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Den staubigen Alltag feiern!

„IIIhh, Mama! In unserem Kühlschrank ist es echt ziemlich ekelig!“

Müde schleppe ich mich in die Küche, um zu sehen, was unserem Sohn im Kühlschrank nicht gefällt. Da sehe ich sie. Erdbeeren. Oder beziehungsweise das, was einmal Erdbeeren waren. Sie sind zu einer matschigen und braunen Masse verfallen. Ich sehe sie an. Und auf einmal macht es laut „Klick“ in meinem Herzen. Ich hatte diese Erdbeeren für viel Geld an einem der Erdbeerstände gekauft, als Genuss. Ich wollte sie für einen besonderen Moment aufheben. Wollte sie dann feiern. Wenn alles stimmt. Wollte wirklich, dass diese Erdbeeren die Krönung eines besonderen Alltagsmoments sind. Nicht nebenbei, ohne mich würdig für den Genuss zu fühlen.

Und nun starre ich die matschige Masse an und spüre, dass ich unzählige Chancen verpasst habe, diese wunderbaren Früchte zu genießen. Ich werde ein bisschen traurig über mich selbst. Und über den Anspruch in mir: Erst, wenn alles stimmt gönne ich mir etwas. So wie die Flasche mit sehr teurem, guten Sekt, den wir für einen besonderen Moment geschenkt bekommen haben und der jetzt schon einen Umzug hinter sich hat. Weil wir einfach nicht dazu kommen, ihn zu trinken. Weil kein Moment besonders genug ist.  Oder wie der Gutschein von einem exklusiven Restaurant. Wir haben ihn geschenkt bekommen, damit wir uns etwas gönnen.

Was ist passiert, dass es mir so schwer fällt, meinen Alltag im Kleinen zu feiern? Ich seufze, wenn es regnet, oder stöhne, wenn es warm werden soll. In meinem Kopf sind Aufgaben und Fragen zu einem unschönen Knäuel verknüpft. In vielen Medien sehe ich Menschen, die schön sind und in perfektem Setting und stylischer Dekoration ihr Leben sehr bewusst zu zelebrieren scheinen. Der automatisch zu wählende Filter für diese Bilder fehlt mir: Mein Leben ist staubig, lebt von Klappboxen mit Leergut, ungelesenen Fachbüchern und unbezahlten Rechnungen.

Während ich zur Bio-Tonne trotte, um dem Erdbeer-Desaster Lebewohl zu sagen, nehme ich mir vor: Ab heute will ich mir mehr gönnen! Gott scheint mir einen heiligen Moment zu schenken: „Hey Steffi, lass dir an meiner Gnade genügen! Für mich ist jeder Tag mit dir ein Tag zum Feiern.“

Und tatsächlich gibt es am nächsten Nachmittag für jeden ein Pfund Erdbeeren – einfach so. Einfach, weil das Leben doch wertvoll ist. Wir leben miteinander, im Frieden (was für ein großes Vorrecht – Gnade!), wir dürfen an Herausforderungen wachsen, Familie gestalten. Ja auch mal Müdigkeit, Zorn und Erschöpfung wahrnehmen, aber wir leben. Zusammen. Heute. Das ist ein Fest wert. Und eine Riesenportion Erdbeeren.

Tage später scheint Gott mich erinnern zu wollen. Eine fröhliche Nachbarin fragt an einem grauen Alltagsdienstag: „Hey, willst du ein paar Erdbeeren vom Feld? Zur Feier des Tages?“ Ich will schon abwinken, weil mein Tag eher einer der schlechten Laune und der Dreckwäsche ist. Wie im Zeitraffer erscheint die Kühlschrank-Szene vor meinem Auge. Ich atme durch und strahle meine Gnaden-Erinnerin an: Ja, ich feiere den Tage. Gönne es mir!

Stefanie Diekmann, Gemeindereferentin

 

Innere Stärke: Mit fünf Knöpfen machen Sie Ihr Kind glücklicher

Wie können Eltern dafür sorgen, dass sich ihr Kind in seiner Haut wohlfühlt? Laut Kinderbuchautorin Dela Kienle braucht es dafür nicht viel.

