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Body Positivity: Mit diesen 4 Hacks lernt Ihr Kind seinen Körper lieben

„Mama, ich bin zu dick“ – oft kommen solche Sätze schon im frühen Teenie-Alter. Therapeutin Melanie Schüer erklärt, wie Eltern gegensteuern können.

Auch Kinder werden von Schönheitsidealen beeinflusst und die Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper fängt oft früher an, als Eltern lieb ist. Fünf Dinge können Sie tun, um Ihr Kind bei einer positiven Einstellung zum eigenen Körper zu unterstützen:

1. Seien Sie ein Vorbild bei der Selbstannahme

Kinder lernen viel durch Nachahmung. Sie beobachten intensiver, als man oft meint. Deshalb: Achten Sie ab dem Kleinkindalter darauf, wie Sie mit Ihrem Körper umgehen und wie Sie über ihn sprechen. Jammern Sie nicht über Ihre Figur, sondern drücken eher mal Positives aus: „Den Pulli finde ich toll, der steht mir!“

Extremdiäten sind nicht nur für Sie ungesund, sondern auch für Ihre Kinder ist es schädlich, wenn sie sehen, dass ein Elternteil sich beim Essen extrem einschränkt. So können sie nicht lernen, Genuss und Gesundheit miteinander in Einklang zu bringen. Erklären Sie stattdessen, warum der Körper zum Beispiel Vitamine braucht, dass zu viel Zucker ihn krank machen kann etc.

2. Steigern Sie Spaß an Bewegung

Bewegung und Sport sind sehr förderlich für Body Positivity. Dabei sollte es nicht primär um das Erreichen eines Schönheitsideals oder sportliche Bestleistungen gehen, sondern um die Freude an der Bewegung, die gesundheitlichen Vorzüge von regelmäßigem Sport und das gute Gefühl, das sich durch die Ausschüttung von Glückshormonen entsteht. Deshalb versuchen Sie, regelmäßig spaßige Bewegung einzubauen – zum Beispiel Trampolin springen, Seilspringen, Federball im Garten oder Park, Fangen spielen, Spazierengehen und dabei Steine, Kastanien, Stöcke oder ähnliches sammeln … Seien Sie geduldig, wenn Ihr Kind mehrere Sportarten ausprobiert. Viele Kinder brauchen eine Weile, bis sie das Richtige gefunden haben.

Erklären Sie Ihrem Kind, dass Sport gesund ist (zum Beispiel für das Herz-Kreislauf-System, den Rücken, die Konzentration, aber auch die Stimmung und das Wohlbefinden) und es sich selbst damit etwas Gutes tut. Machen Sie aber auch klar, dass es nicht darum geht, abzunehmen oder der/die Beste zu sein.

3. Seien Sie offen für Vielfalt

Wenn Ihr Kind fragt, warum jemand anders aussieht als andere, dann erklären Sie das respektvoll und machen Sie deutlich: Es ist nicht schlimm, anders zu sein. Jeder ist einzigartig, wir sind alle verschieden. Das ist okay und gut so. Lesen Sie mit Ihrem Kind Bücher, die Toleranz und Mut zum Anderssein stärken, beispielsweise „Das kleine Ich bin Ich“ von Mira Lobe oder „Irgendwie anders“ von Kathryn Cave.

4. Unterstützen Sie das Selbstwertgefühl Ihres Kindes

Wenn Ihr Kind sich insgesamt wertvoll fühlt, dann kann es auch besser seinen eigenen Körper lieben. Überschütten Sie es nicht mit Lob – aber ermutigen Sie es immer wieder. Sagen Sie Ihrem Kind ruhig regelmäßig, was Sie an ihm besonders hübsch finden oder was es gut kann – auch körperlich. Vielleicht kann es beispielsweise gut klettern, tanzen, schnell rennen, etwas Schweres tragen oder ähnliches. Oder, wenn es krank war, betonen Sie: „Nun bist du schon wieder gesund, da hat dein Körper echt gut gearbeitet, um wieder fit zu werden!“

Betonen Sie eher seine Anstrengung als die Ergebnisse. Freuen Sie sich mit ihm oder zeigen Sie einfach Interesse, indem Sie Fragen stellen zu dem, was Ihr Kind interessiert. Sagen Sie auch immer mal wieder, wie lieb Sie Ihr Kind haben und wie wichtig es Ihnen ist. Dass es richtig ist, ganz besonders ist – genau so, wie es ist. Zwei tolle Bücher dazu: „Du bist einmalig!“ von Max Lucado und „Weißt du eigentlich, wie lieb ich dich habe?“ von Sam MacBratney.

