Sind Stoffwindeln wirklich nachhaltiger? Expertin klärt auf
Immer mehr Eltern schwören auf Stoffwindeln. Aber sind sie wirklich nachhaltiger als Einwegwindeln? Ein genauer Blick lohnt sich.
Ein Kind benötigt, bis es mit durchschnittlich zweieinhalb Jahren trocken ist, etwa 5.000 Windeln. Das entspricht bei Einwegwindeln ungefähr 1.000 Kilogramm Müll. Das ist eine ganze Menge! Allein aus diesem Grund entscheiden sich immer mehr Familien dafür, ihre Kinder mit Stoffwindeln statt Einmalwindeln zu wickeln. Stoffwindeln sind waschbar und können bei entsprechender Pflege für mehrere Kinder genutzt werden. Doch sorgt genau das auch für Diskussion: Sind sie wirklich nachhaltiger, wenn so viel Wasser beim Waschen und unter Umständen auch Strom für den Trockner verbraucht wird?
Wirklich umweltschonender?
Frühere Studien haben die Stoffwindel bei der Energiebilanz teilweise auf die gleiche Stufe mit der Einwegwindel gesetzt oder sogar schlechter dargestellt. Dies lag allerdings an den für die Studien erhobenen Daten, die nach meinem Empfinden nicht der Wickelrealität entsprechen. Es wurde zum Beispiel vorausgesetzt, dass nur ein Kind die Windel nutzt und die Waschmaschine nur halb befüllt läuft. Bis heute gibt es keine genauen Studien und Angaben darüber, ab wann Stoffwindeln nachhaltiger sind.
Eine niederländische Studie aus dem Jahr 2023 zeigt aber, dass mit der richtigen Waschroutine der ökologische Fußabdruck beeinflusst werden kann. Dazu gehört, dass die Waschmaschine voll beladen wird, indem die Windeln mit anderer Wäsche gewaschen werden, und der Trockner nur in Ausnahmen genutzt wird. Entscheidend dafür, ob Stoffwindeln nachhaltiger als Einwegwindeln sind, ist auch, welche Energieeffizienz-Klasse die Waschmaschine hat. Wird sie sogar mit erneuerbaren Energien betrieben?
All das zeigt: Die Frage, ab wann Stoffwindeln mit Blick auf das viele Waschen tatsächlich nachhaltiger sind, lässt sich pauschal nicht beantworten. Bei anderen Faktoren erweisen sich Stoffwindeln hingegen als deutlich besser für die Umwelt.
Deutlich weniger Müll
Bei der Herstellung und Entsorgung können Stoffwindeln durchaus ökologischer als Wegwerfwindeln sein. Während Einwegwindeln aus Kunststoffen, Klebern und Vliesstoffen bestehen, sind die Hauptbestandteile von Stoffwindeln nachwachsende Rohstoffe wie Baumwolle, Bambus, Hanf und Wolle. Landet die Einwegwindel im Müll, braucht sie ungefähr 500 Jahre, bis sie sich zu Mikroplastik zersetzt hat. Stoffwindeln hingegen sind, bei richtiger Entsorgung, nach jahrelanger Nutzung fast komplett biologisch abbaubar. Das natürliche Material schont darüber hinaus die empfindliche Haut der Kinder. Eine hohe Atmungsaktivität und temperaturregulierende Eigenschaften sorgen für ein gutes Klima im Windelbereich.
Zudem werden Stoffwindeln in der Regel nicht nur von einem Kind genutzt. Das gleicht auch die hohen Anschaffungskosten zu Beginn aus. Was viele nicht wissen: Auf die gesamte Wickelzeit gesehen, lässt sich mit der Stoffwindel tatsächlich Geld sparen. Sie kann Kindern helfen, schneller trocken zu werden – um bis zu acht Monate früher als bei der Nutzung von Einwegwindeln. Vermutlich rettet die Nutzung von Stoffwindeln nicht unseren Planeten, aber sie ist ein Gamechanger im bewussteren Umgang mit unseren Ressourcen. Und für die Gesundheit unserer Kinder ist sie allemal gut.
Marie Isabel Schäle ist Mutter und macht sich gerade als Stoffwindelberaterin selbstständig. Sie ist aktives Mitglied im Stoffwindelverein Deutschland.








