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Vom Kind beim Sex entdeckt – Wie Sie jetzt reagieren sollten

Das kann immer mal passieren: Mitten im Schäferstündchen platzt das Kind ins Schlafzimmer. So finden Mama und Papa die richtigen Worte.

„Unser Sohn (7) hat uns beim Sex erwischt. Wir sind uns unsicher, wie wir nun damit umgehen sollen. Wie kann man das in diesem Alter besprechen?“

In solchen Situationen sind nicht selten die Erwachsenen schockierter als die Kinder. Sprechen Sie Ihren Sohn in einer ruhigen, entspannten Atmosphäre vorsichtig an und fragen Sie, wie er das Erlebnis wahrgenommen hat.

Das kann zum Beispiel so aussehen: „Als du vorhin hereingekommen bist, hast du ja gesehen, wie dein Papa und ich nah beieinander lagen. Hast du dich da gewundert oder hast du Fragen dazu?“ Warten Sie erst einmal ab, wie Ihr Kind die Situation überhaupt erlebt hat und was es gern wissen möchte. Wenn es sich zurückhaltend zeigt, kann man noch etwas konkreter werden: „Wir haben da miteinander gekuschelt auf eine Weise, wie das nur Erwachsene machen. Das ist eine Art, wie zwei Erwachsene sich zeigen, wie lieb sie sich haben und dass sie zusammengehören. Hast du dazu noch Fragen oder kam dir etwas seltsam vor?“

Was soll ich ihm sagen? 

Das Prinzip dabei ist, möglichst locker und gelassen mit dem Thema umzugehen und zu signalisieren: Das ist etwas Normales und du darfst dazu fragen, was du möchtest. Gleichzeitig sollte man das Kind nicht mit Informationen überhäufen, mit denen es womöglich noch gar nichts anfangen kann. Man gibt also erst einmal ein kleines Häppchen Information und erkundigt sich, ob das Kind noch mehr darüber wissen möchte und welche Fragen es noch hat.

In diesem Alter ist das Interesse der Kinder an diesem Thema recht unterschiedlich ausgeprägt – manchen wird eine Erklärung wie die oben beschriebene völlig ausreichen, andere werden genauer wissen wollen, was denn bei diesem „besonderen Kuscheln“ passiert. In der Regel gilt: Wenn ein Kind konkret fragt, kommt es mit der Antwort (kindgerecht ausgedrückt, aber wahrheitsgemäß) auch zurecht. Wenn es zu viele Informationen sind oder es einfach noch nicht so relevant für das Kind ist, kommt es auch häufig vor, dass das Kind die Erklärung wieder vergisst und irgendwann erneut nachfragt und scheinbar nichts mehr von dem Gespräch weiß.

Wie kann ich es formulieren?

Hier eine mögliche Formulierung: „Männer haben ja einen Penis und Frauen eine Vagina. Wenn jetzt ein Mann und eine Frau, die sich sehr liebhaben, miteinander kuscheln, dann können auch der Penis und die Vagina miteinander kuscheln. Dazu kommt der Penis in die Vagina hinein und der Mann und die Frau können sich dabei auch küssen oder streicheln. Manchmal machen die Erwachsenen dabei auch Geräusche, weil ihnen das Kuscheln so gut gefällt. Das ist das, was du bei uns gerade mitbekommen hast. Möchtest du dazu noch etwas wissen?“

Wenn das Kind interessiert wirkt, kann man natürlich noch erklären, dass auf diese Weise auch Babys entstehen können, weil aus dem Penis Samenzellen kommen, die ein Ei im Bauch der Frau befruchten können, woraus dann ein Baby entstehen kann. Wenn das Kind aber eher den Eindruck vermittelt: „Danke, mir reicht’s!“, dann ist es ratsam, es erst einmal bei dieser Auskunft zu belassen und das Gespräch mit einem Satz wie: „Okay, wenn du dazu irgendwann noch einmal etwas wissen willst, kannst du uns gern fragen“ zu beenden.

Melanie Schüer ist verheiratet, zweifache Mutter, Erziehungswissenschaftlerin und als freie Autorin und Elternberaterin tätig.

„Habt Orgasmen!“ Mutter fordert von Frauen mehr Selbstbewusstsein beim Sex

Nur 44 Prozent aller Frauen erkennen auf Fotos ihre eigene Vagina. Das muss sich ändern, findet Priska Lachmann. 

