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Schulstart: 5 Tipps, wie die Umstellung im Familienalltag leichter gelingt

Mit der Einschulung ändert sich das Leben für Kinder und Eltern. Worauf gilt es zu achten, um die Umstellung leichter zu meistern? Sarah Kröger weiß, was hilft.

Meine Tochter kommt im Sommer schon in die dritte Klasse. Ich weiß noch genau, wie aufregend der Schulstart damals für uns war. So viel war neu und veränderte sich. Wir alle mussten früher aufstehen, meine Tochter den ganzen Vormittag stillsitzen. Außerdem gab es von da an rund 12 Wochen Schulferien im Jahr, für die wir uns eine Betreuungslösung ausdenken mussten. Doch wie ist uns die Umstellung eigentlich gelungen? Ich muss gestehen: Vieles habe ich wieder verdrängt. Das Gehirn leistet Erstaunliches, wenn es darum geht, schwierige Dinge zu vergessen. Deswegen frage ich einfach mal bei meiner Tochter nach.

1. Der frühe Start in den Morgen

Wirklich schwer fiel ihr das frühe Aufstehen zum Schulbeginn, erzählt meine Tochter und findet: „Die Schule soll um neun beginnen, dann kann ich wenigstens bis acht Uhr ausschlafen.“ Das finde ich auch. Es gibt viele Studien, die belegen, dass ein zu früher Schulanfang zu weniger Schlaf, geringerer Konzentration und schlussendlich auch zu schlechterer Leistung führt – vor allem bei älteren Kindern. Zu dem frühen Beginn kam noch die Pünktlichkeit dazu. Unsere Tochter musste nun jeden Morgen um Punkt acht Uhr auf ihrem Platz sitzen. Es gab keine Gleitzeit mehr, wie früher zu Kitazeiten, als wir sie manchmal erst gegen halb zehn durch die Kita-Tür schoben, wenn es beruflich passte.

Wie haben wir das hinbekommen? Nachdem die Klassenlehrerin meine Tochter im ersten Schulhalbjahr ein paar Mal gerügt hatte, weil sie fünf Minuten zu spät erschienen war, entwickelte sie eine hohe Eigenmotivation, pünktlich zu kommen. Denn das war ihr sehr unangenehm. Wir hatten also etwas Glück. Ansonsten hilft – damals wie heute – das noch frühere Aufstehen. Stehen wir rechtzeitig auf, dann ist der Beginn morgens entspannt. Kommen wir nicht rechtzeitig aus dem Bett, wird das Frühstück und auch der restliche Start in den Tag hektisch. Als Faustregel gilt: Immer eine halbe Stunde extra einplanen. Mit der Zeit pendelt sich dann die beste Aufstehzeit für alle ein.

Auch ein möglichst gleicher Ablauf am Morgen erleichtert es dem Kind, sich schneller ans frühe Aufstehen zu gewöhnen. Wer mag, kann die Brotdose und die Schultasche auch schon abends vorbereiten, das spart morgens etwas Zeit. Hilfreich ist auch, wenn das Kind lernt, die Uhr zu lesen und so ein Gefühl für die Zeit bekommt, die es morgens noch übrig hat. Wird ein Kind morgens überhaupt nicht wach, kann der Schulweg helfen, der möglichst zu Fuß oder mit dem Fahrrad zurückgelegt wird. Das Sonnenlicht kann in den hellen Monaten beim Wachwerden helfen und die Bewegung regt zusätzlich den Kreislauf an. So kommt Ihr Kind richtig wach in der Schule an.

2. Vormittags: Bewegung ermöglichen

Anstrengend war auch, erzählt meine Tochter, dass sie in der Schule stillsitzen musste und nicht mehr so viel herumtoben konnte. Eine der größten Umstellungen von Kindergarten zu Schule ist sicherlich die eingeschränkte Freiheit. Wer wollte, konnte früher den ganzen Tag im Sand buddeln oder an Kletterstangen hangeln. In den meisten Grundschulen sitzen die Kinder ab der ersten Klasse den größten Teil der Zeit auf einem Stuhl. Dabei ist auch hier längst erforscht, dass Bewegung sehr wichtig beim Lernen ist. Wer sich bewegt, aktiviert das Gehirn und merkt sich Dinge besser. Grundschulkinder können sich in der Regel nicht länger als 20 Minuten am Stück konzentrieren. Viele Lehrerinnen und Lehrer wissen das und versuchen, regelmäßige Bewegungspausen in den Unterricht einzubauen. Auch im Unterricht selbst ist Bewegung möglich: Geometrische Figuren können mit einem Seil körperlich erfahrbar gemacht werden, Präpositionen wie „auf“ oder „unter“ können im Klassenraum in die Tat umgesetzt werden, indem die Kinder auf oder unter ihren Stuhl klettern. Falls Ihr Kind mehr Bewegung braucht, als es im Unterricht bekommt, können Sie auch mit der Lehrkraft sprechen und sie um eine individuelle Lösung bitten.

3. Tobe- und Ausruhzeit am Nachmittag

Spätestens nach der Schule sollten Kinder sich ordentlich austoben. Gehen Sie mit Ihnen auf den Spielplatz, Fahrrad fahren, Fußball spielen – was immer sie mögen. Doch auch Ruhe kann für manche Kinder nach einem lauten und aufregenden Schultag besonders nötig sein. Meine Tochter brauchte in den ersten Wochen viel Zeit zu Hause: Es war ihr zu laut im Klassenraum und sie war froh über die Stille.

