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0 bis 2 – Vor dem Baby daddeln?

Elternfrage: „Ist es okay, wenn ich mein Handy vor den Augen meines Kleinkindes benutze? Oder ist es irgendwie schädlich? Und macht es mich gleich zum schlechten Vorbild?“

Im stressigen Familienalltag kann das Smartphone eine große Unterstützung sein und ist heutzutage nicht mehr wegzudenken. Ob Absprachen in der Kita-WhatsApp-Gruppe, Einkaufslisten-Apps oder Online-Shopping für die Großen und Kleinen – das Internet erleichtert uns die Organisation von vielen Dingen enorm. Zudem hält das Netz für Sie als Eltern unzählige Informationsmöglichkeiten bereit. Darüber hinaus nutzen wir das Smartphone auch zur Unterhaltung und Entspannung, indem wir Beiträge lesen, durch Social Media scrollen oder Videos anschauen. Es ist also auch eine willkommene Quelle, um mal kurz abzuschalten und dem Alltag für ein paar Augenblicke zu entkommen.

Vorbildrolle bedenken

Dass Eltern das Smartphone ab und zu in die Hand nehmen und vor den Augen ihres Kleinkindes benutzen, lässt sich daher nicht vermeiden. Es spricht erst einmal auch nichts dagegen. Wer dies jedoch sehr häufig tut, sollte sich darüber im Klaren sein, dass die Art und Weise, wie man als Elternteil mit Medien umgeht, die eigenen Kinder prägt – auch bereits die ganz Kleinen. Diese werden zum einen neugierig auf das digitale Gerät und möchten es auch anschauen und benutzen. Zum anderen merken sie schon früh, wenn die Aufmerksamkeit des Elternteils nicht auf ihnen liegt. Im schlechtesten Fall kann dies die Beziehung zwischen Kind und Elternteil sogar stören.

Die gemeinsame Zeit ohne Ablenkung genießen

Der elterlichen Vorbildrolle im Alltag gerecht zu werden, ist nicht immer einfach. Wenn es um den Umgang mit digitalen Medien geht, sollten Eltern schauen, wie sie sich regelmäßig Auszeiten vom Smartphone schaffen. In diesen Zeiten können sie sich ausschließlich mit dem Kind beschäftigen, ohne dass die Aufmerksamkeit leidet und man vom Smartphone abgelenkt wird. Statt häufig auf den Bildschirm zu starren, ist es daher wichtig, die gemeinsame Zeit zu genießen, dem Kind zuzuhören und ihm zu vermitteln, dass Sie voll und ganz anwesend sind. Sich ohne Ablenkung auf Ihr Kind zu konzentrieren, tut sowohl dem Kind als auch Ihnen selbst gut. Das schafft noch mehr Nähe und bietet Raum für wichtige Momente ohne digitalen Begleiter.

Derya Leehmeier ist Referentin bei der Landesanstalt für Medien NRW für die EU-Initiative klicksafe.

Ohne Body Shaming und Beziehungsängste: Wie Jugendliche einen gesunden Umgang mit digitalen Medien lernen

Digitale Medien können die seelische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen schädigen. Der Psychologe und Psychotherapeut Johannes Hepp gibt Anregungen, wie Eltern zu einem gesunden Umgang helfen können.

Sorgt die Digitalisierung für mehr psychische Erkrankungen?
Wirkliche Studien und Erhebungen gibt es dazu nicht, soweit ich weiß. Das sind auch immer fließende Übergänge. Ab wann reden Sie von einer psychischen Erkrankung? Das ist nicht so leicht zu bestimmen. Aber ich habe den Eindruck, dass die psychischen Belastungen mannigfacher und stärker geworden sind.

Und was sind dabei die größten Belastungen?
Bei Kindern und Jugendlichen stark verbreitet ist eine Abhängigkeit vom Smartphone und von Social Media. Hier gibt es Körperbild-Verzerrungen und Body Shaming. Und wir haben weniger reale Begegnungen. Die zwischenmenschliche Kommunikation und Dinge, die früher selbstverständlich waren im Umgang miteinander, führen immer häufiger zu Problemen bis hin zu Beziehungsängsten, weil vieles nur noch virtuell erlebt wird und im realen Alltag nicht trägt.