Endlich Sommerfest! Fröhlich schlendert meine Elfjährige in die Schule, in ihrem neuen knatschroten Kleid und mit selbstgebackenem Kuchen. Doch als sie zurückkommt, ist sie übellaunig und verbarrikadiert sich in ihrem Zimmer. Erst beim Ins-Bett-Bringen verrät sie mir, was passiert ist: Zwei Klassenkameraden, mit denen sie sich sonst gut versteht, haben sie wegen des roten Kleids ausgelacht. Sie würde aussehen wie eine Tomate. „Und das hat dir das ganze Sommerfest verdorben?“ Meine Tochter nickt mit Tränen in den Augen.

Natürlich ist das kein riesiges Drama – nur ein winziges Beispiel. Wohl allen Eltern fallen Gelegenheiten ein, in denen ihr Kind sich von Gleichaltrigen kränken oder einschüchtern ließ. In denen es „Kann ich eh nicht!“ murmelt oder an sich zweifelt, weil es nicht zu einem Geburtstagsfest eingeladen wurde. Vielleicht gibt es auch Momente, in denen es sich zu unsportlich, uncool oder sonst irgendwie nicht gut genug fühlt. Am liebsten würde man sein Kind dann gleichzeitig umarmen und schütteln, weil es wirklich begreifen soll: Du bist wunderbar, genau wie du bist! Lass dir nichts von anderen einreden! Und sei bitte nicht so streng mit dir!

Sei selbst dein bester Freund!

Es ist eine wichtige Lektion, die ein junger Mensch lernen muss, wenn er halbwegs zufrieden durchs Leben gehen will: Sei selbst dein bester Freund! Wer gut mit sich umgeht und positiv denkt, entwickelt Selbstvertrauen, quält sich seltener mit Zweifeln und kann sich schneller aufheitern, wenn etwas nicht so richtig klappt. Er kümmert sich um sich und nimmt seine Stärken und Schwächen an. Mit Egoismus hat gesunde Selbstliebe übrigens nichts zu tun. Wer in sich ruht, muss sich nicht dauernd aufs Neue beweisen, wie toll er ist. Er kann sich auch mal zurücknehmen und fragt nicht ständig, was er zurückbekommt, wenn er anderen etwas gibt.

Unser Denken formt das Gehirn

Gedanken haben eine erstaunlich große Macht. In unserem Gehirn sind Milliarden Nervenzellen miteinander verwoben. Ein Gedanke saust wie ein Elektroblitz von einer Zelle zur nächsten. Je häufiger wir eine Verbindung benutzen, desto stärker wird sie. Das Gehirn ändert sich also ständig – indem wir denken und uns mit bestimmten Dingen beschäftigen. Wir alle sind wie Bildhauer: Durch unser Denken und Tun formen wir Teile des Gehirns!

Und dann hört ein Kind Sätze wie: „Das kannst du nicht!“, oder: „Ist ja typisch für dich!“ Oder es denkt selbst voller Entmutigung: „Was stimmt bloß nicht mit mir?“ Solch ein Satz wird im Gehirn gespeichert. Und je öfter das Kind ihn gedanklich wiederholt, desto leichter kommt er ihm wieder in den Sinn, sobald etwas nicht gleich klappt. Das Negative verstärkt sich selbst. Doch zum Glück stimmt auch das Gegenteil: Das Kind kann sich angewöhnen, auf Positives zu achten, sich selbst zu bestärken und freundliche Gedanken zu denken! Je häufiger es das tut, desto leichter fällt es ihm, aus einem negativen Muffel-Modus auszubrechen.

Das Knopf-Experiment

Manche Psychologinnen und Psychologen glauben, dass es eine Formel gibt: Es geht uns richtig gut, wenn wir dreimal mehr positive Gedanken haben als negative. Nur ist das manchmal ja leider gar nicht so einfach. Nehmen wir einen typischen Montagmorgen. Beim Frühstück kippt Orangensaft um, die Geschwister streiten, alle sind hektisch. Doch wir haben es selbst in der Hand, wie der Tag danach weitergeht. Wir können unsere Sinne schärfen – und auf die vielen erfreulichen Kleinigkeiten achten, von denen ich glaube, dass Gott sie uns täglich schenkt.

