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Eltern fragen sich: „Sollen wir für die Wohnung unseres Sohnes bürgen?“

Eine Bürgschaft ist schnell abgeschlossen, kann aber weitereichende Folgen haben. Ein Rechtsanwalt gibt Tipps für Eltern.

„Unser Sohn hat uns gefragt, ob wir für seine neue Wohnung eine Bürgschaft übernehmen würden. Da unsere finanziellen Möglichkeiten begrenzt sind, fällt es uns schwer, ihm das zuzusagen. Was würde denn im schlimmsten Fall auf uns zukommen?“

Zunächst ist die Frage zu stellen: Geht es um die Miete oder den Kauf der Wohnung? Dann: Ist die Bürgschaft auf einen gewissen Teil beschränkt oder auf alles? Verfügen Sie über ein gewisses Vermögen? Besitzen Sie etwa ein belastungsfreies Haus, mehrere tausend Euro Rücklagen oder „nur“ eine kleine Rente und leben Sie zur Miete?

Was ist eine Bürgschaft?

In einem Bürgschaftsvertrag verspricht man als Bürge, dass man, falls die Person, für die man bürgt, eine Verbindlichkeit nicht zahlen kann, diese gegenüber dem Gläubiger ausgleichen wird. Dies ist üblich bei Kredit-, aber auch bei Mietverträgen – wie im Beispiel Ihres Sohnes. Der Umfang und das Risiko einer Bürgschaft ist vom Vertrag abhängig.
Bei Mietverträgen haftet man für alle Forderungen aus dem Mietvertrag, bei Darlehensverträgen für das gesamte Darlehen, wenn es schiefgehen sollte. Es gibt sogenannte Höchstbetragsbürgschaften. Dort kann man den Betrag, für den man im Zweifel haftet, festschreiben.

Die Höhe der Bürgschaft festschreiben

Wenn Sie also für einen Mietvertrag bürgen wollen, sollten Sie im Vorhinein die Höhe der Bürgschaft festschreiben. Ansonsten könnte es Ihnen passieren, dass der Sohn auszieht, seine Freundin aber nicht, und der Mietvertrag einfach weiterläuft. Dann könnte nach mehreren Jahren der Vermieter auf Sie zukommen und die offenstehenden Mietbeträge von Ihnen fordern. Dasselbe gilt auch für Kreditverträge. Wenn man unbeschränkt bürgt, kann tatsächlich das gesamte angesparte Vermögen verloren sein.

Wenn kein Vermögen da ist und man unterhalb der Pfändungsfreigrenze Einkommen hat, kann man auch unbeschränkt bürgen. Man bürgt zwar, kann aber zwangsweise nicht zur Zahlung geführt werden. Für jeden, der Einkommen, also laufende Einnahmen hat, hat der Gesetzgeber einen Mindestbetrag an pfändungsfreiem Einkommen festgeschrieben. In normalen Haushalten wird man nichts Pfändbares finden.

Reden Sie mit ihrem Kind!

Die Bürgschaft hat aber oft auch eine emotionale Seite, die ein Problem sein könnte. Erwartet Ihr Sohn, dass Sie als seine Eltern für ihn bürgen? Diesen Druck sollte man unbedingt aus der Situation herausnehmen. Vielleicht ist die Frage nach der Bürgschaft auch eine Möglichkeit, über die Fragen des finanziellen Ergehens Ihres Sohnes zu sprechen? Oft fehlt nämlich, insbesondere bei Mietverträgen, die sogenannte Bonität. Das ist oft ein Zeichen, dass irgendwelche Verträge schon geplatzt sind. Das Problem sollte man grundständig angehen und darüber sprechen. Aber auch dort: Bitte keinen Druck aufbauen, zuhören und Lösungsalternativen finden.

Wenn eine Wohnung eigentlich nicht finanzierbar ist (mehr als 30-50 Prozent des Einkommens dadurch gebunden werden), ist die Inanspruchnahme vorprogrammiert. Die Weisheit „Über Schulden spricht man nicht“ ist auch im verwandtschaftlichen Rahmen nicht sinnvoll. Schweigen ist dann nicht Gold.