Aber war es in der harten Pandemiezeit nicht auch gut für die seelische Gesundheit gerade von Kindern und Jugendlichen, dass sie digitale Möglichkeiten hatten, um Kontakt mit Freunden zu halten?
Das war extrem wichtig. In den Lockdowns wären die psychischen Belastungen ohne die Möglichkeit, wenigstens digital miteinander zu kommunizieren, viel größer gewesen. Aber meine Patienten haben im Lockdown auch erkannt, wie irrsinnig es war, sich nicht mehr wirklich zu begegnen, als man es noch konnte. Nur stelle ich jetzt wieder einen schnellen Rückgang zur Norm, also zu dem Zustand vor der Pandemie fest. Und ich sehe ein weiteres Fortschreiten der Virtualisierung.

Was wäre denn Ihrer Meinung nach eine gute Strategie, mit digitalen Geräten umzugehen?
Das ist je nach Altersgruppe unterschiedlich zu betrachten. Bei Kindern und Jugendlichen geht es um die Begrenzung der Zeit, die sie sich in virtuellen Welten bewegen im Verhältnis zu dem, was sie real erleben und selbst erkunden. Der virtuelle Anteil ist ja auch gut. Kinder lernen viel online und haben da neue Möglichkeiten, aber es sollte nur ein kleiner Teil der Wachzeit sein. Sonst beeinträchtigt das die gesunde Entwicklung unserer Kinder. Aber das muss man schon sehr differenziert betrachten. Ich sehe das eine nicht nur als gut und das andere nicht nur als schlecht.

Haben Sie konkrete Tipps für Eltern?
Es braucht die intensive inhaltliche Auseinandersetzung der Eltern mit den Themen. Nicht alles ist schlecht und belastend. Instagram zum Beispiel ist für Töchter eine gefährliche Geschichte. Dass sie nicht ein Body Shaming, sondern ein gesundes Selbstwertgefühl entwickeln. Es gibt ja auch andere Möglichkeiten, virtuell zu kommunizieren, die nicht so bildhaft, nicht so körperorientiert sind. Die Eltern kommen heutzutage nicht mehr durch, indem sie sagen, du darfst nur zwei Stunden ins Internet. Auch zwei Stunden können zu viel sein, wenn ich auf den falschen Seiten bin. Deswegen braucht es eine Begleitung unserer Kinder und Jugendlichen durch Eltern, die die Unterschiede verstehen und auch die Mechanismen dahinter. Das war auch das Anliegen meines Buches, das Hintergrundwissen zu vermitteln, um differenzieren zu können: Was ist gut, was ist schlecht? Die Offenheit der Kinder und Jugendlichen ist viel größer, wenn sie das Gefühl haben, die Eltern können auch inhaltlich mitdiskutieren. Kinder müssen zum Beispiel wissen, welche Videospiele sie sich runterladen dürfen und welche nicht. Da kommen Sie mit reiner Altersbeschränkung nicht weiter. Ich musste mich auch inhaltlich damit beschäftigen. Ich habe bei meinen Jungs – 9 und 10 Jahre alt – festgestellt: Wenn das ein Spiel ist, wo es kein wirkliches Ende gibt, also nicht eine Runde, die man fährt und dann ist sie vorbei, sondern wenn das eine Level-Struktur hat, dann fällt es ihnen schier unmöglich schwer, aufzuhören. Am Ende hilft es nur, wenn unsere Kinder und Jugendlichen kompetent werden. Wenn Eltern selbst die ganze Zeit am Handy hängen, dann verhallt sowieso alles, was sie sagen. Zuerst müssen die Eltern das Thema für sich klären, dann können sie es verkörpern. Und es funktioniert längerfristig nur, wenn irgendwann die Jugendlichen das verinnerlicht und verstanden haben und anwenden können. Als Eltern können Sie denen ja nicht die ganze Zeit über die Schultern schauen und sehen, was sie mit ihrem Smartphone machen.

In Ihrem Buch verweisen Sie auch auf das Perfektionismus-Problem und den Wettstreit auf Social Media unter Eltern. Wie können sie gut damit umgehen, ohne sich von allem komplett auszuschalten?
Eltern müssen ihren eigenen Stil finden. Darin sehe ich das Hauptproblem an diesen Erziehungsforen und dem Austausch online. Da wird sehr viel behauptet, und man kann es nicht überprüfen. Wenn Sie das alles glauben, dann können Sie sich natürlich sehr verrückt machen. Wir müssen weniger vergleichen und vor allem weniger online vergleichen – Jugendliche beispielsweise in puncto Figur und Eltern in puncto Erziehungsperfektionismus.

