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Familie im digitalen Zeitalter? Eltern berichten von ihren Erfahrungen

Der Umgang mit digitalen Medien sorgt regelmäßig für Spannungen in Familien. Wie finden Eltern die Balance zwischen den Wünschen und Interessen der Kinder und guten Regeln? Drei Familien geben einen Einblick in ihre Erfahrungen.

Alternativen anbieten

Letztens hatte mein fünfjähriger Sohn eine schlaue Frage, auf die ich keine Antwort wusste. „Dann google doch mal“, war seine Reaktion darauf. Meine Tochter fragt mehrmals pro Woche, wann denn endlich Freitag sei, damit sie sich eine Kinderdoku aussuchen können. Puh, da sind wir also als Familie – angekommen in der digitalen Welt. Und dabei hatte ich doch, bevor ich überhaupt Kinder hatte, immer gedacht, wir würden unsere Kinder komplett medienfrei erziehen.

Als ich mit unserem dritten Kind schwanger war, musste ich mich dringend mittags hinlegen. Ich brauchte kurz meine Ruhe und habe den anderen beiden Kids oft etwas zum Schauen angemacht. Schnell haben wir gemerkt: Das ist zu viel. Die Kinder waren hinterher oft sehr aufgebracht, teils wütend, und die Zeit danach war dadurch ziemlich anstrengend. Seit einiger Zeit haben wir die Regel, dass die Kinder nur freitags etwas schauen dürfen. Das gibt uns als Familie Struktur und die Kinder empfinden es wieder als besonders, etwas sehen zu dürfen. Uns als Eltern ist hierbei wichtig, dass sie „nützliche“ Dinge schauen. So dürfen sie nicht wahllos aussuchen, was ihnen gefallen könnte, sondern wir geben die Auswahlmöglichkeiten. Und so wird meistens „Anna und die wilden Tiere“ oder „Checker Tobi“ geschaut. Hier kann man viel lernen und die Kids wissen hinterher mehr als wir.

Digitalität prägt unser Familienleben immer mehr. Unsere Kinder sind gerade noch klein und wir versuchen bei Nachfragen zur Medienzeit schöne Alternativen anzubieten, gemeinsam zu spielen und Zeit miteinander zu verbringen. Bisher klappt das ganz gut, allerdings mache ich mir oft Gedanken, wie es sein wird, wenn die Kinder größer werden. Wird mein Kind in der Schule mithalten können, wenn es keine Filme kennt oder noch kein Handy hat?

Doch eine Sache nehme ich mir immer wieder neu vor: Ich möchte für meine Kinder ein Vorbild sein. Denn wie soll ich ihnen vermitteln, dass sie sich doch lieber ein Buch oder Duplo-Steine schnappen sollen, wenn ich immer wieder mein Smartphone in der Hand habe? Seit ein paar Tagen lege ich immer öfter mein Handy bewusst in den Flur. Außerhalb meiner Reichweite und raus aus meinem Blickfeld. Und siehe da, ich kann wieder viel mehr im Hier und Jetzt sein und habe sogar angefangen, ein neues Buch zu lesen. Digitalität und die Nutzung von Medien sind nicht mehr wegzudenken. Und doch wünsche ich mir für meine Kinder und für uns als Familie, dass sie uns nicht bestimmen, wir immer wieder neu einen guten Mittelweg finden und Zeit miteinander immer noch den größten Reiz hat!

Maria Elter ist derzeit in Elternzeit und zu Hause als Vollzeitmama. Nebenbei engagiert sie sich in ihrer Gemeinde. Mit ihrem Mann und drei kleinen Kindern wohnt sie in Wetter.

Beim Zocken ins Gespräch kommen

Vor circa vier Monaten hatte ich die Gelegenheit, auf einem Digitalforum einen spannenden Vortrag der Schulleiterin Silke Müller zu hören. Darin wies sie eindrücklich auf die Gefahren hin, denen unsere Kinder heutzutage ausgesetzt sind. Dieser Vortrag hat mich in eine grundlegende Auseinandersetzung mit dem Thema digitale Medien gebracht. Klar weiß ich, dass ich mich und meine Kinder nicht der Nutzung in Gänze entziehen kann. Trotzdem habe ich gemerkt, dass ich im Alltag allzu schnell den Blick darauf verliere.

