Erziehungswissenschaftlerin rät Eltern: Finger weg von den Hausaufgaben Ihres Kindes!
Streit bei den Hausaufgaben muss nicht sein, meint Daniela Albert. Denn die sind gar nicht Aufgabe der Eltern.
„Mein Sohn (9) und ich rasseln beim Hausaufgabenmachen häufig aneinander. Besonders schlimm war es beim Homeschooling. Immer, wenn ich ihm helfen wollte, stellte er auf stur, woraufhin ich immer ungeduldiger wurde. Es ist wie ein Teufelskreis. Wie kommen wir da raus?“
Zunächst möchte ich Ihnen sagen, dass Sie nicht allein sind. Besonders das, was Sie vom Homeschooling beschreiben, haben im letzten Jahr viele Eltern erlebt. Wir sind durch die Schulschließungen in einer Doppelrolle gelandet, die eigentlich nicht unsere ist.
Eltern lebten eine Doppelrolle
Bildung ist ein Monopol des Staates und zumindest die formale Schulbildung ist in einen anderen Rahmen ausgelagert – aus gutem Grund! Denn dort wird diese Aufgabe von Menschen übernommen, die sich durch Studium und Ausbildung dafür qualifiziert haben. Sie sind mit unseren Kindern in professionellen Settings zusammen, bei denen eben diese Schulbildung im Mittelpunkt steht. Wir werden von unseren Kindern anders wahrgenommen und haben eine andere Rolle in ihrem Leben. Deshalb fällt es vielen Kindern auch schwer, Hilfe von ihren Eltern anzunehmen und sich auf deren Art von Wissensvermittlung und Umgang mit Schulstoff einzulassen. Konflikte sind hier vorprogrammiert.
Unsere Rolle im Leben und auch in der Bildungsbiografie unserer Kinder ist es, der Ort zum Regenerieren und zum Auftanken zu sein, vielleicht auch Gesprächspartner, mit denen Gelerntes alltagstauglich verfestigt werden kann oder mit denen kritische Fragen diskutiert werden. Natürlich können wir ihnen auch mal zum Abfragen, Wiederholen oder Erklären zur Verfügung stehen, wenn sie dies wünschen. Zu unserer Kernaufgabe gehört das aber nicht.
Es ist nicht Ihre Aufgabe!
Vielleicht hilft es Ihnen, sich einmal vor Augen zu führen, dass es eigentlich gar nicht Ihre Aufgabe ist, Ihrem Sohn bei den Hausaufgaben zu helfen. Natürlich können Sie ihn, wenn er Sie darum bittet, unterstützen. Wenn er diese Unterstützung aber nicht möchte, kann er auch allein arbeiten. Das, was zu Hause erledigt wurde (oder eben nicht), ist nämlich eigentlich eine Sache zwischen ihm und seinen Lehrkräften. Wir Eltern haben nur oft das Gefühl, wir müssten das begleiten und es sei unser Job, dass die Kinder ihre Aufgaben möglichst gut erledigen. Ist es aber gar nicht.
Ich würde Ihnen daher empfehlen, Ihren Sohn nur so viel bei den Hausaufgaben zu begleiten, wie er es sich wünscht, und ihm darüber hinaus die Verantwortung für das, was er tut, zu übertragen. Seien Sie lieber seine Powerbank zum Aufladen und sein geborgener Ort, wenn der Schulstoff ihn angestrengt oder geärgert hat. Den Rest überlassen Sie den Lehrerinnen und Lehrern in der Schule. Ihr Fokus sollte nicht so sehr auf der anstrengenden Hausaufgabenzeit liegen, sondern auf dem, was danach kommt. Wie wäre es, wenn Sie, während er Hausaufgaben macht, schon einmal Kakao kochen und Obst schneiden, um sich danach gemütlich mit ihm zusammenzusetzen?
Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin sowie Eltern– und Familienberaterin (familienberatung-albert.de). Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Kaufungen und bloggt unter eltern-familie.de.