Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Die Windel loswerden

„Wie kann ich meiner Tochter (2,5 Jahre) dabei helfen, trocken zu werden?“

Trockenwerden ist ein Thema, das oft für Unsicherheit sorgt – da sind die einen, oft aus der älteren Generation, die schon die Augenbrauen hochziehen, wenn zum ersten Geburtstag noch kein Töpfchen besorgt wird. Und dann die anderen, die der Meinung sind, Kinder dürften auch noch mit fünf Jahren eine Windel tragen.

Die Wahrheit liegt, wie so oft, in der Mitte: Mit ein bis zwei Jahren ist es für die meisten Kleinkinder noch zu früh, um trocken zu werden. In der Regel kann der Schließmuskel erst mit drei bis vier Jahren gut kontrolliert werden. Dennoch zeigen manche Kinder schon vorher Interesse am Töpfchen – dann spricht nichts dagegen, sie diese neue Situation spielerisch kennenlernen zu lassen. Wenn Ihre Tochter Interesse zeigt, bieten Sie ihr ruhig an, sich auf die Toilette oder das Töpfchen zu setzen, wenn Sie mögen, auch während Sie selbst zum WC gehen. Zu Hause oder bei gutem Wetter draußen können Sie Ihre Tochter ohne Windel herumlaufen lassen und zwischendurch fragen, ob sie zum Töpfchen gehen möchte.

BLOSS KEIN DRUCK!

Kurz vor dem dritten Geburtstag kann man anfangen, das Thema etwas intensiver anzugehen: öfter nach Gelegenheiten ohne Windel suchen und den Töpfchenbesuch anbieten. Kinderbücher wie „Jakob und sein Töpfchen“ oder „Moritz Moppelpo braucht keine Windel mehr“ helfen, das Thema interessant zu machen.

Wichtig bleibt die Devise: Kein Druck! Wenn Eltern drängeln oder gar schimpfen, weckt das im Kind nur Widerstand. Vielmehr sollte man sich über jede „Sitzung“ – ob mit oder ohne „Erfolg“ – freuen, das Kind loben und gleichzeitig entspannt bleiben, wenn es mal nicht klappt oder das Kind plötzlich nicht mehr will. Dann ist es empfehlenswert, es erst einmal hinzunehmen, bis das Kind wieder Bereitschaft zeigt.

Wenn Ihr Kind mit etwa dreieinhalb Jahren noch immer kein Interesse zeigt, hilft ein Besuch beim Kinderarzt, medizinische Ursachen auszuschließen. Wenn es diese nicht gibt, lohnt es sich, das Ziel „Windel loswerden“ neu anzugehen und attraktiv zu machen – mit einem besonderen Toilettenaufsetzer oder Töpfchen oder kleinen Belohnungen wie Stickern, die für jeden Töpfchenbesuch aufgeklebt werden dürfen. Manchmal ist das Motivation genug – wenn nicht, kann es ab einer bestimmten Anzahl Stickern (vier bis sechs) eine kleine Belohnung geben.

RÜCKFÄLLE SIND NORMAL

Wichtig ist, dass die Eltern an einem Strang ziehen. Ab etwa dreieinhalb Jahren sollte man nicht mehr nur warten, sondern die Sauberkeitsentwicklung geduldig fördern, weil es sonst passieren kann, dass man den Zeitpunkt verpasst und das Festhalten an der Windel zu einem Muster wird, das immer schwieriger zu durchbrechen ist. Wenn man merkt, dass das Thema zu einem Machtkampf geworden ist oder Stress auslöst, kann es sinnvoll sein, es für ein paar Wochen auf Eis zu legen. Auch ein paar Termine in einer Erziehungsberatungsstelle können Wunder bewirken, wenn es so gar nicht klappen will. Rückfälle sind völlig normal, und es dauert oft bis zum Alter von vier bis fünf Jahren, bis das Kind zuverlässig trocken ist – und auch dann können Unfälle noch vorkommen.

Melanie Schüer ist Erziehungswissenschaftlerin, verheiratet und Mutter von zwei Kindern. Sie ist als freie Autorin und Elternberaterin mit dem Schwerpunkt Schrei- und Schlafprobleme tätig (www.elternleben.de sowie www.neuewege.me). Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

1 Kommentar

Trackbacks & Pingbacks

  1. […] zieht!“ wünsche ich Ihnen Gelassenheit und Geduld. Entwicklungsprozesse brauchen einfach ihre individuelle Zeit … Und freuen Sie sich dann gemeinsam am […]

Kommentare sind deaktiviert.