bei gruseligen oder doch noch zu spannenden Geschichten, mit ihren Gefühlen allein gelassen, lautet die Kritik. Und so ist es wie bei allem anderen: Die richtige Mischung macht’s! Wenn die Eltern gerade mal keine Zeit oder Lust haben oder die Kinder eine Pause – ja, auch von den Eltern – brauchen, sind Hörspiele super. Neue Formate oder Folgen können mit den Kindern zunächst zusammen angehört und bei Bedarf im Anschluss besprochen werden, damit die Kinder das, was sie gehört haben, auch richtig einsortieren können. Hörspiele ersetzen aber nicht das Vorlesen.

Jule freut sich schon darauf, die neue Folge von „Wieso? Weshalb? Warum?“ am Samstagmorgen nach dem Frühstück mit ihrem Papa zu hören und dabei auf dem Sofa zu kuscheln, während Jonte in seinem Zimmer mit Mama Duplo baut und mit seinem Feuerwehrauto die Abenteuer von „Flo, das kleine Feuerwehrauto“ nachspielt.

Hella Thorn ist Redakteurin, Texterin und freie Lektorin, lebt mit ihren zwei Kindern (5 und 2) in Iserlohn und hört am liebsten bei „Mira und das fliegende Haus“ und „Die Eule findet den Beat“ mit.

Ab diesem Alter sollten Eltern eingreifen, wenn ihr Kind lügt

Wenn Kinder nicht die Wahrheit sagen, ist das für Eltern nicht direkt ein Grund zur Sorge. Denn bis zu einem bestimmten Alter ist das ganz normal.

„Meine Tochter (5) sagt häufig Dinge, die nicht stimmen. Warum tut sie das? Und wann sollte ich eingreifen und sie darauf hinweisen, dass es falsch ist zu lügen?“

Wie groß ist die Freude bei Eltern über das erste Wort, die ersten Sätze und die ersten Geschichten, die ihr Kind erzählt. Doch wenn es irgendwann anfängt, an unwahren Erzählungen festzuhalten, sind sie irritiert, wenn nicht sogar erschrocken. Schnell fallen Eltern dann Sprüche wie „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“, „Lügen habe kurze Beine“ oder das biblische Gebot „Du sollst nicht lügen“ ein. Doch sind die Fantasie-Erzählungen der Kinder wirklich Lügen, die man dem Kind ausreden, verbieten oder die man gar bestrafen sollte?

Nicht jede „Lüge“ ist eine Lüge

Lügen bedeutet, bewusst und vorsätzlich die Unwahrheit zu sagen, um daraus einen Vorteil zu ziehen. Was Kinder im Alter bis etwa sieben Jahre als verfälschte Realität äußern, ist jedoch selten wirklich eine Lüge. Bis etwa zur Einschulung befinden sie sich auf der Entwicklungsstufe des „magischen Denkens“. In dieser Stufe wird oft Traum und Wirklichkeit, Fantasie und Wahrheit vertauscht. Kinder können noch schwer unterscheiden zwischen dem, was sie in der Wirklichkeit sehen und hören, und dem, was sie sich darunter vorstellen und sich dazu ausdenken.

Filmhelden sind Wirklichkeit

Sie erfinden Geschichten und erleben Tagträume als echt. Figuren in Bilderbüchern und Filmen existieren für sie in der Wirklichkeit, und so manche Geschichte wird in der Kinderfantasie noch weiter ausgeschmückt und in die Realität geholt. Das zeigt übrigens auch, welch große Verantwortung Eltern gerade in dieser Zeit für die Medienauswahl ihrer Kinder haben. Auch das Zeitgefühl ist in diesem Alter noch nicht ausgeprägt, sodass Kinder Erlebnisse durcheinanderbringen oder ausschmücken.

Veränderung ab acht Jahren

Mit zunehmendem Alter fangen Kinder an, realitätsbezogen und sachlich logisch zu denken und sich auch dementsprechend zu äußern. Ungefähr ab dem achten Lebensjahr wird Ihr Kind zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Vorstellung und Wahrnehmung unterscheiden können. Dann braucht es durchaus Hinweise und Ermahnungen, wenn es die Unwahrheit erzählt. Um sich mit seiner Umwelt erfolgreich auseinanderzusetzen, muss ein Kind mit der Zeit also lernen, diese so wahrzunehmen, wie sie in Wirklichkeit ist, und nicht so, wie es sie für sich haben möchte.

