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Nachgehört: Diese Hörspiele und Podcasts eignen sich für Kinder

Hörspiele und Podcasts machen nicht nur Spaß, sondern helfen Kindern auch in der Entwicklung. Diese Serien und Abspielgeräte sollten Eltern kennen.

Rumms. Jule schmeißt ihren Rucksack in die Ecke und stapft in ihr Zimmer. Es ist nicht leicht, ein Vorschulkind zu sein. Viele Erwartungen, Eindrücke und eigene Ansprüche paaren sich mit ungeliebtem Essen, Streitereien mit Freunden und dem Kummer über das T-Shirt, das Mama heute Morgen rausgelegt hat. Jule braucht jetzt dringend eine Pause. Zum Runterkommen. Zum Abschalten. Zur Neusortierung. Sie wartet darauf, dass ihre Mutter ihren Lieblingspodcast startet, der dann über WLAN aus der Box in ihr Zimmer schallt, schnappt sich Kuschel-Fohlen Ferdinand und macht es sich auf ihrem Bett gemütlich.

Ein Zimmer weiter fährt ihr kleiner Bruder Jonte seine Autos von links nach rechts. Auch für ihn war der Tag im Kindergarten anstrengend. So viele Regeln, so viele Grenzen, so viel, was noch nicht geht. So viel, was er noch lernen muss. Und so viel, was er – mit seinen zweieinhalb Jahren – noch nicht versteht.

Was er dagegen versteht: was ihm jetzt guttut. Und das ist eine kleine Pause. Es fühlt sich richtig an, jetzt die Autos von links nach rechts zu schieben, dabei leise Brumm-Geräusche zu machen und sich anschließend vielleicht noch ein bisschen auf dem Teppich rumzukugeln. Untermalt von Kinderliedern. Jonte hat sich seinen Lieblings-Tonie mit kurzen Geschichten und Liedern auf die Tonie-Box gestellt und hört – immer mal wieder – gespannt zu.

Warum Hörspiele?

Jule und Jonte nutzen – wie die große Mehrheit der Kinder – Hörspiele zur Entspannung. Super für die Eltern, werden doch durch das Hören von Liedern und Geschichten viele Fähigkeiten geschult: Aufmerksamkeitsspanne, Fantasie, Sprachverständnis, Kreativität, die Möglichkeit zur Selbstregulation. Und auch wenn es Eltern zuweilen in den Wahnsinn treiben kann: Gerade das wiederholte Hören von Lieblingsgeschichten ist essenziell für die Sprachentwicklung: Neue Wörter werden gelernt und verinnerlicht, der Sprachwortschatz wächst.

Darüber hinaus bieten Hörspiele Kindern eine Erweiterung ihrer Erfahrungswelt an. Egal, ob es sich um neue Situationen wie den Schuleintritt oder die Ankunft eines Geschwisterchens handelt, ob es in dem Hörspiel um das Thema Freundschaft, Trauer, Zähneputzen oder Mut geht – die Geschichten von Feuerwehmann Sam, Bobo Siebenschläfer, Ponyhof Apfelblüte oder von Greg und seinem Tagebuch trösten die jungen Zuhörer, ermutigen sie, erklären ihnen die Welt und vermitteln wichtige Werte.

Was ist das richtige Abspielgerät?

Dabei ist es Geschmackssache, ob der Nachwuchs die Hörspiele via Streamingdienst, auf CD oder mittels einer (Tonie-, Tiger-, Hörbert-)Box konsumiert. Plattformen und Abspielmöglichkeiten gibt es mittlerweile immer mehr. Zeitbegrenzungen – entweder aus Speicherkapazitätsgründen oder weil Eltern einen Timer einstellen können – sorgen für Beruhigung der elterlichen Nerven, damit das Gedudel aus dem Kinderzimmer nicht zur Dauerbeschallung mutiert. Gemeinsam mit den Kindern können Eltern zudem aussuchen und besprechen, was sie da gerade hören.

Die Vorteile der Streamingdienste wie Spotify (kids), Deezer, AppleMusic, Play-Europa, Bookbeat, Audible etc. sind, dass sie (beim Familienabo) von mehreren Familienmitgliedern gleichzeitig genutzt werden können, eine Vielzahl an verschiedenen Hörspielen und -büchern zur Verfügung stehen, man die Geschichten auch offline hören und auf verschiedene Abspielgeräte (Sprachassistenten, Bluetoothboxen, WLAN-Lautsprecher) übertragen kann. Außerdem kann man (abgesehen von den reinen Hörbuchportalen) auch Podcasts streamen.

Tonie-Figuren können selbst bespielt werden

CDs sind super leicht in der Handhabung, kostengünstig und bieten eine gute Übersicht im Regal. CD-Abspielgeräte finden sich jedoch nicht mehr in jedem Haushalt, geschweige denn Kinderzimmer, zumal die silbernen Tonträger leicht zerkratzen.

Auch schön im Regal sehen die Tonie-Figuren aus, die darüber hinaus auch noch zum Spielen anregen. Die sogenannten Kreativ-Tonies können entweder selbst besprochen oder mit gekauften Hörspielen im mp3-Format bespielt werden. So kann die Oma auch aus 400 Kilometer Entfernung eine Gutenachtgeschichte vorlesen oder ein Schlaflied singen.

Die Tiger- und Hörbert-Box werden dagegen mit SD-Karten bespielt, die wenig Platz wegnehmen, leicht eigenständig bespielt werden können, jedoch gerade für kleinere Kinder nicht gut selbstständig ausgewählt und gewechselt werden können.

Welche Hörbücher und Podcasts eignen sich für Kinder?

Doch was bietet sich nun an für die Kleinen und noch nicht ganz so Großen? Kinderbuchklassiker sind heute noch beliebt, und so schallen die Geschichten von Erich Kästner, Astrid Lindgren oder Otfried Preußler durch viele Kinderzimmer. Auch die „5 Freunde“, das christliche Pendant der „5 Geschwister“, „Hanni & Nanni“, „die drei ???“ oder „die drei !!!“ (gern auch in der Kids-Variante für die Jüngeren), Pferdegeschichten wie die vom Ponyhof Mühlental, Apfelblüte oder Liliengrün oder von „Bibi & Tina“ finden ebenso beständig viele begeisterte Zuhörerinnen und Zuhörer. Christliche Hörspiele wie „Ben und Lasse“, „Der Schlunz“ oder „Leonie – Abenteuer auf 4 Hufen“ findet man genauso wie „Emmi – Mutmachgeschichten für Kinder“, „Die 3 vom Ast“, „Flo, das kleine Feuerwehrauto“ oder „Freddy, der Esel“.