Wie wäre es mit einem Experiment? Jedes Kind bekommt morgens fünf hübsche Knöpfe, steckt sie in die Hosentasche und hält nach Gutem und Erfreulichem Ausschau. Vielleicht entdeckt es auf dem Schulweg einen Marienkäfer, einen duftenden Strauch oder eine lustig geformte Wolke? Die Natur ist wundervoll, wenn man nur genau hinschaut! Wer etwas Positives bemerkt, lässt einen Knopf in die andere Tasche wandern. Auch Erfolgserlebnisse zählen – und Spaß. Vielleicht versteht das Kind plötzlich etwas Kompliziertes in Mathe, oder es lacht sich in der Pause mit seinen Freunden schlapp. Wenn alle wieder zu Hause sind, bietet sich so der Einstieg für ein wunderbares Gespräch beim Familienessen: Wie oft haben eure Knöpfe heute die Seite gewechselt? Was war an diesem Tag besonders erfreulich?

Auf die Eltern kommt es an

Auch ich versuche, mich an duftenden Sträuchern zu erfreuen, statt immer nur durch die Stadt zu hetzen. Aber es gibt eine Übung, die ich für uns Eltern sogar noch wichtiger finde: Dass wir uns immer wieder ganz bewusst unseren Kindern zuwenden! Ob sie ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln, hängt nämlich auch davon ab, wie wir Erwachsene auf sie reagieren. Hören wir ihnen richtig zu, wenn sie etwas erzählen wollen? Oder geben wir ihnen häufig das Gefühl, lästig zu fallen? Lassen wir uns ständig vom Handy ablenken, selbst wenn man gerade zusammen spielt oder isst? Fehlende Aufmerksamkeit vermittelt dem Kind: „Ich bin es wohl nicht wert, dass man mich beachtet.“

Manchmal muss ich mich auch dazu ermahnen, das Positive im Blick zu behalten: all die guten Eigenschaften, Verhaltensweisen und Erfolge der Kinder. Bei einem Baby feiern wir Eltern noch täglich jeden winzigen Fortschritt. Doch bei älteren Kindern starren wir manchmal zu sehr auf Fehler und Schwächen, versuchen in bester Absicht, diese zu korrigieren. Doch dabei betonen wir viel zu selten, was bereits wunderbar läuft und was wir an unseren Kindern lieben. Warum eigentlich?

Anstrengungen loben

Für die Familienstimmung ist es so viel besser, wenn wir einen positiven Fokus beibehalten. Allerdings heißt das nicht, dass wir Kinder wahllos mit Lob überschütten sollten. Erziehungswissenschaftler warnen sogar davor, alles mit „Suuuper, ganz toll!“ zu bejubeln. Viel besser sei es, aufrichtig zu loben und ganz genau zu beschreiben, was einem gefällt. Es ist auch empfehlenswert, eher die Anstrengung zu loben, als Können oder Ergebnis. „Toll, dass du so fleißig für die Mathe-Arbeit gelernt hast!“, ist besser als „Du bist Mamas Mathe-Genie!“

Manchmal schadet es auch nichts, sich eine Bewertung ganz zu verkneifen. Wir neigen dazu, Dinge in gut und schlecht, in richtig und falsch einzuteilen. Schenkt mir mein Kind ein selbstgemaltes Bild, will es mir eine Freude machen. Doch mir rutscht fast automatisch eine Beurteilung heraus: „Wow, das sieht ja toll aus!“ Warum bedanke ich mich nicht einfach mit einem dicken Kuss? Auch in der Schule werden Kinder tagein, tagaus bewertet. So entsteht die Gefahr, dass Kinder ständig auf Bestätigung von außen warten und womöglich nur dann mit sich zufrieden sind, wenn ihre Eltern oder die Lehrerin sie loben.

Bestätigung nicht von anderen erwarten

Es gibt noch andere Quellen für Selbstwert, die problematisch sind: Manche Kinder (und Erwachsene!) fühlen sich zum Beispiel vor allem gut, wenn sie denken, dass sie anderen überlegen sind. Oder wenn sie mehr besitzen. Oder wenn sie besser aussehen und von anderen für irgendetwas bewundert werden. Auf den ersten Blick wirken solche Menschen manchmal sogar „selbstbewusster“ als schüchterne Zeitgenossen. Aber ihr Selbstwert ist brüchig, und sie befinden sich in einer unguten Abhängigkeit. Denn wie fühlen sie sich wohl, wenn Erfolg oder Bestätigungen plötzlich ausbleiben?