Am Ende müssen wir alles glaubhaft verkörpern können und auch im eigenen Leben realisieren und vorleben lernen. Und die Außenwirkung weniger wichtig nehmen. Es geht nicht darum, wie toll andere meine Erziehung und meine Kinder finden, sondern darum, wie es allen geht.

Haben Sie jenseits des digitalen Themas Anregungen, was Eltern tun können, damit ihre Kinder und Jugendlichen seelisch gesund aufwachsen?
Jedes Kind braucht etwas anderes, deswegen kann ich diese Frage nicht allgemein beantworten. Der eine braucht einfühlende Förderung, dem anderen müssen stärker Grenzen gesetzt werden und so weiter. Darum sollte es den Eltern gehen. Also nicht: Was macht man und was sagt man in Chats und Foren, sondern: Was braucht mein Kind?

Vielen Dank für das Gespräch.
Interview: Bettina Wendland

Johannes Hepp ist Psychologe und Psychotherapeut mit eigener Praxis in München. Er ist Autor des Buches: Die Psyche des Homo Digitalis (Kösel)

„Das Kind nicht allein mit den digitalen Medien lassen“

Kleinkinder ganz vor digitalen Medien zu bewahren, funktioniert nicht, meint Victoria Hellberg von der Landesanstalt für Medien NRW. Sie erklärt, wie für Kleinkinder und deren Eltern der Einstieg in die digitale Welt gelingt.

Addiert man die Zahlen der miniKIM-Studie 2020, beträgt die geschätzte tägliche Nutzungsdauer verschiedener Medien ohne Bücher durch Kleinkinder 112 Minuten. Wie viel Medienkonsum würden Sie empfehlen?
Bei den Zwei- bis Dreijährigen empfehlen wir maximal zehn Minuten am Tag. Für Kinder in diesem Alter ist das alles neu und aufregend, und das Gesehene muss erst mal verarbeitet werden. Bei den Vier- bis Sechsjährigen sollten es maximal 30 Minuten am Tag sein, aber nicht täglich. Das sind nur Richtwerte, die individuell an jedes Kind angepasst werden können.

Wie gelingt der Einstieg in die digitale Welt?
Am besten Schritt für Schritt und gemeinsam mit den Eltern. Kleinkinder ganz davor zu bewahren, funktioniert nicht. Kinder wachsen von Beginn an in einer medialen Umwelt auf. Deshalb sollten Eltern altersgerechte Medien aussuchen und Interesse für die Reaktion des Kindes zeigen. Auf keinen Fall sollten sie ihr Kind allein mit den Medien lassen.

Auch im Netz: Kinder ahmen Vorbilder nach

Wie gewährleisten Eltern, dass ihre Kinder altersgerechte Inhalte konsumieren?
Es gibt viele Angebote, um sich vorab über Inhalte zu informieren. Beim Fernsehen ist das die Programmberatung „Flimmo“. Wenn es um kindgerechte Internetseiten geht, dann ist „Seitenstark“ zu empfehlen und über Apps können sich Eltern beim „Internet ABC“ informieren.

Wie lernen die Kinder Medienkompetenz?
Kleinkinder lernen, indem sie ihre Vorbilder nachahmen. Wenn die Eltern sich gemeinsam mit den Kindern den digitalen Medien annähern, tragen sie viel dazu bei, dass ihre Kinder medienkompetent werden und lernen, Medien selbstbestimmt zu nutzen. Außerdem ist es wichtig, dass Eltern begründen, warum die Kinder zum Beispiel eine Serie nicht schauen dürfen.

Nicht mit dem Handy am Esstisch sitzen

Wie können Eltern gute Vorbilder sein?
Eltern sollten ihren eigenen Medienkonsum kritisch hinterfragen. Wenn ich möchte, dass beim Abendessen der Esstisch für mein Kind eine handyfreie Zone ist, dann muss er das auch für mich sein. Eltern sollten auch reflektieren, was sie ihrem Kind vermitteln, wenn es malt und sie danebensitzen und die ganze Zeit mit dem Smartphone beschäftigt sind. Es sollte ein guter Mittelweg gefunden werden.

