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„Das hat mir die Augen geöffnet“

Vier Ratschläge, die ihr erfahrene Eltern gegeben haben, begleiten Corinna Lang bis heute.

1. „DAS IST NUR EINE PHASE.“

Eltern kennen diesen Ausspruch unter Garantie. Egal, ob das Kind zahnt, trotzt oder den Schlaf verweigert, schnell wird die Phrase mit der Phase gezückt, meistens von anderen. Aber wie abgedroschen es uns auch vorkommen mag – der Satz kann in manchen Situationen trotzdem Trost spenden und das nötige Durchhaltevermögen fördern. Die Voraussetzung dafür ist, dass der Aussprechende ihn auch so meint und nicht als Synonym für „Stell dich nicht so an!“ verwendet. Und der Zuhörer muss dem Inhalt dieses Satzes auch eine Chance geben. Irgendwann ist es vorbei, die wenige Wochen alte Tochter wird nicht jeden Abend durchbrüllen, weil sie so den Tag verarbeiten muss. Und der zweijährige Sohn wird auch nicht sein Leben lang das Anziehen der Jacke verweigern oder für ihn völlig unmögliche Aufgaben, „selberleine“ erledigen wollen, wie er es formuliert. Es geht vorbei. Mit manchen Phasen kommen wir besser zurecht als mit anderen. Manche überfordern uns scheinbar maßlos und scheinen kein Ende zu nehmen. Deshalb müssen wir uns das Phasenende manchmal zusagen lassen. Das Gute ist: In jeder Phase ist auch eine Menge Spaß dabei. Und ab und zu gibt es sogar Entspannungsphasen.

2. „DU MUSST NICHT SOFORT ALLES WISSEN.“

Meine beste Freundin hatte schon Kinder, ich noch nicht. Ich beobachtete sie dabei, wie sie ihre Kinder badete. Und plötzlich tauchten all diese Fragen in meinem Kopf auf. „Woher weiß sie eigentlich immer, was die Kinder brauchen? Was essen die? Wieviel? Wie oft? Wie wickelt man? Was braucht man eigentlich alles, wenn man Kinder hat?“ Ich fühlte mich überwältigt. Eine von diesen Fragen formulierte ich laut. Und bekam eine sehr beruhigende Antwort, die besonders für familienplanende Paare eine echte Entlastung sein kann: Man muss gar nicht alles auf einmal wissen. Wenn man das Kind auf die Welt gebracht hat, kümmert man sich zuerst nur um das, was das Kind in diesem Lebensabschnitt braucht. Das wird einem auch erklärt, wenn man es noch nicht weiß. Bei den ersten Wickelversuchen muss ich mir noch keine Gedanken darum machen, was eigentlich in einen Schulranzen gehört. Mein Wissen wächst mit meinen Kindern und bisher habe ich alle Informationen immer rechtzeitig bekommen. Hebammen, Kinderärzte, Familie und Freunde haben uns immer weitergeholfen, wenn wir Fragen hatten. Von daher – keine Panik, wir wachsen mit.

3. „DU SETZT DICH JETZT HIN UND ISST!“

Klingt nicht nach einem typischen Ratschlag für Eltern. Mein Vater hat diesen Ausspruch getätigt, als unsere Tochter ein paar Monate alt war. Ich war einige Tage bei meinen Eltern zu Besuch, weil mein Mann dienstlich unterwegs war. Ich stand in der Küche und sah aus wie ein Gespenst – blass und gar nicht so richtig anwesend. Was war passiert? Ich hatte mich von unserer Tochter ordentlich durch die Gegend scheuchen lassen. Sie hat gebrüllt – ich bin gerannt. Mit Stillhütchen, Flasche, Tragehilfe, Schnuller – was auch immer mir gerade als Problemlöser erschien. Nur löste sich das Problem nie langfristig. Es kehrte keine Ruhe ein, zumindest nicht über einen längeren Zeitraum. Meine Eltern bemerkten natürlich, dass ich die Situation nicht so richtig unter Kontrolle hatte. Als mein Vater dann diesen Satz zu mir sagte: „Du setzt dich jetzt hin und isst!“, erinnerte er mich damit daran, dass ich mich nicht selbst vergessen darf. Keinem Kind ist mit einer Gespenst-Mutter geholfen. Ich setzte mich hin und aß. Sammelte Kraft. Ließ mir versichern, dass das Kind jetzt so oder so geschrien hätte. Danach ging es mir besser, und ich konnte die Situation besser bewältigen. Von daher kann ich diesen Rat weiterempfehlen: Wenn ihr alles, was euch nötig erscheint, probiert habt, setzt euch erst einmal hin und esst.

4. „WENN DU KINDER HAST, BRAUCHST DU JESUS JEDEN TAG.“

Kurz nach der Geburt unserer Tochter besuchte uns eine Freundin mit ihrem Mann. Als wir uns über die Herausforderungen unterhielten, die das Elternsein mit sich bringt, sagte sie sehr liebevoll zu mir: „Wenn du Kinder hast, brauchst du Jesus jeden Tag.“ An diesen Satz denke ich heute, fünf Jahre später, noch oft. Wie recht sie doch hatte! Allein schon die Geburt kann das Erlebnis eines Kontrollverlustes sein. Danach kommen die bereits erwähnten Entwicklungsphasen der Kinder, die alle etwas Schönes mit sich bringen, aber oft auch viel von uns fordern. Wir versuchen, Kinder, Arbeit, Freunde, Gemeinde und Freizeit irgendwie zu einem sinnvollen Konstrukt zu vereinen. Es gelingt uns aber nicht immer. Entscheidungen für und gegen Aktivitäten müssen gefällt werden. Wir müssen manchmal durchhalten, weitermachen, uns anstrengen, auch wenn die Kräfte schwinden. Denn wir sind jetzt immer Eltern, vierundzwanzig Stunden am Tag. Alleinerziehende tragen sogar die doppelte Last. Es gibt viele Wege, Jesus in diese Situationen der Herausforderungen und Entscheidungen hineinzuholen. Ich habe zum Beispiel in der Säuglingszeit unserer Kinder oft Lobpreislieder gehört. Dadurch konnte ich von mir und meinen Sorgen weg- und zu Jesus hinsehen. Hilfreich kann auch ein Gebet sein, bei dem man den ganzen Frust rauslässt und Gott um Kraft bittet. Oder gute Freunde, die einen daran erinnern, dass man nicht allein ist. Mir hilft oft schon die Gewissheit, dass Gott unsere Familie in seiner Hand hat, egal, was passiert. Wie Jesus schon sagte: „Kommt alle her zu mir, die ihr euch abmüht und unter eurer Last leidet! Ich werde euch Ruhe geben.“ (Matthäus 11, 28).

Corinna Lang ist Übersetzerin und wohnt mit ihrem Mann Tobias, ihren zwei Kindern Fiona (6) und Florian (2) und Hund Bessy in Siegen.