Nein, das wollen wir unseren Kindern nicht wünschen! Sie sollen sich selbst bestärken, anstatt auf das Lob anderer zu warten. Sie sollen positiv denken, statt über Unerfreuliches zu nörgeln. Sie sollen mit den Schultern zucken, wenn andere unfreundlich zu ihnen sind – und knatschrote Sommerkleider tragen, wenn sie ihnen gefallen. Meiner Meinung nach haben gläubige Familien zudem einen Trumpf in der Hand, wenn es darum geht, gesunden Selbstwert zu vermitteln: Sie können ihrem Kind nahebringen, dass es für Gott unendlich kostbar ist. Dass er es mit all seinen Stärken und Schwächen liebt. Der christliche Gott sagt voller Überzeugung „Ja“ zu jedem Menschen. Auch unser Kind ist eine wunderbare Original-Ausgabe, die es nur ein einziges Mal weltweit gibt. Und es ist goldrichtig, wie es ist!

Dela Kienle ist Journalistin und Kinderbuchautorin („Dein bester Freund? Bist du!“, Ravensburger Verlag GmbH). Mit ihrer Familie lebt sie in der holländischen Grachtenstadt Leiden.

Kinderwunsch: Nach drei Fehlgeburten kämpft sich Julia zurück ins Leben

Julia Strobels Traum vom Familienglück zerschlägt sich immer wieder. Heute sagt sie: „Wir leben unser bestes Leben.“

Wir haben ein Kissen zu Hause, ein Spontankauf vor vielen Jahren. Mein Mann und ich waren frisch verheiratet, der Wunsch nach einem Kind wurde zunehmend stärker. Als ich das Kissen im Schaufenster erblickte, hat dessen Aufdruck der diffusen Sehnsucht in mir einen Namen gegeben: „Nestwärme.“ Es hat meine Vorstellung vom Kinderkriegen auf den Punkt gebracht als Ausdruck von Glück, Geborgenheit und Nähe, von Heimat und Zuhause.

Voller Zuversicht sind wir schon kurze Zeit später unser „Projekt Nestwärme“ angegangen. Doch statt des ersehnten Familienglücks durchlebten wir Monat für Monat bittere Enttäuschung. Anfangs waren wir noch voller Zuversicht. Wir beteten und glaubten fest daran, dass sich schon bald ein kleines Wunder auf den Weg zu uns machen würde. Zunehmend wurden wir allerdings von Gefühlen wie Wut, Angst und Ratlosigkeit geflutet. Da, wo vorher Vorfreude und Hoffnung waren, schlich sich immer mehr ein Gefühl von innerer Distanz und Verzweiflung ein.

Drei Fehlgeburten innerhalb von drei Jahren

Drei Jahre und drei Fehlgeburten später hatte ich spürbar die Kehrseite meiner Vorstellung von „Nestwärme“ kennengelernt: Ich hatte Verlust und Schmerz, Loslassen und Leere dort erfahren, wo eigentlich Geborgenheit und Liebe gelebt werden sollten. Das Ringen um einen kleinen Menschen in unserer Mitte hat meinen Mann und mich schleichend einsam werden lassen in unserer Zweisamkeit. Wir mussten uns immer wieder bewusst entscheiden, Nähe zu suchen, um uns als Paar nicht zu verlieren. Schöne Momente zu erschaffen und miteinander zu teilen, gemeinsam zu lachen, neue Pläne zu entwickeln, nach anderen Perspektiven Ausschau zu halten – das hat uns geholfen, am anderen dranzubleiben und zu erkennen: Ein Gefühl von Nestwärme entsteht nicht nur dann, wenn aus einem Paar eine Familie wird. Aber diese Erkenntnis war hart.

Als wir am absoluten Tiefpunkt waren, hat Gott uns unser erstes Wunder geschenkt. Da war die Entscheidung, weiter zu vertrauen, fast schon schmerzhafter als das einsame Gefühl der Hoffnungslosigkeit. Als die Ärztin uns verkündete: „Sie sind dieses Mal auf einem guten Weg, es könnte besser nicht sein“, hat es mich innerlich fast zerrissen, die Verbundenheit zu diesem kleinen Wesen zuzulassen. Wenn man so lange wie wir an einem Ort war, an dem Nähe und Hoffnung Synonyme für Verletzlichkeit und Verlust waren, dann muss man Bindungsbereitschaft und Vertrauen neu lernen.

Die Tochter ist da

Unsere Tochter wurde geboren und wir waren im Glücksrausch: gelebte Nestwärme in aller Intensität. Plötzlich waren die neuen Synonyme für Nähe: Dankbarkeit, Verliebtheit und Körperkontakt. Jeden Tag wuchs unsere Bindung zueinander ein kleines Stück mehr. Bis zur totalen Erschöpfung und darüber hinaus.