Wann ist ein Kind bereit, den Fernseher oder ein Smartphone zu nutzen?
Der Fernseher und kurze Kindergeschichten auf YouTube sind ein guter Einstieg für Kinder in das Thema Bildschirmmedien. Kurze Episoden können sie gut verarbeiten, wenn die Eltern sich anschließend aktiv mit ihnen darüber austauschen. Ein Smartphone mit Internetzugang ist erst ab zwölf Jahren zu empfehlen. Gerade bei Kleinkindern kann man das Smartphone aber bereits nutzen, um zusammen Fotos anzuschauen oder mit den Großeltern zu facetimen.

Interview: Pascal Alius

Hilfreiche Websites:

internet-abc.de, flimmo.de, fragzebra.de, klicksafe.de, schau-hin.info, familieundmedien-nrw.de

Digitale Medien unterm Weihnachtsbaum

Smartphone, Tablet, Spielkonsole und Co. – bei vielen Kindern und Jugendlichen stehen dieses Jahr digitale Medien auf dem Wunschzettel. Der Medienratgeber „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht“ gibt Eltern Tipps, welche Mediengeschenke für welches Alter geeignet sind und was sie beim Kauf beachten können.

Ist mein Kind schon bereit für ein eigenes Smartphone, Tablet oder einen eigenen Laptop? „Kinder bis etwa sechs Jahre nutzen am besten bereits vorhandene Geräte mit altersgerechten Inhalten, begleitet von ihren Eltern“, rät SCHAU HIN!-Mediencoach Kristin Langer. „Ältere Kinder sind für eigene Geräte bereit, sobald sie genug Erfahrung und Reife besitzen, mit den Gerätefunktionen verantwortungsvoll umzugehen, und wissen, wie sie sich vor Risiken schützen.“ Immer empfehlenswert sind Vereinbarungen zu Bildschirmzeiten, Datenschutz sowie Nutzungsregeln. „Beim Kauf von Spielen, Apps und Co. helfen Alterskennzeichen und pädagogische Empfehlungen dabei, geeignete Angebote für das Alter Ihres Kindes zu finden“, so Langer „Für EinsteigerInnen ist es besonders wichtig, dass Eltern die Angebote gemeinsam mit ihren Kindern ausprobieren.“

Hörangebote für 3- bis 6-Jährige 
„Hörbücher und -spiele können für Kinder schon im Kleinkindalter eine Bereicherung sein, wenn Eltern Empfehlungen von ExpertInnen folgen und die Vorlieben ihres Kindes berücksichtigen“, sagt Langer. Für CD- oder MP3-Player können Eltern Inhalte gezielt und altersgerecht auswählen. Als Alternative bieten sich Musikboxen an. 

Altersgerechte Filme und Apps für 6- bis 9-Jährige 
Für Sechs- bis Neunjährige sind Apps zum Lernen und Entdecken sinnvolle Weihnachtsgeschenke. Thematisch bieten sich Geschichten an, die den Alltag der Kinder einbeziehen, wie Schule, Familie, Tiere oder das „Großwerden“. Auch altersgerechte Kinderfilme sowie Computer- oder Konsolenspiele, die sich gemeinsam schauen oder spielen lassen, sind geeignete Geschenkideen.

Sichere Spiele und Geräte für 10- bis 12-Jährige
Ab circa neun Jahren sind Computer und Spielekonsolen mit altersgerechten Spielen, deaktiviertem Internetzugang und aktivierten Sicherheitseinstellungen geeignet. „Wenn Kinder digitale Medien zunehmend allein nutzen, sind sicher eingerichtete Familiengeräte im Wohnzimmer eine gute Alternative“, sagt Langer. „So behalten Eltern den Überblick und können für ausreichend Ausgleich sorgen.“ 

Smartphone und Co. mit Surferfahrung für Kinder ab 12 Jahren
Ein eigenes Smartphone empfiehlt sich, wenn Kinder bereits Surferfahrung haben und wesentliche Sicherheitsregeln kennen: Kinder ab zwölf Jahren haben meist bereits gelernt, nicht altersgerechte oder wenig vertrauenswürdige Angebote zu erkennen, und wissen, was sie tun können, wenn sie online auf etwas stoßen, was ihnen komisch vorkommt oder Angst macht. „Viele Kinder sind in diesem Alter bereit für ein eigenes Smartphone – abhängig von ihren Medienerfahrungen“, so Langer. Die „Checkliste Smartphone“ kann die Entscheidung erleichtern.