Melanie Schüer ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin und Autorin (neuewege.me).

„Hilfe, meine Tochter ist zu dick“

„Meine Tochter wird immer dicker, und ich habe das Gefühl, dass sie darunter leidet. Sie zieht sich weite Kleider an und will nicht mehr ins Schwimmbad gehen. Ich liebe sie natürlich so, wie sie ist. Aber ich war als Jugendliche selbst etwas untersetzt und weiß, wie demütigend das in dem Alter ist. Ich würde ihr diese Erfahrung gern ersparen und ihr helfen, weiß aber nicht, wie ich anfangen soll.“

Ich darf Sie zunächst beruhigen: Kinder wachsen häufig „in Schüben“, abwechselnd in die Länge und in die Breite. Wartet man auf das nächste „Längenwachstum“, kann es sein, dass das Gewicht in Bezug auf die Größe des Kindes wieder in einer angemessenen Relation steht.

Bleibt ihr Übergewicht aber über längere Zeit bestehen (ob Ihr Kind wirklich übergewichtig ist, können Sie zum Beispiel anhand der für Mädchen in ihrem Alter geeigneten BMI-Kurve der WHO ablesen), ist es wichtig, dagegenzusteuern – aus gesundheitlichen, aber auch, wie Sie selbst erfahren haben, aus psychischen Gründen. Bieten Sie nicht ungefragt Ihre Hilfe an. Suchen Sie zunächst das liebevolle Gespräch mit Ihrer Tochter und schildern Sie ihr darin Ihre Beobachtungen und Vermutungen. Fragen Sie sie, ob sie möchte, dass Sie ihr helfen, und nutzen Sie eventuell die Unterstützung einer Fachkraft.

Ein Ernährungsprotokoll zeigt, wo es hakt

Möchte Ihre Tochter von Ihnen unterstützt werden, dann führen Sie zusammen mit ihr mindestens drei Tage lang ein Ernährungsprotokoll. Wichtig dabei: Alles sollte genauso wie immer gemacht werden, damit man möglichst gut den „Ist-Zustand“ der Ernährung Ihrer Tochter herausfinden kann. Anschließend werden alle notierten Lebensmittel ausgewertet; entweder per Lebensmitteltabelle oder per Smartphone-App.

Danach werden Sie wahrscheinlich schon sehr gut sehen, wann, wo und durch welche Lebensmittel oder Getränke sie die meisten Kalorien aufnimmt: Das sind die ersten Ansatzpunkte für Veränderungen! Isst sie zum Beispiel gern beim Fernsehen Chips und trinkt häufig süße Getränke, sind kalorienarme oder -freie Alternativen angesagt. So könnte sie etwa Rohkost knabbern oder Tee (kalt oder warm) trinken, sich Mineralwasser mit Limettensaft zubereiten oder sich zusammen mit Ihnen andere Leckereien einfallen lassen.

Gemeinsam ist es leichter

Wenn die gesamte Familie ebenfalls auf kalorienarme Zwischenmahlzeiten umstellt, keine süßen Getränke verzehrt und öfter mal spazieren geht oder mit dem Rad fährt, fällt es auch Ihrer Tochter leichter, die Umstellungen durchzuhalten. Kann sie über mehrere Monate ihr Gewicht mindestens stabil halten und wächst dann noch einmal, so wird das Größen-Gewichts-Verhältnis sicher bald wieder besser passen.

