Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Kinder auf Pflegekinder vorbereiten

„Mein Mann und ich haben drei Kinder (9, 12 und 14) und mit der Familienplanung abgeschlossen. Nun wollen wir ein oder mehrere Kinder in Pflege nehmen. Wie bereiten wir unsere Kinder darauf vor?“

Kinder fordern uns heraus. Das gilt nicht nur für leibliche, sondern auch für Pflegekinder. Der Unterschied ist, dass Pflegekinder mit einer Vorgeschichte in die neue Familie kommen. Sie haben die Erfahrung eines Verlustes durchgemacht und meist viel Schweres und Traumatisches erlebt.

Das hinterlässt starke Spuren. Ein Teil der Pflegekinder ist zusätzlich durch Schädigungen in der Schwangerschaft (Alkohol, Drogen, Ablehnung) geprägt. Liebe allein reicht hier nicht. Es braucht sehr viel Geduld und Durchhaltevermögen, ein Pflegekind zu betreuen – von der gesamten Familie. Deshalb ist es ganz richtig und wichtig, Ihre leiblichen Kinder altersentsprechend auf die Andersartigkeit des Familienzuwachses vorzubereiten und so Verständnis zu wecken.

Bedenken ernst nehmen

Sprechen Sie vorab über Traumata und deren Auswirkungen bei Kindern. Bereiten Sie die Kinder auch darauf vor, dass sich das neue Kind aufgrund seiner Vorerfahrungen wahrscheinlich anders verhalten wird, als sie es von einem Geschwisterkind erwarten: Es hat manchmal andere Interessen, ist eventuell destruktiv, beziehungsgestört und kann nicht ausdauernd spielen. Das Pflegekind hat vielleicht einen völlig anderen Umgang mit Besitz, zerstört Dinge anderer, benutzt Sachen anders, nimmt sie ungefragt weg oder hat einen anderen Umgang mit Lügen und Wahrheit. Es hat zum Eigenschutz ein Verhalten entwickelt, das nicht den Normen der Pflegefamilie entspricht. Wichtig ist es auch, Ihre Kinder darauf vorzubereiten, dass neben dem erst einmal fremden Kind andere Personen in die Familie treten und mitreden, das Jugendamt, Sozialpädagogen, Psychologen und die Herkunftsfamilie.

Nehmen Sie Bedenken Ihrer Kinder sehr ernst und gehen Sie den Weg nur, wenn alle Ihre Kinder ihn mitgehen wollen. Pflegekinder fordern viel Kraft und Energie, und es ist wichtig, dafür zu sorgen, dass sich leibliche Kinder nicht zurückgesetzt fühlen. Sollten Sie sich als Familie für die Aufnahme eines Kindes entscheiden, achten Sie darauf, weiterhin ganz bewusst Zeiten und besondere Zuwendungen für Ihre leiblichen Kinder einzuplanen.

Familie zusammenschweissen

Beobachten Sie Ihre Kinder in der Anbahnungsphase genau und sprechen Sie auch dann offen über Befürchtungen. Brechen Sie das Aufnahmeverfahren ab, wenn Ihre Kinder starke Bedenken haben, auch wenn es schwerfällt, ein Kind abzulehnen. Thematisieren Sie auch die Möglichkeit, dass Pflegeverhältnisse abgebrochen werden können, weil ein Kind wieder zurück in die Herkunftsfamilie kann, die Pflegefamilie mit den Schwierigkeiten des Kindes nicht fertig wird oder Ähnliches.

Neben allen Bedenken gibt es aber auch viele gute Erfahrungen, die eine Familie durch das neue Mitglied machen kann und die eine Familie anders zusammenschweißen kann.

Margrit Dietze ist Erzieherin, Autorin für pädagogische Bücher und Kinderlieder sowie Pflegemutter.

Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com