Steffen Bundrück ist Rechtsanwalt in Bochum und vertritt als Fachanwalt für Insolvenzrecht hauptsächlich Menschen, die Verbindlichkeiten haben.

„MEIN SOHN HAT SCHULDEN“

„Als ich kürzlich bei meinem Sohn zu Besuch war, zeigte er mir mehrere Schreiben von Inkasso-Unternehmen, die Geld von ihm forderten. Das Grundproblem ist, dass er mit seinem Einkommen nicht klarzukommen scheint. Wie sollen wir als Eltern uns verhalten?“

Zunächst einmal können Sie ihm signalisieren, dass Sie sich freuen, dass Ihr Sohn so viel Vertrauen hat, dass er sich Ihnen öffnet. Denn zuzugeben, dass man sich finanziell übernommen hat und mit den Konsequenzen nicht mehr klarkommt, ist beschämend und kostet wirklich Mut. Ein erster Impuls, die Schulden zu übernehmen, sollte gut bedacht werden. Oft ist zu beobachten, dass der junge Erwachsene sich danach erneut verschuldet.

WIE KOMMT ES ZU SCHULDEN?

Das selbstständige Leben mit festen Verpflichtungen wie Miete oder Strom ist für junge Erwachsene noch ungewohnt und birgt manche Tücken. Im Freundeskreis dazuzugehören, kostet Geld: Mobilität, Erreichbarkeit, Fitness- studio, gemeinsame Unternehmungen … Schnell geht da der Überblick verlo-ren. Auch unvorhergesehene Ereignisse wie eine Stromnachzahlung oder eine Autoreparatur sind nicht so leicht aufzufangen. Bargeldloses Bezahlen (ec-Karte, Lastschriften) erschwert es, den Überblick über die Ausgaben zu behalten. Für vieles werden Verträge abgeschlossen. Dabei Kündigungsfristen im Auge zu behalten, gelingt nicht immer. Eine typische Falle für Schulden bei jungen Erwachsenen sind Verträge, die für Freunde abgeschlossen werden. Der Freund verspricht, regelmäßig zu zahlen, doch schon nach kurzer Zeit funktioniert das nicht mehr.

WAS HILFT?

Im akuten Fall ist ein Gang zur Verbraucher- oder Schuldnerberatung anzuraten. Die fachliche Unterstützung, um die Rechtmäßigkeit der Forderungen zu überprüfen, einen Ratenzahlungsplan aufzustellen oder auch Vergleiche mit den Gläubigern zu schließen, ist sehr hilfreich. Vorbeugend ist es sinnvoll, ein Haushaltsbuch zu führen. Monatliche und jährliche Einnahmen und Ausgaben übersichtlich einzutragen, bedeutet auch, sich mit seinem Konsum auseinanderzusetzen. Weshalb gebe ich Geld wofür aus, welche Einstellungen stehen dahinter? Ein Haushaltsbuch braucht Disziplin, ist aber hilfreich, um das eigene Konsumverhalten besser kennenzulernen. Außerdem ist es hilfreich, regelmäßig Geld zurückzulegen, damit unvorhergesehene Ausgaben und größere Investitionen finanziert werden können.

Erwachsen werden bedeutet auch, Fristen und Termine einzuhalten, sich begehrte Dinge zu versagen, bis man sie sich leisten kann, den Überblick über die komplexe finanzielle Situation zu erwerben. Es ist ein Lernprozess, bei dem Fehler passieren dürfen.

Geld ausgeben zu können hat in unserer wohlstands- und konsumorientierten Gesellschaft Bedeutung für das Selbstwertgefühl und sichert die soziale Zugehörigkeit. In einem gemeinsamen Gespräch könnten diese Aspekte besprochen werden.

Michaela Schnabel ist Mutter von drei erwachsenen Töchtern. Sie arbeitet als Sozialpädagogin und lebt in Witten.

 

→ Finanz-Helfer

Haushaltsbücher gibt es auch digital oder als App, z.B. den „Finanzchecker“der Sparkasse.

Hilfreiche Tipps und Tools gibt es auf diesen Websites:

www.verbraucherzentrale.de
www.geldundhaushalt.de
www.schulden.ch