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Spannungen aushalten? Pädagogin gibt Einblicke

Gräben durchziehen die Gesellschaft, aber auch Familien und Freundschaften. Warum fällt es uns oft so schwer, andere Meinungen zu respektiern und Spannungen auszuhalten? Pädagogin Daniela Albert reflektiert über Einstellungen und Wertschätzung.

Eigentlich müsste ich gerade Sachen packen, denn übers verlängerte Wochenende wollen wir weg. Mit einer tollen Truppe Menschen, jeder Menge Kinder und dem Wohnwagen geht es für vier Tage in die Natur. Wir wollen wandern, mit dem Floß auf dem See herumplanschen, grillen und vor allen Dingen Gemeinschaft erleben. Eine wunderschöne Sache. Wenn da nicht …

An einem Strang ziehen?

Wenn da nicht unsere unterschiedlichen Ansichten zum Thema Erziehung wären. Die eine Mutter mag es eher strukturiert und pädagogisch zumindest anspruchsvoll. Als Pädagogin sollte das eigentlich auch mein Anspruch sein, blöderweise mag ich es aber lieber kreativ-langweilig und zumindest im Urlaub laissez-faire. Grundsätzlich habe ich ein großes Vertrauen in meine Kinder und dass die Dinge schon irgendwann gut werden, und mache mir um Alltägliches weniger Gedanken. Die Teenies hängen vor dem Handy? Was soll’s? Solange sie die Mahlzeiten mit uns einnehmen und an ein paar Gemeinschaftsaktivitäten teilnehmen, soll mir das recht sein. Ein Kind mag nicht wandern? Lass uns mal kreativ schauen, wie wir das lösen. Und falls irgendwer von den Erwachsenen auch nicht so viel Lust hat, habe ich nichts dagegen, wenn ein Teil der Gruppe am See bleibt. Wir haben doch schließlich Urlaub.

Das sehen nicht alle in der Runde so. Einige würden sich wünschen, dass wir mehr an einem Strang ziehen und die Kids sich auch mal anpassen müssen, weil sie, so die Erfahrung, am Ende meistens trotzdem Spaß haben. Letztes Jahr hatten wir dazu ein paar unschöne Diskussionen. Deshalb sitze ich gerade hier am Schreibtisch und haue in die Tasten, statt endlich zu packen. Tief in mir frage ich mich nämlich, ob es wirklich eine gute Idee ist, meine freien Tage inmitten solcher Spannungen zu verbringen. Realistisch betrachtet machen die Uneinigkeiten natürlich nur einen verschwindend geringen Prozentsatz unserer gemeinsamen Zeit aus. Meistens haben wir Spaß zusammen, genießen den Austausch, lernen voneinander und können uns stehen lassen und wertschätzen. Doch blöderweise merke ich, dass die Spannungen, die entstehen, sich oft stärker einprägen als all das Gute, das ich in Gemeinschaft erleben darf.

Die einzig gültige Wahrheit

Manchmal habe ich das Gefühl, dass mir Strategien fehlen, um Reibung auszuhalten. Das war nicht immer so. Früher war ich gern mittendrin, immer da, wo diskutiert wurde, wo Meinungen aufeinanderprallen, wo es heiß zur Sache ging. Ich war neugierig auf andere Menschen und das, was sie denken. Habe mich für ihr Leben interessiert und versucht zu ergründen, wo diese ganz anderen Ansichten, als ich sie habe, herkommen und an welchen Stellen unsere gemeinsamen Nenner liegen könnten. Nicht umsonst habe ich als damals politisch eher links engagierte Studentin den Vorsitzenden des Rings Christdemokratischer Studenten geheiratet – das macht man nicht, wenn man ein Problem mit Spannungen und Unterschiedlichkeiten hat. Doch in den letzten Jahren kommt es mir so vor, als hätte ich so einiges verlernt, was mich früher ausgemacht hat – und ich glaube, damit bin ich nicht allein. Andere stehen lassen, Spannungen und Unterschiedlichkeiten aushalten, das scheint schwieriger geworden zu sein.

Gesprächsangebote statt Spannungen?