Atmosphäre der Ehrlichkeit

Die wichtigste Lernhilfe sind dabei die Eltern. Von klein auf orientieren sich Kinder an ihrem Vorbild. Deshalb versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können. Seien Sie ehrlich und offen zu Ihrem Kind und anderen Familienmitgliedern. Beantworten Sie Fragen Ihres Kindes wahrheitsgemäß. Spielen Sie eigene Notlügen nicht herunter. Entschuldigen Sie sich im Beisein des Kindes für Lügen. Sprechen Sie mit dem Kind über die negativen Auswirkungen von Lügen. Greifen Sie ein, wenn Ihr Kind vorsätzlich um des eigenen Vorteils willen lügt.

Wenn Ihr Kind in einer Atmosphäre der Offenheit und Ehrlichkeit aufwächst, wird es auch nach der Phase des magischen Denkens offen und ehrlich sein und lernen, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden.

Margrit Dietze ist Erzieherin und Autorin für pädagogische Bücher und Artikel, Kinderlieder und Musicals.

Lügt mein Kind?

„Meine Tochter (5) sagt häufig Dinge, die nicht stimmen. Warum tut sie das? Und wann sollte ich eingreifen und sie darauf hinweisen, dass es falsch ist zu lügen?“

Wie groß ist die Freude bei Eltern über das erste Wort, die ersten Sätze und die ersten Geschichten, die ihr Kind erzählt. Doch wenn es irgendwann anfängt, an unwahren Erzählungen festzuhalten, sind sie irritiert, wenn nicht sogar erschrocken. Schnell fallen Eltern dann Sprüche wie „Wer einmal lügt, dem glaubt man nicht“, „Lügen habe kurze Beine“ oder das biblische Gebot „Du sollst nicht lügen“ ein. Doch sind die Fantasie-Erzählungen der Kinder wirklich Lügen, die man dem Kind ausreden, verbieten oder die man gar bestrafen sollte?

Nicht jede „Lüge“ ist eine Lüge

Lügen bedeutet, bewusst und vorsätzlich die Unwahrheit zu sagen, um daraus einen Vorteil zu ziehen. Was Kinder im Alter bis etwa sieben Jahre als verfälschte Realität äußern, ist jedoch selten wirklich eine Lüge. Bis etwa zur Einschulung befinden sie sich auf der Entwicklungsstufe des „magischen Denkens“. In dieser Stufe wird oft Traum und Wirklichkeit, Fantasie und Wahrheit vertauscht. Kinder können noch schwer unterscheiden zwischen dem, was sie in der Wirklichkeit sehen und hören, und dem, was sie sich darunter vorstellen und sich dazu ausdenken.

Sie erfinden Geschichten und erleben Tagträume als echt. Figuren in Bilderbüchern und Filmen existieren für sie in der Wirklichkeit, und so manche Geschichte wird in der Kinderfantasie noch weiter ausgeschmückt und in die Realität geholt. Das zeigt übrigens auch, welch große Verantwortung Eltern gerade in dieser Zeit für die Medienauswahl ihrer Kinder haben. Auch das Zeitgefühl ist in diesem Alter noch nicht ausgeprägt, sodass Kinder Erlebnisse durcheinanderbringen oder ausschmücken.
Mit zunehmendem Alter fangen Kinder an, realitätsbezogen und sachlich logisch zu denken und sich auch dementsprechend zu äußern. Ungefähr ab dem achten Lebensjahr wird Ihr Kind zwischen Traum und Wirklichkeit, zwischen Vorstellung und Wahrnehmung unterscheiden können. Dann braucht es durchaus Hinweise und Ermahnungen, wenn es die Unwahrheit erzählt. Um sich mit seiner Umwelt erfolgreich auseinanderzusetzen, muss ein Kind mit der Zeit also lernen, diese so wahrzunehmen, wie sie in Wirklichkeit ist, und nicht so, wie es sie für sich haben möchte.

Atmosphäre der Ehrlichkeit

Die wichtigste Lernhilfe sind dabei die Eltern. Von klein auf orientieren sich Kinder an ihrem Vorbild. Deshalb versprechen Sie nichts, was Sie nicht halten können. Seien Sie ehrlich und offen zu Ihrem Kind und anderen Familienmitgliedern. Beantworten Sie Fragen Ihres Kindes wahrheitsgemäß. Spielen Sie eigene Notlügen nicht herunter. Entschuldigen Sie sich im Beisein des Kindes für Lügen. Sprechen Sie mit dem Kind über die negativen Auswirkungen von Lügen. Greifen Sie ein, wenn Ihr Kind vorsätzlich um des eigenen Vorteils willen lügt.