Alterskennzeichnung beachten
Wichtig ist, dass Eltern die Altersfreigaben beachten, wenn sie Filme und Computerspiele kaufen. Alterskennzeichnungen vergeben die Freiwillige Selbstkontrolle Filmwirtschaft (FSK) für Filme sowie die Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) für Computerspiele. Gesetzliche Alterskennzeichnungen sind jedoch keine pädagogischen Empfehlungen. Inhaltliche Einschätzungen finden Eltern auf Plattformen wie flimmo, Kinderfilmwelt, Klick-Tipps, dem Spieleratgeber NRW und der Datenbank „Apps für Kinder“ des Deutschen Jugendinstituts.

Mehr Informationen zur Mediennutzung ihrer Kinder finden Eltern auf www.schau-hin.info.

„SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“ ist eine gemeinsame Initiative des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, der beiden öffentlich-rechtlichen Sender Das Erste und ZDF sowie der AOK – Die Gesundheitskasse. Der Medienratgeber für Familien unterstützt seit 2003 Eltern und Erziehende dabei, ihre Kinder im Umgang mit Medien zu stärken.

Das gesunde Mass

Sollten Kinder so lange wie möglich von Fernsehen und Streamingdiensten ferngehalten werden? Medienpädagogin Nadine Kloos sagt: nicht zwangsläufig.

Darf ich mein Kindergartenkind auch mal Fernsehen gucken lassen?
Na klar! Kinder lieben Geschichten. Sie sind wichtig für ihre Entwicklung: Sie vermitteln Orientierung, Wissen und machen Spaß! Gute Geschichten gibt es nicht nur in Büchern, sondern auch in Serien und Filmen. Solange Kinder kein Interesse daran zeigen: umso besser! Freies Spielen und Interaktion mit anderen haben Vorrang, denn sie sind die Grundlage für eine gesunde Entwicklung. Zeigen Kinder Interesse, dann häufig, weil es in der Familie präsent ist. Wenn Dauer und Regelmäßigkeit der Bewegtbildnutzung die anderen Tätigkeiten nicht überwiegen, können Kinder ab drei Jahren Bewegtbilder nutzen. Diese müssen natürlich alters- und kindgerecht sein!

Welche Inhalte sind denn für Kleine geeignet?
Ab drei Jahren können die Kinder einfachen Bewegtbildgeschichten folgen. Bei den Medienanfängern ist es besonders wichtig, dass es nur dosiert und in Begleitung von Bezugspersonen stattfindet. Die Geschichten müssen kurz und einfach aufgebaut sein, wenige Figuren haben, nicht mit Rückblenden und dergleichen arbeiten. Themen, die Kinder aus ihrem Alltag kennen, machen ihnen besonders Spaß. Fernsehanfänger sollten nicht länger als etwa 15 Minuten am Stück schauen, ältere Kindergartenkinder pro Tag maximal 30 Minuten, egal auf welchem Gerät. Am meisten profitieren Kinder, wenn sie sich aktiv mit dem Gesehenen auseinandersetzen können, über das Gesehene sprechen, Bilder dazu malen, Geschichten nachspielen oder basteln. Auf jeden Fall sollte das Anschauen von Filmen oder Sendungen in den Familienalltag eingebettet sein und ihn nicht dominieren!

Während des Corona-Lockdowns durften viele Kinder öfter und mehr schauen. Wie können Familien wieder zu einem „normalen“ Fernsehkonsum finden?
Ich denke, die Mediennutzung wird sich mit weiteren Lockerungen von allein einpendeln und normalisieren: Wenn Kindergarten, Vereinssport und das Treffen mit anderen wieder erlaubt ist, wird auch die Lust auf menschliche Nähe, Kontakt, Austausch zunehmen und Antrieb sein. Wichtig ist gerade jetzt, regelmäßig medienfreie Zeiten einzulegen und für ausreichend Pausen und Frischluft zu sorgen. Machen Sie aus Medienzeiten gemeinsame Medienerlebnisse: Es macht Spaß, sich auf die Medienwelten von Kindern einzulassen! Man erfährt, was sie denken, erleben und was sie bewegt. Und weil immer nur von Konsum geredet wird: Medien können mehr als nur Abspielgerät sein! Kinder können zum Beispiel auch eigene Videos drehen. Das fördert die Medienkompetenz und regt gleichzeitig die Fantasie an.

