Bräutigam: „Wegen Corona steht meine Hochzeit auf der Kippe.“
Dass ich wie geplant am 28. März heiraten kann, ist wegen des Coronavirus unwahrscheinlich. Trotzdem will ich nicht verzweifeln.
Gut ein Jahr lang haben meine Verlobte und ich geplant, beraten und uns vor allem gefreut – auf den sogenannten „schönsten Tag unseres Lebens“, unsere Hochzeit. Aktuell stehen wir vor einem Scherbenhaufen. Dass wir nicht in der geplanten Kirche feiern dürfen, steht seit heute fest. Ob die anschließende Feier stattfinden kann – wir wissen es nicht. Und beim Standesamt dürfen Trauzeugen und Eltern nicht anwesend sein. Denn Veranstaltungen jeglicher Größe sind wegen des Coronavirus in Nordrhein-Westfalen eigentlich untersagt.
Der Gedanke ans Verschieben ist schrecklich
Und, seien wir ehrlich: Das fühlt sich schrecklich an. Ich weiß, ich habe gut reden. Schließlich steht bei mir nicht mein Beruf auf der Kippe. Ich muss also nicht um meine Existenz bangen. Auch zähle ich nicht zur Risikogruppe. Es gibt also andere, denen geht es zurzeit deutlich schlechter. Trotzdem ist die aktuelle Hochzeitssituation extrem bedrückend. Dass die Eheringe eventuell neu graviert werden müssen, ist noch das kleinste Problem. Schwerwiegender sind Fragen wie: Kriegen wir das sonst ausgebuchte Wunschrestaurant überhaupt noch an einem anderen Termin? Können dann noch alle Gäste kommen? Wer bleibt schlussendlich auf den Kosten sitzen? Was ist überhaupt ein realistischer Termin, auf den wir umdisponieren können? … Kurzum: So haben wir uns diesen ganz besonderen Tag nicht vorgestellt.
Warum ich?
Und ich kann mich dessen nicht ganz erwehren: Zeitweise frage ich mich, warum gerade uns beiden so etwas passieren muss. Wieso muss die Krise gerade jetzt voll über Deutschland hineinbrechen? Wieso haben wir nicht einfach ein anderes Datum wählen können? Hätten weniger drastische Maßnahmen nicht vielleicht doch gereicht? Rational weiß ich, dass diese Gedanken nicht produktiv sind. Es hätte alles anders kommen können – ist es aber nicht. Deswegen will ich die aktuelle Situation viel lieber als eine gute Schule begreifen.
Nicht die Herrscher der Welt
Wir Menschen haben nicht die Macht über alles. Krisen wie die jetzige lassen mir das bewusst werden. Und das ist gut so. Es hilft mir, demütig zu sein. Wir sind eben nicht immer die Herrscher dieser Welt, es gibt Grenzen. Im Umkehrschluss heißt das: Ich kann für viele Dinge dankbar sein, weil sie eben keine Selbstverständlichkeit sind. Hochzeiten feiern zu können zum Beispiel. Unglücksmomente wie dieser sorgen dafür, dass Alltägliches mich wieder glücklich macht. Im kleinen kennt jeder das Gefühl, wenn beispielsweise der Schnupfen nach Wochen endlich nachlässt. Wie viel größer wird unsere Freude sein, wenn wir dann endlich als Paar vor den Traualtar treten dürfen? Das wird ein Geschenk sein, für das ich schon jetzt Dankbarkeit üben kann.
Alles dient dem Guten
Und auch darüber hinaus kann ich aus dieser Situation etwas lernen. Als Christ bin ich der festen Grundüberzeugung, dass alles dem Guten dient. Wieso also nicht auch der potenzielle Ausfall der Hochzeit? Vielleicht wäre der 28. März ein Regentag geworden. Vielleicht hätte sich jemand angesteckt und wäre ernsthaft krank geworden. Vielleicht … In meiner Vergangenheit durfte ich immer wieder erleben, dass auch aus schlechten Situationen etwas Gutes entstehen kann. Hätte mich meine vermeintliche Wunsch-Universität wegen eines formalen Fehlers im System nicht abgelehnt, hätte ich niemals meine heutige Verlobte kennen gelernt. Hätte ich den Job bekommen, den ich mir als Jugendlicher gewünscht habe, wäre ich heute nicht in einem Beruf, der mich erfüllt. „Die Wege des Herrn sind unergründlich“, heißt es so schön. Das durfte ich bisher immer wieder erleben. Wieso nicht auch bei meiner Hochzeit? Dieses positive Denken lerne ich jetzt – wenn auch ein wenig auf die harte Tour.
Der Nicht-Hochzeitstag
Den 28. März wollen meine Verlobte und ich im Zweifel übrigens zum Nicht-Hochzeitstag deklarieren. Wer sagt, dass man nicht auch den, sobald man wieder darf, feiern kann? Es ist ein schöner Gedanke, unseren Kindern Jahr für Jahr zu erzählen, wie ihre Eltern beinahe geheiratet hätten. Und es dann zum Glück so bald wie möglich nachgeholt haben.