„Ich bräuchte eigentlich gar keinen Sex mehr. Ich bin abends viel zu müde dafür“, „Er fasst mich die ganze Zeit an, wenn er mehr von mir will, das setzt mich unter Druck“, „Ich vermisse Sex furchtbar, ich habe das Gefühl, mein Mann sieht mich gar nicht mehr als Frau“, „Jedes Mal, wenn wir Sex haben, habe ich eigentlich gar keine wirkliche Lust dazu“, „Seit der Geburt meines Kindes möchte ich nicht mehr berührt werden“, „Ich fühle mich so unwohl in meinem Körper, dass ich überhaupt nicht in Stimmung komme“ – diese Liste könnte man ewig fort­setzten. Habt ihr euch in einer der Aussagen wiederfinden können?

Sex nach Schwangerschaft ist kompliziert

Das Thema Sex ist in den meisten Fällen kein unbelastetes und nicht selten mit seelischen Schmerzen verbunden. Oftmals reden wir deshalb entweder gar nicht darüber oder aber viel zu viel, jedoch ohne dabei wirklich in die Tiefe zu gehen. Den Fall, dass wir unser Sexleben als unkompliziert empfinden, es frei genießen und völlig zufrieden damit sind, gibt es zwar, aber leider nur selten. Nach einer Geburt fühlt sich das erste Mal Sex wie beim allerersten Mal an. Gerade, wenn es Geburtsverletzungen gab, fühlt man sich verwundet. „Hoffentlich tut es nicht zu sehr weh!“, denkt man dann und ist viel zu vorsichtig und ängstlich, um es genießen zu können. Vielleicht muss man nach einer längeren Pause, bedingt durch die Schwanger­schaft, die Intimität mit dem Partner tatsächlich erst wieder neu erlernen. Wenn alter, seelischer Schmerz zu diesem Thema hin­zukommt, seien es Verletzungen aus der Vergangenheit, zu hohe Erwartungen an den Partner oder unerfüllte Wünsche, die nicht ausgesprochen wurden und dann über Jahre hinweg zu einer emotionalen Distanz geführt haben, wird es zusätzlich schwierig. Vor allem, wenn man nicht gemeinsam daran arbeitet.

Lust ist erlernbar

Vielleicht fühlt ihr euch auch nicht (mehr) wohl in eurem Körper nach eurer Schwangerschaft, schämt euch und habt das Gefühl, nicht mehr begehrenswert zu sein. Oder vielleicht gehört ihr zu den Frauen, die das Gefühl haben, dass ihr Mann sie nicht mehr wirklich als Frau sieht, und ihr sehnt euch nach Wertschätzung, Aufmerk­samkeit und liebevollen Komplimenten, aber euer Mann scheint innerlich meilenweit von euch entfernt zu sein? Die Sexualtherapeutin Veronika Schmidt spricht auf ihrem Blog „liebesbegehren“ und in ihren Büchern „Alltags­lust“ und „Liebeslust“ genau über dieses Thema. Sie ist der Überzeugung, dass fehlende Lust zwar manchmal hormonell bedingt sein kann, doch viel häufiger sei fehlende Lust etwas, wogegen man aktiv etwas tun könne – denn Lust sei erlernbar!

Frauen verneinen oft ihre Sexualität

Sex bedeutet nicht nur Stressabbau, ausgelöst durch Or­gasmen, und dadurch die Förderung unserer körperlichen und mentalen Gesundheit, sondern vor allem eben auch: Nähe. Zärtlichkeit. Wärme. Aufmerksamkeit. Sex erschafft das Gefühl von Einheit und Verbundenheit und ist deshalb essentiell für eine Liebesbeziehung. Ich komme aus einem konservativ christlichen Eltern­haus und habe es geschafft, nicht mal zu wissen, wohin ich meinen Tampon stecken musste, als ich 14 Jahre alt war. Frauen neigen oft dazu, die eigene Sexualität zu ver­neinen. Es gibt eine Studie, bei der 1.000 Frauen Fotos von ihrer Vagina gezeigt wurden. Nur 44 Prozent konnten ihre eigene Vagina erkennen und nur 60 Prozent die Vulva identifizieren. Habt ihr euch eure Vagina schon mal mit einem Spiegel an­geschaut? Sie ist ein Teil von uns, ein sehr wichtiger sogar, deshalb sollten wir uns nicht für sie schämen.