In vielen Familien ist es mittlerweile üblich, dass schon Erstklässler ihren Nachmittag mit Freizeitaktivitäten verplant haben: Musikunterricht, Turnen, Fußball, Tanzen … Diese grundsätzlich schönen Hobbys, die auch oft die benötigte Bewegung ermöglichen, sind aber trotzdem feste Termine. Sie führen dazu, dass der Tag der Kinder von morgens bis abends verplant ist. Nach der Schule müssen erstmal Hausaufgaben gemacht werden, wenn die nicht schon in der Schule erledigt werden konnten. Steht dann gleich der nächste Programmpunkt an, kann das schnell zusätzlichen Stress bedeuten. Außerdem fehlt so die Zeit für Verabredungen mit neuen Freundinnen und Freunden aus der Klasse. Dies ist im ersten Schuljahr besonders wichtig, um Kontakte zu knüpfen. Mit einigen Kindern aus der Klasse kann sich meine Tochter zum Beispiel kaum treffen, obwohl sie sich mögen: Sie sind an drei von fünf Nachmittagen in der Woche schon freizeitmäßig verplant. Deswegen: Warten Sie doch noch ein bisschen mit dem festen Nachmittagsprogramm, bis Ihr Kind gut in der Schule angekommen ist und selbst den Wunsch nach neuen Aktivitäten äußert.

4. Rechtzeitig am Abend zu Bett gehen

Um sich an den neuen Rhythmus zu gewöhnen, helfen abends feste Zubettgehrituale. Meine Tochter macht sich abends meistens schon mal bettfertig und hört dann noch eine Hörgeschichte oder schaut sich ein Buch an. So kommt sie langsam zur Ruhe. Etwa drei Stunden vor dem Schlafen sollten Kinder keine elektronischen Medien mehr nutzen. So kann der blaue Lichtanteil des Displays nicht die Freisetzung des schlaffördernden Hormons Melatonin im Gehirn hemmen. Es lohnt sich, vor dem Schulstart das Kind langsam auf die neuen Aufsteh- und Zubettgehzeiten vorzubereiten. Das gelingt laut Schlafforschern am besten, indem das Kind jede Woche 15 bis 30 Minuten eher ins Bett gebracht wird, so lange, bis die passende Zubettgehzeit erreicht ist. Die neuen Zeiten sollten auch ungefähr am Wochenende eingehalten werden – auch wenn hier eine Stunde länger schlafen durchaus okay ist.

5. Kreative Lösungen für den Urlaub

Auch die Urlaubsplanung ändert sich, wenn die Schule beginnt. Denn dann können Familien mit Schulkind nur noch während der offiziellen Schulferien in den Urlaub fahren. Das bedeutet für alle Arbeitnehmenden, dass sie rechtzeitig Urlaubsanträge stellen müssen und für alle Selbstständigen, dass sie ihre Aufträge gut im Voraus planen sollten. Auch für die Hochsaisonpreise während des Urlaubs müssen Familien sich wappnen, denn der wird plötzlich um einiges teurer. Eine Möglichkeit ist, sich Orte auszusuchen, die keine typische Reisezeit haben, zum Beispiel weil dort gerade Winter ist. Auch kann es sich lohnen, in anliegende Bundesländer, die noch keine Ferien haben, zu fahren, hier könnten die Preise etwas niedriger sein. Je nach Geschmack sind vielleicht auch kostengünstige Camping-Urlaube, All-Inclusive-Angebote oder Besuche von Bekannten an schönen Urlaubsorten eine Option.

Die wenigsten Familien werden wohl sechs Wochen Sommerurlaub am Stück machen. Sie müssen sich deswegen überlegen, wohin sie ihr Kind geben, während sie arbeiten. Das war auch für uns nicht leicht zu organisieren. Wir entschieden uns erstmal dazu, lange in den Urlaub zu fahren. Danach schickten wir die Kinder ein paar Tage zu Oma und Opa. In den letzten Wochen haben wir dann in Teilzeit gearbeitet und uns währenddessen mit der Kinderbetreuung abgewechselt. Dieses Jahr haben wir auch zum ersten Mal das Hort-Angebot der Schule genutzt, von dem meine Tochter aber nur mittelmäßig begeistert war. Geholfen hat uns auch, dass es befreundete Kinder aus der Nachbarschaft gab, mit denen sich sie sich ab und zu zum Spielen verabreden konnte.

Alles in allem ist der Schulstart zwar eine große Herausforderung für die ganze Familie, aber eine tolle Sache. Als ich meine Tochter frage, was ihr damals gut gefallen hat, antwortet sie: „Die Einschulung war richtig cool. Und ich habe fünf neue Freunde gefunden. Außerdem kann ich nun selbst Bücher lesen, wenn ihr keine Zeit habt, mir welche vorzulesen.“ Mittlerweile haben wir uns ganz gut an den Schulalltag gewöhnt. Es dauert bestimmt nicht mehr lange und mein Gehirn wird auch komplett verdrängt haben, dass es mal eine Zeit gab, in der ich nicht morgens um halb sieben aufgestanden bin.

Sarah Kröger ist Journalistin und Host des lösungsorientierten Podcasts „Und jetzt? Der Perspektiven-Podcast“. Sie lebt mit ihrer Familie in Berlin.

Medien als Erziehungsmittel?

„Wir setzen unser Tablet und Smartphone immer öfter als Belohnung oder Bestrafung für ein bestimmtes Verhalten bei unseren Kindern ein. Das hat sich in den letzten Monaten so eingeschlichen, aber wir wollen es ändern. Welche Alternativen gibt es?“

Was früher der Stubenarrest war, ist heute das Smartphone-Verbot – eine Sanktion, welche die Kinder empfindlich treffen soll. Doch statt einer Verhaltensänderung bleiben häufig Frust, Spannungen und Enttäuschung im Familienleben zurück. Im Umgang mit Verboten oder Verstärkern ist es wichtig, dass die Kinder die Familienregeln kennen. Bevor Sie Medien also als Erziehungsmittel einsetzen, fragen Sie sich, ob Sie darüber gesprochen haben, was passiert, wenn das Zimmer unordentlich ist, Ihr Kind schwindelt oder jemandem weh tut.

NACHVOLLZIEHBARE KONSEQUENZEN

Handeln Sie nie aus Ärger oder Wut heraus. Solche Strafen sind häufig ungerecht. Wenn Ihr Kind beispielsweise nicht sorgfältig mit seinen Schulsachen umgeht, dann ist die Versuchung groß, Strafen zu verhängen wie: „Du darfst die ganze Woche nicht mehr an den Computer!“ Eine fairere Konsequenz wäre es, Ihr Kind die Dinge reparieren zu lassen, um die Situation selbst in Ordnung zu bringen.

