Nicht mehr belastbar?

In letzter Zeit kam ich bei verschiedenen Gelegenheiten mit Freundinnen ins Gespräch, die auf der Arbeit mit Auszubildenden zu tun haben. Und von fast allen hörte ich ähnliche Beschwerden: „Die Azubis sind nicht mehr belastbar.“ „Sie halten sich nicht an Regeln.“ „Wenn man sie kritisiert, sind sie am nächsten Tag krank.“

Eine Freundin meinte, es liege an der Schule. Dort wäre alles viel zu lasch: „Wenn sie das Referat nicht bis zum vorgegebenen Termin fertig haben, können sie es auch später machen. So lernen die doch gar keine Verbindlichkeit.“ Meinen Einwand, dass hier doch vielleicht das Elternhaus den größeren Einfluss habe als die Schule, ließ sie nicht gelten. Nein, es liege definitiv an der Schule!

Interessant fand ich in diesem Zusammenhang ein Interview mit dem Fußballtrainer Christian Streich. Auf die Frage, ob die heutigen jungen Spieler sensibler als früher seien, antwortete er: „Gleich sensibel. Nicht besser, aber auch nicht schlechter. Die Welt, die jetzt ist, die machen wir: die 50-Jährigen und 40-Jährigen, nicht die Kinder. Die Kinder sind in diese Welt hineingeboren worden.“ Und er fährt fort: „Die Leute, die erzählen, die Kinder heutzutage sind so und so, die reden doch über sich selber. Wir Erwachsenen machen doch die Sozialisation und alles.“ Streich geht auch auf den Vorwurf ein, die Kinder heutzutage seien verwöhnt: „Ja, wer hat sie denn verwöhnt? Wer kauft ihnen die Smartphones? Wer kauft ihnen das Auto, wenn sie 18 Jahre alt werden? Das sind doch nicht die Kinder.“

Ich glaube, da ist was dran. Wir Eltern wollen unseren Kindern möglichst alle Wege ebnen. Wollen ihnen Schwierigkeiten aus dem Weg räumen, das Leben leicht machen. Das ist ja auch erst einmal gut. Aber vielleicht schießen wir dabei doch über das Ziel hinaus. Kinder müssen schwierige Situationen auch mal selbst bewältigen. Sie müssen auch mal auf Dinge verzichten, mal für eine Sache kämpfen. Selbstwirksamkeit lernen – so heißt wohl das Zauberwort.

Übrigens mache ich mit unseren Auszubildenden hier im Verlag nicht die Erfahrungen, die mir meine Freundinnen schildern. Sie sind motiviert, engagiert und machen einen guten Job. Da haben ihre Eltern und ihr Umfeld wohl vieles gut gemacht!

Bettina Wendland, Redakteurin Family und FamilyNEXT