Nur Sex, damit der Mann keine Pornos schaut?

Wenn wir als Frauen unsere eigene Sexualität verneinen, wenn wir uns nicht mal schamlos im Spiegel anschauen und bejahen können, ohne all die tollen, scheinbar perfekten Werbemodels im Kopf zu haben, wie sollen wir dann eine erfüllte Sexualität haben? Kann es sein, dass wir selbst so unzufrieden mit uns sind und uns selbst nur noch so wenig als Frau und so sehr als Mutter fühlen, dass wir uns vernachlässigen und uns nicht mal mehr nette Unterwäsche kaufen? Und kann es sein, dass wir vielleicht so verletzt und sexuell unerfüllt sind, dass wir das nicht mal unseren Männern kommunizieren können und lieber nur mit uns selbst ausmachen? Oder kann es sein, dass wir uns nicht trauen, unsere unerfüllten Sehnsüchte anzusprechen, weil wir – vielleicht auch nur unterbewusst – der Lüge glauben, dass es beim Sex ohnehin nur um die Bedürfnisbefriedigung der Männer geht? Aber sollten Frauen tatsächlich nur Sex haben, damit ihr angetrauter Mann keine Pornos schaut oder ihnen fremd­geht? Frauen sollten doch ebenfalls Freude an Sex haben, und vor allem: Lust dabei empfinden.

Sex braucht Zeit

Nein, mit dem Mann zu schlafen ohne Lust darauf zu haben, ist für keinen Betei­ligten erfüllend. Wie also entfachen wir unsere Lust wieder neu? Veronika Schmidt spricht in diesem Zusammenhang von einer „Kultur der Verführung“, die wir (wieder) erlernen müssen. Wenn wir nach einem anstrengenden Tag bis 23 Uhr online sind, wenn wir nicht mal am Wochenende, wenn die Kinder schon schlafen, zusammen ins Bett gehen und stattdessen vorm Fernseher auf der Couch versacken, dann werden wir wohl nie Sex haben. Denn Sex braucht Zeit. Freizeit. Wir brauchen eine Kultur des Verführens und ein Einplanen von festen Zeiten, in denen wir diese Kultur ausleben können. Denn wenn man nie Sex hat, ver­liert man auch die Übung darin – und vergisst, wie auf­regend und schön es sein kann. Die meisten Frauen brauchen vor allem zwei Sachen, damit sie Lust entfachen können.

Plant die Zweisamkeit

Erstens: Vorlaufzeit. Frauen können nicht von jetzt auf gleich Sex haben, wenn sie noch die Schulbrote schmieren, die Schuhe putzen und der Freundin eine WhatsApp­Nachricht schreiben wollen. Sie könnten aber Lust ent­wickeln, wenn sie sich schon morgens emotional darauf vorbereiten können. Wir können dann schöne Unter­wäsche anziehen und dem Mann schon tagsüber eine verführerische Nachricht schicken. Später packt er dann selbstverständlich im Haushalt mit an. Er schmiert die Schulbrote und arbeitet Hand in Hand mit seiner Frau, damit sie später nicht halbtot ins Bett fällt und eigentlich nur noch schlafen will.

Entdeckt euch!

Zweitens:  Selbstannahme. Liebt euch selbst. Entdeckt euch. Lernt kennen, was euch guttut, was euch Freude macht. Und kommuniziert das, wenn euer Partner nicht selbst da­rauf kommt. Vergleicht euch nicht. Auch nicht mit den eventuell vorhandenen früheren Sexualpartnerinnen eures Mannes oder mit euren eigenen früheren Se­xualpartnern. Das ist Vergangenheit und gehört nicht ins gemeinsame Bett. Habt Spaß und seid frei. Und bitte, habt Or­gasmen. Sagt nicht „Ist schon okay, ich brauche keinen Orgasmus.“ Es ist nicht okay. Orgasmen sind wichtig, allein schon für die Gesundheit, vor allem aber für eure Lust. Wenn ihr bisher keine Orgasmen hattet, dann ver­sucht mit eurem Partner herauszufinden, wie ihr welche bekommen könnt. Es macht unendlich viel Spaß.

Dieser Artikel ist zuerst in dem Buch „Mama. Frau. Königstochter“ (Gerth Medien) erschienen. Autorin Priska Lachmann ist selbst dreifache Mama, Theologin und freie Redakteurin.