Die Konsequenz muss einen logischen Bezug zum Fehlverhalten haben. Ein Kind ist übermütig und zerschlägt die schöne Kaffeetasse. Sie sind enttäuscht und rufen: „Keine Spiele mehr am Handy!“ Besser wäre es, wenn das Kind hilft, die Scherben aufzukehren oder etwas von seinem Taschengeld abgibt. Ein Handyverbot ist dann sinnvoll, wenn Kinder sich nicht an Vereinbarungen halten, zum Beispiel zu lang oder heimlich spielen oder ein unerlaubtes Spiel herunterladen. Das Kind muss spüren, dass es mit seinem Verhalten die Situation beeinflussen kann.

MEDIEN GEMEINSAM NUTZEN

Bevor das Smartphone entzogen wird, weil die Hausaufgaben unsauber oder unvollständig sind, unterstützen Sie Ihr Kind lieber. Schaffen Sie eine positive Lernatmosphäre und erklären Sie, was es bedeutet, wenn die Hausaufgaben wiederholt werden müssen: „Schade, jetzt ist es schon so spät. Nun kannst du nicht mehr spielen.“ Überlegen Sie, ob die Konsequenzen realistisch sind. „Wenn du deinen Bruder ärgerst, darfst du nie wieder das Tablet haben.“ Wirklich? Ein Verbot ohne (umsetzbare) Konsequenz macht uns unglaubwürdig, und die Kinder nehmen unsere Drohungen nicht ernst.

Man kann Medien auch nutzen, um zu belohnen. Gut dosiert kann es sogar eine Motivation sein! Überraschen Sie Ihr Kind mit einer Extraspielzeit, wenn Dinge besonders gut liefen („Du hast die ganze Woche deine Sportsachen aufgeräumt, du darfst 30 Minuten länger spielen“). Kombinieren Sie eine Belohnung mit gemeinsamer Zeit, indem Sie zusammen zocken. Viele Games haben interessante Storys – lassen Sie sie sich erklären. Kinder finden es toll, wenn sie Experten sein dürfen. Für viele Spiele gibt es Zeitschriften – stöbern Sie darin. Im Internet findet man Papercraft-Anleitungen für Minecraft oder Starwars. Bauen Sie gemeinsam ein Szenario nach, fotografieren Sie es oder machen Sie Videos. Dann ist das Smartphone nicht Mittelpunkt einer Aktion oder ein Machtinstrument, sondern ein sinnvolles Werkzeug.

Susanne Ospelkaus ist Ergotherapeutin. Sie lebt mit ihrer Familie in Zorneding bei München und bloggt unter www.susanne-ospelkaus.com
Illustration: Sabrina Müller

 

 

 

„Ab nach draußen!“

„Wir würden gerne mit unseren Kindern bewusst die Jahreszeiten gestalten, uns fehlen aber die Ideen. Wie machen wir es am besten?“

Super, was Sie sich da vorgenommen haben! Naturnah zu leben, hat bei vielen Eltern einen hohen Stellenwert. Was zu Omas Zeiten selbstverständlich war, müssen Familien heute bewusster einplanen: gemeinsam nach draußen gehen, die Natur entdecken, sie mit allen Sinnen wahrnehmen und stückchenweise ins Haus holen. Das passiert – vor allem im städtischen Kontext – nicht automatisch.

Dabei sind Naturerlebnisse wichtig für die kindliche Entwicklung. Der immer wiederkehrende Rhythmus der Jahreszeiten gibt den Kindern Orientierung und Halt, das Draußensein unterstützt und fördert ihre Bewegung und schult die sinnliche Wahrnehmung.

BEWUSST WAHRNEHMEN

Das Beste an der Natur ist: Sie ändert sich ständig und liefert so neue Ideen am laufenden Band. Mit jeder neuen Jahreszeit gibt es neue Farben und Düfte, neue Naturerscheinungen, neue Gestaltungsideen, neue Spielmöglichkeiten. Und das Beste an Kindern ist: Sie lieben Rituale und Wiederholungen und brauchen weniger Abwechslung, als wir Erwachsene oft denken.

Das Erste und Wichtigste ist deshalb: Gehen Sie gemeinsam nach draußen – dass Sie dafür nicht nur die Kinder, sondern auch sich selbst wetterfest anziehen, ist klar. Mit  eiskalten Händen oder nassen Füßen machen Naturerkundungen nämlich wenig Spaß und sind schnell vorbei. Ob in den Wald oder über Wiesen, an einen Bach oder See, auf einen Berg oder an den Strand: Gehen Sie an Orte, an denen die Kinder sich frei bewegen können, ohne dass Sie ständig den Verkehr oder Nachbars Blumen im Auge haben müssen. Und dann schauen Sie, nehmen Sie bewusst wahr, entdecken Sie: Was wächst schon draußen, wo treiben Pflanzen schon aus? Wer kann die ersten Schneeglöckchen entdecken? Wie riecht die Luft heute? Können wir unseren Atem sehen?

UNBEGRENZTE ENTDECKUNGSMÖGLICHKEITEN

Überlegen Sie sich gemeinsame Projekte, die den Kindern und Ihnen Freude bereiten: Bauen Sie Höhlen, schnitzen Sie Pfeile, machen Sie Fahrradtouren, Walderkundungen durchs Dickicht, gehen Sie auf Schatzsuche, bauen Sie Staudämme oder Flöße, binden Sie Blumensträuße oder malen Sie mit Erdfarben, schnitzen Sie Kürbisgesichter, wandern Sie mit Laternen und Lichtern durch die Dunkelheit, lassen Sie Wasser zu Eis werden, pflücken Sie Äpfel und machen daraus Apfelkuchen … Die Möglichkeiten sind unbegrenzt.