Für wissensdurstige Kinder gibt es die beliebten „WAS IST WAS“-(Junior)-Bücher zum Hören, genauso wie die Reihe „Wieso? Weshalb? Warum?“. „1.000 Themen“ vermittelt eigenen Angaben zufolge alles, „was Kinder wissen wollen“, genauso wie die Geschichten rund um „Die kleine Schnecke Monika Häuschen“, die viel vom Ganter Günther und Schorsch dem Regenwurm lernt. Daneben beantworten die ständig wachsende Anzahl an Wissens-Podcasts wie „Rund um die Welt mit Fuchs und Schaf“, „Frag mich! – Die Nachrichten und ich“ vom Bayrischen Rundfunk und der ARD, „Kinari“ – der Kindernachrichten-Podcast, der Podcast der beliebten „logo!“-Nachrichten sowie „Eric erforscht“, „Die Umweltdetektive ermitteln“, „Weißt du’s schon – der Quiz-Podcast“ oder die „Ö1 Kinderuni“ Kindern zwischen fünf und zwölf Jahren (fast) alle Fragen.

Welche Podcasts hören Kids?

Überhaupt Podcasts: Was bei den Erwachsenen beliebt ist, mögen auch Kinder. Podcasts für Kinder gibt es immer mehr, Woche für Woche (oder monatlich) mit neuen Folgen. „Mira und das fliegende Haus“ zum Beispiel: Ein liebevoll gemachter Podcast, in dem Kindern zwischen vier und acht Jahren Werte wie Selbstliebe, Hilfsbereitschaft, Vergebung, Teilen nahegebracht wird. Auch in den Podcast „Einfach himmlisch“ lohnt es sich, reinzuhören. Dort erzählt eine Pfarrerin christliche Geschichten für Kinder in unter drei Minuten. Der Kinderbibelpodcast „Was glaubst du denn?“ widmet sich dagegen rund 30 Minuten einer biblischen Geschichte. Die Sendung mit der Maus kann ebenfalls als Podcast nachgehört werden.

Wer sich ein bisschen reinfuchst, findet für jeden Wissensbereich, jedes Interesse und jede Altersstufe ein Hörspiel, Hörbuch, Liederhörbuch (oder -hörspiel) oder einen Podcast. Egal, ob sich der Nachwuchs gerade für Musik, Kochen, Natur, Glaube, Tiere, Geschichte, Erdkunde oder Erfindungen begeistert. Recht neu im Portfolio ist die App „Hearooz“, eine reine Kinder-Podcast-App. Ob Kindernachrichtensendungen, Hörspiele (im Abo), Podcasts zu Religion, Sport oder Tieren – eine größere, detailliertere Podcastübersicht für Kinder gibt es derzeit nicht. Und wenn Mama oder Papa ihr Handy oder Tablet nicht abgeben wollen, kann man via WLAN oder Bluetooth die Podcasts auch streamen.

Ein kleiner Haken

So toll das alles ist, einen Haken gibt es trotzdem. Während das Vorlesen ein gemeinschaftlicher Akt ist, isoliert einen das Hören von Geschichten. Es gibt wenig Kommunikationsanreize, und Kinder werden, gerade bei gruseligen oder doch noch zu spannenden Geschichten, mit ihren Gefühlen allein gelassen, lautet die Kritik. Und so ist es wie bei allem anderen: Die richtige Mischung macht’s! Wenn die Eltern gerade mal keine Zeit oder Lust haben oder die Kinder eine Pause – ja, auch von den Eltern – brauchen, sind Hörspiele super. Neue Formate oder Folgen können mit den Kindern zunächst zusammen angehört und bei Bedarf im Anschluss besprochen werden, damit die Kinder das, was sie gehört haben, auch richtig einsortieren können. Hörspiele ersetzen aber nicht das Vorlesen.

Jule freut sich schon darauf, die neue Folge von „Wieso? Weshalb? Warum?“ am Samstagmorgen nach dem Frühstück mit ihrem Papa zu hören und dabei auf dem Sofa zu kuscheln, während Jonte in seinem Zimmer mit Mama Duplo baut und mit seinem Feuerwehrauto die Abenteuer von „Flo, das kleine Feuerwehrauto“ nachspielt.

Hella Thorn ist Redakteurin, Texterin und freie Lektorin, lebt mit ihren zwei Kindern (5 und 2) in Iserlohn und hört am liebsten bei „Mira und das fliegende Haus“ und „Die Eule findet den Beat“ mit.

Musikalische Früherziehung: So bereiten Sie Ihr Kind optimal auf ein Instrument vor

Warum ist musikalische Früherziehung wichtig und wann ist der richtige Zeitpunkt dafür? Das beantworten Claudia Pössnicker und Carina Beckmann von der Musikschule an der Ruhr im Interview.

Was ist musikalische Früherziehung und warum ist sie wichtig für Kinder?
Claudia Pössnicker:
 Musikalische Früherziehung beginnt mit vier Jahren, manchmal auch früher, in der Musikschule oder in Kooperation mit Musikschule und Kita und bedeutet zunächst einmal ganzheitliches Lernen. In den Kursen werden den Kindern zum einen allgemeine Kompetenzen wie sprechen, sehen, hören, tasten, Motorik, Geduld, Konzentration und Koordination beigebracht, aber auch soziale Kompetenzen wie Wertschätzung, Teamfähigkeit, Respekt, Empathie, Konflikt- und Kritikfähigkeit. Auch Selbstkompetenzen wie Selbstvertrauen, Selbstwertgefühl und Selbstbeobachtung kommen nicht zu kurz. All diese Fähigkeiten und Fertigkeiten zu erlernen, ist deshalb so wichtig, weil sie das spätere Instrumentalspiel erleichtern. Interessant ist, dass die Kinder mit einem angeborenen Rhythmusgefühl auf die Welt kommen. Sie bewegen sich rhythmisch zur Musik. Wenn diese Fähigkeit nicht aufgegriffen und trainiert wird, kann sie schwächer werden.

Gemeinsam singen ist eine gute Übung

Was kann ich davon zu Hause umsetzen?
Carina Beckmann:
 Man kann gut mit den Kindern zusammen singen. Wir bauen es als Familie oft spielend mit ein, und so entstehen manchmal zu bekannten Melodien lustige neue Texte. Eltern können mit ihren Kindern tanzen, hüpfen, klatschen und vieles mehr. Wir machen uns oft einfach laut Musik an und tanzen herum, spielen Luftgitarre, Bass, Schlagzeug, Keyboard und singen dazu.