Dies waren zwei weitere Mosaiksteine von Nähe für mich: Auf der einen Seite wollte ich meinem Kind ein Gefühl von Geborgenheit schenken, eine sichere Bindung als Motor erschaffen, der die gesunde Entwicklung am Laufen hält. Auf der anderen Seite war die Erschöpfung manchmal so groß, dass ich am Rande der Verzweiflung war. Und erkennen durfte: Familie ist mehr als ein reiner „Nähe-Spender“. Familie zu sein bedeutet auch, eine Balance zu finden zwischen Gemeinschaft und eigenen Freiräumen. Die Grenzen auszuloten zwischen dem Wir und dem Ich. Nähe zu leben, heißt, Veränderungen anzunehmen und zu gestalten. Zu empfangen und loszulassen. Manchmal in kleinen Schritten und manchmal in überwältigend großen.

Eine neue Familie für die Pflegetochter

Unsere Familie ist in den folgenden Jahren auf unterschiedliche Weise gewachsen. Nach unserer Tochter wurden wir mit zwei weiteren leiblichen Kindern gesegnet. Wir haben aber auch weitere Verluste durchlebt. Einer davon war besonders hart: Wir mussten unser erstes Pflegekind aus unserer Familie verabschieden: unser Babymädchen, mit dem wir innige Momente der Nähe leben durften. Die Bindung und das Vertrauen, das zwischen uns und unserer Pflegetochter gewachsen war, wurden jäh durchtrennt. Wir hatten sie aus einer Notsituation heraus bei uns aufgenommen. Das Jugendamt hat nach einigen Monaten entschieden, dass der Altersabstand zwischen unserem Jüngsten und der Kleinen mit 15 Monaten auf Dauer zu gering war. Sie wurde innerhalb von zwei Wochen in eine andere Pflegefamilie vermittelt. Sie gehen zu lassen, hat uns zutiefst erschüttert. Danach waren wir monatelang haltlos, haben mitten im Leben erneut mit diesem ohnmächtigen Gefühl der Leere zu kämpfen gehabt.

Unsere Erkenntnis war: Wer Nähe zulässt, macht sich verwundbar. Es hat eine Weile gedauert, bis wir sagen konnten: Das war es wert. Unsere Verzweiflung über den Abschied sollte uns nicht daran hindern, dankbar zu sein für das, was wir erleben durften. Es war ein Prozess, den wir mit vielen Tränen und Gebeten durchgestanden haben. Zweieinhalb Jahre später ist unser zweites Pflegekind, wieder ein Babymädchen, bei uns eingezogen. Sehr eng begleitet, mit vielen Worten der Zuversicht vonseiten unseres neuen Jugendamts und von Familie und Freunden.

Voller Vertrauen und Verletzlichkeit

Unsere Erfahrungen mit den zwei Seiten der Nähe haben bei jedem von uns Spuren hinterlassen. Und doch können wir voller Überzeugung sagen: Wir leben gerade unser bestes Leben. Es hat uns vier wunderbare Kinder auf unterschiedlichen Wegen geschenkt. Den Balanceakt von Nähe und Distanz, Festhalten und Loslassen, Vertrauen und Verletzlichkeit, von erfüllten, übertroffenen und zerbrochenen Erwartungen inklusive.

Der Stoff der Kissenhülle ist nach fünfzehn Jahren rissig geworden, die Farben sind verblasst. Auch mein inneres Bild von „Nestwärme“ hat über die Jahre Blessuren davongetragen und sich so manchem Wandel unterzogen. Vor Kurzem habe ich in einem kleinen Laden ein Kissen mit der Aufschrift „Herzensangelegenheit“ erblickt. Unnötig zu erwähnen, dass ich es mitgenommen habe.

Julia Strobel ist Diplom-Pädagogin und lebt mit ihrem Mann und ihren vier Kindern in der Nähe von Mainz.

Kommunikations-Coach: Wer lächelt, wird ein positiverer Mensch

Doro Plutte ist Moderatorin und Coach für Kommunikation. Sie erklärt, wie eine andere Körperhaltung uns zu zufriedenen Menschen machen kann.

Du hast gerade ein Buch veröffentlicht: „Wie Haltung unser Leben verändert.“ Was wäre darauf die Antwort in der Kurzfassung?