Das hat meiner Ansicht nach verschiedene Gründe. Zum einen ist es im Zuge von sozialen Medien und dem schnellen Finden von Gleichgesinnten einfacher geworden, in der eigenen Suppe zu kochen. Wir können uns den ganzen Tag mit Menschen umgeben (zumindest virtuell), die uns zustimmen. Klar, gerade wenn wir in sozialen Netzwerken unterwegs sind, findet sich immer auch eine Menge Gegenwind. Diesen wiederum kann man aber gut aushalten, weil man sich ja in der Anonymität dieser Welt nicht weiter mit den Personen dahinter auseinandersetzen muss. Dann ist es aber tatsächlich so, dass andere Meinungen – auch wieder hauptsächlich in der Anonymität des Internets, doch zunehmend leider auch offline – nicht mehr als Gesprächsangebot in den Raum gestellt werden, sondern als einzig gültige Wahrheit.

Dabei bleibt es nicht. Diese Wahrheiten werden oft mit einer solchen Vehemenz vorgetragen, dass kaum noch Raum für Austausch vorhanden ist. Meist bleibt das nicht auf der Sachebene, sondern geht tief ins Persönliche. Menschen greifen sich gegenseitig verbal – und leider im Extremfall sogar körperlich – an, weil sie nicht aushalten, dass jemand über einen bestimmten Sachverhalt anders denkt.

Spannungen vermeiden

Im religiösen Bereich gibt es eine besonders fiese Möglichkeit, einander aufgrund von Unterschiedlichkeiten zu verletzen: Wir sprechen dem Gegenüber einfach den Glauben ab, unterstellen einander ein falsches Verständnis und schon müssen wir nicht mehr diskutieren oder uns auch nur im Ansatz auf die Gedanken des anderen einlassen. Meinungen sind in ganz vielen Fällen keine Sachfragen mehr, sondern in höchstem Maß emotional aufgeladen – und somit bekommen Meinungsverschiedenheiten schnell etwas Existenzielles. Beziehungen werden infrage gestellt, wenn man merkt, dass man sich in bestimmten Themen nicht einig ist. Und ja: Manchmal ist das auch nötig.

Es gibt Ansichten, die für den einen oder anderen wirklich bedrohlich oder schwer auszuhalten sind. Wenn Menschen dich aufgrund deines Seins ablehnen, du in deinem Umfeld mit Meinungen konfrontiert bist, die dich selbst oder dir nahestehende Menschen kränken und diskriminieren, geht es oft nicht, ohne dass du Abstand gewinnst. Doch das Vermeiden von Spannungen fängt leider oft nicht erst da an, wo man sich selbst schützen muss, sondern da, wo es einfach nur ab und zu ein bisschen unbequem werden kann. Da fasse ich mich an die eigene Nase – wie man an meinem Beispiel oben sieht. Denn unterschiedliche Auffassungen darüber, wie wir unsere Kinder erziehen und welche Regeln für die paar wenigen Tage gelten sollten, sind weder bedrohlich noch existenziell (zumindest, solange sie sich im Rahmen eines gesunden Menschenverstandes und eines gewaltfreien Erziehungskonzepts bewegen). Sie sind nur ein bisschen nervig.

Kurzfristig ausgeladen

Aber wie kommt es dann, dass wir auch solche Spannungen heute am liebsten vermeiden würden und so süchtig nach Harmonie und Bestätigung zu sein scheinen? Ich habe darauf keine allgemeingültige Antwort, aber eine Beobachtung. Ich erlebe viele Menschen heute als sehr unsicher, was ihr Zugehörigkeitsgefühl angeht. Wenn ich an die große, laute, diskussionsfreudige Sippe denke, aus der ich stamme, dann erinnere ich mich vor allem daran, dass es fast nicht möglich war, sich dort dauerhaft ins Aus zu katapultieren. Man stritt heftig und impulsiv, und am Ende des Tages war man trotzdem eine Gemeinschaft, eine Familie.

Heute erlebe ich es häufiger, dass Menschen aufgrund ihrer Ansichten, ihrer Streitlust oder ihrer Unterschiedlichkeit irgendwo gar nicht mehr hinkommen dürfen. Das passiert im professionellen Kontext, wenn Referenten oder Rednerinnen kurzfristig ausgeladen werden, weil man auf einmal merkt, dass sich zu viele Leute an ihnen reiben (das passiert übrigens, anders als ein gängiges Vorurteil nahelegt, nicht nur bei „woken“ Veranstaltungen, sondern auch das konservative Spektrum wählt mittlerweile sehr genau aus, wer wo noch was sagen darf). Es geschieht aber mehr und mehr auch im Privaten. Ich habe das Gefühl, wir alle haben mit unserem Leben und den täglichen Aufgaben so viel um die Ohren, fühlen uns oft so stark belastet, dass uns die Kraft und die Lust fehlt, auch noch unsere Freizeit damit zu verbringen, für uns schwierige Ansichten auszuhalten.

