Mutter unsicher: „Ist es okay, wenn wir uns vor den Kindern streiten?“ – Das sagt die Expertin
Schadet es den Kindern, wenn sie den Streit der Eltern mitbekommen? Nicht unbedingt, sagt Erziehungswissenschaftlerin Daniela Albert.
„Mein Mann und ich streiten uns ab und zu, mal mehr, mal weniger. Neulich hat es am Familientisch so richtig zwischen uns gekracht, und ich frage mich: Ist es okay, wenn man sich vor den Kindern streitet, oder sollte man das besser tun, wenn die Kinder nicht mit dabei sind?“
Es ist ein guter Grundgedanke, nicht vor den Kindern zu streiten. Streit zwischen den Eltern kann bei Kindern zu Verunsicherung führen. Wenn ihre beiden wichtigsten Menschen sich vor ihnen in die Haare bekommen, kommen sie selbst oft in einen Loyalitätskonflikt. Sie haben beide Elternteile lieb und wissen nicht, wie sie sich verhalten sollen, wenn diese gerade sauer aufeinander sind oder heftig diskutieren.
Dazu kommt, dass Elternstreit bei Kindern auch zu Ängsten führen kann. Gerade wenn diese schon alt genug sind und vielleicht schon einmal mitbekommen haben, dass Erwachsene sich getrennt haben, können sie fürchten, dass das ihren Eltern nun auch passiert. Es gibt also auf den ersten Blick gute Gründe, Streit vor den Kindern zu vermeiden.
Streiten – aber mit Regeln
Tatsächlich gehen hier jedoch in den meisten Familien Wunsch und Realität weit auseinander. Und das ist auch gar nicht so schlimm, wenn man ein paar Regeln beachtet. Wichtig ist, eine Streitkultur zu pflegen, in der kein Elternteil das andere abwertet, wissentlich kränkt oder beleidigt. Wir Menschen sind unterschiedlich impulsiv und folglich streiten manche Paare lautstärker und gefühlsgeladener als andere.
Bis zu einem gewissen Maß darf das so sein, denn unsere Kinder dürfen auch unsere Temperamente kennenlernen. Doch gerade wenn man von sich weiß, dass man zu sehr starken Gefühlsausbrüchen neigt, ist es wichtig, im Beisein der Kinder rechtzeitig die Reißleine zu ziehen und beispielsweise zum Durchatmen den Raum zu verlassen. Wenn Fragen zu tief gehen, für Sie als Eltern zu emotional besetzt sind oder schwere Themen betreffen, sollte eine Diskussion tatsächlich vertagt werden und nicht vor den Kindern stattfinden.
Streit kann lehrreich sein
Wenn wir so vor unseren Kindern streiten, können diese am Ende sogar etwas dabei lernen. Sie bekommen von Anfang an mit, dass Menschen verschiedener Meinung sein können, ja sogar einmal richtig in Konflikt miteinander geraten und sich trotzdem noch liebhaben. Sie können sehen, dass Meinungsverschiedenheiten keinen Beziehungsabbruch bedeuten müssen und nichts Bedrohliches sind. Sie können so selbst lernen, für sich einzustehen und keine Konflikte zu scheuen.
Doch das Wichtigste, was sie von uns lernen können, ist, sich nach dem Streit wieder zu vertragen. Generell halte ich viel davon, sich Dinge nicht lange nachzutragen und sie schnellstmöglich zu klären. Wie wäre es mit einer für die Kinder sichtbaren Versöhnung, sobald der Essenstisch abgeräumt und das Streitthema geklärt ist? Falls es einmal nicht so schnell gehen kann, finde ich es wichtig, den Kindern hinterher zumindest zu erzählen, dass der Streit geklärt ist und man sich wieder vertragen hat.
Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern– und Familienberaterin (familienberatung-albert.de). Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Kaufungen bei Kassel und bloggt unter eltern-familie.de.
Trackbacks & Pingbacks
[…] „Krieg spielen“, ist erstmal nicht ungewöhnlich. Zum einen ermöglichen ihnen solche Raufspielchen, die eigenen Kräfte und Grenzen zu entdecken und auch Erfahrungen mit den Kräfen und Grenzen […]
Kommentare sind deaktiviert.