Gesunde Ernährung

WENIGER IST MEHR

Bei Katharina Hullen hinterlassen widersprüchliche Ernährungstipps eine gewisse Ratlosigkeit.

Katharina: Ich will unsere Familie gesund ernähren. Aber was zu einer gesunden Ernährung gehört, ist abhängig davon, wen man fragt. Es gibt so viele widersprüchliche Meinungen dazu, dass ich mich nicht auf einen Weg festlegen mag. So tönt es aus allen Richtungen: Weniger Fleisch, nur Fleisch, weniger Milch, weniger Kohlenhydrate, weniger Fett, insgesamt: weniger, ohne Lactose, ohne Gluten, ohne Palmöl, dafür mehr Quinoa, Chia, Amaranth. Ich muss immer häufiger googeln, was das überhaupt ist. Und ja, weniger ist mehr, aber mit fünf heranwachsenden Kindern und einem Zwei-Meter-Mann im Haus ist das schwer durchzusetzen. Für Letzteren geht im Zweifel alles als gute Ernährung durch, was sich mit Käse überbacken lässt. Ginge es nach ihm, würden wir dreimal am Tag warm essen, möglichst Steak, Gulasch oder Frikadellen.

Auch unser Jüngster hat ganz eigene Essgewohnheiten, wobei das Motto „weniger Kohlenhydrate“ im Vordergrund steht: So verweigert er vehement jedes angereichte Brot (nachdem er pfeilschnell die Wurst von selbigem stibitzt hat) und weist fordernd mit seinem kleinen Zeigefinger auf die Obstschüssel. Er ernährt sich den Tag über praktisch ausschließlich von Milch, Obst und dem warmen Mittagessen. Ist das noch die Low-Carb- oder schon die steinzeitliche Paläo-Diät, bei der man nur Beeren und Mammut essen soll? Ich wohne offenbar mit mindestens einem Neandertaler unter einem Dach!

Natürlich ist auch wichtig, woher die Speisen kommen. Sind sie fair gehandelt, bio angebaut, nachhaltig und klimaschonend? Welche Siegel sind seriös und welche nicht? Ein Siegel für Siegel wäre eine echte Hilfe!

Inzwischen mischen auch unsere Mädchen mit ihrem Wissen um klimafreundliche Ernährung mit. So mussten wir vor Kurzem unserer großen Tochter versprechen, keine Avocados aus Peru mehr zu kaufen – obwohl sie doch so unglaublich gesund, voller Vitamine und anderer wichtigen Nährstoffe sind. Na gut. Wir bemühen uns also nun, möglichst regionales Obst und Gemüse aufzutischen. Leider wachsen Avocados am Niederrhein nur ganz schlecht. Auch Mammuts sind hier selten.

Ich schätze, das Beste wäre, unseren Garten umzugraben. Das wäre sehr regional! Und angesichts der Ackergröße würden wir auch gleich viel weniger essen. Dafür darf jeder anbauen, was ihm schmeckt – und lernen, dass der eingepflanzte Chickenwing leider doch kein Baum wird! Aber dieses Selbstversorger-Projekt würde eh scheitern, denn selbst wenn die Pflanzen meinen grünen Daumen überlebten, stünde unser kleiner Frutarier mit gierigen kleinen Händen bereit, alles abzurupfen und aufzuessen, was schon entfernt nach Obst aussieht. Und den Rest trampelt die Rinderherde meines Mannes nieder.

Nein, mein Weg sieht also erst mal weiter so aus, dass ich den Kindern täglich frisches Obst und Gemüse anbiete, möglichst mit frischen Zutaten koche und zur Enttäuschung meiner beiden Neandertaler auch mal fleischfreie Gerichte serviere.

Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache in Elternzeit. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

 

MEHR IST MEHR

Hauke Hullen isst gerne Fleisch, wenn auch mit schlechtem Gewissen.

Hauke: „Der Mensch is(s)t Fleisch.“ In diesem Satz steckt so eine gewaltige Sprengkraft, dass es einem den inneren Frieden oder die Tischgemeinschaft zerstören kann. Doch der Reihe nach. Zuerst einmal ist der Mensch ein Allesfresser. Mit unseren Zähnen können wir Kohl und Keule gleichermaßen zermalmen und insbesondere unser Gehirn mit Proteinen und Energie versorgen. Insofern ist Fleisch ein Stück Lebenskraft. Darum gilt: „Um seine Figur zu halten, muss man auch mal grillen, selbst wenn man keinen Hunger hat.“

Allerdings war mein Steak vorher mal eine Kuh, für die mein fröhlicher Grillabend das Todesurteil bedeutet. Was für ein moralisches Dilemma! Und es wird noch größer, wenn man bedenkt, dass hinter jedem Kilo Fleisch Unmengen an Wasser, Futtergetreide und Klimagasen stehen. Und schwupps habe ich nicht nur eine Kuh auf dem Gewissen, sondern auch noch das Abschmelzen der Polkappen. Kann man(n) da noch Fleisch genießen?

Die beschämende Wahrheit ist: Ja, ich kann, dank einem Mix aus regelmäßigen fleischfreien Mahlzeiten und Verdrängung: „Das Fleisch ist billig und der Geist ist schwach.“ Ich bewundere jeden, der hier konsequenter leben kann!

Zum Beispiel die beste Ehefrau von allen: Sie kann auch ohne Gulasch glücklich sein. Oft isst sie nur ein Anstandshäppchen oder gar nichts davon. Warum? Weil das Fleisch ihr zu sehr nach Fleisch schmeckt. Ich kann dieser Logik nicht folgen, freue mich aber, dass mehr für mich übrig bleibt.

Kathi kann den ganzen Tag mit einem Apfel auskommen (abgesehen von der Tüte Chips und der Tafel Schokolade nach 21 Uhr, wenn die Kinder im Bett sind). Für sie ist ein Abendbrot erst vollständig, wenn Tomaten und Gurke auf dem Tisch stehen. Ich aber vergesse beim Tischdecken das Gemüse auch noch nach 18 Jahren Ehe. Doch ohne Grünzeug sieht meine Frau rot!

Auch die Kinder sind merkwürdig. Das eine Mädchen will nur Nudeln ohne Sauce Bolognese. Die andere nimmt keine Margarine aufs Brot, und auch keine „gute Butter“. Doch meine wohlmeinenden Ernährungsratschläge, die sich verdächtig nach 60er-Jahre anhören, finden bei der jungen Generation kein Gehör.

Mein Verhältnis zum Gemüse bleibt zwiespältig. Möhren und Radieschen zum Beispiel wurden von der Natur ja nicht ohne Grund eingegraben. Warum sollte ich die Wurzeln dann wieder ausbuddeln und essen? Ich bin doch kein Maulwurf!

Doch Scherz beiseite, natürlich lege auch ich Wert auf gesunde Ernährung. Zum Frühstück nehme ich darum gerne diese italienische Nuss-Marmelade; auch Kartoffeln schätze ich sehr, vor allem, wenn man sie in Streifen schneidet und von allen Seiten anbrät. Ganz wichtig finde ich auch gesundes Getreide, am liebsten als flachen Teigling mit pürierten Tomaten und anderen Dingen belegt.

Und alle paar Wochen freue ich mich am Eheabend auch auf einen Salat von Katharina. Sie mixt Blätter, Kerne, Öl und Essig zusammen, ich steuere ein knuspriges Steak bei – und wir beide können genießen. Hier is(s)t man sich einig.

Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

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