Ab wann ist es sinnvoll, „richtigen“ Musikunterricht zu nehmen?
Pössnicker:
 Was Instrumente betrifft, ist es immer dann sinnvoll, damit anzufangen, wenn man den Wunsch dazu verspürt. Das hat meines Erachtens nichts mit dem Alter zu tun, sondern nur mit dem Interesse.

Einfach Instrumente ausprobieren

Wie merke ich, dass mein Kind besonderes Interesse an einem Instrument hat?
Beckmann:
 Das Kind fordert die Eltern zum Beispiel auf, eine bestimmte Musik immer wieder zu hören oder überhaupt Musik zu hören. Es findet vielleicht auch Straßenmusikanten interessant, versucht mit vorhandenen Gegenständen und Spielzeugen Musik „nachzumachen“. Außerdem wird es das Instrument, welches es besonders interessant findet, wahrscheinlich öfter benennen. Wenn Eltern und Kind sich unsicher sind, kann es einfach zur Musikschule kommen und einige Instrumente ausprobieren.

Worauf sollte man achten?
Pössnicker:
 Ganz wichtig finde ich, dass die Musikpädagog/-innen Freude an der Arbeit haben und den Schülerinnen und Schülern diese auch vermitteln können. Dass sie geduldig sind, jedes Kind als Individuum sehen und flexibel auf die Interessen eingehen, keinen Druck ausüben und wissen, was sie tun.
Beckmann: … und dass das Kind Freude daran hat!

Interview: Ruth Korte

Ein Paar, zwei Perspektiven: Musik

„ÜBER SIEBEN BRÜCKEN MUSST DU GEHEN“

Katharina Hullen musste als Kind viel Schlager hören. Ihre eigenen Kinder wollte sie für richtig gute Musik begeistern. Eigentlich.

Katharina:

Die Geschichte wiederholt sich ständig – im Großen wie im Kleinen. Katastrophen und Krisen ebenso wie Mode- und Musikgeschmack. Bei Letzterem scheint es eine wichtige Komponente für jede neue Generation zu geben: Abgrenzung! Für die Entwicklung des eigenen Geschmackes gilt: Den Eltern darf es auf keinen Fall gefallen!
Als ich ein Teenie war, fuhr ich am liebsten mit meinem Vater allein im Auto, denn obgleich er nicht meinen Lieblingsjugendsender einstellte, konnten wir uns dennoch auf den Mainstream-Sender einigen, und da lief ja immerhin aktuelle Musik. Meine Mutter hörte den lieben langen Tag Schlager auf WDR 4. Schon zum Frühstück läuteten die „Glocken von Rom“ und insgesamt gehörte der Sender zu uns wie unser „Name an der Tür“.Noch heute belegen unzählige Schlager-Liedtexte wertvolle Hirnregionen in meinem Kopf. Das wollte ich auf jeden Fall bei meinen Kindern anders machen – sie sollten sich dank mir nur für richtig gute Musik begeistern.
Doch gerade entwickelt es sich leider gar nicht wie geplant, denn unsere drei Teenies haben dank des Digitalradios ihren eigenen Lieblingssender entdeckt. Wer Tischdienst hat, hat für diese Zeit auch Radiogewalt. So wummert dreimal täglich ein Sender mit den „absoluten TOP-HITS“ durch die Wohnung. Alle fünf Kinder tanzen und singen mit, so gut es eben geht. Es wäre so schön, wenn die Musik nicht so nervig wäre!
Schwierig wird es mit den verschiedenen Musikgeschmäckern auf gemeinsamen Autofahrten. Da reicht die Spanne von WDR Maus über Mainstream, die besten Hits von heute, Bildungsradio bis zum Kuschelrocksender und ja, irgendwie ist WDR 4 auch inzwischen gar nicht mehr so schlecht. Denn mittlerweile läuft da „unsere“ Musik der 80er- und 90er-Jahre. Puh, wie alt du wirklich bist, zeigt sich an der Wahl deines Radiosenders!
Hauke hört auch sehr, sehr gerne einen Sender, der viele alte Rocknummern spielt. Wie gut, dass ich da die Mehrheit der Kinder hinter mir habe, denn das geht nun wirklich gar nicht. Ausgenommen ist da nur unser Vierjähriger, der auf der Suche nach seiner Identität Männlichkeit noch mit E-Gitarren-Solos gleichsetzt. Was irgendwie vielleicht auch für meinen Mann gilt.
So will nun jeder seinen Lieblingssender hören. Für dieses Dilemma haben wir eine Lösung gefunden. Wir spielen einfach ein Quiz mit ständigem Senderhopping und raten Titel und Künstler. So sind die Chancen gleich verteilt. Auf den neuen Digital-Sendern sind die Kinder uns weit überlegen, beim Rocksender trumpft Hauke auf, bei WDR 4 wohl ich, und beim Mainstreamradio gewinnen wir alle – damals wie heute.

Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache in Elternzeit. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

„WEIL LIEBE NIE ZERBRICHT“

Hauke Hullens musikalische Geschmacksausbildung war recht eingeschränkt. Trotzdem schwelgt er in Erinnerungen an die eigene Jugendzeit.

Hauke: Auf Drängen meiner ältesten Tochter haben wir uns zu Weihnachten einen Musik-Streamingdienst gegönnt. Seitdem warten sagenhafte 60 Millionen Songs und unzählige Neuentdeckungen auf uns. Doch was mache ich mit meinen neuen, unbegrenzten Möglichkeiten? Ich fülle meine Playlist mit den Evergreens meiner Jugendzeit. Wie beim Erstkontakt mit Google Earth: Man könnte den ganzen Planeten erkunden und zoomt sich doch nur an das eigene Haus heran.
Die Playlists haben eine ganz eigentümliche Wirkung auf mich. Man muss dazu wissen: Meine Eltern hörten keine Musik. Das Radio blieb bei Autofahrten stumm. Wir Kinder besaßen keine Abspielgeräte. Musiziert wurde zwar viel, aber keine Musik konsumiert. In der frommen Blase meines Elternhauses war ich nur von Klassik und Gemeindegesang umgeben.
Umso prägender war darum der Einfluss, den der Musikgeschmack meiner Freunde und die Hits der Oberstufenpartys auf mich hatten. Wie bei frischgeschlüpften Gänseküken bin ich seitdem festgelegt auf das, was ich direkt nach meinem (musikalischen) Erwachen kennengelernt habe, auch wenn ich es anschließend kaum mehr hörte.
Stattdessen malträtieren nun unsere Teenager unsere Ohren mit … Nun ja, was sie halt so Musik nennen. Seichtes Popzeug, mit Instrumenten und Stimmen, die allein dem Computer ihre Existenz verdanken. Und am schlimmsten ist dieser Sender, der stolz damit wirbt, nur die aktuellen Top-Hits zu spielen. Von Platz 1 bis 30. Und dann wieder von vorne. Jede Stunde. Jeden Tag.
Mit blutenden Ohren rette ich mich zu meiner Playlist. Bei jedem Song, jedem dieser musikhistorischen Kleinode flackern Assoziationen durch die Brust: ewige Sommerabende, Fahrten und Freizeiten, durchtanzte Nächte – alles Erinnerungen an den Rausch einer flirrenden, verklärten Jugendzeit!
Doch was ist das? Besteht der Text dieser stampfenden Dancefloor-Nummer aus den 80ern wirklich nur aus zwei banalen Sätzen? Und ist dieser Rocksong – jetzt, wo man den englischen Text wirklich versteht – tatsächlich so unglaublich sexistisch? Peinlich! Und hier – das ist ja der gleiche Synthesizer-Sound wie beim E-Pop-Genudel meiner Töchter! Und ein paar meiner Hits der 80er- und 90er-Jahre laufen sogar, man höre und staune, in der Dauerschleife des Folter-Senders, und zwar als Coverversion. Da wundern sich meine Mädels immer mal wieder, wenn ihr alter Herr einen Song eher erkennt als sie.
So allmählich finde ich darum einige aktuelle Songs tatsächlich auch ganz annehmbar. Und wer weiß – wenn ich sie in 20 Jahren wieder höre, werden sie mich vielleicht auch wieder zurückführen in eine turbulente, rauschhafte Zeit voller Leben.

Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

Mit ihren Gefängniskonzerten rührt Diana Ezerex Insassen zu Tränen – Jetzt plant sie ein Album

Sängerin und Songwriterin Diana Ezerex tritt mit ihren Songs ehrenamtlich vor Gefangenen auf. Mit ihrem Debütalbum will sie zeigen: Hinter jeder Tat steckt eine Lebensgeschichte.

Wie fühlt es sich an, vor Schwerverbrechern und Schwerverbrecherinnen Musik zu machen? Diana Ezerex weiß es. Seit drei Jahren gibt sie in Gefängnissen ihre Musik zum Besten. Dafür erhielt sie bereits den Jugenddiakonie- und den Heinz-Kappes-Preis. Ihre Eindrücke möchte sie jetzt in einem Debütalbum verarbeiten. Und sucht dafür auf der Crowdfunding-Plattform Startnext Unterstützende. Ihr Ziel: Menschen in die Lebenswelt der Gefangenen mitnehmen.

„Musste komplett die Hosen runterlassen“

Diana studiert Kulturvermittlung und ist nebenher als Künstlerin in Hamburg unterwegs. Lange hat sie die Musik hintenangestellt, das soll sich jetzt ändern. In ihrem Debütalbum verarbeitet die 26-Jährige die Geschichten, die ihr bei ihren ‚prison concerts‘ begegnen. Eigentlich will sie die Musikwelt damit überraschen. Aber als ihr die Finanzierungsoptionen ausgehen, bleibt ihr nichts anderes übrig, als eine Crowdfunding-Kampagne zu starten. „Das zerstört natürlich meinen Release-Plan ein bisschen, weil das für mich echt ein Neustart ist. Die Musik ist komplett anders als alles, was bisher von mir rauskam. Die Story dahinter kannte bisher auch fast niemand. Ich musste komplett die Hosen runterlassen.“

Viele Absagen

Diana sucht lange nach Unterstützenden und stellt sich und ihr Projekt bei zahlreichen Stiftungen und Unternehmen vor. Das Problem: Weil sie eine Einzelperson ist, kann sie keine Spendenbescheinigungen ausstellen. Als sie dann auch noch eine Absage von der Initiative Musik, der Berliner Fördereinrichtung für Pop-Musik, erhält, mit deren Unterstützung sie fest gerechnet hat, fällt es ihr schwer, zuversichtlich zu bleiben.

Weder entschuldigen noch verurteilen

Dabei habe das Album eine starke soziale Komponente, findet das Jungtalent. Die Songs erlaubten dem Hörer, die Menschen hinter ihren Verbrechen kennenzulernen. „Ich will mit dem Album keine Taten entschuldigen, aber mir ist es wichtig zu zeigen, dass jeder Einzelne dort eine Geschichte hat.“ Kein Mensch werde als Straftäterin und Straftäter geboren, sagt Diana: „Wenn man niemanden hatte, der einem Werte vorlebt, woher soll man es dann besser wissen?“ Kindheitstraumata der Gefangenen seien oft die Grundlage für ihre Straftaten: „Wir als Gesellschaft können dazu beitragen, dass so etwas weniger passiert, dass unsere Gefängnisse weniger voll sind, dass Menschen weniger straffällig werden.“

Solo hinter Gittern

Während der Konzerte denkt die 26-Jährige kaum darüber nach, dass teilweise Schwerverbrecher und Schwerverbrecherinnen mit lebenslänglicher Haftstrafe vor ihr sitzen. Vielmehr möchte sie sich auf die Menschen einlassen: „Ich will ihnen das Gefühl vermitteln, dass ich jetzt für sie da bin, um für sie einen Unterschied zu machen – und wenn es nur für eine Stunde ist.“

Bei den Gefängniskonzerten begleitet sich Diana meistens selbst. Eine Band könnte die Inhaftierten abschrecken, nach dem Konzert das Gespräch zu suchen. Außerdem hat sie größere Chancen auf eine Zusage, wenn sie möglichst wenig Umstände macht.

Nicht ohne Backgroundcheck

Auf legale Weise ins Gefängnis zu kommen, ist nämlich nicht immer einfach, weiß Diana. „Manchmal ist das richtig Arbeit. In Schwäbisch Gmünd musste ich mich echt reinzecken.“ Oft muss sie vor einem Auftritt ein Führungszeugnis und ein Ausweisbild einreichen. Wenn sie vorbestraft wäre, dürfte sie nicht in die Justizvollzugsanstalt. In den letzten drei Jahren hat Diana in 15 Gefängnissen gespielt: Jugendstrafanstalten und Justizvollzug für Männer und Frauen. Und dabei jede Menge erlebt.

Durchgehend im Alert-Modus

Das erste Mal in einem reinen Männergefängnis ist sie in Bayreuth. 100 Insassen sind beim Konzert dabei, „die Beamten waren durchgehend im Alert-Modus – kein Small Talk.“ Davor ist sie nervös. Nicht etwa, weil sie sich um ihre Sicherheit sorgt – sondern aus Angst, ihre Musik könnte die Männer langweilen. Umso überraschter ist sie, als der Gefängnis-Chor im Mitsingteil in ihren Song einstimmt.

