Weg vom Rockzipfel!

Wie Kinder lernen, allein zu spielen

Simon liebt es, wenn sich seine Mutter Marlies mit ihm beschäftigt. Am liebsten den ganzen Tag. Für ihn ist es das Größte, wenn die Mutter mit ihm auf dem Fußboden liegt und mit ihm gemeinsam Autos herumschiebt oder tolle Legoburgen baut. Kaum steht sie jedoch auf, um sich mit etwas anderem zu beschäftigen, ist Simon sofort mit dabei und hängt ihr buchstäblich am Rockzipfel.

Anfangs hat Marlies es sehr genossen, dass Simon auf Schritt und Tritt „bemuttert“ werden wollte. Inzwischen häufen sich jedoch die Tage, an denen sie sich regelrecht genervt fühlt. Stöhnend stellt sie sich immer öfter die Frage: „Wie lernt mein Kind, allein zu spielen?“ Aber dann überfällt sie sofort ein schlechtes Gewissen, denn schließlich will sie eine „gute Mutter“ sein und sich liebevoll um ihr Kind kümmern. Allerdings ist es völlig überflüssig, dass sie ein schlechtes Gewissen hat, denn Kinder dürfen und müssen auch alleine spielen. Doch welche „Tricks“ gibt es, damit Kinder lernen, sich selbst zu beschäftigen?

1. Geben Sie Ihrem Kind Sicherheit!

Simon braucht die Geborgenheit, die ihm die Nähe der Mutter vermittelt. Wenn Marlies das Zimmer verlässt, hat er unbewusste Verlustängste. Darum hilft es Ihrem Kind, wenn Sie in Sichtweite bleiben. Wenn Sie beispielsweise im Wohnzimmer einen Brief schreiben, wird es gerne in Ihrer Nähe alleine spielen.

2. Geben Sie feste Spielzeiten vor!

Wenn Sie den Tagesablauf strukturieren und feste Zeiten für das gemeinsame Spiel einplanen, kann sich Ihr Kind darauf einstellen. Erklären Sie ihm, dass es eine Zeit gibt, in der Sie gerne mit ihm zusammen spielen, aber dass Sie auch Zeit brauchen, um anderes zu tun. Wenn Ihr Kind zu Ihnen kommt und spielen möchte, obwohl Sie nicht dazu bereit sind, hilft es, wenn Sie einen Wecker stellen und Ihrem Kind versprechen: „Sobald der Wecker schellt, habe ich Zeit für dich. Bitte gedulde dich solange.“

3. Beobachten Sie Ihr Kind!

Manchmal spielt Simon völlig hingebungsvoll und versunken. Wenn Marlies ihren Sohn allein mit seinen Bausteinen sieht, tut er ihr leid und sie denkt manchmal, sie müsste sich zu ihm setzen und ihm zeigen, wie er die nächsten Steine verbauen sollte. Richtig ist es jedoch, ihn nicht zu stören. Simon muss selbst ausprobieren. So lernt er, mit dem Material umzugehen und zudem sich selbst zu beschäftigen.

4. Trauen Sie Ihrem Kind etwas zu!

Schon ab ungefähr zwei Jahren kann Ihr Kind rund dreißig Minuten alleine spielen. Kindergartenkinder sind also durchaus in der Lage, sich selbst zu beschäftigen. Eine andauernde Unterhaltung durch die Mutter wirkt dabei eher kontraproduktiv.

5. Schaffen Sie die richtige Spielumgebung!

Um sich selbst beschäftigen zu können, braucht Ihr Kind die entsprechende Anregung. Das heißt aber nicht, dass Ihr Kind mit Spielzeug überflutet werden sollte. Es benötigt kreatives Spielmaterial wie Bausteine, Puppen und Autos. Aber auch Kastanien und Tannenzapfen zählen dazu, und aus alten Kartons können herrliche Häuser gebaut werden. Die richtige Spielumgebung fördert die Kreativität Ihres Kindes. Spielmaterial kann auch draußen gesammelt werden. Steine, Federn und Blätter regen die kindliche Fantasie zur Genüge an.

Auch Marlies erkennt allmählich, dass Simon alleine spielen lernen kann. Inzwischen weiß sie, dass eine gewisse innere Sicherheit, das nötige Selbstbewusstsein und ein Klecks Kreativität dafür sorgen, dass Kinder im Vorschulalter gerne und mit Ausdauer alleine spielen.

Zur Autorin: Ingrid Neufeld ist Erzieherin und Mutter von drei inzwischen erwachsenen Töchtern. Sie lebt in Mittelfranken.

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