Als unser ältester Sohn sein erstes Handy bekam, begann unsere Auseinandersetzung damit, welches Endgerät das geeignete ist. Da bei Apple-Geräten schon von Haus aus eine gute Administration der Endgeräte auch für Kinder innerhalb der Familie möglich war, haben wir uns dafür entschieden. Über die Family Link-App kann man aber auch andere Endgeräte recht gut administrieren. Wir haben gemeinsam mit unserem Sohn in kleinen Schritten die Möglichkeiten des Handys entdeckt und erweitert.

Wenn ich jetzt auf diese Zeit zurückblicke, bin ich erschrocken, wie schnell der Wandel in der digitalen Welt ist. Da ist es für eine Familie, die ihre Kernkompetenz nicht im digitalen Bereich hat, nicht so einfach, Schritt zu halten. Ich versuche, immer wieder Zeit gemeinsam mit meinen Kindern mit den Medien zu verbringen, zum Beispiel beim Minecraft-Spielen. Oder ich lasse mir erklären, was bei EA Sports Neues passiert oder bei Animal Crossing oder Super Mario. Da ich auch gern mal zocke, fällt mir das nicht so schwer. Ich bin meiner Frau dankbar für die Zeit, die sie mir dafür einräumt. Es geht weit über das eigentliche Spielen hinaus, wenn ich beim Minecraft-Zocken an den Twitch-Sessions meines Sohnes teilhaben kann oder beim Spielen mit meinen Kids ins Gespräch komme. Diese Zeit empfinde ich als unendlich wertvoll.

Was mich in letzter Zeit allerdings aufhorchen lässt, ist die Tatsache, dass die jungen Menschen mit Hilfe der digitalen Welt mehr und mehr eine Parallelwelt erschaffen. Leute wie Trymacs oder Monte, Knossi oder Sascha hatten ihren Start in der digitalen Welt, haben jetzt aber mehr und mehr Einfluss auf unsere Gesellschaft. Oder die Baller League: Die Jungs stellen sich Fußballvereine zusammen und erschaffen einfach mal eine neue Fußball-Liga – nicht mehr nur in der digitalen, sondern in der realen Welt.

Wir als Eltern können nicht vor der Digitalisierung davonlaufen, sondern müssen uns die Zeit nehmen, gemeinsam mit unseren Kids in die digitale Welt einzutauchen, um den Anschluss nicht nur an die Digitalisierung, sondern auch an unsere Kids nicht zu verlieren. Nur so werden wir eine Atmosphäre schaffen, in der unsere Kids auch mit Themen, die sie beschäftigen oder bedrücken, zu uns kommen, um diese mit uns zu besprechen.

Peter Diehl ist Diplom-Sozialpädagoge und arbeitet als Bereichsleitung in der stationären Kinder- und Jugendhilfe. Mit seiner Frau und seinen vier Kindern lebt er in Ostfriesland.

Inspiration für das wirkliche Leben

Digital – wenn ich dieses Wort höre, merke ich, wie die Wut in mir aufsteigt. „Zeitfresser!“, denke ich mir. „Beziehungsräuber! Suchtfalle!“ Scheinbar jeder ist von diesem Virus befallen – ich mit eingeschlossen. Und schon sehe ich mich gedanklich in Alaska, in den Bergen im Wald, ein kleines Häuschen mit Garten, ein prasselndes Kaminfeuer. In der Natur wie die Amish leben. Ganz einfach ohne Technik, ohne Lärm, Hektik, Cancel Culture und Co. – back to the roots eben.

Ich ertappe mich dabei, wie ich wehmütig auf Zeiten zurückblicke, in denen digitale Medien nicht so viel Raum einnahmen. Bis mir wieder auffällt: „Ich bin hier. Im Hier und Jetzt!“ Dadurch sehe ich das viele Positive, das mit der Technik einhergeht: ermutigende Sprachnachrichten an Freunde in Not, die ins Ausland ausgewandert sind. Oder das wöchentliche Mama-Gebets-Treffen per WhatsApp, das live undenkbar wäre. Hörbücher, Predigten und Lobpreis im Auto, vor dem Einschlafen oder bei der Gartenarbeit sind kaum mehr wegzudenken.

Gerade vor Kurzem haben unsere Mädels eine tolle Stelle am Bach entdeckt. Inspiriert von Outdoor- und Survival-Serien, die wir als Familie gern gemeinsam schauen, wurden kurzerhand Handschuhe, Säge und Klappmesser eingepackt. Voller Eifer wurde gesägt, zu dritt wurden Baumstämme getragen und nach Dingen zum Zusammenbinden gesucht. Voller Freude (und auch ein bisschen Stolz) dachte ich daran, was wohl die Real Life Guys sagen würden, wenn sie unser tolles Shelter sehen könnten! Ein unvergessliches Erlebnis für alle. Eine Idee, deren Umsetzung und Erfolgserlebnis dank digitaler Inspiration möglich war.