Sex im Netz: Das können Sie tun, wenn Ihr Kind plötzlich Pornos schaut

„Ich glaube, dass mein Sohn (8) Pornos auf seinem Handy schaut. Wie kann ich mit ihm darüber reden? Und wie kann ich ihm dabei helfen, die Bilder wieder aus dem Kopf zu bekommen?“

Diese Situation ist leider keine Seltenheit. Lehrer erzählen mir immer wieder von Grundschülern, die Pornofilme zu Hause auf dem Computer oder in den Pausen auf dem Handy schauen. Eltern berichten mir von der ständigen Angst, dass ihre Kinder bei Freunden oder allein im Internet mit Pornofilmen konfrontiert werden.

MEHR ALS NUR BILDER

Pornos haben einen negativen Einfluss auf Kinder. Es werden nicht nur, wie Sie schreiben, Bilder in ihre Köpfe geschleust. Auch ihr Verhalten leidet darunter: Die Einstellung zu Beziehungen und der Sprachgebrauch unter Kindern zeigt weniger Respekt denn je. Mädchen werden mit Wörtern beschrieben, die man hier nicht nennen kann. Von einem Psychologen aus Oslo, der mit minderjährigen Sexualverbrechern arbeitet, weiß ich, wie sehr seine Patienten besonders von Pornofilmen beeinflusst wurden.

REDEN SIE ÜBER SEX!

Zwei Dinge sollten Eltern tun. Erstens: Versuchen Sie, die Ersten zu sein, die ihr Kind auf das Thema vorbereiten. Erzählen Sie ihm, wie Sex funktioniert und wie schön er ist. Erzählen Sie von der Ehe als Geschenk und von dem Segen, der davon ausgeht.

BEREITEN SIE IHR KIND AUF DAS INTERNET VOR!

Zweitens: Bereiten Sie die Kinder auf das Angebot im Internet vor. Manchmal sind Eltern besorgt, dass sie ihre Kinder dadurch womöglich erst auf die Idee bringen, Pornos im Internet zu schauen. Informationen, Filme und Bilder sind heute jedoch überall zugänglich. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann auch Ihr Kind davon etwas mitkriegt.

NOCH VOR DER SCHULE AUFKLÄREN

Meiner Erfahrung nach sollten Eltern diese Gesprächsbrücke allerspätestens vor dem Schulanfang gebaut haben. Der erste Gedanke, der über eine Sache mitgeteilt wird – dazu noch von den Menschen, die den Kindern im Leben am meisten bedeuten –, ist immer die stärkste Grundlage. Von dieser Grundlage aus werden die Kinder neue Eindrücke verarbeiten. Wenn sie in eine entsprechende Situation geraten, werden Sie die erste Bezugsperson sein.

FRAGEN SIE IHR KIND!

Bei unseren eigenen Kindern benutzen wir oft Rollenspiele und Situationsbeschreibungen, um mit ihnen über dieses Thema ins Gespräch zu kommen, zum Beispiel: „Wenn ein Freund dir einen Film mit nackten Menschen zeigt, was würdest du tun?“ Oder: „Ist es dir schon einmal passiert, dass du etwas im Internet gesehen hast, was dir schlechte Dinge vermittelt hat?” Seien Sie nicht zimperlich beim Werte-Vermitteln. Ihr Kind liebt Sie und wird die Werte in seinen Entscheidungen berücksichtigen.

DIE HARDDISK DER GEDANKEN FÄRBEN

Was ist mit Kindern, die schon Pornofilme gesehen haben? Hier denke ich, dass man diese Filme als schlechte Beispiele besprechen kann. Pornos sind eine unechte Präsentation der Wahrheit. Wir sind für etwas viel Besseres von Gott gebaut worden. Leider ist es sehr schwer, Bilder von der Harddisk der Gedanken zu löschen. Aber man kann sie färben.

Chris Duwe lebt mit seiner Familie auf einem kleinen Bauernhof nördlich von Oslo und arbeitet bei „Jugend mit einer Mission“.

GIBT ES EIN SEXLEBEN NACH DER GEBURT?

Wenn sich der Nachwuchs einstellt, dreht sich erst mal alles ums Kind. Doch die frischgebackenen Eltern sollten die Romantik nicht aus den Augen verlieren, rät Sexualtherapeutin Veronika Schmidt.

