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Fit für die neue Schule?

Was Kinder in der vierten Klasse brauchen

Für einen Wechsel auf eine weiterführende Schule sind neben dem Notendurchschnitt viele andere Kompetenzen wichtig, die die gesamte Persönlichkeit des Kindes betreffen.

Kinder haben eine natürliche, gesunde Neugier auf das Leben. Sie wollen vieles wissen, fragen nach, probieren aus. Diese Fragehaltung ist eine elementare Voraussetzung für den Wechsel an eine weiterführende Schule. Nur Kinder, die es genau wissen wollen, werden Lernwillen zeigen und leistungsbereit sein. Dazu kommt ein hohes Maß an Arbeitsaufwand, das mit dem in der Grundschule nicht mehr vergleichbar ist. Wenn ein Kind genügend Selbstdisziplin hat und schon in der vierten Klasse bereit ist, mehr zu tun, als durch die Hausaufgaben gefordert ist, hat es eine gute Grundhaltung für die neue Schule.

Selbstständig arbeiten

Mit dem Schulwechsel dauert es oft nicht mehr lange, bis Eltern in bestimmten Fächern mit dem Lernstoff überfragt sind. Die Schüler brauchen jetzt das Durchhaltevermögen, schwierige Problemstellungen selbstständig zu lösen und nicht gleich aufzugeben, wenn eine Aufgabe auf den ersten Blick unlösbar erscheint. Eine gute Vorbereitung darauf ist, wenn Kinder bereits im Grundschulalter, spätestens aber in der vierten Klasse, ihre Hausaufgaben alleine und selbstständig lösen. Eltern können natürlich Tipps geben, wenn ein Sachverhalt sich als schwierig darstellt, aber grundsätzlich ist es gut, wenn ein Kind früh die Haltung entwickelt, selbst verantwortlich für seine Aufgaben zu sein. Zu den Verantwortlichkeiten zählen natürlich auch die persönlichen Dinge: Kinder sollten früh daran gewöhnt sein, ihren Schulranzen selbstständig zu packen, die Schreibutensilien in Ordnung zu halten und auf Vollständigkeit zu achten. Dann werden sie zum Schulwechsel wenig Schwierigkeiten damit haben, sich zu organisieren. Jeden Tag sind andere Fächer gefragt, muss anderes Material eingepackt werden. Auch die Wertsachen wie Schlüssel, Handy, Busfahrkarte müssen sicher untergebracht und immer präsent sein.

Krisenfest werden

Solange die Kinder zur Grundschule gehen, werden sie von ihren Eltern vergleichsweise stark behütet. Die Schule liegt in der Regel in der Nähe des eigenen Wohnortes und ist oft fußläufig erreichbar. Mit dem Schulwechsel ändert sich diese Situation für die meisten Kinder. Sie fahren mit dem Bus und erleben dabei auch die eine oder andere unvorhergesehene Situation. Ist das Kind in der Lage, mit  kleinen Krisen umzugehen? Hat es in seinem bisherigen Leben gelernt, Probleme selbstständig anzugehen und in Stresssituationen Ruhe zu bewahren? Was ist, wenn der Bus verpasst wurde oder wenn der Unterricht unvorhergesehen früher endet?

Persönliches Krisenmanagement ist auch bei den Zensuren gefragt. Vor allem die Kinder, die auf ein Gymnasium wechseln, waren es bisher gewohnt, durchgehend sehr gute bis gute Noten zu schreiben. Nun kommen in der neuen Schule nur noch leistungsstarke Schüler zusammen. Das Leistungsgefüge muss sich in der Klasse neu entwickeln, und dazu gehört auch, einmal oder mehrmals eine schlechte Note zu schreiben. Es gehört eine gute Portion Frustrationstoleranz dazu, jetzt nicht zu resignieren, sondern sich wieder motiviert an die Arbeit zu machen, um schlechtere Leistungen auszugleichen. Eine gute Vorbereitung darauf sind Sportarten, bei denen sich das Kind auch mit anderen misst. Beispielsweise beim Handball kann die eigene Mannschaft nicht immer gewinnen. Schlechtere Spiele gehören dazu. Dennoch muss sich jeder einzelne Spieler zum Weitermachen motivieren. Dadurch lernen die Kinder auch, Niederlagen zu relativieren und als Ansporn zu sehen.

Birgit Wenzel ist Erzieherin und leitet eine Vorklasse an einer Schule zur Sprachförderung. 

Illustration: Thees Carstens