Schon als unsere erste Tochter klein war, entschieden wir uns, Medienzeiten einzuführen. Filme, Serien und Ähnliches gibt es bei uns am Wochenende. Und wir schauen vorrangig gemeinsam. Natürlich gibt es auch hier Ausnahmen. Mit der Oma schauen die Kinder gern dienstags die Naturdokus der ORF-Reihe „Universum“. Und auch das Binge-Watching der Serie „The Chosen“ erlauben wir. Ein ebenso wichtiger Punkt ist das gemeinsame Essen. Bei Tisch gibt es weder Handy, Radio oder Bücher. Dafür wird geplaudert, erzählt und nicht selten gelacht, geblödelt und gereimt.

Am Ende handhaben wir es so wie mit allen Dingen: Wir nutzen die Medien bedacht. Und wir reflektieren: Hast du das Handy? Oder hat es dich?

Astrid Magerle lebt mit ihrem Mann und zwei Töchtern (7 und 10) im Lavanttal in Österreich.

Soziale Netzwerke – gehören Kinderbilder auf Insta und Co?

Soziale Netzwerke laden dazu ein, das eigene Leben mit dem Rest der Welt zu teilen. Dabei stehen Eltern oft vor der Frage: Kann ich ein Bild von meinem Kind posten? Mediencoach Iren Schulz rät zur Vorsicht.

Das Familienleben hält jede Menge aufregende, lustige und besondere Momente bereit. Und weil Eltern sich gern daran erinnern und stolz auf ihre Kinder sind, werden die Erlebnisse mit der Smartphone-Kamera festgehalten und in privaten oder eben auch öffentlichen Communities geteilt. Insbesondere soziale Netzwerke bieten eine Plattform. Auch wenn Eltern positive Gedanken dabei haben, übersehen sie leider, dass solches Bildmaterial im Prinzip für jede(n) zugänglich ist und in falsche Hände geraten kann.

Grundsätzlich muss man sagen, dass digitale Medien wie das Smartphone heute selbstverständlicher Bestandteil des Familienalltags sind und nicht nur bei der Organisation helfen, sondern auch eine Art Erinnerungskiste, Verbindungsschnur und Sammelalbum darstellen. Gleichzeitig ist aber die Kindheit eine besonders schützenswerte Lebensphase. Wir als Erwachsene tragen die juristische und erzieherische Verantwortung dafür, dass Kinder sicher und gut aufwachsen können.

Das Recht am eigenen Bild

Juristisch gesehen ist das zum Beispiel darüber geregelt, dass auch Heranwachsende ein Recht am eigenen Bild haben. Weil sie aber noch nicht selbst über die Veröffentlichung entscheiden können, sind Eltern gefragt, hier besonders sensibel und sorgsam zu entscheiden. Denn sicher ist, dass Kinderfotos im Netz das Risiko für unerwünschte Kontakte oder eine problematische Weiterverwendung bergen. Deshalb sollten sich Eltern gut überlegen, ob und auf welche Art und Weise sie Kinderfotos im Netz und in sozialen Netzwerken verbreiten.

Öffentlich zugängliche Profile, Portale und Programme sind dafür nicht geeignet. Wenn Bilder veröffentlicht werden, sollten Kinder auf diesen Fotos nicht direkt erkennbar sein, sondern beispielsweise nur im Anschnitt, von hinten oder mit Sonnenbrille. Außerdem ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Fotos keine Kontextinformationen wie personenbezogene Daten zum Kind, Standortdaten oder Ähnliches enthalten. Zudem sollten Eltern regelmäßig die Sicherheits- bzw. Privatsphäre-Einstellungen in ihren Social-Media-Profilen überprüfen. Fotos von Kindern in peinlichen, unangenehmen oder unangemessenen Situationen sind absolut tabu!

