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Alles hat seine Zeit …

Wie ein biblisches Prinzip im Alltag hilft. Von Miriam Koller

Da war sie wieder, die mir so wohlvertraute Stimme meines inneren Kritikers, die mich immer wieder aufs Neue niedermacht, mich klein hält und verunsichert: „Na toll, hast ein paar Wochen durchgehalten, super. Und heute Abend machst du wieder alles kaputt. War ja klar, dass das nichts wird.“ Mein Blick fiel beschämt auf die Chipstüte vor mir, und ich fühlte mich augenblicklich hundeelend.

SPRUNG VOM 10-METER-BRETT

Vor einigen Wochen hatte mich im Buch „Problemzone Frau“ von Veronika Smoor die Aussage gepackt, wir Frauen dürften in puncto Ernährung auf unseren Körper vertrauen lernen. Ich wagte den mutigen Schritt und begann, nur noch so viel zu essen, wie ich tatsächlich Hunger hatte und nur noch das, worauf ich gerade Appetit hatte. Es fühlte sich im ersten Moment an wie ein Sprung vom 10-Meter-Brett. Anlauf nehmen, Augen zukneifen und hoffen, dass es gut geht. Luftleerer Raum, Schwerelosigkeit, Zweifel, Angst – war das wirklich eine so gute Idee?

Aber dann stellte ich nach kurzer Zeit fest, dass ich tatsächlich phasenweise auf ganz unterschiedliche Lebensmittel Appetit hatte und dass es gar nicht nur die „ungesunden“ waren. An der Mehrheit der Abende vermisste ich meine Schokolade überhaupt nicht, von der ich immer dachte, ich sei abhängig. Und statt der Befürchtung, dass ich aufgehen könnte wie ein Hefeteig, geschah tatsächlich das Gegenteil: Ich nahm ab. Ich fühlte mich so gut und so wohl in meinem Körper.

Gestern dann das: plötzlich ein abendlicher Heißhunger auf Chips, Cola und Schokolade. Und ich gab mich ihm hin. Nicht ohne mich dafür zu verurteilen und schwarzzumalen … Heute lese ich in einem Artikel, wie viel Energie der Körper benötigt, um eine Krankheit zu bekämpfen, und da muss ich plötzlich über mich selbst schmunzeln. Dass mich seit zwei Tagen eine Erkältung quält, hatte ich überhaupt nicht in den Zusammenhang gebracht mit meiner gestrigen Fressattacke. Dabei war es völlig klar: Mein Körper hatte nach Lebensmitteln geschrien, die ihm möglichst schnell viel Energie liefern sollten. Natürlich nicht gerade die besten, aber statt auf ihn zu hören und zu vertrauen, dass er schon weiß, was er da tut, habe ich den inneren Kritiker laut seine Schimpftiraden über mir ausschütten lassen und – das ist das Schlimme – ihm auch noch geglaubt.

DEN INNEREN KRITIKER ZUM SCHWEIGEN BRINGEN

Während ich heute darüber nachdachte, wie wunderbar Gott unseren Körper eigentlich geschaffen hat, kam mir ein Bibelvers in den Sinn, an den ich in letzter Zeit öfter denken musste. Prediger 3,1: „Alles hat seine Zeit, alles auf dieser Welt hat seine ihm gesetzte Frist.“ Lässt sich diese Aussage nicht vielleicht auf viel mehr Bereiche unseres Lebens ausdehnen, als wir erahnen? Der Bibelabschnitt geht weiter mit: „Geboren werden hat seine Zeit wie auch das Sterben.“ Und in diesem Zusammenhang verstehen wir diesen Vers meist. Dass es um die Endlichkeit unseres Lebens geht. Aber dass noch eine ganze Reihe an weiteren Aufzählungen folgen, war mir bisher weniger präsent:

„Pflanzen hat seine Zeit wie auch das Ausreißen des Gepflanzten. Töten hat seine Zeit wie auch das Heilen. Niederreißen hat seine Zeit wie auch das Aufbauen. Weinen hat seine Zeit wie auch das Lachen. Klagen hat seine Zeit wie auch das Tanzen. Steine zerstreuen hat seine Zeit wie auch das Sammeln von Steinen. Umarmen hat seine Zeit wie auch das Loslassen. Suchen hat seine Zeit wie auch das Verlieren. Behalten hat seine Zeit wie auch das Wegwerfen. Zerreißen hat seine Zeit wie auch das Flicken. Schweigen hat seine Zeit wie auch das Reden. Lieben hat seine Zeit wie auch das Hassen. Krieg hat seine Zeit wie auch der Frieden.“

Was hier beschrieben wird, lässt den Schluss zu, dass sich diese Weisheit auf sehr viele Bereiche des Lebens anwenden lässt. Warum also nicht auch auf unsere Ernährung und auf unser Vertrauen in unseren Körper? Und wie viel leichter und schöner wäre doch das Leben für uns, wenn wir uns erlauben würden, dieses Prinzip tatsächlich auf uns anzuwenden? Wenn wir den inneren Kritiker zum Schweigen brächten in dem Wissen, dass Gott das ganz anders sieht? Dass unser Schöpfer uns wunderbar gemacht hat und uns den Bauplan „Alles hat seine Zeit“ in die DNA gelegt hat?