Die Herzen der Häftlinge berühren

Die Konzerte werden auch oft emotional, besonders in der Untersuchungshaft. Dort sei so vieles noch ungewiss und aufgestaute Emotionen mischten sich mit der Musik und der kirchlichen Atmosphäre. In der normalen Haft seien die Menschen schon mehr ins Reflektieren gekommen über die Fragen: Wer bin ich? Wo komme ich her? Wo will ich hin?

Riesentyp mit Tränen in den Augen

Ein Erlebnis ist ihr besonders im Gedächtnis geblieben. In der Gießener Untersuchungshaft erzählt sie von einer Situation in ihrem Leben, in der sie das Gefühl hatte, fehl am Platz zu sein und keinen Unterschied machen zu können. „Nach dem Konzert kommt so ein Riesentyp mit Tränen in den Augen auf mich zu, nimmt meine Hand und sagt: ‚Du bist genau richtig, da wo du bist. Du brauchst nie das Gefühl haben, du wärst fehl am Platz. Ich werde das Konzert für immer in meinem Herzen tragen.‘“

Behütete Kindheit

Soziales Engagement ist für Diana normal. „Meiner Mutter war es immer wichtig, dass wir Schule, Ehrenamt, Musik und Sport haben.“ Rückblickend findet Diana, sei sie in einer ziemlichen Blase aufgewachsen. Sie besucht das Gymnasium, spielt Volleyball im Verein und engagiert sich in der Debattier- und Theater-AG. Als sie von Zuhause auszieht und ein FSJ in einem Jugendclub macht, trifft sie Menschen, die mit einem ganz anderen Weltbild aufgewachsen sind. Einige waren schon im Jugendgefängnis. Ihre Lebensgeschichten verändern Dianas Perspektive.

Songs aus der rosa Blubberblase

Später entscheidet sie sich genau dort hinzugehen, wo sonst niemand hingeht und den Gefangenen auf Augenhöhe zu begegnen, mit ihnen ihre Musik zu teilen und sich ihre Geschichten anzuhören. Und die Menschen im Gefängnis fühlen sich von ihren Texten angesprochen. „Das ist ein krasses Phänomen, dass sich diese Menschen mit meinen Songs, die im Vergleich zu ihrem Leben aus einer rosa Blubberblase kommen, identifizieren können.“

Glaube gibt ihr Zuversicht

Damit auch die Menschen außerhalb der Gefängnispforten ihre Musik zu hören bekommen, muss sich Diana in Geduld üben. Ihr Glaube macht sie zuversichtlich. Auch wenn sie oft in den „Mecker-Modus“ schaltet, weiß sie, dass Jesus hinter ihr und dem Projekt steht „und alles andere hat bisher ja auch so gut geklappt“. Die Kampagne läuft noch bis Dezember. Diana hofft, bis Ende der Woche 20 Prozent des Funding-Ziels zu erreichen. Und gibt sich Mühe, die Startnext-Webseite bis dahin nicht alle zwei Minuten zu aktualisieren.

Von Ann-Sophie Bartolomäus

„Heimat ist das Gefühl, angekommen zu sein“

Mit 18 Jahren kam Bonita Niessen aus Südafrika nach Deutschland. Sie hat schnell Wurzeln geschlagen und als Sängerin viele Erfolge zu verzeichnen – zum Beispiel in der Rolle der Rosa Parks im Musical „Martin Luther King“.

„Dass jeder fair behandelt wird, das war unser Traum“,singt Bonita Niessen im Chormusical „Martin Luther King“. Sie verkörpert hier die Rolle der Afroamerikanerin Rosa Parks, die am 1. Dezember 1955 in Montgomery, Alabama festgenommen wurde, weil sie sich geweigert hatte, ihren Sitzplatz im Bus für einen Weißen zu räumen. Ihr Gemeindepfarrer Martin Luther King und eine Bürgerinitiative organisierten den ersten Kundenboykott der jüngeren US-Geschichte: Der „Busstreik von Montgomery“ gilt als Anfang vom Ende der Rassentrennung in Amerika.

DURCHBRUCH BEI STEFAN RAAB

„Ich bin im Südafrika der 70er Jahre geboren“, erzählt die zierliche Sängerin, „und in der Nähe von Kapstadt aufgewachsen. Mitten in der Apartheid, die Bürgerrechtsbewegung von Nelson Mandela war in vollem Gange. Wir hatten die gleichen Themen, mit denen 20 Jahre zuvor die schwarzen Afroamerikaner in den USA zu kämpfen hatten.“ In der Schule war Parks kein Thema, „aber als ich später von ihrer Geschichte erfuhr, hat es mich bestärkt: Egal, wie aussichtslos etwas ist – wenn eine Frau mit dunkler Hautfarbe in den USA der 50er Jahre etwas bewirken konnte, dann kann ich das heute auch. Es gibt Gerechtigkeit, und sie ist es wert, dafür zu kämpfen.“

Schon mit zwölf schrieb Bonita Jeanetta Louw ihre ersten Songs und begleitete sich auf der Gitarre dazu. Mit 18 kam sie als Au-pair nach Deutschland. Und sie blieb: Sie studierte an der Stage School of Music in Hamburg, sang bald in einer Band und einem Gospelchor, trat mit Till Brönner auf und veröffentlichte im Jahr 2000 ihr erstes Album. Der Durchbruch kam, als sie 2003 in der Castingshow SSDSGPS (Stefan sucht den Super-Grand-Prix-Star) hinter Max Mutzke Zweite wurde. Bonita wirkte mit in den Pop-Oratorien „Die zehn Gebote“ und „Luther“ und verkörpert von Januar bis April 2020 die Rosa Parks im Chormusical „Martin Luther King“. „Musik ist sehr, sehr wichtig für mich, ich singe für mein Leben gern und habe mein Hobby zum Beruf gemacht. Mehr noch: Ich fühle mich dazu regelrecht berufen!“, erklärt Bonita Niessen.