Nur wenigen Paaren ist wirklich bewusst, wie stark ein Kind ihre Beziehung und ihr Sexleben durcheinanderbringen kann. Doch eigentlich ist es gar
nicht so schwer, die entsprechenden Vorsorgemaßnahmen zu treffen, um ein Auseinanderdriften der frischgebackenen Eltern zu verhindern. Am leichtesten finden Paare in den Wochen nach der Geburt im Bett wieder zueinander, wenn sexuelle Begegnungen im positiven Sinne selbstverständlich sind und ein beständiger Teil der Beziehung bleiben.

Aber nicht erst die Zeit nach der Geburt kann für ein Paar zur Zerreißprobe werden. Auch schon davor sind Hürden für ein entspanntes Sexleben zu überwinden. Wenn der Kinderwunsch lange Zeit unerfüllt bleibt, ist Sex möglicherweise über Monate oder sogar Jahre nach Zyklusplan angesagt und zu einer Pflicht geworden. Manche Paare kapitulieren dann angesichts einer Art Überdosis. Eine ungeplante oder zu schnelle Schwangerschaft zu Beginn der sexuellen Beziehung versetzt das Paar in Stress und beeinträchtigt häufig auch die Entwicklung eines befriedigenden Sexlebens.

Auch Paare ohne solch eine Leidensgeschichte „vergessen“ manchmal einfach den Sex in der Schwangerschaft. Andere Paare werden übervorsichtig und ängstlich und gehen nicht mehr miteinander ins Bett, um das Baby nicht zu „stören“. Dazu scheitern manche Paare daran, dass sie die Frau nur in Extremen sehen können – als „Hure oder Heilige“. Diese verdrehte Perspektive kann auch nach der Geburt weiter wirken. Also müssen Frauen sich ihrer mütterlichen und ihrer erotischen Seite widmen, Männer in sich das Bild von ihrer Frau als Mutter und Liebhaberin vereinen können. Dass dies nicht allen Paaren gelingt, ist sicherlich ein Grund dafür, dass die Zahl der Seitensprünge in der heiklen Zeit von Schwangerschaft und Geburt so hoch ist.

KEINE ANGST VOR SEX IN DER SCHWANGERSCHAFT

Wenn es keine medizinischen Vorbehalte zum Beispiel wegen einer Risikoschwangerschaft oder Frühwehen gibt, braucht der schwangere Körper keine Sexabstinenz. Die gesundheitlichen Vorteile des regelmäßigen Sexlebens tun Körper, Seele, Geist und der Paarbeziehung gut. Es gibt Frauen, die ihre Sexualität während einer Schwangerschaft mehr genießen, weil sie jetzt nicht ungeplant schwanger werden können. Im ersten Drittel der Schwangerschaft ist die Lust oft nicht sehr groß, sie steigt im zweiten Drittel bei vielen Frauen aber wieder an. Weil die Geschlechtsorgane durch die Schwangerschaft besser durchblutet sind, erreichen Frauen sogar leichter einen Orgasmus. Gegen Ende der einzelnen Schwangerschaftsdrittel setzen die körperlichen Veränderungen der Lust auf Sex Grenzen. In dieser Phase könnten Paare mit schonenden Sexstellungen experimentieren oder auch andere erotische Möglichkeiten ausloten. Leider suchen viele Paare, die kaum Sex während der Schwangerschaft miteinander haben, auch sonst oft keinen Körperkontakt. Dabei tun sich Paare, die einander regelmäßig auf zärtliche Weise berühren, deutlich leichter, nach längerer Sexabstinenz wieder zueinander zu finden.

Es schadet der Beziehung, wenn man aufhört, sich erotisch zu begegnen. Egal, in welcher Beziehungsphase – Paare sollten sich beständig auch als erotisches Liebespaar sehen und dafür Sex „rationalisieren“. Das heißt, Sex als ganz natürlichen und normalen Bestandteil der Beziehung betrachten und ihn nicht einfach einstellen. So, wie sie weiterhin essen und trinken, schlafen und Sport treiben … Am wichtigsten ist dabei die Erkenntnis: Lust auf Sex fängt nicht bei der Lust an, sondern beim sexuellen Spiel, bei dem die Lust sich einstellen wird. Dass wir im Bett tun, was uns Spaß macht, ist eine wichtige Voraussetzung. Und das kann man erlernen (mehr dazu in meinem Buch „Alltagslust“).