Ermutigung statt Wahrheit

Eine gute Erfahrung, die ich gemacht habe, wenn es darum geht, hier gegenzusteuern, ist tatsächlich, den Fokus wieder auf die Gemeinsamkeiten zu legen: Was läuft eigentlich gut? Wo kommen wir zusammen? Was können wir trotz der Unterschiedlichkeiten vielleicht doch gemeinsam wuppen? Was kann ich von dir lernen? Kann ich mir von meiner Freundin und ihren eher strengen Ansichten etwas abschauen, was mir in schwierigen Situationen helfen kann? Und könnte ich mit meiner Lockerheit auch Inspiration für sie sein? Oder können wir uns – ach, wäre das schön – am Ende des Tages bei einem Glas Wein zugestehen, dass wir die Dinge völlig unterschiedlich handhaben und dabei beide einen wundervollen Job machen?

Ein weiterer Punkt, der uns ermutigen kann, auch wieder Spannungen auszuhalten, ist, immer wieder den Ausgleich zu suchen. Sinnvoll wäre es, einander zu ermutigen, uns liebevolle Dinge zu sagen, uns zu loben und unseren Fokus auf das zu richten, was jemand richtig gut macht. Wie wäre es, wenn wir die, an denen wir uns am meisten reiben, täglich mit Liebe für all das überschütten, was wir an ihnen toll finden? Wenn wir ihnen die Sicherheit geben, dass sie bei uns angenommen und geliebt sind – und erst dann und im Rahmen dieser Sicherheit mal ordentlich aneinanderrumpeln?

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern- und Familienberaterin (familienberatung-albert.de).

Familienstreit an Weihnachten – So können Sie Ihrem Kind helfen

Der Traum einer besinnlichen Weihnacht platzt oft, wenn nicht alles perfekt ist. Der Stress steigt und dann nerven noch die Verwandten. Doch wie erleben das erst die Kinder? Therapeutin Melanie Schüer erklärt, wie Sie Ihrem Kind helfen können.

„Einerseits ist Weihnachten ja echt schön – aber andererseits bin ich auch froh, wenn es vorbei ist. Denn die Erwachsenen sind an diesen Tagen immer so wahnsinnig gestresst …“

So in etwa äußerte sich in der Weihnachtszeit einmal meine Tochter über ihr Erleben der „schönsten Zeit des Jahres“ und ich musste erst einmal schlucken – das saß!

Diese gemischten Gefühle bezüglich der zugleich festlichsten und doch auch anstrengendsten Wochen des Jahres kennen wir vermutlich alle. Kinder und Jugendliche nehmen dies oft noch stärker wahr, weil sie sich besonders freuen – alles ist noch neu und so aufregend! – und gleichzeitig die bestehende Anspannung und Stressbelastung noch weniger reflektieren und einordnen können.

Es könnte alles so schön sein…

Auch in meiner psychotherapeutischen Arbeit erlebe ich, dass gerade depressive Symptome um die Weihnachtszeit herum zunehmen. Die Gründe dafür sind vielfältig, zum Beispiel:

  • Hohe Erwartungen: Es soll schön werden, besinnlich, gemütlich, lecker, freudvoll, besonders – und das möglichst für alle! Das bedeutet viel Arbeit bei der Vorbereitung und viel Druck, denn Weihnachten ist eben nur einmal im Jahr.
  • Unterschiedliche Bedürfnisse, die alle an drei Tagen unter einen Hut gebracht werden sollen
  • Die Anspannung darüber, Familienmitglieder wiederzutreffen, denen man sonst eher aus dem Weg geht

Weihnachten mit strahlenden Augen

Was kann helfen, damit Kinder und Jugendliche Weihnachten so erleben, wie wir es ihnen wünschen – mit vor Freude geröteten Bäckchen, strahlenden Augen und einem fröhlichen Herzen?

Als erstes ist es hilfreich, zu reflektieren und zu erklären, was los ist: Stress lässt sich in der Adventszeit nicht immer vermeiden. Aber es hilft Kindern, wenn Erwachsene diese Erfahrungen altersgemäß einordnen: „Puh, es tut mir leid, dass ich vorhin so gereizt war! Der Advent ist so schön, aber manchmal auch so stressig, weil so vieles zu erledigen ist. Und das alles neben der normalen Arbeit, die ja auch nicht liegen bleiben kann. Deswegen kommt es vor, dass ich genervt reagiere, weil ich müde bin von all dem, was zu tun ist. Aber morgen machen wir uns einen gemütlichen Tag, ja?“

Das Schlagwort „Weniger ist Mehr“ hilft tatsächlich dabei, die randvolle Zeit zu entzerren. Es bringt oft ungemein Entlastung, wenn man sich zumindest einen Tag vor Heiligabend freinehmen kann, den Baum schon etwas früher als sonst aufstellt und schmückt, die Geschenke schon im November besorgt oder auch mit einigen Leuten bespricht, sich nichts zu schenken, sondern lieber mit weniger Trubel einfach die gemeinsame Zeit zu genießen.