Besonders im Frühling ist es toll, Blumen, Gemüse und Ähnliches anzupflanzen und zuzusehen, wie die Pflanzen wachsen. Schön ist es auch, von den Ausflügen Kleinigkeiten mit nach Hause zu bringen, als Deko oder zum Gestalten. Zum Beispiel Blumensträuße, Kastanien für kleine Männchen oder Blätter zum Trocknen.

Werden die Kinder älter und haben sie bislang bei solchen Naturausflügen wenig Begeisterung gezeigt, müssen Sie sich vielleicht zu Beginn etwas ins Zeug legen. Papas Schnitzmesser ausleihen, ein Fernglas mitnehmen, um Vögel zu beobachten, oder Geocachen (moderne Schatzsuche mit GPS- Gerät oder -App): Die Erfahrung zeigt: In der Natur sein tut Kindern wie Eltern gut, auch wenn an nassen und kalten Frühlingstagen die Überwindung manchmal groß ist.

Annegret Schumacher ist Redakteurin und Pastorin im ICF Mannheim, lebt mit ihrer Familie in Schwetzingen und liebt den Waldkindergarten ihrer Kinder. 

Frühling SommerBuchtipp:
Veronika Smoor: Frühling, Sommer, Herbst, Familie – Ein Begleiter für jeden Monat des Jahres mit Ideen zum Selbermachen und Selberglauben (SCM Verlag)
Leseprobe (PDF)

 

 

Besser konzentrieren

„Mein Sohn (8) ist total unkonzentriert. Hausaufgaben sind für ihn ein Krampf. Muss ich mir Sorgen machen?“

Der Grad unserer Konzentration ist von emotionalen und physischen Bedürfnissen abhängig. Das bedeutet: Geht es uns körperlich und seelisch gut, – können wir uns besser auf etwas fokussieren. Wenn Sie die Vermutung haben, dass Ihr Kind unter einer Konzentrationsschwäche leidet, sollten Sie daher zunächst einmal mögliche körperliche Ursachen von einem Arzt abklären lassen. Er wird Ihr Kind auf Allergien, visuelle oder auditive Auffälligkeiten oder eine schlechte Körperhaltung untersuchen.

Eine Konzentrationsschwäche macht sich durch Vergesslichkeit, Müdigkeit, Frust, ein schlechtes Selbstwertgefühl oder Lustlosigkeit bemerkbar. Die Aufforderung „Jetzt konzentriere dich einfach!“ ist in diesem Fall genauso sinnlos wie die Ratschläge „Freu dich mal!“ oder „Schlaf schnell ein!“. Solche inneren Prozesse lassen sich nicht erzwingen. Unkonzentriertheit lässt sich nicht durch Übung und Ermahnung wegtrainieren. Wir können sie aber durchaus beeinflussen.

EIN TEAM

Versuchen Sie, die ganze Familie ins Boot zu holen und besprechen Sie gemeinsam mit ihnen Ihre Lebenssituation: Gibt es eine belastende Situation in der Familie (Krankheit, Trennung, Geldsorgen)? Hat Ihr Sohn ausreichend Bewegung und Schlaf? Sind Sie als Eltern sehr gestresst? Überreizung ist ein Haupthindernis für Konzentration. Frische Luft, Bewegung und zweckfreie Momente hingegen bringen Ordnung in unser Hirn. Informationen finden ihren Platz und schaffen Raum für neue Lernerlebnisse.

Regelspiele wie „Memory“ und „Mensch, ärgere dich nicht“ fördern nicht nur das Familiengefühl, sondern trainieren ganz nebenbei auch die Konzentrationsfähigkeit. Denn bei solchen Karten- und Geduldspielen muss man aufpassen, sich an Regeln halten, den nächsten Zug überlegen und aufeinander warten.

Manchmal bewirken kleine Veränderungen im Tagesablauf Großes, zum Beispiel früher aufstehen, um in Ruhe zu frühstücken, gemeinsam den Ranzen packen, das Federmäppchen von Spielereien befreien, einen festen Platz für Kleidung, Spielzeug und Schulsachen schaffen. Je weniger Ablenkung das Kind umgibt, umso leichter kann es sich fokussieren.

STRUKTUR UND LOB

Konzentration lässt sich auch steigern, indem man sich an Zeitabläufe und Handlungen gewöhnt. Ein aufgeräumter Schreibtisch motiviert zum Arbeiten und lenkt weniger ab. Manche Kinder lernen besser am Esstisch, wenn die Eltern in der Nähe sind. Lassen Sie sich jedoch nicht in Gespräche verwickeln!

Eine Sanduhr oder ein Timer können beim Hausaufgabenmachen hilfreich sein. So kann Ihr Sohn die Arbeitszeit besser einschätzen und fühlt sich weniger überfordert. Gönnen Sie ihm nach 15 Minuten eine kurze Pause.

Stärken Sie das Selbstbewusstsein Ihres Kindes, indem Sie sich gemeinsam über kleine Erfolge freuen. Jedes Kind besitzt einen Entdeckerdrang und je positiver ein Lernprozess ist, umso nachhaltiger ist er. Leider lässt sich das mit dem Lehrplan nicht immer vereinbaren, umso wichtiger ist es, dass daheim kein Übungsdruck aufgebaut wird.

Susanne Ospelkaus ist Ergotherapeutin. Sie lebt mit ihrer Familie in Zorneding bei München und bloggt unter www.buchstabenkunst.de.

„Bei Papa darf ich das!“

„Mein Mann reagiert nachgiebiger als ich. Wenn ich etwas verbiete, erlaubt er es. Schadet das den Kindern? Was können wir tun?“

Dass Eltern nicht in allen Erziehungsfragen gleicher Meinung sind, ist völlig normal. Dennoch ist es wichtig, dass Sie sich über wesentliche Fragen austauschen und eine gemeinsame Linie finden. Denn wenn Sie als Mutter etwas verbieten und Ihr Mann genau das erlaubt, werden Sie als Eltern für Ihr Kind unglaubwürdig. Das Kind wird dadurch geradezu provoziert, die Eltern gegeneinander auszuspielen – nicht aus böser Absicht, sondern weil es so Dinge erreichen kann, die es sich wünscht. Das schwächt aber die Verlässlichkeit der Eltern und den Zusammenhalt untereinander – und der ist eine unverzichtbare Grundlage für ein gutes Familienleben.