Welche guten Alternativen gibt es für die Kleinen?
Alters- und kindangemessene Bücher und Hörangebote sind immer gut. Sie haben den Vorteil, dass jüngere Kinder sie zum Teil auch selbst steuern können: die CD anhalten, weil eine Stelle nochmal gehört werden will, das Buch zurückblättern, weil etwas übersehen wurde. Vor und zurück, so lange, bis etwas verstanden oder verarbeitet wurde. Das Tempo liegt sozusagen in der Hand der Kinder.

Nadine Kloos ist Medienpädagogin beim Elternratgeber „Flimmo“, der Angebote im TV, auf YouTube und bei Streamingdiensten einordnet und bewertet (www.flimmo.tv).

Interview: Ruth Korte

Medienpädagogin: Auch Dreijährige dürfen schon fernsehen – wenn diese Regeln eingehalten werden

Sollten Kinder so lange wie möglich von Fernsehen und Streams ferngehalten werden? Medienpädagogin Nadine Kloos sagt: nicht zwangsläufig.

Darf ich mein Kindergartenkind auch mal Fernsehen gucken lassen?
Na klar! Kinder lieben Geschichten. Sie sind wichtig für ihre Entwicklung: Sie vermitteln Orientierung, Wissen und machen Spaß! Gute Geschichten gibt es nicht nur in Büchern, sondern auch in Serien und Filmen. Solange Kinder kein Interesse daran zeigen: umso besser! Freies Spielen und Interaktion mit anderen haben Vorrang, denn sie sind die Grundlage für eine gesunde Entwicklung. Zeigen Kinder Interesse, dann häufig, weil es in der Familie präsent ist. Wenn Dauer und Regelmäßigkeit der Bewegtbildnutzung die anderen Tätigkeiten nicht überwiegen, können Kinder ab drei Jahren Bewegtbilder nutzen. Diese müssen natürlich alters- und kindgerecht sein!

15 bis 20 Minuten

Welche Inhalte sind denn für Kleine geeignet?
Ab drei Jahren können die Kinder einfachen Bewegtbildgeschichten folgen. Bei den Medienanfängern ist es besonders wichtig, dass es nur dosiert und in Begleitung von Bezugspersonen stattfindet. Die Geschichten müssen kurz und einfach aufgebaut sein, wenige Figuren haben, nicht mit Rückblenden und dergleichen arbeiten. Themen, die Kinder aus ihrem Alltag kennen, machen ihnen besonders Spaß. Fernsehanfänger sollten nicht länger als etwa 15 Minuten am Stück schauen, ältere Kindergartenkinder pro Tag maximal 30 Minuten, egal auf welchem Gerät. Am meisten profitieren Kinder, wenn sie sich aktiv mit dem Gesehenen auseinandersetzen können, über das Gesehene sprechen, Bilder dazu malen, Geschichten nachspielen oder basteln. Auf jeden Fall sollte das Anschauen von Filmen oder Sendungen in den Familienalltag eingebettet sein und ihn nicht dominieren!

Eigene Videos fördern Medienkompetenz

Während des Corona-Lockdowns durften viele Kinder öfter und mehr schauen. Wie können Familien wieder zu einem „normalen“ Fernsehkonsum finden?
Ich denke, die Mediennutzung wird sich mit weiteren Lockerungen von allein einpendeln und normalisieren: Wenn Kindergarten, Vereinssport und das Treffen mit anderen wieder erlaubt ist, wird auch die Lust auf menschliche Nähe, Kontakt, Austausch zunehmen und Antrieb sein. Wichtig ist gerade jetzt, regelmäßig medienfreie Zeiten einzulegen und für ausreichend Pausen und Frischluft zu sorgen. Machen Sie aus Medienzeiten gemeinsame Medienerlebnisse: Es macht Spaß, sich auf die Medienwelten von Kindern einzulassen! Man erfährt, was sie denken, erleben und was sie bewegt. Und weil immer nur von Konsum geredet wird: Medien können mehr als nur Abspielgerät sein! Kinder können zum Beispiel auch eigene Videos drehen. Das fördert die Medienkompetenz und regt gleichzeitig die Fantasie an.

Bücher haben einen Vorteil

Welche guten Alternativen gibt es für die Kleinen?
Alters- und kindangemessene Bücher und Hörangebote sind immer gut. Sie haben den Vorteil, dass jüngere Kinder sie zum Teil auch selbst steuern können: die CD anhalten, weil eine Stelle nochmal gehört werden will, das Buch zurückblättern, weil etwas übersehen wurde. Vor und zurück, so lange, bis etwas verstanden oder verarbeitet wurde. Das Tempo liegt sozusagen in der Hand der Kinder.