Auch hilft es, wenn wir in den Terminkalender bewusst Zeiten für Stille und Besinnlichkeit einplanen. Das kann auch mit altersgemäßen Medien gelingen, wie:

  • Videos wie „Superbuch – das erste Weihnachten“ (ca. 6-12 Jahre)
  • Der Weihnachtsfolge der Serie „The Chosen“ (ab ca. 12 Jahren)
  • Fortlaufenden Adventskalender-Büchern wie „Komm doch mit nach Betlehem!“ (SCM-Verlag, ca. 5-10 Jahre) oder „Ricas Weihnachtsüberraschung“ (ca. 2-6 Jahre)

Für Erwachsene besonders schwer, aber für das Familienleben ungemein wichtig ist es, Unperfektheiten auszuhalten. Wenn wir Erwachsene an unsere Weihnachtserinnerungen denken oder überlegen, wie wir damals Weihnachten gern erlebt hätten – wäre dann wirklich eine einwandfrei saubere Wohnung oder ganz besondere Deko das Wesentliche? Letztlich entscheidet viel mehr das Maß der Herzlichkeit, Liebe und einer fröhlichen Stimmung darüber, wie positiv Kinder und Jugendliche Weihnachten erleben.

Weihnachten – das Fest der Widersprüche

Jugendliche empfinden das ach-so-friedliche Beisammensein einmal im Jahr mit allen Verwandten, auch der unliebsamen Tante Agatha, oft als heuchlerisch. Daher brauchen sie Unterstützung darin, das Geschehen differenziert einzuordnen. „Das ganze Jahr über wird gestritten und gezankt und dann plötzlich spielen wir uns Friede, Freude, Eierkuchen vor!?“ Hier können Erwachsene am besten reagieren, indem sie:

  • Die Ungereimtheiten und auch mögliche Konflikte und Fehler anerkennen und einräumen, dass nicht alle Beziehungen heil und friedlich sind
  • Und gleichzeitig hervorheben, dass gerade in diesem „sowohl als auch“ eine Chance stecken kann: Nämlich, dass die gemeinsame Besinnung auf etwas Größeres (die Geburt dessen, der sich selbst als „Licht der Welt“ bezeichnet und die Menschen auffordert, Frieden mit Gott und dem Nächsten zu machen) helfen kann, über Uneinigkeiten hinweg zu sehen oder diese zumindest nicht größer werden zu lassen, als sie sein müssten.

Kinder mit einbeziehen

Ein wichtiges Element für ein harmonisches Weihnachtsfest ist, Kinder und Jugendliche in das Geschehen einzubeziehen. Das kann sowohl bedeuten, dem Nachwuchs altersgemäße Aufgaben zu übertragen (beim Putzen, Dekorieren, Backen, etc. helfen) als auch, die kindlichen Ideen und Wünsche bei der Planung zu berücksichtigen. Hier gilt es, ein gesundes Maß zu finden – Eltern sollen und dürfen einen gewissen Rahmen vorgeben, der ihnen wichtig ist. Aber Kinder fühlen sich wertgeschätzt, wenn sie in gewissen Bereichen mitgestalten können, zum Beispiel: Was könnten wir den Großeltern schenken? Wie wollen wir die Bescherung gestalten? Was gibt es als Nachtisch?

Die Advents- und Weihnachtszeit, so schwierig sie oft ist, ist eine ganz besondere Zeit. Daher ist es so immens wichtig, vor allem die Zeit mit den Menschen, die wir lieben, zu genießen, auch wenn manches nicht perfekt ist.

Melanie Schüer Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche und Autorin.

Familienstreit an Weihnachten? So helfen Sie Ihren Kindern

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Diese gemischten Gefühle bezüglich der zugleich festlichsten und doch auch anstrengendsten Wochen des Jahres kennen wir vermutlich alle. Kinder und Jugendliche nehmen dies oft noch stärker wahr, weil sie sich besonders freuen – alles ist noch neu und so aufregend! – und gleichzeitig die bestehende Anspannung und Stressbelastung noch weniger reflektieren und einordnen können.