AUSNAHMEN BEACHTEN
Bei Großeltern ist das etwas anderes – Kinder können schon recht früh verstehen, dass bei Oma und Opa andere Regeln gelten. Wenn aber zu Hause die Regeln ständig wechseln, dann bekommen Kinder den Eindruck, dass die Regeln nicht ganz so wichtig sein können. Natürlich müssen auch Eltern nicht in allen Angelegenheiten gleich handeln. Wenn der Papa mal etwas erlaubt, was Sie eher verboten hätten, was aber keine große Bedeutung hat oder im Alltag kaum vorkommt, ist das kein Drama. Zum Beispiel: Der Papa ist mit den Kindern unterwegs und kauft ihnen ein Eis, obwohl es bald schon Abendessen gibt. Oder: Es ist Wochenende und der Papa bringt die Kinder etwas später ins Bett als sonst. Solange das Ausnahmen bleiben – halb so wild. Wenn aber bestimmte Konflikte häufiger auftreten oder es um konkrete Regeln im Familienalltag geht (zum Beispiel Medienzeiten), dann wird es schwierig, wenn die Eltern nicht an einem Strang ziehen.

REDEN HILFT
Wichtig ist, unterschiedliche Haltungen dann nicht als persönliche Kränkung zu verstehen. Ihr Mann wird seine Gründe haben. Das können zum Beispiel eigene Erfahrungen sein oder eine andere Prägung. Dennoch sollten Sie ihn bitten, mit Ihnen über diese unterschiedlichen Ansichten zu sprechen. Das sollte nicht vor den Kindern und unter Zeitdruck geschehen, sondern zu zweit und in Ruhe. Fragen Sie Ihren Mann, warum er anderer Meinung ist als Sie – hören Sie aufmerksam zu und respektieren Sie seine Ansichten. Erklären dann auch Sie, weshalb Sie bestimmte Grenzen wichtig finden, und versuchen Sie, einen Kompromiss zu finden – eine Vereinbarung, hinter der Sie beide stehen und die Sie dann auch geschlossen durchsetzen können.

BERATEN LASSEN
Sollte Ihr Mann trotzdem immer wieder besprochene Grenzen nicht durchsetzen, gilt es herauszufinden, woran das liegt: Fehlt ihm die Energie dafür? Wenn ja, was könnte er ändern? Früher schlafen gehen, mehr Bewegung, frische Luft, ein Gesundheits-Check-Up? Ist er der Meinung, die Grenzen, die Sie setzen möchten, seien eigentlich unwichtig? Oder gibt es Probleme in der Beziehung zu seinen Kindern? Wenn Sie zu zweit nicht weiterkommen, scheuen Sie sich nicht, ein Gespräch in einer Erziehungsberatungsstelle zu vereinbaren. Tatsächlich ist es oft sehr hilfreich, wenn eine neutrale Person zuhört und vermittelt. Denn diese hat eine ganze andere Perspektive und kann dadurch wertvolle Impulse geben. Sollte Ihr Mann sich weigern, können Sie auch erst einmal für sich allein einen Termin vereinbaren. Adressen finden Sie unter www.dajeb.de.

Melanie Schüer ist Erziehungswissenschaftlerin und Gesundheitsberaterin. Sie bietet Beratungen für Eltern von Babys und Kleinkindern mit Schrei- und Schlafproblemen sowie für Schwangere an (www.neuewege.me).

Schreiben lernen?

„Unser Sohn (6) ist mit digitalen Medien aufgewachsen. Wir befürchten, dass sich die Mediennutzung negativ auf seine schulischen Leistungen auswirkt.“

Wenn ich Bus fahre, beobachte ich immer wieder fasziniert Kinder beim Umgang mit dem elterlichen Smartphone. Ganz selbstverständlich agieren schon die Kleinsten mit dem Gerät. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der regelmäßig erscheinenden KIM-Studie wieder. Sie untersucht das Medienverhalten und die Rolle der Medien bei 6- bis 13-Jährigen. Die Ergebnisse zeigen, dass 2016 die Hälfte aller Befragten ein Handy besaß. Die digitalen Medien gehören zur Lebenswelt unserer Kinder dazu. Daher steht auch im Strategiepapier der Kultusministerkonferenz 2016 klar die Forderung: „Da die Digitalisierung auch außerhalb der Schule alle Lebensbereiche und – in unterschiedlicher Intensität – alle Altersstufen umfasst, sollte das Lernen mit und über digitale Medien und Werkzeuge bereits in den Schulen der Primarstufe beginnen.“

ERSTER KONTAKT
Durch die Mediennutzung kommen unsere Kinder heute sehr früh in Erstkontakt mit der Schriftsprache. Interaktive Bilderbücher erscheinen auf dem Tablet, die Hauptdarsteller machen beim Klick eventuell noch ein Geräusch. So wird einem Kind ein Buch vorgelesen, auch wenn Mama oder Papa gerade keine Zeit haben. Auch in der Schule spielt der Umgang mit digitalen Medien eine Rolle. Trainieren die Kinder schon früh den medialen Umgang, sind Hemmschwellen für den Gebrauch viel geringer, und die Schüler probieren Programme ganz selbstverständlich aus. So erleichtert die Digitalisierung die Präsentation von schulischen Ergebnissen, lässt Gruppen interaktiv arbeiten und kann Lernprozesse unterstützen. Lern-Apps helfen Schülern, Unterrichtsinhalte zu wiederholen. Einzelne Pädagogen erklären in höheren Klassen beispielsweise auch gerne Lerninhalte über YouTube. So kann nicht Verstandenes beliebig oft wiederholt werden, ohne dass jemandem der Geduldsfaden reißt. Auch für Kinder mit motorischen Defiziten bieten die digitalen Medien Zugang zu einem vergleichsweise normalen Schulalltag, da sie zum Beispiel am Laptop einen Text tippen können, ohne verkrampft versuchen zu müssen, einen Stift zu halten. Oder die Transkription von Sprachnachrichten in Schriftsprache lässt körperbehinderte Kinder ganz anders am Unterricht teilnehmen.