Ist sie allerdings schon ausgewachsen, sollte sie sich mit Ihrer Unterstützung ganz allmählich daran machen, ihre überschüssigen Pfunde wieder loszuwerden. Falls sie allein keinen Erfolg erzielt, kann es auch hilfreich sein, unter Gleichgesinnten abzunehmen und dort neue Ernährungsgewohnheiten einzuüben.

Elke Decher ist Diplom-Ökotrophologin und unterrichtet Ernährung, Hauswirtschaft und Gesundheits- und Naturwissenschaften an einem Berufskolleg. 

„Mein Kind ist eine Couch-Potato“: Diese Worte motivieren Teenies zum Sport

Joggen statt Netflix: Wenn Jugendliche nur auf der Couch liegen, helfen diese Tricks.

„Meine Tochter (16) hängt nur zu Hause auf dem Sofa rum. Dabei würde ihr ein bisschen Bewegung guttun, ist sie doch etwas übergewichtig. Wir befürchten, dass sich das irgendwann negativ auf ihre Gesundheit, aber auch auf ihr Körpergefühl auswirken wird. Wie können wir sie dazu bringen, Sport zu machen?“

Als Teenager lag ich viel lieber herum und las Bücher, als mich zu bewegen. Mit 25 Jahren fing ich doch noch mit dem Sport an und liebe ihn bis heute. Wenn ein Teenager sich nicht zu sportlicher Bewegung aufrafft, kann das viele Gründe haben: Der Schulsport wird als unattraktiv wahrgenommen, und die Sport-Asse in der Klasse sind ohnehin unerreichbar.

Medizinische Gründe möglich

Oft hat der junge Mensch schlichtweg keine Ahnung, was in ihm steckt, findet die Anstrengung einfach nur unangenehm oder weiß zu wenig über die positiven Auswirkungen. Vielleicht haben Misserfolge ihn entmutigt. In dieser Lebensphase kann das Verhältnis zum eigenen Körper noch recht fremd sein. Die Trägheit kann auch medizinische Gründe haben: Eisenmangel macht müde, Vitamin-D-Mangel macht schlapp, niedriger Blutdruck ebenso. Wobei Letzterem mit Sport sehr gut beizukommen ist.

Keine kritischen Bemerkungen

Mit humorvollem Wettbewerbscharakter („Wetten, ich schaffe nicht so viele Klimmzüge wie du?“) und einer positiven Herangehensweise („Ich will walken/schwimmen/ joggen gehen … Kommst du mit?“) können Sie den Hebel im Kopf Ihrer Tochter umlegen. Seien Sie klug genug, nicht auch nur ansatzweise eine kritische Bemerkung zur Figur Ihrer Tochter zu machen!

Selbstwert-Muskeln

Vielleicht braucht sie einen geschützten Raum, um sich auszuprobieren. Wenn sie eine Tanz-DVD und YouTube-Videos zu Hause mitmacht, wachsen auch die Mut- und Selbstwert-Muskeln. Wenn Mama und/oder Papa mitfetzen, ist der Spaß garantiert. Belohnungen helfen, dranzubleiben: „Wow, du bist eine Woche lang jeden Tag ins Schwitzen gekommen. Was hältst du davon, wenn wir Sportkleidung shoppen gehen, in der du dich superwohl fühlst?“ So könnte sich Ihre Tochter auch selbst motivieren: „Wenn ich diese Einheit durchgezogen habe, schaue ich die nächste Folge meiner Lieblingsserie, vorher nicht.“

Typsache

Bestimmt schlummern in ihr noch die Vorlieben aus der Kindheit. Wenn der Mannschaftssport nicht ihr Ding ist, blüht sie vielleicht beim Partnersport wie Selbstverteidigung, Federball, Tischtennis oder Kickboxen auf. Bevorzugt sie lieber Klettern, Aerobic oder Zumba in der Gruppe? Wenn sie der Individualsport-Typ ist, wird sie Bewegungsarten wie Radfahren, Laufen, Skaten, Schwimmen oder Rope Skipping (besser bekannt als Seilspringen) lieben.