Gute Routinen und Regeln

Mit dem Älterwerden sollten Heranwachsende in die Entscheidung einbezogen und gefragt werden, ob sie einverstanden sind, dass ein Foto von ihnen erstellt und geteilt wird. Kinder haben nicht nur ein gutes Bauchgefühl, sondern eben auch ein Recht darauf und lernen so, bewusst und souverän mit den Möglichkeiten digitaler Medien umzugehen. Hierbei ist auch noch einmal die Vorbildrolle von uns Erwachsenen angesprochen. Wenn wir uns verantwortungsvoll mit und in digitalen Medien bewegen, gute Routinen und Regeln in der Familie etablieren und auch mal ohne Smartphone zum Ausflug antreten, wird es eher gelingen, diese Handlungsweisen an unsere Kinder weiterzugeben. Und mal ehrlich: Ist nicht jeder Ausflug und jedes Erlebnis schöner, wenn die Familie mit allen Sinnen – und nicht mit allen Bildschirmen – dabei ist?

Dr. Iren Schulz ist Mediencoach bei der Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“

Soziale Netzwerke – gehören Kinderbilder auf Insta und Co?

Soziale Netzwerke laden dazu ein, das eigene Leben mit dem Rest der Welt zu teilen. Dabei stehen Eltern oft vor der Frage: Kann ich ein Bild von meinem Kind posten? Mediencoach Iren Schulz rät zur Vorsicht.

Das Familienleben hält jede Menge aufregende, lustige und besondere Momente bereit. Und weil Eltern sich gern daran erinnern und stolz auf ihre Kinder sind, werden die Erlebnisse mit der Smartphone-Kamera festgehalten und in privaten oder eben auch öffentlichen Communities geteilt. Insbesondere soziale Netzwerke bieten eine Plattform. Auch wenn Eltern positive Gedanken dabei haben, übersehen sie leider, dass solches Bildmaterial im Prinzip für jede(n) zugänglich ist und in falsche Hände geraten kann.

Grundsätzlich muss man sagen, dass digitale Medien wie das Smartphone heute selbstverständlicher Bestandteil des Familienalltags sind und nicht nur bei der Organisation helfen, sondern auch eine Art Erinnerungskiste, Verbindungsschnur und Sammelalbum darstellen. Gleichzeitig ist aber die Kindheit eine besonders schützenswerte Lebensphase. Wir als Erwachsene tragen die juristische und erzieherische Verantwortung dafür, dass Kinder sicher und gut aufwachsen können.

Das Recht am eigenen Bild

Juristisch gesehen ist das zum Beispiel darüber geregelt, dass auch Heranwachsende ein Recht am eigenen Bild haben. Weil sie aber noch nicht selbst über die Veröffentlichung entscheiden können, sind Eltern gefragt, hier besonders sensibel und sorgsam zu entscheiden. Denn sicher ist, dass Kinderfotos im Netz das Risiko für unerwünschte Kontakte oder eine problematische Weiterverwendung bergen. Deshalb sollten sich Eltern gut überlegen, ob und auf welche Art und Weise sie Kinderfotos im Netz und in sozialen Netzwerken verbreiten.

Öffentlich zugängliche Profile, Portale und Programme sind dafür nicht geeignet. Wenn Bilder veröffentlicht werden, sollten Kinder auf diesen Fotos nicht direkt erkennbar sein, sondern beispielsweise nur im Anschnitt, von hinten oder mit Sonnenbrille. Außerdem ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Fotos keine Kontextinformationen wie personenbezogene Daten zum Kind, Standortdaten oder Ähnliches enthalten. Zudem sollten Eltern regelmäßig die Sicherheits- bzw. Privatsphäre-Einstellungen in ihren Social-Media-Profilen überprüfen. Fotos von Kindern in peinlichen, unangenehmen oder unangemessenen Situationen sind absolut tabu!

Gute Routinen und Regeln

Mit dem Älterwerden sollten Heranwachsende in die Entscheidung einbezogen und gefragt werden, ob sie einverstanden sind, dass ein Foto von ihnen erstellt und geteilt wird. Kinder haben nicht nur ein gutes Bauchgefühl, sondern eben auch ein Recht darauf und lernen so, bewusst und souverän mit den Möglichkeiten digitaler Medien umzugehen. Hierbei ist auch noch einmal die Vorbildrolle von uns Erwachsenen angesprochen. Wenn wir uns verantwortungsvoll mit und in digitalen Medien bewegen, gute Routinen und Regeln in der Familie etablieren und auch mal ohne Smartphone zum Ausflug antreten, wird es eher gelingen, diese Handlungsweisen an unsere Kinder weiterzugeben. Und mal ehrlich: Ist nicht jeder Ausflug und jedes Erlebnis schöner, wenn die Familie mit allen Sinnen – und nicht mit allen Bildschirmen – dabei ist?

Dr. Iren Schulz ist Mediencoach bei der Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“