MÄNNER MIT „GEBURTSTRAUMA“

Mit der Geburt beginnt dann ein neuer Lebensabschnitt für die Eltern. Heutzutage sind die Väter im Kreißsaal meistens dabei. Für viele ist das auch eine unglaublich schöne Erfahrung, aber nicht für alle. Immer wieder begegnen mir Männer in der Praxis, für die die Geburt ihres Kindes ein traumatisches Erlebnis war. Sie kriegen die Bilder nicht mehr aus dem Kopf vom Blut, den Verletzungen, dem Anblick der leidenden Frau, der Hektik im Gebärsaal. Manche tun sich dann schwer mit der Vorstellung, in diese Vagina wieder eindringen zu wollen und kämpfen mit dem Impuls „nie mehr Sex zu wollen“. Paare sollten darüber unbedingt im Vorfeld der Geburt sprechen. Ob er dabei sein will, welche Bedenken und persönlichen Grenzen er hat, wie er damit umgehen kann. Zum Beispiel: am Kopfende der Frau bleiben, sich keinen Spiegel in die Hand drücken lassen, den direkten Blick auf den Geburtsvorgang vermeiden. Werden Männer im Nachhinein ihre Eindrücke nicht mehr los, sollten sie sich unbedingt Hilfe holen. Besser auch schon davor. Es gibt einige Kliniken oder Anlaufstellen, die sich den Fragen der Männer zum Vaterwerden annehmen.

DEPRESSIONEN UND KÖRPERHASS

Offiziell leidet etwa eine von sechs Frauen an postnataler Depression. Die Dunkelziffer liegt weit höher. Eine verständnisvolle Umgebung kann helfen, dass die Verstimmung nach ein paar Wochen von selbst wieder verschwindet. Doch wenn Unglücklichsein über die Mutterschaft und zwiespältige Gefühle dem Kind gegenüber anhalten, ist professionelle Hilfe angezeigt. Manchmal braucht es dazu den nachdrücklichen Anstoß von der nächsten Umgebung. Depressionen haben negative Auswirkungen auf die Partnerschaft, aber noch häufiger lösen schon bestehende Schwierigkeiten und unzufriedene Beziehungen die Depressionen aus – bei beiden Partnern. Auch das Körperbild trägt seinen Teil zur Unzufriedenheit bei. Der Bauch ist schlaff, die Brust überbeansprucht und das Übergewicht hartnäckig. Dass Männer ihre Frauen nach der Schwangerschaft nicht mehr attraktiv finden, oder dass Frauen unter ihrem Körper leiden, spielt bei der Sexver- drossenheit vieler Paare eine Rolle.

Die Hauptursache für die Unzufriedenheit sind oft unrealistische Vorstellungen, geprägt von Bildern Prominenter. Diese beenden ihre Schwangerschaft häufig per Kaiserschnitt, bevor der Körper die extremsten Veränderungen durchmacht. Und sie bringen sich mit teurem Personal Training innerhalb kürzester Zeit wieder in Bestform. Doch der Körper braucht mindestens neun Monate, um sich hormonell ans Nichtschwangersein wieder anzupassen. Damit ist der Körper rein äußerlich aber noch nicht zwingend im Ursprungszustand. Versöhnung mit dem „neuen“ Körper ist also angesagt. Ein befriedigendes Sexleben kann das Vertrauen in den eigenen Körper durchaus wachsen lassen.

WIE BEIM ERSTEN MAL

Wie der Körper verändert sich auch die Sexualität mit jeder Geburt. Der Sex muss neu ausprobiert werden. Einige Paare schlafen so schnell wie möglich wieder miteinander, bei anderen dauert es Monate, aus denen dann manchmal Jahre werden, wo Sex nur noch ab und zu stattfindet. Diesen Paaren rate ich sehr, das sexuelle Gleichgewicht wieder herzustellen. Denn der Kinderalltag ist zwar stressig und herausfordernd er kann aber der Beziehung auch neue Tiefe geben. Viele Frauen erleben zudem Sexualität nach der ersten Geburt viel ganzheitlicher und empfinden mehr dabei.