Zunächst sehe ich Haltung immer als beide Bereiche – innere und äußere Haltung. Und wenn ich sage, Haltung verändert unser Leben, meine ich, dass wir unsere Einstellung zum Leben allein schon durch unsere Körperhaltung verändern können. Die Körperhaltung hat einen Effekt darauf, wie wir unsere Umgebung wahrnehmen und von ihr wahrgenommen werden. Wir haben mit unserem Körper ein machtvolles Instrument, das wir häufig nicht bewusst einsetzen.

Das andere ist der Bereich der inneren Haltung. Über eine bewusste Haltung können wir steuern, wer wir als Menschen sind und wohin wir uns entwickeln. Das ermöglicht uns, Ziele zu erreichen und dankbar zu sein – viel mehr, als wenn wir unsere Haltung unreflektiert einfach passieren lassen. Aus dem Vollen schöpfen, man selbst sein, das Leben genießen – all diese Dinge hängen für mich auch mit meiner Haltung zusammen.

Wie sieht das Zusammenspiel zwischen innerer und äußerer Haltung denn konkret aus?

Unser Gehirn glaubt unserem Körper mehr als den Informationen, die wir wahrnehmen. Wenn ich mit hängenden Schultern auf einem Stuhl sitze und sage: „Ich freue mich total“, dann wird mein Gehirn immer dem mehr glauben, was mein Körper tut, als dem, was ich sage. Es ist wichtig, dass wir ein Verständnis dafür entwickeln, welchen Einfluss unser Körper auf unser Gehirn ausübt.

Es gibt eine spannende Studie, bei der an zwei Gruppen von Probanden Stifte verteilt wurden. Die einen sollten den Stift quer in den Mund nehmen, sodass ein künstliches Lächeln entsteht, die anderen längs, sodass sich das Gesicht ernst verzieht (schnappt sich einen Stift und macht die beiden Gesichter vor). Dann wurden beiden Gruppen Comics gezeigt und man hat gemessen, wie diese Comics wahrgenommen wurden. Das Interessante war, dass die erste Gruppe die Comics als viel lustiger einstufte als die zweite. Das kommt daher, dass der Körper durch das Lächeln ein Signal ans Gehirn sendet: „Es passiert jetzt etwas Lustiges. Wir haben gerade Spaß.“ Gleiches gilt für das ernste Gesicht. Und das betrifft nicht nur den Mund oder das Lächeln, sondern den kompletten Körper.

Wer lächelt, wird ein positiverer Mensch

Wie kann ich das für mich nutzen?

Wir können mit jedem Bereich des Körpers unsere Gefühlswelt beeinflussen. Wer sich angewöhnt, regelmäßig zu lächeln, wird auf Dauer ein positiverer Mensch. Deshalb gehe ich in meinem Buch den Körper von den Füßen bis zum Kopf durch. Andersherum funktioniert das natürlich auch. Meine innere Haltung zu reflektieren und meine Denkweise bei Bedarf zu verändern, hilft mir, mehr Sicherheit und Selbstbewusstsein auszustrahlen. Das sieht man mir dann auch von außen an.

Wie sieht das im Alltag aus?

In meinen Coachings sage ich den Leuten immer: „Wer selbstbewusst auftreten will, muss erst einmal sicher auftreten.“ Wenn ich in eine unsichere Situation gerate, weil ich mich im Supermarkt über den verschimmelten Käse beschweren möchte, den ich gekauft habe, sollte ich erst mal für einen sicheren Stand sorgen. Das mache ich, indem ich die Füße hüftbreit aufstelle und mir bewusst mache: Ich bin fest verwurzelt mit diesem Boden. Der trägt mich. Allein wenn wir uns solche Gedanken machen, beeinflussen wir damit schon unsere innere Stabilität und Durchsetzungsfähigkeit. Unsere Füße sind sozusagen ein Anker, der uns daran erinnert, für welche Dinge wir im Leben stehen wollen.

Wie würde ich mich verhalten, wenn ich geduldig wäre?

Wie beeinflusst die innere Haltung von Eltern das Familienleben?