Es könnte alles so schön sein…

Auch in meiner psychotherapeutischen Arbeit erlebe ich, dass gerade depressive Symptome um die Weihnachtszeit herum zunehmen. Die Gründe dafür sind vielfältig, zum Beispiel:

  • Hohe Erwartungen: Es soll schön werden, besinnlich, gemütlich, lecker, freudvoll, besonders – und das möglichst für alle! Das bedeutet viel Arbeit bei der Vorbereitung und viel Druck, denn Weihnachten ist eben nur einmal im Jahr.
  • Unterschiedliche Bedürfnisse, die alle an drei Tagen unter einen Hut gebracht werden sollen
  • Die Anspannung darüber, Familienmitglieder wiederzutreffen, denen man sonst eher aus dem Weg geht

Weihnachten mit strahlenden Augen

Was kann helfen, damit Kinder und Jugendliche Weihnachten so erleben, wie wir es ihnen wünschen – mit vor Freude geröteten Bäckchen, strahlenden Augen und einem fröhlichen Herzen?

Als erstes ist es hilfreich, zu reflektieren und zu erklären, was los ist: Stress lässt sich in der Adventszeit nicht immer vermeiden. Aber es hilft Kindern, wenn Erwachsene diese Erfahrungen altersgemäß einordnen: „Puh, es tut mir leid, dass ich vorhin so gereizt war! Der Advent ist so schön, aber manchmal auch so stressig, weil so vieles zu erledigen ist. Und das alles neben der normalen Arbeit, die ja auch nicht liegen bleiben kann. Deswegen kommt es vor, dass ich genervt reagiere, weil ich müde bin von all dem, was zu tun ist. Aber morgen machen wir uns einen gemütlichen Tag, ja?“

Das Schlagwort „Weniger ist Mehr“ hilft tatsächlich dabei, die randvolle Zeit zu entzerren. Es bringt oft ungemein Entlastung, wenn man sich zumindest einen Tag vor Heiligabend freinehmen kann, den Baum schon etwas früher als sonst aufstellt und schmückt, die Geschenke schon im November besorgt oder auch mit einigen Leuten bespricht, sich nichts zu schenken, sondern lieber mit weniger Trubel einfach die gemeinsame Zeit zu genießen.

Auch hilft es, wenn wir in den Terminkalender bewusst Zeiten für Stille und Besinnlichkeit einplanen. Das kann auch mit altersgemäßen Medien gelingen, wie:

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Für Erwachsene besonders schwer, aber für das Familienleben ungemein wichtig ist es, Unperfektheiten auszuhalten. Wenn wir Erwachsene an unsere Weihnachtserinnerungen denken oder überlegen, wie wir damals Weihnachten gern erlebt hätten – wäre dann wirklich eine einwandfrei saubere Wohnung oder ganz besondere Deko das Wesentliche? Letztlich entscheidet viel mehr das Maß der Herzlichkeit, Liebe und einer fröhlichen Stimmung darüber, wie positiv Kinder und Jugendliche Weihnachten erleben.

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Jugendliche empfinden das ach-so-friedliche Beisammensein einmal im Jahr mit allen Verwandten, auch der unliebsamen Tante Agatha, oft als heuchlerisch. Daher brauchen sie Unterstützung darin, das Geschehen differenziert einzuordnen. „Das ganze Jahr über wird gestritten und gezankt und dann plötzlich spielen wir uns Friede, Freude, Eierkuchen vor!?“ Hier können Erwachsene am besten reagieren, indem sie:

  • Die Ungereimtheiten und auch mögliche Konflikte und Fehler anerkennen und einräumen, dass nicht alle Beziehungen heil und friedlich sind
  • Und gleichzeitig hervorheben, dass gerade in diesem „sowohl als auch“ eine Chance stecken kann: Nämlich, dass die gemeinsame Besinnung auf etwas Größeres (die Geburt dessen, der sich selbst als „Licht der Welt“ bezeichnet und die Menschen auffordert, Frieden mit Gott und dem Nächsten zu machen) helfen kann, über Uneinigkeiten hinweg zu sehen oder diese zumindest nicht größer werden zu lassen, als sie sein müssten.

Kinder mit einbeziehen

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Die Advents- und Weihnachtszeit, so schwierig sie oft ist, ist eine ganz besondere Zeit. Daher ist es so immens wichtig, vor allem die Zeit mit den Menschen, die wir lieben, zu genießen, auch wenn manches nicht perfekt ist.

Melanie Schüer Psychotherapeutin für Kinder und Jugendliche und Autorin.