Manchmal kommt die Lust erst nach einiger Zeit zurück. Man sollte sich hier nicht unter Druck setzen. Aber man sollte trotzdem das Ziel „Lust“ auf dem Radar haben. Die Angst, gleich wieder schwanger zu werden, kann die Lust beeinträchtigen. Also lohnt es, über Verhütung zu sprechen. Stillen ist kein zuverlässiges Verhütungsmittel. Weil sich der Zyklus noch nicht wieder eingependelt hat, sind Verhütungsmethoden, die sich danach richten, ungeeignet. Kondome schützen nicht nur vor einer neuen Schwangerschaft, sondern auch vor Keimen, die eine Infektion verursachen könnten.

Der Körper braucht etwa sechs bis acht Wochen, um sich von der großen Umstellung von Schwangerschaft und Geburt zu erholen. Die Ablösung der Plazenta hat im Körper eine große Wundfläche hinterlassen. Ist di se abgeheilt und der Wochenfluss versiegt, kann man wieder miteinander schlafen. Die Lust der Frau auf Sex ist aber oft weniger ausgeprägt, weil sie durch das Stillen und die damit ausgeschütteten Hormone bereits Befriedigung erlebt. Geburtsverletzungen oder Schei- dentrockenheit wegen des Stillens können beim Geschlechtsverkehr zudem Schmerzen verursachen. Ein hochwertiges Vaginalgel kann Abhilfe schaffen. Der erste Sex nach der Geburt ist wie das erste Mal – nur leider ohne die Aufregung der Verliebtheit. Für die Zeit nach der Geburt kann es helfen, sich über Küssen und Petting der Sexualität wieder anzunähern, aber auch, sich emotional auszutauschen.

EIN KIND KANN PAARE UNGLÜCKLICH MACHEN

Nach der Geburt wird in der Partnerschaft vieles anders. Das Baby steht im Mittelpunkt, die Mutter muss sich erholen, der Alltag neu erfunden werden. Zum ersten Mal Eltern werden ist oftmals nicht nur reine Freude, sondern auch ein Schock. Untersuchungen zeigen: Viele Paare fühlen sich mit Baby unglücklicher als ohne. Gleichzeitig haben sie den Eindruck, sie müssten jetzt eigentlich rundum glücklich sein und setzen sich damit zusätzlich unter Druck. Doch nicht nur das Seelenleben, auch der Alltag muss neu geordnet werden.

Kinderbetreuung, Job, Hausarbeit, Hobbys, Gemeindeengagement, Paarzeit – das alles muss neu eingespurt werden. Ein Baby beansprucht etwa ein Viertel der verfügbaren Zeit. Vor der Geburt haben viele Paare den Haushalt einigermaßen fair aufgeteilt, die Mehrheit möchte dies beibehalten. Doch sobald Paare Eltern werden, wird die innerfamiliäre Aufgabenverteilung oft traditionell – auch entgegen der eigenen Ideale. Dieses Ungleichgewicht frustriert vor allem Frauen, denn sie müssen die persönlichen Bedürfnisse deutlich stärker einschränken.

Die Aufgabenteilung, die Beziehung, das Liebes- und Sexleben neu aushandeln klingt nicht sehr poetisch, ist aber eine Notwendigkeit. Wenn es nicht gelingen will, ist Beratung angezeigt. Denn es lauert die Gefahr der Unachtsamkeit. Die Kommunikation des Paares verändert sich nämlich. Oft wird der Umgangston mit dem Baby rauer, sogar gehässig. Paare sind kürzer angebunden und die Gesprächsthemen verändern sich. Die Verbundenheit bleibt nur bestehen, wenn man auch über Gefühle spricht, darüber, wie man sich fühlt bei dem, was passiert.

Es ist für die Paarzufriedenheit zudem entscheidend, regelmäßig ohne Kind etwas zu unternehmen, je früher, desto besser. Fehlende Zweisamkeit schadet. Am besten trägt man schöne Termine schon vor der Geburt in die Agenda ein. Denn man ist nicht nur Eltern, sondern auch Liebes- paar, und will es hoffentlich bleiben.

