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Unter einem Dach – Cannabis: legal, aber nicht egal

Elternfrage: „Seit der Teillegalisierung von Cannabis in Deutschland mache ich mir Sorgen, dass mein Sohn (18) die Droge ausprobieren wird. Was für Folgen hat der Konsum für junge Erwachsene? Und habt ihr Anregungen, wie ich mit meinem Sohn darüber ins Gespräch kommen kann?“

Der Konsum von Cannabis kann für junge Erwachsene schwere psychische Folgen haben. In meiner Sprechstunde für Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene berichten mir Ratsuchende mit regelmäßigem Konsum immer wieder, dass sie unter Konzentrationsschwäche leiden und eine Antriebslosigkeit entwickelt hätten. Manche erleben Angstzustände, Albträume, Erinnerungslücken und Verfolgungsideen. Es kann auch zu depressiven Stimmungslagen und in Einzelfällen sogar zu Psychosen kommen.

Cannabis stört die Gehirnentwicklung

Hinzu kommen physische Risiken, die das Rauchen von Cannabis mit sich bringt. Es kann die Lunge schädigen und das Risiko von Atemwegserkrankungen erhöhen. Das junge Gehirn bis 25 Jahre befindet sich in einer wichtigen Entwicklungsphase. Der im Cannabis enthaltene Wirkstoff Tetrahydrocannabinol (THC) kann die Reifeprozesse und Emotionsregulation im Gehirn verhindern.
Trotz der Teillegalisierung kann es bei Ihrem Sohn auch zu sozialen Problemen durch den Konsum kommen, etwa in der Schule oder im Beruf, da es hier Einschränkungen beziehungsweise Verbote gibt. Wichtig scheint es mir auch zu erwähnen, dass der Mischkonsum von Cannabis und Alkohol unter anderem die Gefahr einer Alkoholvergiftung oder das Auftreten der Nebenwirkungen der Droge erhöhen kann, da sich die Effekte von Alkohol und Cannabis „überblenden“.

Tipps für ein Gespräch

Die vielseitigen Folgen des Cannabiskonsums machen deutlich, wie wichtig es ist, offen und einfühlsam mit Ihrem Sohn über das Thema zu sprechen. Hier sind einige Schritte, die Sie dabei beachten können:

1. Wählen Sie den richtigen Zeitpunkt: Vermeiden Sie es, das Thema in stressigen oder emotional aufgeladenen Momenten anzusprechen. Im besten Fall sind Sie beide bei dem Gespräch entspannt und ungestört.
2. Fragen Sie nach seinen Ansichten: Lassen Sie Ihren Sohn zuerst sprechen. Fragen Sie ihn, was er über den Cannabis denkt und ob er Erfahrungen damit gemacht hat.
3. Seien Sie offen und nicht wertend: Sprechen Sie ohne Vorurteile. Zeigen Sie Verständnis und Interesse an den Gedanken Ihres Sohnes und seinen (eventuellen) Erfahrungen.
4. Teilen Sie Ihre Bedenken: Teilen Sie Ihre eigenen Ängste. Erklären Sie, warum Sie sich Sorgen machen. Sprechen Sie über die kurzfristigen und langfristigen Risiken von Cannabis.
5. Bieten Sie Unterstützung an: Zeigen Sie Ihrem Sohn, dass Sie für ihn da sind und bereit sind, ihm bei Problemen zu helfen, auch wenn er schon 18 Jahre alt ist. Ermutigen Sie ihn, sich an Sie zu wenden.
6. Entwickeln Sie gemeinsam Strategien: Überlegen Sie gemeinsam, wie Ihr Sohn mit dem Druck seiner Umgebung umgehen kann, in der Cannabis konsumiert wird oder nun durch die Teillegalisierung Interesse daran besteht. Besprechen Sie alternative Aktivitäten und Wege, um Stress abzubauen oder Spannung und/oder Kick ins Leben zu bringen.
7. Vermeiden Sie Vorwürfe: Versuchen Sie, keine Pauschalisierungen zu formulieren. Ihr Ziel ist es, eine offene Kommunikation zu fördern, nicht Ihren Sohn in den „Widerstand“ zu drängen.
8. Bleiben Sie geduldig: Es kann sein, dass Ihr Sohn nicht sofort bereit ist, über das Thema zu sprechen. Seien Sie geduldig und bieten Sie an, das Gespräch zu einem späteren Zeitpunkt fortzusetzen.