Unsere Haltung beeinflusst unsere Kinder und das Familienleben permanent und wird unterbewusst auch von unseren Kindern kopiert. Deshalb ist es gut, sich in einem ruhigen Moment bewusst zu machen, wofür wir eigentlich stehen wollen. Welche Haltung will ich als Mama oder Papa leben? Für mich sind die Worte Liebe, Geduld und Klarheit dabei besonders wichtig.
Als Eltern kommen wir ja immer wieder in Situationen, die uns überfordern. Wenn meine beiden Töchter alles Mögliche gleichzeitig von mir wollen: „Können wir eine Folge gucken, kann ich noch Joghurt haben, können wir rausgehen und nebenher noch Oma anrufen?“ Oder wenn die Kleine darauf besteht, bei Minusgraden Sandalen anzuziehen.

Ich merke dann, wie ich wütend werde und einfach nur zu allem Nein sagen will. Gerade diese Momente können aber Übungsfelder sein, wenn wir sie nutzen, um uns in Erinnerung zu rufen, wofür wir stehen wollen: Liebe, Geduld und Klarheit. Manchmal hilft eine Art Brückenfrage: „Wie würde ich mich jetzt verhalten, wenn ich liebevoll, geduldig und klar wäre?“ So kann ich meine innere Haltung wieder sortieren und für meine Werte einstehen. Gleichzeitig darf ich dabei auch gnädig und liebevoll mit mir selbst sein, wenn ich hinter meinen eigenen Ansprüchen zurückgeblieben bin. Auch das ist eine Frage der Haltung.

Wie entsteht überhaupt so eine Haltung?

Da sind ganz viele Einflüsse involviert. Wer und was uns prägt, beeinflusst auch unsere Haltung – das Elternhaus, Erfahrungen, Überzeugungen und auch Glaubensüberzeugungen, die wir gelernt oder die man uns beigebracht hat. Genauso spielen die Persönlichkeit, die wir mitbringen, und der kulturelle Hintergrund eine wichtige Rolle darin, welche Haltung wir einnehmen. Das ist ein großes Geflecht. Mir geht es aber weniger darum, das aufzulösen. Ich habe eher einen Coaching-Ansatz: Ich kann in diesem Moment reflektieren, welche Haltung ich an den Tag lege, und verändern, was damit vielleicht nicht stimmt. Dafür brauche ich nicht zuerst meine ganze Vergangenheit aufzuarbeiten.

Pandemie versetzt Gesellschaft in Kampfmodus

Inwiefern ist meine innere Haltung auch für die Gesellschaft relevant?

Ich beobachte, dass viele Leute, die mit dem Status quo unzufrieden sind, entweder aus der Haltung eines Opfers oder eines Täters heraus agieren. Das macht es schwierig, die Welt zum Besseren zu verändern. Opferhaltung seufzt: „Ich armer Mensch. Andere – oder auch ich selbst – haben es verbockt. So, wie es ist, ist es blöd. Aber ich kann ja sowieso nichts ändern.“ Ich mache andere, zum Beispiel die eigenen Eltern, den Chef, die Politik, den Partner oder auch das Kind, verantwortlich für meine Gefühle. Aus dieser Haltung heraus kann ich aber keine Verantwortung für mein Leben übernehmen und nicht aktiv gestalten.

Wer sich in dieser Opferrolle nicht mehr wohlfühlt, wird irgendwann ausbrechen, ohne zu wissen, wohin. Das führt Menschen oft in die Täterrolle, sie rebellieren und formulieren Vorwürfe. Es verspricht Genugtuung, endlich mal mit der Faust auf den Tisch zu hauen. Aber das heißt auch: Ich bleibe im Kampfmodus. Gerade während der Pandemie sehen wir das häufig, dass Leute aus der Opferrolle in die Täterrolle flüchten und negative Energie in die Welt tragen. Sie mögen ein gutes Ziel haben. Sie sind unzufrieden mit dem Ist-Zustand und denken: Da muss man doch etwas machen. Weil ihre Forderungen aber aus einer negativen Haltung heraus kommen, bleibt dieser Veränderungswunsch unfruchtbar und führt nur zu noch mehr Uneinigkeit.

Um wirklich etwas zu erreichen, brauchen wir eine neue Haltung. Dafür verwende ich gerne das Bild des CEO – „Chef der Emotionen und Orientierung“. Wie der CEO eines Unternehmens kann ich Chef über mein eigenes Leben sein. Ich übernehme die Verantwortung für das, was ich fühle. Das heißt nicht, dass alle anderen oder auch ich selbst keine Fehler gemacht haben oder ich die Dinge herunterspielen muss. Gemeint ist, dass ich darüber entscheide, was für ein Mensch ich sein will. Das sollte ich mir erst mal angucken, bevor ich meine Vorwürfe in die Welt trage.