SCHREIBEN MIT DER HAND
Dennoch kann man nicht auf das Schreibenlernen der Buchstaben per Hand verzichten. Verschiedene neurologische Studien haben ergeben, dass durch das Schreiben mit der Hand die Feinmotorik geschult wird. Sie erleichtert uns nicht nur den Alltag, sondern hilft uns bei vielen Arbeitsprozessen. Die motorische Umsetzung von Gedanken führt außerdem dazu, dass ein Begriff viel besser gespeichert wird, da Motorik, Sensorik, Sinnhaftigkeit und auch Gefühle beim Schreibprozess aktiviert werden. Das Gehirn kann so eine Gedächtnisspur verfolgen, die durch das Formen der Buchstaben mit der Hand tief „eingegraben“ wird. Die Koexistenz der digitalen Medien mit dem klassischen Schriftspracherwerb birgt viele Chancen. Unsere Aufgabe als Eltern ist es, unseren Kindern im Umgang mit den Medien ein Vorbild zu sein. Sie lernen von uns, in welchem Maß sie am besten genutzt werden sollten. Sie freuen sich aber auch, wenn sie einen handschriftlichen Brief von uns bekommen.

Stefanie Böhmann ist Grund- und Hauptschullehrerin und lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

„Unser Sohn macht in die Hose“

„Unser Sohn ist schon sieben, macht aber immer noch regelmäßig in die Hose. Meistens passiert es, wenn er sehr konzentriert spielt. Was können wir tun?“

Zuerst ist es wichtig, biologische Vorgänge mit dem Arzt zu klären und zu prüfen, ob auch auf geis-tig-emotionaler Ebene alles in Ordnung ist. Ist dies der Fall, ist es vielleicht möglich, dass bestimmte Spielsituationen Stress bei ihm auslösen. Vielleicht versucht er etwas zu verarbeiten. Beobachten Sie die Spielsituationen genau; haben sie dasselbe Thema? Wann genau macht er in die Hose? Gibt es Anzeichen dafür, dass er den Harndrang spürt? Wann merkt er es selbst? Wie reagiert er darauf? Passiert es nur zu Hause?

GEWOHNHEITSSACHE
Möglicherweise hat sich der Ablauf für ihn bereits eingespielt. In seinem Kopf ist vielleicht gespeichert: spielen, Pipi machen, beim Umziehen mit Mama und Papa Zeit verbringen. In diesem Fall muss sich der Ablauf neu formen. Das heißt zum einen, wenn er in die Hose macht, sollte er sich alleine versorgen und eventuelle Pfützen selbst beseitigen. Er ist alt genug, um das leisten zu können! Diese Konsequenz ist auch zu empfehlen, wenn er durch das „Indie- Hose-Machen“ ihre Aufmerksamkeit will. In dem Fall müssen Sie sich als Eltern Gedanken darüber machen, wann und wie Sie Ihrem Kind Aufmerksamkeit schenken und ihr Verhalten dementsprechend ändern. Darüber hinaus empfehle ich, ihn alle 15 bis 20 Minuten zur Toilette zu schicken, besonders, wenn er gerade so schön spielt! Begründen können Sie das damit, dass Sie das so lange machen müssen, bis er es schafft, rechtzeitig auf die Toilette zugehen. Nach gelungenen zwei bis drei Tagen erhöhen Sie auf 30 Minuten usw. Bei Rückschlägen wird die Zeit wieder verkürzt. Allein, dass er sich selbst versorgen muss und dadurch im Spiel unterbrochen wird, kann schon dazu führen, dass er innerhalb kurzer Zeit trokken wird.

VIELE KLEINE SCHRITTE
Unterstützen könnte man den Prozess mit einem Belohnungssystem. Dies würde ich aber erst einsetzen, wenn nach einer Zeit der konsequenten Umsetzung kaum Verbesserung eintritt. Bei dem Belohnungssystem wird er für erwünschtes Verhalten belohnt, also für das „Auf-die-Toilette-Gehen“. Jedes Mal, wenn er auf die Toilette geht, wird zum Beispiel in einer Liste ein Kreuz gemacht. Wenn er es drei bis vier Mal hintereinander schafft, bekommt er ein „Klebetattoo“ auf den Arm. Wenn er es den ganzen Tag schafft, darf er sich beim Abendessen einen extra Nachtisch aussuchen. Schafft er es drei Tage hintereinander, darf er sich beim nächsten Einkauf eine Kleinigkeit aussuchen usw. Beachten Sie, dass die einzelnen Etappen für ihn erreichbar sind und dass es für Sie nicht zu teuer wird! Wenn er in die Hose macht, gibt es kein Kreuz in der Liste. Natürlich könnten auch gemeinsame Aktivitäten wie spielen, puzzeln oder einen besonderen Film schauen eine Belohnung sein. Diese Belohnungen eignen sich dann, wenn Sie merken, dass er seinen Harndrang kontrollieren kann. Das Risiko ist zu groß, dass er innerhalb seiner Belohnungszeit wieder in die Hose macht und dann wiederum die nächste Etappe nicht schafft, was für ihn einer Strafe ähnelt. Lieber viele kleine Schritte als große Schritte, die einen zu oft zurückwerfen.

Anika Sohn ist Erzieherin und bietet Bewegungs-Kurse für Eltern und Kinder an: familie-bewegt.de. Sie lebt in Neuhofen (Pfalz).

