Mutter Carolin erzählt: Mit diesen 5 Tipps wird der Urlaub mit Kindern zum Highlight
Jahrelang war der Familienurlaub für Carolin Nesgaard mehr Frust als Freude. Doch mit ihrer Reise nach Norwegen änderte sich alles.
„Das machen wir nie wieder!“ Wie oft haben mein Mann und ich uns nach einem Familienurlaub angeschaut und diesen Satz ausgesprochen? Die Liste der Urlaubsmisserfolge ist lang: als einzige Familie im Dunkeln und in der Kälte morgens um sechs Uhr am Campingplatz frühstücken, in der Nacht im Auto sitzen wegen Gewitter am Campingplatz, ein Programm nach dem nächsten organisieren beim Urlaub in einer Ferienwohnung …
Nach dem Urlaub erschöpfter als vorher
Danach fühlte ich mich nicht selten krank. Jedenfalls erschöpfter als vorher. Oft hatte ich den Eindruck, dass wir allein mit unseren Eskapaden waren. Alle anderen Familien schienen entspannte und erholsame Urlaube zu verleben. Nur wir kamen jedes Mal mit oben zitiertem Satz nach Hause anstatt mit begeisterter Miene. Was machten wir nur falsch? Sind unsere Bedürfnisse zu verschieden? Da gibt’s den hyperaktiven Mann, der ständig in Bewegung sein muss und dem es schnell zu heiß ist. Die hochsensible Tochter, die am liebsten nur Natur um sich hat. Die introvertierte Mutter, die möglichst wenig Ansprache möchte. Die extrovertierte Tochter, die ständig Action will, ohne sich anzustrengen. Und die Tochter, der Baden am wichtigsten ist und die Schlösser am meisten interessieren. Fünf Personen, und keine gleicht der anderen.
Nun stand 2020 in Corona-Zeiten wieder der Sommerurlaub vor der Tür – nicht gerade die beste Voraussetzung für einen erfolgreichen Urlaub. Den ursprünglich nach Stockholm gebuchten Flug tauschten wir in einen Voucher um und beobachteten die Corona-Lage. Als Norwegen Mitte Juli die Türen für deutsche und andere europäische Touristen öffnete, buchten wir kurzfristig nach Oslo um. 18 Jahre nach unserer Hochzeitsreise wollten wir das Land mit unseren Kindern besuchen, die durch ihren halbdänischen Papa mit der skandinavischen Kultur verbunden sind. Die Erwartungen an den Urlaub waren meinerseits kleiner denn je und die Erschöpfung vorher größer denn je. Keine gute Kombi.
Bestens ausgerüstet
Und trotz allem wussten mein Mann Thomas und ich, dass wir als Familie nach all den vielen Einschränkungen in der Corona-Zeit und der Streichung unseres Pfingsturlaubs unbedingt einen Tapetenwechsel brauchten. Monate im Voraus (damals noch mit Schweden als Ziel) hatten wir angefangen, unsere Outdoor-Ausrüstung aufzustocken, damit der Urlaub gelingen konnte: Jedes Mädchen hatte einen Trekking-Rucksack zum Geburtstag bekommen. Isolierjacken wurden für die zu erwartenden kühlen Abende gekauft. Wanderhosen und Quick-Dry-T-Shirts haben wir ebenfalls besorgt. Die Wanderstiefel kamen erst am Abend vor unserem Abflug an (Gott ist nie zu spät, aber oft auch nicht zu früh). Ein Drei-Mann-Zelt hatten wir bereits, das war aber auch schon 16 Jahre alt. Ein Freund überließ uns sein 17 Jahre altes Zwei-Mann-Zelt.
Beide Zelte wurden in der ersten Nacht in Oslo am Campingplatz einem großen Test unterzogen: schon wieder eine Gewitternacht! Über eine Stunde verbrachten wir im Waschhaus und hofften, dass die Zelte den über uns brausenden Donnern, hell aufleuchtenden Blitzen und dem Starkregen standhalten würden. Die Erleichterung war groß, als alles im Wesentlichen trocken geblieben zu sein schien.
Unglaublich schöne Erlebnisse
Nach diesen und anderen Anlaufschwierigkeiten kam der Urlaub für uns so richtig in Fahrt, als es mit dem Zug gen Nordwesten zum Fjordland ging. Als Familie spielten wir uns immer besser ein: Zelt aufbauen, Zelt abbauen (insgesamt viermal), die Kinder spülen jeweils zu zweit im Wechsel ab, Wäsche wird von Hand gewaschen, Rucksäcke werden gepackt und auch mal ein paar Kilometer weit zur Bus- oder Zugstation getragen (beim letzten Mal sogar ohne Protest unserer Jüngsten). Aber das Schönste war, so viel unberührte Natur zu sehen, auf Berge zu wandern und unglaublich schöne Aussichten über den Fjord oder das Meer zu bestaunen. Im vom Schmelzwasser gespeisten Fluss und im 15 Grad kalten Meer zu baden – wie belebend! Verwunschene Wanderwege zu entdecken, die in keinem Reiseführer stehen. Eine letzte Nacht in einer urgemütlichen Jugendherberge zu verbringen.
Es war ein wundervoller Urlaub trotz zwei gebrochener Zeltstangen (Materialermüdung nach 16 Jahren) und Zeltabbau im Regen inklusive der Feststellung, dass der Zeltboden auch nicht mehr dicht war. Und da war sie endlich wieder, oder vielleicht sogar zum ersten Mal: die Überzeugung für einen Familienurlaub, der uns allen noch lange in Erinnerung bleiben wird.