SCHNELL WURZELN GESCHLAGEN

Für die 42-Jährige ist die Familie allerdings genauso wichtig wie die Musik: „Als ich vor sieben Jahren Mutter eines Sohnes wurde, hat sich mein Glück verdoppelt! Mama zu sein, ist die schönste und wichtigste Aufgabe, die ich jemals haben werde.“ Doch ihr Glück ist nicht ungetrübt: „Ich wünsche, ich könnte meine südafrikanische Familie öfter sehen und mein Glück mit ihnen teilen. Wir sind überall auf der Welt verstreut und müssen es daher aushalten, uns eher selten zu treffen. Aber ich war schon zweimal mit meinem Sohn und meinem Mann in Südafrika, und meine Mutter ist auch ab und zu hier.“

Bonita in Südafrika, Foto: privat

Bonita in Südafrika, Foto: privat

Welches der beiden Länder ist denn nun ihre Heimat? „Meine Heimat ist nicht ortsgebunden. Heimat ist für mich ein Gefühl, das Gefühl, angekommen zu sein. Und das kann überall sein. Wo ich in meiner Seele Glückseligkeit empfinde, das ist meine Heimat – egal, wo auf der Erde ich gerade bin.“ In Deutschland hat Bonita Niessen schnell Wurzeln geschlagen. „Dass das so gut geklappt hat, liegt daran, dass ich die Sprache relativ früh gelernt und mich sehr für die Kultur interessiert habe. Ich lebe hier seit 23 Jahren, länger als in meiner alten Heimat. Und als ich dann Mutter geworden bin und mein Sohn hier in Deutschland geboren wurde, das war schon ein tiefer Wurzelschlag.“

NICHT ALLES SO ENG SEHEN

Ob sie Rituale oder Traditionen aus der alten Heimat mit nach Deutschland gebracht hat? „Nein, ich kannte nur die kolonialistischen Bräuche, die uns aufgezwungen wurden, Teatime zum Beispiel. Als Teenager habe ich mich davon verabschiedet, weil das ja nicht wirklich afrikanische Rituale sind.“ Sie lacht: „Die habe ich aber auch nicht. Was ich importiert habe, das ist die Mentalität, das Leben zu genießen und nicht alles so eng zu sehen. Jeden Tag mit Freude zu starten und mit Freude zu beenden, egal, welche Umstände man hat.“

Aber: „Wenn ich abends für meine Familie hier in Deutschland koche, versuche ich mich daran zu erinnern, wie meine Eltern das Essen für uns vorbereitet haben. Ich habe einige unschöne Erinnerungen aus meiner Kindheit, aber mit dem Essen habe ich nur positive Assoziationen. Das Sonntagsmahl nach dem Kirchenbesuch war immer ein Fest. Ab und zu fallen mir wieder Rezepte von früher ein, und dann geht’s rund in der Küche!“

IN DIE HAARE GEFASST

Rassismus erlebt sie meist subtil, aber auch schon mal direkt, „angefangen davon, dass ich von wildfremden Menschen ausgefragt oder auf mein Aussehen angesprochen werde. Meine Haare sind oft ein Thema, und im schlimmsten Fall wird in meine Frisur hineingefasst. Oder wenn die Rede ist von ,euch‘ und ,ihr‘, dann weiß ich immer nicht genau, wen die Menschen meinen – wer soll dieses ,ihr‘ sein? Alle dunkelhäutigen Frauen in Deutschland? Es stört mich auch, dass manche immer noch politisch unkorrekte Wörter oder rassistische Bezeichnungen benutzen und das nicht schlimm finden.“

„Gott ist Liebe” ist ein wichtiger Satz für sie. „Alles, was Gott erschaffen hat, wurde nicht nur aus Liebe geschaffen, sondern es ist Liebe. Wer also andere so wie sich selbst liebt, trägt somit das Göttliche in sich und ist Gott nah!“ Sie seufzt: „Eigentlich müsste so vieles anders sein. Noch immer ist der Traum von Rosa Parks und Martin Luther King nicht überall auf der Welt Wahrheit geworden. Dass Menschen in Frieden, ohne Gewalt und ohne Armut und als Gemeinschaft leben können, davon sind wir leider noch sehr weit entfernt, und das macht mich traurig.“

Carmen Möller-Sendler lebt und arbeitet im Ruhrgebiet. Sie ist Diplom-Journalistin und Öffentlichkeitsarbeiterin, Mutter von zwei erwachsenen Töchtern und stolze Oma einer hinreißenden Enkelin.

Auftanken im Vaterhaus

Christof Matthias feiert mit seinen Freunden Gottesdienst.

Es ist über 15 Jahre her. Mit ein paar Freunden saßen wir in unserem Wohnzimmer. An dem Abend beschäftigte uns die Frage, in welcher Art und Weise wir Gott am besten begegnen können. Die Brainstorming-Runde brachte die unterschiedlichsten Gedanken hervor: Gemeinschaft, Singen, nachdenkliche Impulse, Zeit zu hören, überschaubarer Rahmen und Kaffee natürlich. Wir wagten einen ersten Versuch, trafen uns in einer kleinen evangelischen Kirche.

Es war freier, vertraulicher und überschaubarer als ein sonntäglicher Gottesdienst. Unter den Initiatoren waren erstklassiger Musiker, erfahrene Seelsorger, Theologen und alle mit einem weiten Herz.

Aus dieser damaligen Idee ist eine feste Gewohnheit geworden. Wir treffen uns bis heute immer am letzten Dienstag im Monat und nennen das Ganze „Vaterhaus“. Der Ort hat gewechselt, Menschen kamen und gingen, einige blieben über all die Jahre treu. Wir beginnen immer mit „Hallo und wie geht’s?“ bei Kaffee, Tee, Gebäck, Chips und Flips. Ganz entspannt, zwanglos. Mal schauen, wer heute dabei ist und was er mitbringt. Nach und nach trudeln die Leute ein, wie auch immer sie es schaffen. Eine Maxime gilt: Wir machen uns keinen Stress. Das passt für uns nicht zu dem Gedanken des Auftankens und der freien Begegnung.

Irgendwann geht das Musikteam an den Start. Klavier, Gitarre, Saxofon und schöne Stimmen helfen uns, innerlich runterzufahren und unser Herz für Gott zu öffnen. Wir singen nicht nur drei bis fünf Lieder, wir lassen es laufen und kommen zur Ruhe.

Einer von uns hat im Vorfeld Gedanken, die ihn gerade bewegen, vertieft und für alle vorbereitet. Es geht uns immer und ausschließlich um das Thema Beziehung und Begegnung; was hilft und trennt, was belastet und befreit. Wir laden zum Austausch und zur persönlichen Reflektion ein. Zum Abschluss singen wir wieder oder wenden uns den Snacks zu. Auf jeden Fall bleiben wir aber im Gespräch, bis die Müdigkeit und die Vernunft uns nach Hause und ins Bett zwingt.