Mensch mit „Ja-Gesicht“

Was hat Glaube mit der inneren Haltung zu tun?

Ich glaube fest, dass wir aus christlicher Sicht einen Auftrag haben, darauf zu achten, mit welcher Haltung wir durch die Welt laufen. Ich habe mich beim Schreiben meines Buches oft gefragt, wie stark ich meinen Glauben einfließen lassen möchte. In Coachings oder wenn ich als Moderatorin auf der Bühne stehe, bin ich überwiegend in einem säkularen Umfeld unterwegs. Deshalb hatte ich den Glauben zunächst ans Ende in das Kopf-Kapitel gepackt. Beim Schreiben merkte ich dann, dass das nicht geht. Denn wenn ich darüber nachdenke, wie ich meine Haltung bekommen habe, stoße ich immer wieder auf meinen Glauben. Wenn wir eine Beziehung zu Jesus haben, sind wir davon durchdrungen, und das beeinflusst alle Lebensbereiche und auch unsere Haltung stark.

Mein Glaube taucht daher immer wieder auf, unter anderem in den Kapiteln über die Knie und über das Herz. In meinem Elternhaus stand eine geschnitzte Holzfigur mit betenden Händen, darin steckte ein Papier mit den Worten: „Wer vor Gott kniet, kann vor Menschen stehen.“ Viele Coaching-Ansätze sagen: „Du bist deines eigenen Glückes Schmied, du hast es selbst in der Hand, wichtig ist nur, wie du die Dinge bewertest.“ Ich glaube, es hat viel mehr damit zu tun, zu wissen, von wem mein Leben abhängt. Denn das erfüllt meine Haltung mit Dankbarkeit.

An welcher Haltung arbeitest du gerade noch?

Ich wünsche mir, ein Mensch mit einem „Ja-Gesicht“ zu sein. Ich finde, es gibt Leute, die haben Ja-Gesichter, und welche, die haben Nein-Gesichter. Wenn ich mir vorstelle, wer ich sein will, wenn ich eine alte Frau bin, meine Kinder erwachsen sind und ich vielleicht Oma bin, will ich das mit einem Ja-Gesicht sein. Wenn ich heute manchmal emotional überfordert bin, habe ich dieses Bild im Kopf und erinnere mich, dass jeder Tag dazu beiträgt, ob mein Gesicht ein Ja- oder ein Nein-Gesicht wird. Das heißt nicht, dass ich alles erlauben, hinnehmen oder schönreden muss. Es heißt vielmehr, dass ich mich immer neu für eine positive Haltung entscheiden darf – innerlich und äußerlich. Denn wofür ich mich wieder und wieder entscheide, wird irgendwann meine Normalität.

Vielen Dank für das Gespräch!

Das Interview führte Ann-Sophie Bartolomäus, Volontärin bei Family und FamilyNEXT.

Schon da: Family-Kalender 2015

Hurra! Heute ist der neue Family-Kalender druckfrisch bei uns angekommen. Wir haben ihn gleich mal an die Wand gehängt. Und er gefällt uns sehr: Schöne Fotos mit klugen Zitaten, Alltagsglück-Geschichten, Kreativtipps und Inputs, die Eltern Mut machen und motivieren.

Okay, bis zum neuen Jahr ist es noch ein bisschen hin. Aber ihr könnt ja jetzt schon mal überlegen, wem ihr den Kalender schenken wollt. Denn je mehr Exemplare ihr bestellt, umso günstiger wird er. Ein einzelner Kalender kostet € 3,-, ab 10 Kalendern kostet er nur noch € 2,-, ab 25 € 1,50 und ab 50 € 1,-.

Der Family-Kalender ist ein ideales Geschenk für Eltern und Familien in der Nachbarschaft, in der Krabbelgruppe oder in eurer Gemeinde. Bestellen könnt ihr ihn hier: http://bundes-verlag.net/zeitschrift/family/der-family-kalender/

Einen ähnlichen Kalender gibt es übrigens auch von KLÄX (für Kinder von 6-11) und von teensmag (für Teens). Und Oma freut sich bestimmt über den Lebenslauf-Kalender. Weitere Infos gibt es hier: http://bundes-verlag.net/aktion/verteilkalender/