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Ein Paar, zwei Perspektiven: Kochen

HÜTERIN DER TRADITION

Katharina Hullen weiß, wie bestimmte Gerichte gekocht werden müssen. Trotzdem darf sich ihre Tochter gerne ausprobieren, aber nicht unbedingt ihr Mann.

Katharina:

Unsere älteste Tochter (13) hat sich zu Weihnachten ein leeres Rezeptbuch gewünscht. „Ich möchte schon mal anfangen, all die leckeren Familienrezepte aufzuschreiben, damit ich sie später nachkochen kann!“ Ich weiß ja nicht, wie konkret ihre Auszugspläne schon sind, hoffte aber beim Lesen des Wunschzettels, dass das noch ein bisschen Zeit hat. Sei’s drum – sie bekam ein schönes Buch, hat sich sehr darüber gefreut und es auch schon mit einem knappen Dutzend Rezepten gefüllt.

Denn sie ist unsere Backfee, und wann immer sich Lust oder Frust in ihr breitmachen, wird der Vorratsschrank geplündert. Das ist wirklich wunderbar – mit 13 Jahren wäre mir das im Traum nicht eingefallen. Vermutlich hätte ich es auch gar nicht allein gedurft, da Kochen und Backen ja auch irgendwie gefährlich sind. Nicht nur das Hantieren mit heißen Töpfen, Geräten und Flüssigkeiten hielt meine Mutter davon ab, mir die Küche zu überlassen. „Wie du das Messer schon hältst!“ war ein mehrfach geäußerter Satz, bevor mir selbiges entrissen wurde, was mir die Lust am freudigen Kochlöffelschwingen kräftig vermieste. Aber auch die unterschwellige Gewissheit, das richtige Würzen und Portionieren ohnehin nicht hinzubekommen, nahm mir das Selbstvertrauen, einfach mal drauflos zu kochen oder zu backen.

Unsere Große ist das totale Gegenteil. Sie ist herrlich souverän im Umgang mit „Fehlern“ und sie wird bestimmt mal eine großartige Köchin. Beispiel: Einmal produzierte sie aus Versehen einen gigantischen Hefeteig, weil sie irrtümlich 12 Eier in den Teig geschlagen hatte. Eine falsch abgespeicherte Erinnerung an ihren letzten Pfannkuchenteig! Egal – sie borgte sich noch ein paar Kilo Mehl von Oma, und wenig später verteilte sie die Berge von köstlichen, warmen und duftenden Zimtschnecken kurzerhand in der Nachbarschaft mitsamt der netten 12-Eier-Pannengeschichte.

Hauke ist auch so ein Improvisationstalent. Wenn er Hunger hat, steht er in der Küche und zaubert aus dem, was er finden kann, irgendein leckeres Essen. Rezepte findet er eigentlich eher lästig, schließlich hat er doch selbst ganz gute Ideen, welche Zutaten er mit welchen Gewürzen zusammenstellt. Und natürlich ist es fast immer lecker. Außer …
Außer er hält sich nicht ans Familienrezept! Daran, wie es immer gekocht wird! Was Neues ausprobieren? Soll er ruhig machen! Aber die Gewürze oder die Art zu verändern, wie ein traditionelles Gericht gekocht wird? Da werde ich nervös – das ist nämlich dann falsch!

Ja, Prägung ist manchmal eine schwierige Sache! Ich freue mich, dass ich es trotzdem geschafft habe, meinen Kindern schon Freiheiten in der Küche zu lassen.
Aber Hauke? Wie der das Messer schon hält!

Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache in Elternzeit. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

KULTURKAMPF AM HERD

Hauke Hullen improvisiert gerne und bewegt sich mit seinen Kochkünsten auf schwierigem Terrain.

Hauke: Die Küche ist der Nahe Osten unserer Wohnung. Gleich mehrere Teile der hier wohnhaften Bevölkerung haben den Anspruch, in dieser Region das Sagen zu haben. Selbst die erst vor Kurzem eingewanderte jüngere Generation macht sich hier breit und nimmt dabei leider keine Rücksicht auf die Traditionen der Alteingesessenen.