Nadine Kloos ist Medienpädagogin beim Elternratgeber „Flimmo“, der Angebote im TV, auf YouTube und bei Streamingdiensten einordnet und bewertet.
Interview: Ruth Korte

Schreiben lernen?

„Unser Sohn (6) ist mit digitalen Medien aufgewachsen. Wir befürchten, dass sich die Mediennutzung negativ auf seine schulischen Leistungen auswirkt.“

Wenn ich Bus fahre, beobachte ich immer wieder fasziniert Kinder beim Umgang mit dem elterlichen Smartphone. Ganz selbstverständlich agieren schon die Kleinsten mit dem Gerät. Diese Entwicklung spiegelt sich auch in der regelmäßig erscheinenden KIM-Studie wieder. Sie untersucht das Medienverhalten und die Rolle der Medien bei 6- bis 13-Jährigen. Die Ergebnisse zeigen, dass 2016 die Hälfte aller Befragten ein Handy besaß. Die digitalen Medien gehören zur Lebenswelt unserer Kinder dazu. Daher steht auch im Strategiepapier der Kultusministerkonferenz 2016 klar die Forderung: „Da die Digitalisierung auch außerhalb der Schule alle Lebensbereiche und – in unterschiedlicher Intensität – alle Altersstufen umfasst, sollte das Lernen mit und über digitale Medien und Werkzeuge bereits in den Schulen der Primarstufe beginnen.“

ERSTER KONTAKT
Durch die Mediennutzung kommen unsere Kinder heute sehr früh in Erstkontakt mit der Schriftsprache. Interaktive Bilderbücher erscheinen auf dem Tablet, die Hauptdarsteller machen beim Klick eventuell noch ein Geräusch. So wird einem Kind ein Buch vorgelesen, auch wenn Mama oder Papa gerade keine Zeit haben. Auch in der Schule spielt der Umgang mit digitalen Medien eine Rolle. Trainieren die Kinder schon früh den medialen Umgang, sind Hemmschwellen für den Gebrauch viel geringer, und die Schüler probieren Programme ganz selbstverständlich aus. So erleichtert die Digitalisierung die Präsentation von schulischen Ergebnissen, lässt Gruppen interaktiv arbeiten und kann Lernprozesse unterstützen. Lern-Apps helfen Schülern, Unterrichtsinhalte zu wiederholen. Einzelne Pädagogen erklären in höheren Klassen beispielsweise auch gerne Lerninhalte über YouTube. So kann nicht Verstandenes beliebig oft wiederholt werden, ohne dass jemandem der Geduldsfaden reißt. Auch für Kinder mit motorischen Defiziten bieten die digitalen Medien Zugang zu einem vergleichsweise normalen Schulalltag, da sie zum Beispiel am Laptop einen Text tippen können, ohne verkrampft versuchen zu müssen, einen Stift zu halten. Oder die Transkription von Sprachnachrichten in Schriftsprache lässt körperbehinderte Kinder ganz anders am Unterricht teilnehmen.

SCHREIBEN MIT DER HAND
Dennoch kann man nicht auf das Schreibenlernen der Buchstaben per Hand verzichten. Verschiedene neurologische Studien haben ergeben, dass durch das Schreiben mit der Hand die Feinmotorik geschult wird. Sie erleichtert uns nicht nur den Alltag, sondern hilft uns bei vielen Arbeitsprozessen. Die motorische Umsetzung von Gedanken führt außerdem dazu, dass ein Begriff viel besser gespeichert wird, da Motorik, Sensorik, Sinnhaftigkeit und auch Gefühle beim Schreibprozess aktiviert werden. Das Gehirn kann so eine Gedächtnisspur verfolgen, die durch das Formen der Buchstaben mit der Hand tief „eingegraben“ wird. Die Koexistenz der digitalen Medien mit dem klassischen Schriftspracherwerb birgt viele Chancen. Unsere Aufgabe als Eltern ist es, unseren Kindern im Umgang mit den Medien ein Vorbild zu sein. Sie lernen von uns, in welchem Maß sie am besten genutzt werden sollten. Sie freuen sich aber auch, wenn sie einen handschriftlichen Brief von uns bekommen.

Stefanie Böhmann ist Grund- und Hauptschullehrerin und lebt mit ihrer Familie in Hamburg.