Zweisprachig Erziehen?

„Meine Muttersprache ist Deutsch, die meines Mannes Spanisch. Wir möchten unseren Sohn (fünf Monate) zweisprachig erziehen. Wie machen wir das am besten? Was sind die Vor- und Nachteile einer bilingualen Erziehung? Worauf müssen wir achten?“

Die Erfahrung für ein Kind mit zwei verschiedensprachigen Eltern aufzuwachsen, ist in jedem Fall etwas Schönes und Positives. Ihr Sohn lernt von Anfang an zwei Sprachkulturen kennen. Eine wertvolle, unbezahlbare Chance! Besonders in Ihrem Fall, da Spanisch ja zu den meistgesprochenen Sprachen der Welt gehört. Es liegt auf der Hand, dass jeder Elternteil sich mit seinen Kindern auch in seiner eigenen Muttersprache unterhalten möchte. Das ist besonders für den Partner, der nicht in seiner Sprachheimat lebt, wichtig. So können die Kinder auch mit ihren fremdsprachigen Großeltern und Verwandten eine Beziehung aufbauen. So geht für das Kind nicht eine der beiden Kulturen, aus denen es stammt, verloren.

JEDER EINE SPRACHE
Kleinkinder haben erfahrungsgemäß meist keine Probleme mit dem gleichzeitigen Erwerb mehrerer Sprachen. Eine wichtige Voraussetzung ist, dass jeder Elternteil konsequent für seine Sprache zuständig ist und mit dem Kind nahezu ausschließlich in dieser kommuniziert. Eltern, die stets die Sprachen mischen, tun ihrem Kind nichts Gutes. Ebenso Eltern, die Kinder in einer Sprache unterweisen wollen, die sie selbst nicht ausreichend beherrschen. Diese klaren Sprachtrennungsregeln erleichtern dem Kind den Spracherwerb. Zu Beginn kann es zu Sprachmischungen beim Kind kommen. Das ist nicht weiter schlimm. Bleiben Sie einfach konsequent bei „Ihrer“ Sprache. Dann geben sich diese Sprachmischungen von selbst. Familienspaltend könnte Zweisprachigkeit nur dann wirken, wenn der andere Elternteil die Sprache nicht versteht oder die Kultur und Sprache des anderen Partners vor dem Kind „schlecht“ macht. Sprache sollte niemals zum gegenseitigen Ausspielen des jeweilig anderen Partners, Elternteils oder Großelternteils verwendet werden.

DIE GROSSFAMILIE EINBINDEN
Binden Sie auch die Großeltern in den Sprachförderprozess mit ein. Das nimmt ihnen die Ängste vor dem Fremden und Ungewohnten. Vielleicht macht es ja der ganzen Großfamilie Spaß, auch ein bisschen Spanisch zu lernen und in die Kultur Spaniens einzutauchen. Im Gegenzug kann die spanische Verwandtschaft in deutsche Gepflogenheiten und die deutsche Sprache eingeführt werden. Das Kind sollte die Möglichkeit haben, die Sprache, die nicht in seinem Heimatland gesprochen wird, praktisch anzuwenden: im Urlaub, bei Verwandtenbesuchen, mit Filmen, Büchern, CDs und Spielgruppen. Suchen Sie Kontakt zu anderen spanisch-deutschsprachigen Familien. So fühlen Sie und Ihre Familie sich ein bisschen weniger „exotisch“. Kinder benötigen mitunter „Schicksalsgenossen“, um an der zweiten Sprache nicht die Freude zu verlieren. Nehmen Sie sich viel Zeit, mit dem Kind zu reden, zu spielen und Bücher in der jeweiligen Sprache vorzulesen. Je mehr Freude Sie selbst an Ihrer Sprache haben, umso mehr wird auch Ihr Kind Sprache als etwas Wertvolles, Schönes und Spannendes erleben. Die meisten bilingual erzogenen Kinder sind ihren Eltern später sehr dankbar für die Chance, zwei Sprachen annähernd gleichwertig zu beherrschen.

Roswitha Wurm lebt mit ihrer Familie in Wien. Die Autorinund Pädagogin unterrichtet Kinder mit Lese- und Rechenschwäche sowie Jugendliche in Deutsch als Fremdsprache.

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