Wobei – selbst bei den Alteingesessenen prallen uralte kulturelle Unterschiede aufeinander, die immer wieder zu heftigen Konflikten führen. Obschon die Küche als Mittelpunkt des Hauses mythisch aufgeladen und damit quasi heiliger Boden ist, toben gerade hier die erbittertsten Schlachten. Kommt das Salz ins Nudelwasser, bevor es kocht – oder erst danach? Müssen Zwiebeln, die später im Eintopf verschwinden, angebraten oder gedünstet werden? Ist der Zitronensaft im Salatdressing obligatorisch oder kann man ihn auch weglassen, weil das Grünzeug sonst ungenießbar wird und der Zahnschmelz wegplatzt?
Man könnte meinen, in einer Ehe seien diese Fragen von untergeordneter Bedeutung und man findet im Zweifel sicher schnell eine Lösung. Weit gefehlt!

Liebe geht durch den Magen, und wenn dieser Liebesbeweis absichtlich und heimtückisch falsch zubereitet wird, dann kann man auch gleich die Scheidungspapiere neben den Teller legen. So deute ich zumindest die Reaktion meiner Frau, wenn ich irgendwo den Muskat vergessen habe. Denn Katharina bemüht sich nach Kräften, die uralten Schriften und Legenden, die in ihrer Familie seit Jahrtausenden von Mutter zu Tochter weitergegeben werden, aufs Gramm genau zu befolgen. Ihre Kochkunst ist eine Buchreligion – und wehe, der Göttergatte erdreistet sich einer kleinen Improvisation! Laut geäußerte Überlegungen, ob der Kuchen nicht auch mit 510 Gramm Mehl gelingt, sind Ketzerei und rufen heiligen Zorn hervor. Da in dieser Umgebung Messer, Spieße und siedendes Öl nicht weit sind, habe ich inzwischen gelernt, die verworrenen Rituale stillschweigend mitzutragen.

Trotzdem bleibt die gemeinsame Zubereitung eines Partybuffets eine Herausforderung. Doch je knisternder die Stimmung in der Küche war, umso mehr freuen wir uns dann, wenn endlich die Gäste kommen. Die feiern dann mit uns einen runden Geburtstag, und die beste Ehefrau und ich feiern, dass wir das Kochduell beide überlebt haben.

Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

Ein Paar, zwei Perspektiven: Routine und Abwechslung

MÖGLICHST ALLES WIE GEHABT

Katharina Hullen liebt die Routine.

Katharina: Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Rituale und Routinen bringen Stabilität und Ordnung ins Chaos des Lebens. Sie sind der sichere Hafen unseres Großfamilienkreuzers.
Im Alltag weiß man oft kaum zu sagen, was in einer halben Stunde los sein wird. Da schätze ich Routinen doch sehr. Zum Beispiel: Ein überschaubares Repertoire an Gerichten im Kopf zu haben, vereinfacht das Kochen im Alltag ungemein. Es gibt zwar immer dieselben 15 Gerichte, aber alle machen satt und für jeden ist mal etwas dabei!
Mehrmals die Woche die gleiche Spazierrunde mit unserem autistischen Kind drehen? Die frische Luft und Bewegung tut uns beiden gut: Win win!
Im Urlaub immer an denselben Ort fahren? Finde ich nicht schlimm, sondern entspannend. Ich weiß: Dort auf dem Bauernhof stören wir niemanden, auch wenn wir laut sind. Wir wissen genau, was uns vor Ort erwartet, und die Kinder können nicht allzu viel kaputt machen. Für alle ist es ein bisschen wie nach Hause kommen.
Hauke, mein Bester, ist da ganz anders gestrickt: Neulich kam er mit einem Gänsebraten nach Hause. Er hatte Lust, etwas Neues auszuprobieren: „Einfach mal sehen, wie das geht.“ Während ich die Steuererklärung fertig machte, steckte der beste Ehemann von allen bis zum Ellenbogen in einem Gänsetorso. Um es direkt aufzulösen – es hat nicht geklappt, der Vogel war weitestgehend vertrocknet. Die Großeltern, die ob der Fülle des bevorstehenden Fleischgenusses eingeladen worden waren, konnten nur noch ein bisschen Gänsegulasch mit uns verzehren.
Auch die Spazierrunde meidet Hauke eher. Er findet es langweilig, immer nur im eigenen Viertel herumzulaufen. Er kann nicht einfach aufstehen und losgehen – nein, er sucht sich im Internet eine neue Strecke heraus, zu der man erst hinfahren muss, um dort zu sein, wo man noch niemals zuvor gewesen ist. Oder er setzt sich mit den Jungs in die nächste S-Bahn und fährt einfach mal los. So vor einigen Monate geschehen. Er sollte spazieren gehen und zwei Stunden später bekomme ich ein Foto aufs Handy – meine drei Männer vor’m Kölner Dom! Einfach mal ein spontanes Abenteuer – käme mir niemals in den Sinn!
Auch der immer gleiche Urlaubsort macht Hauke mehr zu schaffen als mir. In diesem Jahr waren wir tatsächlich mal auf seine Initiative hin ganz woanders und wir alle mochten die Abwechslung der Aktionen sehr, wenngleich die Unterkunft viel unentspannter war.
„Der Verstand liebt die Abwechslung, das Herz die Wiederholung.“ (Esther von Kirchbach) Eine schöne Erkenntnis – denn so wollen wir Familie leben, mit Herz und Verstand!

Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache in Elternzeit. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

ROUTINIERTE ABWECHSLUNG

Hauke Hullen sorgt für kleine Varianten im Alltag.

Hauke: Nach diesem Jahr kann ich jeden verstehen, der von Abwechslung die Nase voll hat. In den letzten Monaten folgten die Neuerungen in so schneller Folge, dass man schier schwindelig werden konnte: Ist Deutschland noch Fußballgroßmacht oder nach dem 0:6 gegen Spanien doch nur eine Art Brasilien? Muss ein abgewählter amerikanischer Präsident tatsächlich abdanken oder kann er sich einfach zum Regenten aus Gottesgnadentum erklären? Darf man noch ohne Maske den Müll rausbringen? Was, wenn man dort zwei Personen trifft, ist das jetzt noch erlaubt – oder war das letzte Woche?
Wie wohltuend langweilig war da doch rückblickend das Leben 2019, wo Angestellte ein ödes Büro, Kinder einen muffigen Klassenraum und Gastronomen anstrengende Arbeit hatten!
Doch natürlich ist es unfair, hier nur die negativen Seiten des Unvorhergesehenen darzustellen. Routine beruhigt, aber um diese Ruhe auch aushalten zu können, braucht man zwischendurch kleine Abwechslungen. In meinem Fall sind deren Auswüchse lächerlich, ich weiß. Mir graust es vor den Mühen eines neuen Jobs, eines Umzuges, gar in ein fernes Land – aber zwischendurch mal auf einem anderen Weg nach Hause fahren, weil man sich an der alten Strecke sattgesehen hat, das geht! Für einen Phlegmatiker ist es eben auch eine Art, neue Welten zu erkunden, wenn man das Navi auf „Autobahnen vermeiden“ stellt.
Für meine beste Ehefrau von allen ist aber schon das zu viel der Aufregung. Kleine Alltagsfluchten scheint sie nicht so nötig zu haben wie ich. Was tun? Vielleicht einen Kompromiss schließen: Wir achten darauf, dass sich in unserem Leben Routine und Abwechslung ergänzen, dann haben wir regelmäßig Abwechslung – was dann aber dazu führen würde, dass die Abwechslung zur Routine wird. Dann wäre es geradezu ausgefallen, doch wieder alles wie immer zu machen – was für ein Dilemma!
Manchmal verhilft uns eine glückliche Fügung zu einer Entscheidung: Im letzten Sommer bot uns ein Bekannter an, für sehr kleines Geld in einer sehr schönen Ferienwohnung im Allgäu Urlaub zu machen. Wir rangen nichtsdestotrotz mit uns: Reicht denn nicht der Urlaub an der Nordsee, wo unsere Sippe seit unglaublichen 55 Jahren den Sommer verbringt?
Um es kurz zu machen: Es war ein wunderbarer Urlaub. Statt endloser Felder bis zum Horizont gab es hinter jeder Kuppe neue prachtvolle Aussichten, und statt altbekannte Attraktionen abzuklappern, entdeckten wir jeden Tag etwas Unbekanntes. Was für eine gelungene Abwechslung! Das machen wir jetzt jedes Jahr so.

Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

Auf Fleisch verzichten?

Heute ist Welt-Vegetariertag. Mal wieder ein Anlass, über unsern Fleischkonsum nachzudenken. Keine Angst, ich will jetzt hier nicht predigen, dass wir alle Vegetarier werden müssen. Ich bin selbst keiner. Aber ich stelle fest, dass in unserer Familie deutlich zu viel Fleisch und Wurst gegessen wird. Das ist nicht gut für die Tiere und das ist auch nicht gut für uns.

Nach einer Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Ernährung  sollten Erwachsene pro Woche nicht mehr als 300 – 600 g Fleisch und Wurst verzehren. Für Kinder empfiehlt das Forschungsinstitut für Kinderernährung folgende wöchentliche Mengen: 4-6 Jahre: 280 g; 7-9 Jahre: 350 g; 10-12 Jahre: 420 g.

Ich habe schon vor einiger Zeit beschlossen, den Fleischkonsum in unserer Familie etwas herunterzufahren. Und habe mich auf die Suche nach fleischlosen Rezepten gemacht, die auch meine Kinder mögen. Gar nicht so einfach. Da kam die Idee des SCM-Verlags, ein vegetarisches Family-Kochbuch zu machen, genau richtig.

Etwa 40 Familien haben uns ihre erprobten und für familientauglich befundenen Rezepte geschickt: Neben Suppen, Salaten und Nudelrezepten gibt es auch Leckeres aus dem Ofen, Grillideen, Bratlinge, Puffer, Pfannkuchen, süße Hauptgerichte und vieles mehr. Das Kochbuch eignet sich sowohl für Familien, die komplett vegetarisch kochen, als auch für die, die – wie wir – gern weniger Fleisch essen würden und noch die passenden Rezepte suchen.

Ich gebe zu: Nicht alle Rezepte aus dem Kochbuch schmecken meinen Kindern. Aber die gegrillten Kartoffelspieße zum Beispiel waren ein Volltreffer. Die dürfen jetzt bei keinem Grillfest fehlen. Und so arbeiten wir uns langsam vor. Als nächstes probiere ich die Kartoffel-Kürbis-Pizza aus. Und die pinke Suppe.

Bettina Wendland

Family-Redakteurin

 

Endlich da: Das neue Family-Kochbuch

Heute kam es aus der Druckerei: Unser neues Family-Kochbuch, diesmal mit vegetarischen Rezepten. Nicht weil wir denken, alle Familien müssten komplett auf Fleisch verzichten. Sondern weil wir immer wieder hören, dass Mütter und Väter auf der Suche nach familientauglichen Rezepten ohne Fleisch sind. Klar, Würstchen mit Pommes und Salami-Pizza essen viele Kinder gern. Aber wer nicht jeden Tag Fleisch auf den Teller bringen will, kommt bei manchen Kindern schnell an seine Grenzen.

Das vegetarische Family-Kochbuch bietet Rezepte, die von Familien erprobt und für gut befunden wurden: vom Brotauflauf über die Kartoffel-Quiche bis zur Kürbispizza und vom Ravioli-Eintopf über die Sonnenblumenspaghetti bis zum Kichererbsencurry. Darüber hinaus bietet das Kochbuch auch einige Infoseiten, zum Beispiel über Fleischersatz von Tofu bis Lopino oder über leckere Alternativen zu Reis und Nudeln.

Bestellen können Sie das Kochbuch hier: http://www.scm-shop.de/das-vegetarische-family-kochbuch.html

Über Ihre Reaktionen und Erfahrungen mit dem Kochbuch würden wir uns sehr freuen!