Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Schauderhafte Horrorfilme

„Unser Sohn (16) guckt sich die schrecklichsten Horrorfilme an. Wir haben unsere Kinder im Glauben erzogen und nun das! Er sagt zwar, der Glaube sei ihm nicht egal, aber wie passt das zusammen? Auch, dass er diese schlimmen Spiele am Computer spielt?“

Ihr Sohn hat auf dem Weg zum Erwachsensein eine beträchtliche Entwicklung zu absolvieren. Er muss eine Persönlichkeitsstruktur aufbauen auf dem Weg zu einem kompetenten Individuum und zugleich verantwortungsvolle Rollen für seine soziale Integration trainieren – und das Ganze auch noch aus eigenem Antrieb für ein solides Selbstwertgefühl! Dazu gehört auch die Ablösung von den Eltern.

HINSEHEN UND FREIRAUM LASSEN

Er braucht Freiräume, um Erfahrungen machen zu können. Die Freiheit, Strategien zur Entspannung und Selbsterfahrung über Filme und Spiele zu entwickeln, seine Rolle innerhalb von Peergroups zu erkunden, letztlich auch, selbst Antworten auf Glaubensfragen zu finden. Diese Freiräume nehmen Sie ihm, wenn Sie ihn kleinschrittig kritisieren, belehren und korrigieren. Ihre Aufgabe als Eltern ist es, einen Mittelweg zwischen präsentem Hinsehen und Freiraum lassen zu finden. Nun legt Ihr Sohn ein Verhalten an den Tag, das Sie besorgt, da es mit Ihren Werten nicht übereinstimmt. Wird da nicht ausradiert, was das Kind an christlichen Werten und Normen in seinem Glauben aufgebaut hat? Ist das nicht sogar gewaltverherrlichend und steht damit im Widerspruch zum Glauben?

Bei Horrorfilmen ist das keineswegs so. Sie sind – das bestätigen Studien – sogar geeignet, das eigene Aggressivitätslevel zu senken. Das liegt daran, dass Horrorfilme aus der Opferperspektive gedreht werden. Das Töten ist und bleibt negativ besetzt. Der Reiz, die so genannte „Angstlust“, liegt darin, dass man als Zuschauer ausprobiert, was man an Angst aushalten kann, eine Lernsituation im geschützten Raum, denn nach dem Film ist alles beim Alten.

EGO-SHOOTER MACHEN NICHT ZUM KILLER

Auch Ego-Shooter, die ja den Spieler in die Täterperspektive setzen, führen trotzdem nicht automatisch zu erhöhter Gewaltbereitschaft. Auch das zeigen Studien. Häufig handelt der Spieler in konstruierten Notwehrsituationen, man kann also nicht pauschal von Killerspielen sprechen. Vielleicht können Sie mit diesen Informationen schon etwas entspannter mit dem Verhalten Ihres Sohnes umgehen. Das könnte helfen, seinen Interessen mit offener Neugier zu begegnen. Dies wiederum ist der beste Weg, sich als Eltern einen Eindruck davon zu verschaffen, was ihn antreibt, und herauszufinden, ob Handlungsbedarf besteht, weil er sich beispielsweise isoliert oder Suchtverhalten zeigt. Ob er zwischen Realität und Virtualität unterscheiden kann, merken Sie, wenn Sie sich von seinem Hobby erzählen lassen oder mal dabei zusehen oder sogar mitmachen.

Dennoch ist hier und da beharrliches und sachliches Aushandeln und Bestehen auf das Einhalten bestimmter Aufgaben in Schule und Haushalt nötig. Stimmt die Beziehung, lassen sich auch wieder Gespräche über den Glauben führen.

Sabine Vetter ist seit 41 Jahren mit Ekkehart verheiratet. Gemeinsam haben sie sechs erwachsene Kinder und 15 Enkelkinder.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com