Unsere Tochter klaut

„Unsere Tochter ist ein fröhliches, kluges Mädchen. Seit einiger Zeit steckt sie aber immer wieder Sachen ein. Wenn wir sie fragen, sagt sie, die habe sie geschenkt bekommen. Wir machen uns Sorgen, dass ihr etwas fehlt. Was können wir tun?“

Fangen Kinder an zu stehlen, ist es immer ratsam, nach den Motiven für dieses Verhalten zu fragen. In den meisten Fällen kann man davon ausgehen, dass das Kind unbedingt ein Spielzeug oder eine Süßigkeit haben und nicht darauf warten wollte. Ist das Stehlen ein einmaliger Ausrutscher, kann man das gelassen mit dem Kind besprechen und mit einer angemessenen Wiedergutmachung aufarbeiten. In der Regel sind die meisten Kinder einsichtig und haben ein Gespür dafür, dass ihr Verhalten nicht richtig war.

RAUM FÜR EHRLICHKEIT
Allerdings beschreiben Sie, dass Ihre Tochter wiederholt gestohlen und im Gespräch auch ausweichend reagiert hat. Ihre Sorge, dass Ihrer Tochter etwas fehlen könnte, ist berechtigt, und es ist gut, dass Sie hier genau hinsehen. Wenn Kinder immer wieder etwas mitgehen lassen und anscheinend auch nicht ehrlich sein können, ist es durchaus möglich, dass eine innere Not vorliegt. Dann braucht das Kind unbedingt Hilfe. Es ist auf jeden Fall der richtige Weg, dass Sie Ihre Tochter auf die eingesteckten Dinge angesprochen haben. Solche Gespräche sollten Sie in Ruhe und ohne Beschuldigungen und Vorwürfe führen, damit sich Ihr Kind öffnen und die Wahrheit sagen kann. Hier ist Ihr Ton ganz entscheidend. Versichern Sie Ihrem Kind, dass es keine Angst vor Strafe haben muss und mit all dem, was es beschäftigt, zu Ihnen kommen kann. Wichtig ist, dass Sie Ihr Kind nicht bloßstellen, sondern Raum für Offenheit und Ehrlichkeit geben.

URSACHENFORSCHUNG
Stehlen Kinder immer wieder, kann das ganz unterschiedliche Ursachen haben. Manche Kinder erleben in ihrer Schule ein Umfeld, in dem andere Kinder viel mehr besitzen. Der Wunsch, mithalten zu können und dazuzugehören, ist groß, und so scheint Stehlen für sie eine Lösung zu sein. Andere Kinder versuchen, sich durch das Verschenken von stibitzten Süßigkeiten Anerkennung bei den Mitschülern zu erwerben. Wieder andere füllen durch die geklauten Dinge einen emotionalen Mangel innerhalb der Familie oder in der Schule. Steckt eine größere innere Not hinter dem Verhalten eines Kindes, wird sich das aber vermutlich auf mehrere Lebensbereiche auswirken. Konkret könnten Sie überlegen: Gab es in den letzten Wochen gravierende Veränderungen im Leben Ihres Kindes? Wie erleben Sie grundsätzlich ihre Tochter im Alltag? Ist sie das fröhliche und kluge Mädchen – so, wie Sie sie kennen? Wie erleben Ihr Partner, die Lehrer oder Großeltern Ihre Tochter? Wenn Sie sich mit diesen Fragen auseinandersetzen, können sie vermutlich den Motiven für das Verhalten Ihres Kindes auf die Spur kommen. Und dann gilt es, zunächst dafür zu sorgen, dass Ihr Kind hier Entlastung bekommt. Erklären Sie Ihrem Kind aber auch die Folgen seines Verhaltens. Stehlen und Vertuschen sind keine Lösung für die Probleme, sondern bewirken, dass das Vertrauen zwischen Eltern und Kindern verlorengeht. Ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Eltern und Kindern ist ein hohes Gut – und Ihr Kind sollte wissen und erleben, dass Ihnen das am Herzen liegt.

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin, arbeitet in der Redaktion von SevenEleven und ist Mitarbeiterin von Team.F. Sie lebt mit ihrer Familie in Remscheid. www.sonja-brocksieper.de

Gaben entdecken, Stärken fördern

„Wie kann ich meiner Tochter (8) helfen, ihre Gaben zu entdecken und ihre Stärken auszubauen?“

Für uns Eltern ist es eine wichtige und schöne Aufgabe, in unseren Kindern die Gaben zu sehen und zu bestätigen, die Gott in sie hineingelegt hat. Mit sieben oder acht Jahren sind sie oft schon starke Persönlichkeiten und haben klare Vorstellungen davon, was sie wollen und was nicht. Das erlebe ich zumindest bei meiner eigenen Tochter Sara (7) so, und ich finde es gut, auch wenn es manchmal anstrengend sein kann.

ZEIT ZU ZWEIT
Um die Gaben Ihrer Tochter zu entdecken, brauchen Sie Zeit mit ihr allein. In den gemeinsamen Zeiten können Sie Ihre eigenen Interessen mit ihr teilen und dabei viel Interessantes wahrnehmen! Im Alltag versuche ich, meine Tochter mit dem Blick Gottes zu sehen, der positiv und wohlwollend ist. Ich bitte ihn konkret darum, mir seinen Blick für meine Lieben und auch mich selbst zu schenken. Das macht einen großen Unterschied! Sara liebt es zum Beispiel zu lesen. Sie machte sehr schnell Fortschritte und hatte am Ende der ersten Klasse schon zahlreiche Bücher verschlungen! Ich legte eine Leseliste an und sie durfte für jedes ausgelesene Buch einen Sticker aufkleben. Auch in diesem Jahr hat sie eine solche Liste und ich merke, wie sie dadurch zusätzlich motiviert ist.