Fünf Tipps für glückliche Erinnerungen
Den Ausdruck „Creating memories“ hörte ich zum ersten Mal vor 15 Jahren. Als Hauseltern an einem internationalen, christlichen Internat in Indien wurde uns damals der Hinweis gegeben, dass man glückliche Erinnerungen nicht dadurch schafft, dass man zusammen Filme guckt. Das kann auch mal nett sein. Glückliche Erinnerungen sind jedoch aus einem ganz anderen Holz geschnitzt. Der dänische Glücksforscher Meik Wiking hat ein ganzes Buch zu dem Thema geschrieben. Einige seiner Tipps daraus haben wir umgesetzt:
1. Erste und außerordentliche Erlebnisse werden in der Erinnerung besser
Unsere Kinder waren zum ersten Mal in Norwegen, haben zum ersten Mal von oben in einen Fjord heruntergeschaut, zum ersten Mal im zehn Grad kalten Fluss gebadet …
2. Mit allen Sinnen erleben und Aufmerksamkeit investieren
Das ist sozusagen das Gegenteil zur digitalen Welt. Smartphones sind zu unseren „Weapons of mass distraction“ (Massenablenkungswaffen) geworden. Um mich zu erinnern, brauche ich die volle Aufmerksamkeit auf das Hier und Jetzt, auf Geruch, Geschmack, Geräusch, Gefühl, Blick aufs Detail. Die einzigen digitalen Medien, die von unseren Kindern im Urlaub genutzt wurden, waren daher E-Readers und Fotokameras. Wir Eltern hatten Smartphones dabei, was zur Organisation und Planung unerlässlich war. Dafür habe ich mir bewusst die Facebook-App vom Handy genommen und war in der Zeit kein einziges Mal in diesem sozialen Medium unterwegs. Wir haben immer wieder versucht, unsere Kinder zum Staunen zu bringen und das Besondere zu betonen: egal, ob das mit der Sprache, der Kultur oder der Geografie zu tun hatte. Unsere Kinder haben dadurch zum ersten Mal eine Flussmündung mit Gezeiten entdeckt.
Anstrengung kann positiv sein
3. Bedeutungsvolle Momente schaffen und Gipfelerlebnisse ermöglichen
Für uns war es definitiv ein Meilenstein, dass jeder sein eigenes Gepäck getragen und zum Gelingen des Urlaubs beigesteuert hat. Wir Eltern waren nicht die Unterhalter vom Dienst, die für das nächste Highlight gesorgt haben. Das mussten sich die Kinder selbst erarbeiten, zum Beispiel durch die Wanderungen mit den beeindruckenden Aussichtspunkten. Denn die Erinnerungen an Höhepunkte bleiben in deutlich besserer Erinnerung, wenn sie unter Anstrengung erreicht wurden.
4. Emotionale Verankerung
Erlebnisse, die starke Emotionen hervorrufen (positiv oder negativ), bleiben positiver in Erinnerung. Das Schild auf der Toilette eines Campingplatzes hat dies wunderbar zusammengefasst: „Life begins at the end of your comfort zone.“ Unsere Kinder wurden nicht von einem Ort bequem zum anderen geschippert. Auch die Unterkunft im Zelt war sehr einfach, genauso wie die Campinggerichte. Es war alles andere als ein Rundum-sorglos-Paket. Unlust-Gefühle mussten immer wieder überwunden werden.
5. Erinnerungen bewahren
Jeden Abend saßen wir gemeinsam am Tisch (wenn es einen gab) oder auf der Isomatte vor dem Zelt und haben jeweils in unser Tagebuch geschrieben (außer unsere Jüngste, die ab und zu etwas in ihres gemalt hat), um die Erlebnisse festzuhalten. Zu Hause durfte sich jedes Mädchen ein kleines Fotoalbum und Fotos aus dem Urlaub aussuchen, die ausgedruckt an diese besondere Zeit erinnern.
„Das machen wir wieder“
Wozu eigentlich der ganze Aufwand? Wieso sind glückliche Erinnerungen denn so wichtig? Negatives erleben wir, ob wir wollen oder nicht, und es bleibt aufgrund unserer Hirnphysiologie besonders gut in Erinnerung. Positives können wir dagegen bewusst gestalten und so einen Gegenpol dazu setzen. Denn die Glücksforschung zeigt, so Meik Wiking, dass Menschen mit ihrem Leben generell zufriedener sind, wenn sie positive Erinnerungen haben. Sie neigen dadurch sogar weniger zu Depressionen. Glückliche Erinnerungen stärken außerdem das Selbstwertgefühl und das Gefühl, geliebt zu werden. Wenn wir als Familie schöne Erinnerungen schaffen, fördern wir die Verbundenheit und stärken die Familienzugehörigkeit. Sie werden Teil unserer Identität.
Stressfrei war der Urlaub nicht. Wir haben uns und unseren Kindern einiges zugemutet, aber zum ersten Mal fühlte ich mich erfrischt und glücklich danach. Und zum ersten Mal schauten Thomas und ich uns nach einem Familienurlaub in die Augen und sagten: „Das machen wir wieder!“ Natürlich in einem anderen Land und mit einem anderen Fortbewegungsmittel (Rad?) – ihr versteht schon – um neue glückliche Erinnerungen zu schaffen …
Carolin Nesgaard lebt mit ihrem Mann und ihren drei Töchtern (8, 12 und 14 Jahre) in München. Sie ist systemische Beraterin und Sprachheilpädagogin M.A.
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