Plötzlich ist Daniel todkrank: „Wir wussten nicht, ob wir unsere Hochzeit erleben“
Daniel und Miriam lieben sich und wollen heiraten. Doch dann diagnostiziert der Arzt Nierenversagen. Niemand weiß, ob Daniel die nächsten Tage überlebt.
Sie kennen sich seit ihrer Geburt. Daniels Mama ist Miriams Patentante, ihr Papa sein Patenonkel. Schon als Zweijährige kann man sie gemeinsam auf einem Foto in die Kamera lachen sehen. 500 Meter Luftlinie haben sie in dem kleinen sächsischen Dorf ihrer Kindheit voneinander getrennt, aber erst in der Kirchengemeinde haben sie sich mit 14 und 16 Jahren besser kennengelernt. Sie konnten so gut miteinander sprechen, dass sie stundenlang chatteten. Buchseiten hätten sie füllen können mit all den Worten, die zwischen ihnen getauscht wurden.
Diagnose: Nierenversagen
Auf einem Festival 2007 sind sie schließlich zusammengekommen. Miriam stellte dafür allerdings eine Bedingung: „Wir kommen nur zusammen, wenn du mich heiratest.“ Und Daniel konterte: „Ich will im Ausland von meinem Glauben erzählen, da musst du mitkommen.“ Ende 2009 bekam Daniel plötzlich nacheinander verschiedene Symptome: Husten, Bindehautentzündung und Gelenkentzündungen. Als er zum Arzt ging, stellte dieser fest, dass er kurz vor dem Nierenversagen stand. Es folgten zahllose Untersuchungen und eine dreiwöchige Spurensuche. Schließlich stellten die Ärzte eine Autoimmunerkrankung fest, die zu multiplen Entzündungen führt. Ohne Behandlung, wäre er zwei Wochen später vermutlich einfach tot umgefallen.
Der Körper am Ende
Die gemeinsame Zukunft war plötzlich total ungewiss. Sie hatten keine Ahnung, ob sie nun heiraten sollten oder jemals Kinder bekommen würden. Sie wussten nicht mal, wie viele Tage Daniel zu leben hatte. Trotz allem entschieden sie schließlich, den ungewissen Schritt in ein gemeinsames Leben zu wagen. Während Daniel im Krankenhaus war, widmete Miriam sich den Vorbereitungen. Am Tag der Hochzeit hofften alle nur, dass Daniel den Tag überstehen würde. Sein Körper war am Ende. Die Flitterwochen gingen an die Ostsee, dort war er eigentlich nur krank. „Ich hatte einen anderen Mann geheiratet, als ich kannte“, erzählt Miriam. „Durch die Medikamente war er persönlichkeitsverändert. Außerdem war er überhaupt nicht leistungsfähig. Nach zehn Minuten Spaziergang musste er sich erst mal wieder ausruhen.“ „Wir mussten in dieser Zeit lernen, Menschen zu enttäuschen, weil keine Kraft mehr da war“, fügt Daniel hinzu. Für beide war die Zeit der Krankheit eine Zeit, in der sie gemeinsam krank waren. Jeder litt auf seine eigene Weise. Ändern konnte man daran nichts.
Immer glücklich
Trotz allem zweifelte Miriam nie an ihrer Entscheidung für Daniel. Beide waren immer glücklich. Auch die Frage, ob sie es schaffen würde, durchzuhalten, stellte sie sich nie. In Krisenzeiten war die einzige Überlegung: „Was kann ich tun, damit es Daniel besser geht?“ 2011 entschieden sie sich, gemeinsam eine theologische Ausbildung zu machen. Das „European Theological Seminary“ befand sich im Schwarzwald, in einem Luftkurort. Die Natur, die vielen Spaziergänge, auch das Gebet, bewirkten, dass es Daniel immer besser ging. In der nächsten Kreisstadt gab es einen Arzt, der ausgerechnet auf Daniels Autoimmunerkrankung spezialisiert war. Hier konnte er sich ambulant behandeln lassen und drei Jahre später tatsächlich die Medikamente absetzen. Sein Immunsystem hatte sich erholt, es gab keinerlei Krankheitsanzeichen.
Ein kleines Wunder
In den darauffolgenden Jahren wurden sie Eltern. Doch mit der Zeit wurden Daniels Nierenwerte wieder schlechter. Die Autoimmunerkrankung war nicht wiedergekommen, dennoch brauchte er eine Nierentransplantation. Mit zwei Kindern und zehn Jahre später, machte ihm diese Nachricht viel mehr zu schaffen. Anfang März 2010 kam er zum ersten Mal ins Krankenhaus. Zehn Jahre später sollte das Erstgespräch zur Nierentransplantation stattfinden. Anfang März 2020 bekam Daniel seine aktuellen Blutwerte − sie waren wie durch ein Wunder plötzlich viel besser, sodass eine Transplantation nicht mehr nötig war.
„Die Krise hat uns zusammengeschweißt“
„Wenn man dreimal pro Woche ans Sterben denken muss, und schon mal kurz davor war, dann verändert das dein ganzes Leben“, sagt Daniel. „Wir brauchen nicht so viel Zeit und Geld. Wir leben bewusster und sind für viele kleine Dinge dankbar. Stundenlanges Spazierengehen gehört beispielsweise dazu.“ „Wir wären ohne einander nicht die, die wir jetzt sind“, fügt Miriam hinzu, „wir sind die glücklichste Familie auf der Welt.“ Und dabei lachen beide herzlich. „Die Krise hat uns zusammengeschweißt. Die Krankheit ist ein Teil von uns und gehört nicht nur zu Daniel. Wenn man Krisen von außen hat, braucht man innen keine mehr.“ „An den schlimmsten Tagen haben wir einen Cappuccino getrunken, dabei aus dem Fenster gesehen und uns gesagt: „Das Leben ist schön.“ Das Positive zu sehen, hat uns immer sehr geholfen“, erinnert sich Daniel.
Stark trotz Schwachheit
Beide verarbeiten die Krankheit auch durch ihre Kunst. Daniel hat in den vergangenen 12 Jahren 80 Lieder geschrieben. Miriam malt und zeichnet. Durch ihre Künste begegnen andere Menschen ebenfalls Gott. Daniel lebt seinen Glauben dort, wo er gerade ist. Im Krankenhaus genauso wie in der Gemeinde, wo er arbeitet. Beide merken: Auch in ihrer Schwachheit können sie etwas bewirken. Ohne den Schmerz könnten sie nicht das weitergeben, was sie zu geben haben. Sie wissen, dass alles zerbrechlich ist und dass sie nicht absehen können, wie viel Leid noch auf sie zukommen wird. Aber sie investieren viel Kraft und Energie, um immer das Gute zu suchen, sich auf den anderen einzulassen und im Gespräch zu bleiben. Und das nun schon seit zehn Jahren.