Wenn Ihr Kind in einer Atmosphäre der Offenheit und Ehrlichkeit aufwächst, wird es auch nach der Phase des magischen Denkens offen und ehrlich sein und lernen, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden.

Margrit Dietze ist Erzieherin und Autorin für pädagogische Bücher und Artikel, Kinderlieder und Musicals.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Mein unsichtbarer Freund

„Unser Sohn (4) hat seit kurzem einen unsichtbaren Spielgefährten. Wenn wir ihm seinen unsichtbaren Freund ausreden wollen, wird er wütend. Müssen wir uns Sorgen machen?“

Internationale Studien sagen, dass 37 Prozent der Kinder zwischen drei und sieben Jahren eine Weile mit einem imaginären Freund zusammenleben. Ihre Freunde entstehen in der Fantasie, sie sind mal bärenstark und schlau, mal keck und klein, aber immer unsichtbar. Andere Kinder beseelen zusätzlich ihre Stofftiere oder Gegenstände, mit denen sie reden und streiten, die sie ständig begleiten und schützen. Ein Ball im Wasser kann ein Delfin sein, ein Stock ein Pferd. Kommt ein Erwachsener hinzu, ist es sofort wieder der Stoffhase, Stock oder Ball. Das Kind wechselt blitzschnell zwischen seiner Fantasiewelt und der Realität. Insgesamt leben, laut Studien, 67 Prozent der Vorschulkinder in ihrer eigenen Vorstellungswelt.

FANTASIEVOLL UND INTELLIGENT

Ihr Kind „spinnt“ also nicht, es ist vielmehr eine ganz normale Entwicklung, es zeugt sogar von Intelligenz in diesem Alter zwischen Vorstellung und realer Welt umdenken zu können. Ihr Kind erfindet einen Fantasiefreund, der nicht immer ein Mensch sein muss. Diese Figuren entstehen entweder ganz in der blühenden Einbildungskraft oder werden durch Geschichten angeregt.
Der eingebildete Freund begleitet Ihr Kind nun Tag und Nacht, er muss sich nicht an Regeln halten, tut Dinge, die man niemals mit Mama oder Papa machen kann (zum Beispiel mit einem Einhorn durch den Wald reiten), er schützt das Kind oder ermutigt es. Gerade Einzelkinder suchen sich häufig einen Freund, der immer bei ihnen ist.

NEHMEN SIE IHR KIND ERNST

Wir Erwachsene leben ständig in einer realen Welt, es fällt uns häufig schwer, uns auf die „verrückten“ Ideen unserer Kleinen einzulassen. Gehen Sie auf den unsichtbaren Freund ein und lassen Sie ihn erzählen. So können Sie erfahren, was Ihr Kind bewegt, wovor es Angst hat, was es sich nicht zutraut oder wie es gerne wäre. Eher schüchterne Kinder werden sich einen starken Freund aussuchen. Großstadtkinder mit wenig Platz zum Toben suchen manchmal in ihrer Vorstellungskraft ein freieres Leben. Dieses unsichtbare Wesen begleitet Ihr Kind durch dick und dünn und hilft ihm die Welt, außerhalb des Elternhauses, mit all den Gefahren, Verboten und Geboten zu bewältigen. Manche Kinder entwickeln sogar ihre eigene Fantasiestadt, mit einer eigenen Sprache oder eigenem Geld. In der Kindertherapie werden schüchternen, ängstlichen oder auch auffallend aggressiven Kindern diese Fantasiewesen manchmal auch als Helfer und Beschützer zur Seite gestellt.
Mit Eintritt in die Schule wird ihr Kind immer mehr reale Freunde finden. Meist brauchen Kinder dann keine unsichtbaren Freunde mehr. Die kognitive Weiterentwicklung führt bei Grundschulkindern zu kritischem Denken, sie lernen ihre Gefühle besser auszudrücken und sind motorisch geschickter. Diese erweiterten Fähigkeiten helfen Ihrem Kind, die reale Welt immer besser zu meistern.