Ich erlebe diese Abende als „Rundumauftankerlebnis“. Das herzliche „Schön, dass du da bist!“, verbunden mit dem Geruch und Geschmack des Kaffees und meinen Lieblingschips, zeigt mir, dass ich willkommen bin. Das Gefühl, angenommen zu sein, brauche ich wohl mein Leben lang. Meine Seele scheint da ein dauerhaftes Bedürfnis zu haben. Die lieben vertrauten Menschen, die zuhören und denen ich Aufmerksamkeit schenken darf, zeigen mir, dass ich nicht allein bin. Wir stehen zusammen und sind füreinander da. Der aus meiner Sicht hervorragende Lobpreis durchdringt durch seine einfühlsame und abholende Art meine Fassade und wärmt mein Herz. Für mich eröffnet sich dabei immer wieder eine jenseitige Lebenswelt, die meine Seele berührt. Selbst nach einer halben Stunde will ich noch mehr davon. Es tut so gut. Die Gesprächs-Impulse geben mir die Gelegenheit, meine Erkenntnis zu weiten. Gerade im Austausch mit anderen kann ich meine Sichtweise hinterfragen und lerne dazu.

Ach, war das wieder ein schöner Abend. Mehr davon!

Christof Matthias

Christof Matthias ist freiberuflicher Supervisor und im Leitungsteam von Team.F, Vater von drei leiblichen Söhnen, einem mehrfach behinderten Pflegesohn, zwei Schwiegertöchtern und Opa von zwei Enkeltöchtern.

 

 

 

 

Quelle oder Quartier?

Moor Jovanovski räumt seinen MP3-Player auf und landet bei ganz grundsätzlichen Lebensfragen.

Es wird wieder Zeit für eine neue Playlist. Mein kleiner Mp3-Player ist gerade an meinem PC angeschlossen und ich durchforste meine digitalen Musikalben. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, beim Joggen eine besondere Auswahl an geistlichen Liedern zu hören, die mein Herz erreichen. So fungiert meine Zeit des Sports auch zum Aufbau meiner geistlichen Fitness. Dass es mal wieder Zeit für eine neue Liste war, fiel mir daran auf, dass mich die Lieder anfingen zu langweilen. Das musste ich zugeben: Auch geistliche Aussagen können mich irgendwann langweilen. Aber halb so wild meine ich, denn Langeweile ist auch ein Hinweis darauf, dass es weitergehen darf. Denn was ich verinnerlicht habe, kann mir zur Quelle werden, aus der ich dann schöpfe. Es wird logischerweise Zeit für Neues, damit mein Herz nicht zu einem Quartier für fromme Binsenweisheiten wird. Denn das hätte dann weder etwas mit Fortschritt noch mit Fitness zu tun. Während ich also eine neue Auswahl von Liedern auf meinen Player verschiebe, kommen mir die Worte aus Sprüche 4,23 in den Sinn: „Mehr als alles, was man sonst bewahrt, behüte dein Herz! Denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens.“ Das ist schon eine große Aufgabe. Ich pflege viele Dinge in meinem Leben und ich sehe meistens auch, wann es wieder an der Zeit ist, das zu tun. Ich stelle aber fest, dass ich mit meinem Herzen doch etwas zu nachlässig bin. Da kann es schon mal sein, dass sich hier „alte Listen“ wiederfinden, die ich nicht mehr hören will (oder die auch kein anderer hören sollte). Manchmal weiß ich genau, dass es wieder Zeit für etwas Neues wäre. Aber so unbrauchbar die alten Listen manches Mal sind, so sehr habe ich mich auch an sie gewöhnt. Und da liegt die Herausforderung: Zu erkennen, dass nicht alles Vertraute auch Fortschritt oder Fundament bedeutet. Mein Herz bedarf der Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Ich stelle mir die Frage, was sich im Laufe der letzten Wochen so alles in meinem Herzen aufgelistet hat. Welche Songs laufen gerade? Klagelieder? Trauerlieder? Freudenlieder? Welche „Alben“ habe ich kreiert? Ärger? Neid? Ängste? Verletzungen? Es wäre schön, wenn sich manches in meinem Herzen so einfach neu aufsetzen ließe wie eine Playlist. Aber ich bin sicher, dass es Gott möglich ist. Wenn ich mit ihm diese Listen und Alben durchgehe, dann kann er sicher das ein oder andere umgehend löschen. Mancher Song muss umbenannt oder behutsam umgeschrieben werden. Auch da bin ich sicher, dass Gott das kann. Ich will ihm die Listen meines Herzens nicht vorenthalten, damit mein Herz eine Quelle ist und bleibt und damit ich meine Fitness bewahre.

Moor Jovanovski hat zwei Kinder und ist verheiratet mit Monica. Er arbeitet als Pastor und Gemeindegründer in Frankfurt und Wiesbaden.

Der Junge mit der Mundharmonika

Christof Matthias bläst sich aus dem Alltag.

Es war immer wieder schön an Omas Kaffeetisch. Ab und zu holte sie bei diesen Gelegenheiten für uns Enkelkinder die Mundharmonika heraus, spielte alte Volkslieder und tanzte dabei mit uns um den Tisch. Bis heute erinnere ich mich gern an diese Momente, den besonderen Omageruch im Wohnzimmer und den einzigartigen Klang der Harmonika. 45 Jahre später fand ich unter meinen Weihnachtsgeschenken eine Mundharmonika. Meine Frau hatte gut zugehört, als ich die schönen Begebenheiten aus meiner Kindheit erzählte. Was für eine Freude! Natürlich waren die versammelte Familie und die Gäste an den kommenden Tagen dann mein Publikum und mussten sich meine ersten Versuche anhören. Inzwischen sind noch einmal einige Jahre vergangen. Allerlei Verwandte fanden die Idee gut, mir eine Mundharmonika zu schenken, und aus dem einen Exemplar ist eine Sammlung von 20 verschiedenen geworden. Für jede Dur die passende, manche mit eher klassischem Klang, andere gehen in die Blues-Richtung. Meine ersten Bemühungen waren eher laienhaft. Aber durch fleißiges Üben wurden der falsch angespielten Töne immer weniger. Irgendwann habe ich den Mut gefasst, den Setkasten zu einem unserer Seminare mitzunehmen und beim gemeinsamen Singen im Hintergrund leise zu begleiten. Glücklicherweise waren die Reaktionen fast immer sehr ermutigend! Zumindest blieb ich dran. Einmal meinte ein Teilnehmer, das Beste am Lobpreis sei die Mundharmonika gewesen. Das war natürlich ein persönliches Highlight für mich. Vielleicht hatte ich auch bei ihm eine schöne Erinnerung wachgerufen. Die Mundharmonika ist so schön klein und handlich, sie passt in jede Hosentasche und es ist nur ein Griff, um sie über die Lippen gleiten zu lassen und ein paar Töne zu erzeugen. Schon das allein reicht für mich, um meinen Alltag reicher zu machen und innerlich zur Ruhe zu kommen. In diesen Augenblicken kann ich in gutem Sinne alles andere aus den Augen verlieren und bin ganz bei mir. Im Alltag fange ich oft an zu spielen, ohne zu wissen, was dabei herauskommt. Verlieren kann ich mich, wenn ich über einen Onlinekanal Mundharmonikamusik laufen lasse und dann selber dazu die Luft durch die Membranen presse. „Banks of Ohio“ ist gerade mein Hit. Dann ist es weniger ruhig, eher emotional heftig, der Hammer und die Computerboxen fangen an zu klirren. Ich muss dann auch mal ins Treppenhaus gehen, damit meiner Frau das nicht entgeht. Wir Männer (zumindest für mich trifft das zu) sind manchmal eher verkopft, rational und gefühlsverarmt. Mit einer großen Welle fühle ich mich dann mitgerissen, der Ratio bleibt zurück. Es braucht danach ein wenig, um mich am Schreibtisch wieder auf die Korrespondenz einzustimmen. Ich wünschte jedem Mann, dass er seine Welle findet, von der er sich ab und zu mittragen lässt. Ich bin nach wie vor kein Virtuose, meine Mucke sehe ich eher als Hausmannskost. Aber mir tut es gut.

