Wellness in der Bikerwerkstatt
Christof Matthias über die Faszination des Schraubens.
Als wir letztens in unserer Männerrunde (siehe Family 2/16) zusammensaßen, erzählte ich von einem Beitrag in einer Autozeitschrift. Das Redaktionsteam hatte sich zusammengetan, um einen schrottreifen Oldtimerkäfer zu restaurieren. „Hey Jungs, wäre das nicht was?“ Alle waren von der Idee begeistert. Nur leider wohnen wir weit auseinander, haben außer unseren regelmäßigen Treffen kaum Berührungspunkte und auch nicht die Zeit, so etwas realistisch umzusetzen. Schön war der Gedanke trotzdem.
Wenn ich ans Schrauben denke, werde ich lebendig. Irgendwie hat mich die Technik in der praktischen Art immer angezogen. Das hat auch mit meinem zweiten beruflichen Lebensabschnitt zu tun. Damals hatte ich tatsächlich eine eigene (Männer-) Tankstelle inklusive Werkstatt gepachtet. Einige Jahre verbrachte ich mit, an und unter Autos. Das war eine Zeit, in der vieles noch freier schien, alles irgendwie möglich und machbar. „Geht nicht“ gab es nicht. Zumindest probierten wir alles. In Nacht- und Nebelaktionen wurden die Fahrzeuge Liegengebliebener wieder zusammengeflickt, zwar provisorisch, aber sie konnten weiterfahren. Verbunden damit waren ein einzigartiger Flair – und der ständig präsente Benzin- und Ölgeruch.
Heute ist es deshalb für mich nicht ganz leicht, mit meinen Fahrzeugen zur Inspektion oder zum TÜV zu fahren, ohne selbst Hand anlegen zu dürfen. „Finger weg, jetzt schrauben andere“ muss ich mir da schweren Herzens immer sagen.
Mein erstes eigenes Fahrzeug vor genau 40 Jahren war ein Motorrad, eine RD 350, noch mit autoluber Getrenntschmierung. Wichtig war mir, sie durch eine schärfere Nockenwelle auf 34 PS zu bringen, und natürlich wurde sie schon mal ausprobiert, bevor ich den Führerschein in den Händen hatte (nicht weitersagen).
Autos sind heute noch immer prima, aber eher die Pflicht, Motorräder die Kür. Deshalb freue ich mich besonders, nach meinen Beratungsgesprächen oder Supervisionssitzungen, ab und zu mal bei einem befreundeten Bikehändler aufzulaufen. Dort ist es mir erlaubt, in der Werkstatt rumzulungern oder mich mit einer Story in ein Verkaufsgespräch einzumischen. Der Funke springt noch immer über. Die jeweils neuen Modelle werden dann einmal von mir besetzt oder auch ausführlich zur Probe gefahren. Ein kurzes Fachgespräch über die Stärken der aktuellen 3-Zylindermodelle von Yamaha belebt meine Seele. Das ist eine meiner persönlichen Tankstellen, in der es ganz speziell riecht. Es ist eine Mischung der Ausdünstungen von Ölen, Fetten und Leder, die im Raum wabert. Bestimmt nicht jedermanns Sache, aber jeder Mann hat sicher seinen speziellen Erinnerungsduft, der ihn lebendig werden lässt. Vielleicht gilt es diesen wiederzuentdecken.
Mich erinnert das auch an die Jünger von Jesus, die auch immer wieder zu ihrer vergangenen Tätigkeit zurückgingen – dem Fischen. Und da – das weiß ich sicher – ist der Geruch nun ganz speziell. Der geht noch nicht einmal mit Waschen weg.
Christof Matthias ist freiberuflicher Supervisor und Regionalleiter von Team.F, Vater von drei leiblichen Söhnen, einem mehrfach behinderten Pflegesohn, zwei Schwiegertöchtern und Opa von zwei Enkeltöchtern.
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