Doris Heueck-Mauß ist Entwicklungspsychologin und Psychotherapeutin und lebt in München

Elefant mit Blaubeeren

Wenn Kinder kreativ sind

Max hat einen blauen Elefanten mit grauem Rüssel gemalt, der aus einem pinken Eimer Blaubeeren isst. Stolz präsentiert er sein Bild. Seine ältere Schwester spricht das aus, was Sie jetzt vielleicht denken: Ein Elefant sei weder blau noch blau-grau und Blaubeeren esse er auch nicht. Max’ Schultern sacken bei jedem Wort seiner Schwester ein bisschen tiefer.

An einem anderen Tag bastelt Max ein Osternest – und das im Mai. Eigentlich sollte er doch etwas Schönes für Omas Geburtstag basteln. Und sonntags dauert es eine halbe Stunde, bis Max endlich alle Utensilien zum Basteln  zusammengesucht hat. Doch dann hat er nach sieben Minuten keine Lust mehr.

Max ist kreativ, er lässt seine Fantasie spielen, probiert aus, erfindet Neues. Er erreicht das eigentliche Ziel vom Kreativsein – den Weg dorthin. Das Ergebnis ist nur ein Ausdruck des Weges.

Eltern sind nur Assistenten

Wenn Ihr Kind etwas malt oder bastelt, fragen Sie: „Wie bist du auf diese Idee gekommen?“ Max hat sich zum Beispiel überlegt, dass der Elefant von den vielen Blaubeeren ganz blau geworden ist. Das ist kindliche Fantasie. Sie können ehrlich und anerkennend darauf reagieren: „Das ist aber eine lustige Idee von dir. Ich mag die grauen Elefanten wie im Zoo aber auch gerne.“

Über das Osternest hatte sich die Oma an Ostern so sehr gefreut und das soll sie am Geburtstag schließlich auch, denkt Max, der gerade so viel Spaß dabei hat, bunte Eier zu bemalen. Kreativität bietet Kindern vielfältige Möglichkeiten, das zu verarbeiten, was sie beschäftigt. Geben nicht Sie Ihrem Kind das Thema vor, lassen Sie sich es selbst wählen.

Kinder entscheiden auch, wann ihr kreatives Tun anfängt, unterbrochen wird oder aufhört. Bieten Sie Anreize durch Materialien und Ideen: „Vielleicht hält es mit Klebeband fester …“. Stellen Sie Zeit und Raum zur Verfügung und begleiten Sie als Assistent: „Ich halte dir die Pappe fest – damit du das kleben kannst.“

Wecken Sie die Vorstellungskraft Ihres Kindes, indem Sie ihm nicht zum Beispiel die Schablone von einer Ente geben, sondern mit ihm überlegen: „Wie sieht eine Ente aus? Was hat sie am ganzen Körper?“ Begegnen Sie Ihrem Kind mit Alternativen, ehrlichen Erklärungen und Kompromissen, wenn es an Grenzen stößt: „Du darfst dir fünf Streifen Klebeband abmachen, mehr leider nicht, weil es sehr teuer ist.“ Oder: „Lass mich für dich ein Loch mit dem Messer in den Karton schneiden, mit der Schere ist es zu gefährlich.“

Loben Sie Ihr Kind, zeigen Sie echte Anerkennung: „Du hast dir sehr viel Mühe gegeben, die Ente gefällt mir sehr gut.“

Frisuren für die Strichmännchen

Aber wie reagieren, wenn Ihr Kind ein weißes Papier nimmt, drei Strichmännchen draufkritzelt und sich dafür ein Lob abholen will? Reagieren Sie positiv auf das Gezeigte und motivieren Sie: „Ich finde, die Männchen könnten noch Frisuren gebrauchen. Und frieren die nicht – so ganz ohne Kleidung?“

Kreativität zu fördern, verlangt viel Muße und Geduld, beschert uns aber auch viel Freude, Faszination und Bewunderung der kreativen Wege und Werke unserer Kinder. Und sie ist eine unvergleichbare Möglichkeit, Kinder in all ihren Entwicklungsbereichen herauszufordern, dadurch zu fördern und blaubeeressende Elefanten kennenzulernen!

Juliane Schmitz ist Erzieherin sowie Erziehungs- und Entwicklungsberaterin. Sie arbeitet in einer evangelischen Kindertagesstätte in Köln.

Illustration: Thees Carstens