POSITIV KOMMUNIZIEREN
Sara schreibt auch gerne, vor allem Schreibschrift. Allerdings ist sie dabei oft unkonzentriert und lässt sich leicht ablenken. Deshalb ermahne ich sie zwar, dabei versuche ich jedoch etwas Positives zu kommunizieren, wie: „Ich finde es toll, dass dich so viele Dinge rundherum interessieren und dass du so viel siehst und hörst. Mach mal schnell die Schreibübung fertig, dann hast du wieder Zeit für die anderen Sachen.“ Ein anderes Mal bemerke ich, wie sie sich eine CD mit Bibelgeschichten nach der anderen „reinzieht“. Ich lobe sie für ihren Wissensdurst und frage sie nach ein paar Details, die sie mir meistens stolz wie aus der Pistole geschossen beantwortet. Ich äußere mich positiv über ihr wirklich bemerkenswertes Bibelwissen. Dieses Jahr zu Weihnachten hat sie sich eine BibleArt- Journaling Kinderbibel gewünscht. Einige Seiten hat sie schon bunt gestaltet, und ich finde ihre Bilder toll. Manchmal nehmen wir uns Zeit, um gemeinsam in unseren Bibeln zu lesen und sie kreativ zu gestalten. Dabei unterhalten wir uns über Gott, tauschen Sticker aus und bewundern gegenseitig unsere Kunstwerke. Ich liebe diese besonderen Zeiten.

WACHSENDE PERSÖNLICHKEIT
Was ich im Umgang mit Jüngeren bei ihr wahrnehme, ist eine echte Lehrergabe. Zwar kommandiert sie ihren jüngeren Bruder manchmal sehr herum, doch hat sie auch eine hingebungsvolle Art, ihm Dinge beizubringen. Auch ihre Hilfsbereitschaft ist bemerkenswert und ich danke ihr, wenn sie mal extra in den Keller flitzt, um mir etwas zu holen. Ich denke, es ist nicht so wichtig, wie oft Sie Ihre Tochter loben oder ihre Talente positiv erwähnen, sondern dass Sie sie als eigenständige, wachsende Persönlichkeit wahrnehmen und schätzen. Es ist ein spannender Prozess und ein Privileg, als Mutter hautnah dran zu sein und zu ihrer Entwicklung beizutragen!

Maria Lang lebt mit ihrer Familie in Wieselburg (Österreich) und arbeitet als Buchautorin, Illustratorin und Referentin.

Aber es ist doch mein Geld

„Eigentlich darf unser Sohn (9) frei entscheiden, was er sich von seinem Taschengeld kauft. Nun ist beim Geburtstag aber eine größere Geldsumme zusammengekommen, und er möchte sich davon ein Handy kaufen. Das wollen wir aber nicht. Können wir es ihm verbieten?“

 

Ich kann Sie gut verstehen. Sie wünschen sich, dass Ihr Sohn sein Geld sinnvoll investiert, sehen ein Handy als (noch) nicht altersgerecht an und erkennen auch die Gefahren, die mit diesem Gerät verbunden sind.

DER SINN DES TASCHENGELDES
Grundsätzlich ist die Idee, dem Kind Taschengeld zur Verfügung zu stellen, eine gute Sache: Das Kind hat die Möglichkeit, im kleinen Rahmen zu üben, wie es sein Geld ausgeben und verwalten möchte. Das Taschengeld ist vor allem dazu gedacht, das Kind im Kleinen erproben zu lassen, wie es zum Beispiel mit dem Thema Selbstbeherrschung aussieht, und das wird das Kind vermutlich nur durch Fehlkäufe lernen. Keine Lektion ist für das Kind so bitter, wie am Ende des Monats nicht mehr genug Geld übrig zu haben für ein begehrtes Spielzeug oder Comic-Heft.

RECHTLICHE REGELUNGEN
Paragraf 110 BGB, der sogenannte „Taschengeldparagraf“, regelt, dass ein Kind das ihm zur Verfügung gestellte Geld ausgeben darf, wie es möchte. Dabei ist zu beachten, dass ein Kind unter sieben Jahren als noch nicht geschäftsfähig gilt und deswegen auch noch nichts alleine kaufen darf. Im Alter zwischen sieben und achtzehn Jahren ist das Kind beschränkt geschäftsfähig. Das Taschengeld darf selbstständig ausgegeben werden, es dürfen aber zum Beispiel noch keine Handy-Verträge abgeschlossen werden. Auch für Ihren Fall, dass das Kind eine größere Geldsumme zur Verfügung hat, gibt es eine rechtliche Regelung: Gibt das Kind eine höhere Geldsumme ohne Zustimmung der Eltern aus, sind die Eltern berechtigt, das Kaufobjekt dem Händler unter Erstattung des Kaufbetrages zurückzubringen. Dabei ist die übliche Rückgabefrist zu beachten.

BEZIEHUNGSSACHE
Im Fall eines Kaufverbots liegt die Herausforderung darin, sich nicht auf einen Machtkampf einzulassen. Denn das Kind wird Ihnen wahrscheinlich übel nehmen, dass der Kauf verboten wird. Deshalb ist es ein guter Schritt, sich mit dem Kind zusammenzusetzen und es zu fragen, warum es gerne ein Handy hätte. Ist es Gruppendruck? Neugier? Danach können Sie Ihre Argumente gegen einen Kauf vorbringen. Im Gespräch können Sie dem Kind in Aussicht stellen, wann ein guter Zeitpunkt für den Kauf eines Handys wäre, zum Beispiel beim Übertritt in die weiterführende Schule oder wenn es 12 Jahre alt wird. Dies nimmt etwas Druck heraus. Es ist in Ordnung, auf den eigenen Argumenten gegen den jetzigen Kauf zu bestehen. Dabei sollten Sie aber auch die Gefühle des Kindes wahrnehmen und nachvollziehen. Teilen Sie ihrem Sohn mit, dass Sie verstehen, dass er wegen des Verbots ärgerlich oder wütend auf Sie ist. Er wird zwar erst einmal rebellieren, aber sich dennoch in den Grenzen, die Sie gesetzt haben, sicher fühlen.

Stefanie Siemens lebt mit Ihrer Familie nahe Augsburg. Sie ist Fachreferentin für Familie und Erziehung und bietet Seminare und Vorträge für Eltern im Raum Bayern an: familienbildung@ web.de.