Einfach machen

Egal, wofür sie sich entscheidet: Hauptsache sie bewegt sich, probiert sich aus und hat auf Dauer Freude daran. Diesen Dompteurtrick gegen das Argumentieren des inneren Schweinehunds sollte sie draufhaben: Die Argumente eiskalt ignorieren, nichts denken und sofort mit der Bewegung durchstarten. (Warum nicht einen echten Hund ausführen und dabei joggen?) Dann macht sie die geniale Erfahrung, dass der Anfang die Hälfte des Ganzen ist.

Christine Gehrig lebt mit ihrem Mann Andy in Bamberg. Sie hat vier erwachsene Kinder und arbeitet als Übungsleiterin für verschiedene Fitnesskurse und als Lebe-leichter-Coach.

„Er leidet unter seinem Übergewicht…“

„Unser Sohn war von klein auf ein guter Esser. Leider entwickelt sich das allmählich zum Problem. Er hat deutliches Übergewicht und leidet inzwischen sehr darunter. Was sollen wir tun?“

Ihr Sohn ist kein Einzelfall. In unserer Gesellschaft, in der wir jederzeit Zugriff auf leckere Lebensmittel haben, passiert es schnell, dass wir verlernen, auf unseren eigenen Körper zu hören. Laut einer aktuellen Studie des Robert-Koch-Instituts sind unter den 3- bis 17-jährigen Kindern und Jugendlichen 15,4 Prozent von Übergewicht und 5,9 Prozent von Adipositas, also starkem Übergewicht, betroffen.

DAS KÖNNEN SIE TUN:

Wenn Ihr Sohn unter seinem eigenen Gewicht leidet, soll er zunächst begreifen, dass sein Körper nicht hässlicher oder weniger liebenswert ist als mit weniger Pfunden. Im nächsten Schritt geht es darum, dass Ihr Sohn ein normales Essverhalten einübt. Nicht weil er nach einer Gewichtsabnahme attraktiver sein wird, sondern weil er sich rundherum wohler und gesünder fühlen und entsprechend fitter sein wird. Zur Einübung eines normalen Essverhaltens gehört, dass er zu den Zeiten isst, wenn er Hunger hat. Es bedeutet nicht zwangsweise, dass er nur noch gesundes Essen zu sich nehmen muss, sondern dass er durchaus essen darf, worauf er Lust hat, allerdings nicht zu jeder Zeit. Essen aus Frust oder Langeweile sollte er vermeiden. Wenn Ihr Sohn keine Lust auf Frühstück hat, dann darf er das ruhig ausfallen lassen. Er soll lernen, auf seinen Körper zu hören.

DAS LIEBER NICHT:

Animieren Sie Ihren Sohn nicht dazu, eine Diät zu machen. Diäten haben oft nur einen kurzfristigen Erfolg. Schon nach kurzer Zeit stellt sich das alte Gewicht wieder ein und gleichzeitig das Gefühl des Versagens. Zudem gibt es Jugendliche, bei denen eine Diät der Einstieg ins andere Extrem ist, nämlich in die Magersucht. So wie bei der 16-jährigen Lisa, die sich seit Monaten weigert, gemeinsam mit ihrer Familie zu essen. Sie hätte schon gegessen, behauptet sie und verschwindet in ihrem Zimmer. Lisa hatte früher Übergewicht, doch jetzt hungert sie, macht Sport und nimmt Woche für Woche weiter ab. Ihre Eltern schieben ihr Verhalten auf die Pubertät und hoffen, dass sich alles wieder von selbst normalisiert. Doch Magersucht ist eine Krankheit, die sogar tödlich verlaufen kann. Egal, ob zu dick oder zu mager: Essstörungen müssen ernst genommen werden. Deshalb scheuen Sie sich nicht, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. Erster Ansprechpartner ist der Kinder- oder Hausarzt.

Ingrid Neufeld ist Erzieherin und Mutter von drei erwachsenen Töchtern. Sie lebt in Schlüsselfeld in Oberfranken.