Liane Duesenberg ist Klinische Sozialarbeiterin (MA) und leitet die Psychosoziale Beratungsstelle sowie die Kinder- und Jugendsuchthilfe beim Blauen Kreuz Coburg.

Was tun, wenn der Teenie kifft? Expertin gibt Rat

Kiffen ist weit verbreitet und gilt als Einstiegsdroge. Wie sollten Eltern damit umgehen, wenn sie ihre Kinder beim Kiffen erwischen? Suchtexperten raten: Das Gespräch suchen und die Hintergründe erfragen.

„Unser Teenie kifft. Wir hatten schon länger den Verdacht, dass er es tut, aber nun haben wir ihn dabei erwischt. Wir machen uns Sorgen, dass er süchtig ist. Wie finden wir das heraus? Wie können wir das Thema ansprechen? Und wo finden wir Hilfe?“

Wenn Jugendliche Cannabis konsumieren, ist dies oft ein vorübergehendes Phänomen. Am Anfang steht häufig die Neugierde. Jugendliche wollen wissen, was es mit diesem Cannabis auf sich hat. Manche Jugendliche kiffen, weil Freunde es tun. Sie wollen an einem Erlebnis in einer Gruppe teilhaben, Neues ausprobieren, Grenzen ausloten, Risiken eingehen – all dies kann dazu beitragen, mehr über sich selbst zu erfahren.

Cannabis birgt viele Risiken

Dass Sie sich Sorgen machen, ist verständlich. Wir raten Eltern, das Gespräch mit ihrem Kind zu suchen. Als Eltern sind und bleiben Sie für Ihr Kind ein zentraler Orientierungspunkt. Dabei gilt es, die Ansichten und Gedanken möglichst unaufgeregt zu vertreten. Wir ermuntern Väter und Mütter, eine gemeinsame Haltung zu vertreten und Cannabis weder zu dramatisieren noch zu banalisieren. Es gibt gute Gründe, weshalb Ihr Kind es nicht konsumieren sollte. Es ist wichtig, dass Sie diese Haltung vertreten.

Je jünger ein Kind ist, desto ausgeprägter sind die Risiken. Vor allem das Gehirn reagiert empfindlicher, weil es noch in der Entwicklung ist. Bei Jugendlichen unter 16 Jahren sind die Risiken zu groß. Kein Konsum sollte das Ziel sein. Auch bei älteren Jugendlichen ist es ratsam, auf Cannabis zu verzichten. Vor allem wenn Cannabis konsumiert wird, um mit Stress umzugehen oder negative Gefühle zu bewältigen, ist das Risiko größer, dass immer mehr konsumiert wird.

Den Gründen auf der Spur

Erklären Sie Ihrem Kind, dass es Ihnen wichtig ist zu erfahren, was das Cannabis zu bedeuten hat. Stellen Sie Fragen zu den Beweggründen, wo und wann es kifft und wie es den eigenen Konsum einschätzt. In unserem Leitfaden „Cannabis. Mit Jugendlichen darüber sprechen. Ein Leitfaden für Eltern“ auf suchtschweiz.ch finden sich Tipps für eine gelingende Gesprächsführung. Bleiben Sie ruhig und verständnisvoll, zeigen Sie Interesse und sprechen Sie über sich selbst. Beschreiben Sie Ihre Haltung, Ihre Beobachtungen und Sorgen. Legen Sie gemeinsam Ziele fest. Wenn Sie möchten, auch schriftlich. Besprechen Sie gemeinsam, was das Kind und was Sie als Eltern brauchen, um diese Ziele zu erreichen.

Wir ermutigen Sie, den Dialog aufrechtzuerhalten und nicht nur auf das Kiffen zu begrenzen: Fühlt sich das Kind wohl in seinem Freundeskreis? Wie läuft es in der Schule oder der Ausbildung? Interesse zu zeigen, fördert den Dialog und erleichtert die Einschätzung, ob Cannabis immer mehr Platz einnimmt.

Wenn man merkt, dass man nicht weiterkommt und es dem Kind zusehends schlechter geht, gibt es immer die Möglichkeit, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Unterstützung für Sie und Ihr Kind bieten Fachstellen für Suchtberatung (suchtindex.ch in der Schweiz, dhs.de in Deutschland oder praevention.at in Österreich), Erziehungs- und Jugendberatungsstellen.

Monique Portner-Helfer ist Pressesprecherin von Sucht Schweiz: suchtschweiz.ch