Christof Matthias ist freiberuflicher Supervisor und Regionalleiter von Team.F, Vater von drei leiblichen Söhnen, einem mehrfach behinderten Pflegesohn, zwei Schwiegertöchtern und Opa von zwei Enkeltöchtern.

 

Adonia endlich auch im hohen Norden

Wir in der Redaktion sind große Fans von Adonia. Adonia bietet Mitmachmusicals für Kinder- und Jugendliche an und führt Camps für Teenager und Kinder durch. In diesen Camps können die Kids und Teens unterschiedliche Fähigkeiten ausprobieren, sie lernen sich und andere besser kennen, werden ermutigt und erfahren viel über den christlichen Glauben.

Diese Musicalcamps gibt es fast flächendeckend in ganz Deutschland. 2016 fanden deutschlandweit 50 Musicalcamps mit 3.300 Teens und Kindern statt. Insgesamt wurden 175 Konzerte veranstaltet. Lediglich in Norddeutschland gibt es noch Bundesländer, in denen bislang keine Musicalcamps veranstaltet werden. Diese Lücke soll in den nächsten Jahren geschlossen werden. „Wir planen für den Oktober 2017 eine erste Tour in Schleswig-Holstein und wollen dann 2018 unser erstes Teenscamp mit bis zu 80 Mitwirkenden dort veranstalten“, so Markus Heusser, Leiter der Adonia-Arbeit in Deutschland. „Wir freuen uns darauf, in Zukunft auch Teenagern aus dem nördlichsten Bundesland die Gelegenheit zu geben, mit uns auf der Bühne zu stehen, ihr Talent weiterzuentwickeln und in einer ganz besonderen Atmosphäre ihren Glauben zu vertiefen.“

Für die Konzerttour, die vom 3. bis 8. Oktober 2017 stattfindet, werden noch Veranstaltungsorte in Schleswig-Holstein gesucht. Im Oktober 2018 soll das erste komplette Musicalcamp starten. Wer sich vorstellen kann, ein Konzert mit Adonia zu veranstalten, wendet sich am besten an Katharina Becker (katharina.becker@adonia.de/Tel. 0721 5600 991-12).

Weitere Infos unter www.adonia.de/schleswig-holstein

 

 

 

Quelle oder Quartier?

Moor Jovanovski: durchforscht die Playlist seines Herzens

Es wird wieder Zeit für eine neue Playlist. Mein kleiner Mp3-Player ist gerade an meinem PC angeschlossen, und ich durchforste meine digitalen Musikalben. Ich habe es mir zur Gewohnheit gemacht, beim Joggen eine besondere Auswahl an geistlichen Liedern zu hören, die mein Herz erreichen. So nutze ich den Sport auch zum Aufbau meiner geistlichen Fitness. Dass es mal wieder Zeit für eine neue Liste war, fiel mir daran auf, dass mich die Lieder anfingen zu langweilen. Das muss ich zugeben: Auch geistliche Aussagen können mich irgendwann langweilen. Aber halb so wild, denn Langeweile ist auch ein Hinweis darauf, dass es weitergehen darf. Es wird einfach Zeit für Neues, damit mein Herz nicht zu einem Quartier für fromme Binsenweisheiten wird. Während ich also eine neue Auswahl von Liedern auf meinen Player verschiebe, kommen mir die Worte aus Sprüche 4,23 in den Sinn: „Mehr als alles, was man sonst bewahrt, behüte dein Herz! Denn in ihm entspringt die Quelle des Lebens.“ Das ist schon eine große Aufgabe! Ich pflege viele Dinge in meinem Leben, und ich sehe meistens auch, wann es wieder an der Zeit ist, das zu tun. Ich stelle aber fest, dass ich mit meinem Herzen doch etwas zu nachlässig bin. Da kann es schon mal sein, dass sich hier „alte Listen“ wiederfinden, die ich nicht mehr hören will (oder die auch kein anderer hören sollte). Manchmal weiß ich genau, dass es wieder Zeit für etwas Neues wäre oder auch ein neuer Schritt zu wagen wäre. Aber so unbrauchbar die alten Listen manches Mal sind, so sehr habe ich mich auch an sie gewöhnt. Und da liegt die Herausforderung: Zu erkennen, dass nicht alles Vertraute auch Fortschritt oder Fundament bedeutet. Mein Herz bedarf der Aufmerksamkeit und Achtsamkeit. Ich stelle mir die Frage, was sich im Laufe der letzten Wochen so alles in meinem Herzen aufgelistet hat. Welche Songs laufen gerade? Klagelieder? Trauerlieder? Freudenlieder? Welche „Alben“ habe ich kreiert? Ärger? Neid? Ängste? Verletzungen? Es wäre schön, wenn sich manches in meinem Herzen so einfach neu aufsetzen ließe wie eine Playlist. Aber ich bin sicher, dass es Gott möglich ist. Wenn ich mit ihm diese Listen und Alben durchgehe, dann kann er das eine oder andere umgehend löschen. Mancher Song muss umbenannt oder behutsam umgeschrieben werden. Auch da bin ich sicher, dass Gott das kann. Ich will ihm die Listen meines Herzens nicht vorenthalten, damit mein Herz eine Quelle ist und bleibt und damit ich meine Fitness bewahre.

Moor JovanovskiMoor Jovanovski hat zwei Kinder und ist verheiratet mit Monica. Er arbeitet als Pastor und Gemeindegründer in Frankfurt und Wiesbaden.