 

Veronika Schmidt arbeitet als Paar- und Familienberaterin und Sexualtherapeutin in eigener Praxis in Schaffhausen am Rhein. Im vergangenen Jahr ist ihr Buch „Alltagslust – ganz entspannt zu gutem Sex“ erschienen. Sie bloggt unter www.liebesbegehren.ch

 

Den Schambereich schützen

„Wie gehen wir damit um, wenn unser Sohn mit seinem Penis spielt?“

Zunächst gilt es zu unterscheiden: Nicht jede Berührung der Genitalien ist mit Selbstbefriedigung gleichzusetzen. Die Geschlechtsorgane von Jungs sind dem Körper zentral und gut „begreifbar“ vorgelagert. Harn- und Geschlechtswege sind gleich. Jungs kommen nicht umhin, sich mit dem Penis zum Wasserlassen zu beschäftigen. Beim Mädchen sind Harn- und Geschlechtswege getrennt. Das Lustorgan Kitzler liegt bis auf die Spitze verborgen unter der Haut. Mädchen entdecken lustvolle Gefühle ihrer Geschlechtsorgane etwas weniger selbstverständlich als Jungs, teils beim Abtrocknen nach dem Bad oder wenn der Duschstrahl diese berührt. Berührungen von Kindern im eigenen Intimbereich können unterschiedliche Gründe haben, Selbstbefriedigung ist nur einer davon. Es hängt mit von der sexuellen Lerngeschichte der Eltern ab, wie entspannt oder besorgt sie solche Berührungen wahrnehmen und wie sie dies einordnen. Nicht nur aus diesem Grund ist es für Eltern lohnenswert, sich mit ihrer eigenen Lerngeschichte auseinandersetzen, um besser zu verstehen, wie diese in die Erziehung ihrer Kinder mit hineinwirkt.

VON ANFANG AN GUT
Selbstbefriedigung kommt bei manchen Kindern vor, bei anderen nicht. Es ist weder eine lebenswichtige Entwicklungsphase, ohne die man etwas verpassen würde, noch eine Krankheit oder per se schädigend, wie man früher Menschen glauben machen wollte. Bei manchen spielt sie vorübergehend eine Rolle, bei anderen wird sie zur Gewohnheit, manche Menschen erleben sie als suchtartig. Doch zunächst gilt: Die Geschlechtsorgane inklusive der möglichen Gefühle in diesem Bereich gehören als Grundausstattung des Menschen von Beginn seines Lebens an dazu und nicht erst ab der Pubertät. Sie sind damit Teil des schöpferischen „sehr gut“ am 6. Schöpfungstag. Die Bibel nimmt zum Thema Sexualität an vielen Punkten Stellung, zur Selbstbefriedigung jedoch schweigt sie. Der explizite Begriff kommt nicht vor.

INTIMSPHÄRE SCHÜTZEN
Eltern sollten ihre Kinder daher nicht beschämen. Ein abfälliger Umgang kann zur Selbstverurteilung und negativen Wahrnehmung von Sexualität an sich führen: „Wie schlimm bin ich, schon als unschuldiges Kind habe ich so etwas Schlechtes getan.“ Stattdessen sollten Sie Ihren Kindern helfen, ihren Schambereich zu schützen. Intimität ist etwas sehr Persönliches und gehört daher nicht in die Öffentlichkeit, sondern in die Privatsphäre des eigenen Zimmers. Es ist wichtig, dass Kinder dies im Kindergartenalter lernen, damit sie in der Schule nicht von anderen beschämt oder ausgeschlossen werden. Weiterhin ist es bedeutsam, ihre Gesamtentwicklung im Blick zu haben, etwa ob sich Selbstbefriedigung zum Tröster entwickelt. Im Rahmen der Aufklärung können Eltern Kindern deutlich machen, dass sie selbst immer mehr Verantwortung für ihre eigene sexuelle Lerngeschichte übernehmen können. Das gilt insbesondere für die Kombination von Selbstbefriedigung mit pornografischen Bildern, die Kinder heutzutage über Smartphones immer früher erreichen.

Dr. med. Ute Buth ist Frauenärztin und Fachberaterin für das Weiße Kreuz Deutschland e.V. Sie hat das Aufklärungskonzept „Sexualaufklärung – Aufgabe und Chance©“ entwickelt, das Eltern ermutigt, früh Verantwortung für die Aufklärung ihrer Kinder zu übernehmen: www.aufgabe-und-chance.de

 

Zum Weiterlesen:
Weiterführende Artikel zum Thema finden Sie in der Mediathek des Weißen Kreuzes: www.weisses-kreuz.de.
Die Ausgabe 45 aus dem Jahr 2011 befasst sich mit dem Thema Selbstbefriedigung.