DICKE STAUBSCHICHTEN

Ein weiteres Beispiel: Bevor ich Mutter wurde, war mein Haushalt perfekt geplant. Ich führte einen genauen Ablaufplan, wann ich was zu tun hatte und hielt mich daran. Ich hatte das Gefühl, den Haushalt im Griff zu haben. Dann kam die Geburt und mit dem Einzug dieses neuen kleinen Menschleins wurde meine Welt komplett umgekrempelt. Ich hielt keinen meiner Pläne mehr ein. Machte frustriert einen neuen, nur um dann auch diesen nicht erfüllen zu können. Unsere Regale setzten dicke Staubschichten an. Durch die Fenster sahen wir unsere Umgebung zunehmend getrübter. Es gab Ecken in unserem Zuhause, die über Monate hinweg nicht mehr gesaugt wurden. Und wie sehr machte ich mir dafür Vorwürfe …

Es kamen aber auch wieder andere Zeiten. Ich hätte es damals nicht für möglich gehalten. Auch heute noch gibt es diese Phasen, in denen ich es einfach nicht schaffe, den Haushaltsplan einzuhalten. Wo mir schlichtweg die Kräfte fehlen und ich mich nicht dazu aufraffen kann, die Betten frisch zu beziehen. Und auch da habe ich inzwischen eines gelernt: Es bringt weder etwas, mich zu quälen, nur damit „der Plan eingehalten“ wird, noch den inneren Kritiker zu Wort kommen zu lassen und mich schlecht zu fühlen für „mein Versagen“. Nein, ich darf darauf vertrauen, dass es – vielleicht schon in ein paar Tagen – einen Vormittag geben wird, an dem ich plötzlich vor Kraft nur so strotze, es mir förmlich in den Fingern juckt, heute die Betten zu beziehen, und mir die Arbeit dann federleicht von der Hand geht. Alles hat seine Zeit! Gott spricht es uns zu in seinem Wort. Wir dürfen darauf vertrauen, dass es die Wahrheit ist und es als Schutzschild vor uns halten, wenn die spitzen Pfeile des inneren Kritikers mal wieder versuchen, uns zu durchbohren.

Miriam Koller lebt und arbeitet in Weinstadt in der Nähe von Stuttgart. Sie ist Buchhändlerin in einer christlichen Buchhandlung und Mutter einer Tochter im Kindergartenalter.

„Hilfe, meine Tochter ist zu dick“

„Meine Tochter wird immer dicker, und ich habe das Gefühl, dass sie darunter leidet. Sie zieht sich weite Kleider an und will nicht mehr ins Schwimmbad gehen. Ich liebe sie natürlich so, wie sie ist. Aber ich war als Jugendliche selbst etwas untersetzt und weiß, wie demütigend das in dem Alter ist. Ich würde ihr diese Erfahrung gern ersparen und ihr helfen, weiß aber nicht, wie ich anfangen soll.“

Ich darf Sie zunächst beruhigen: Kinder wachsen häufig „in Schüben“, abwechselnd in die Länge und in die Breite. Wartet man auf das nächste „Längenwachstum“, kann es sein, dass das Gewicht in Bezug auf die Größe des Kindes wieder in einer angemessenen Relation steht.

Bleibt ihr Übergewicht aber über längere Zeit bestehen (ob Ihr Kind wirklich übergewichtig ist, können Sie zum Beispiel anhand der für Mädchen in ihrem Alter geeigneten BMI-Kurve der WHO ablesen), ist es wichtig, dagegenzusteuern – aus gesundheitlichen, aber auch, wie Sie selbst erfahren haben, aus psychischen Gründen. Bieten Sie nicht ungefragt Ihre Hilfe an. Suchen Sie zunächst das liebevolle Gespräch mit Ihrer Tochter und schildern Sie ihr darin Ihre Beobachtungen und Vermutungen. Fragen Sie sie, ob sie möchte, dass Sie ihr helfen, und nutzen Sie eventuell die Unterstützung einer Fachkraft.

Ein Ernährungsprotokoll zeigt, wo es hakt

Möchte Ihre Tochter von Ihnen unterstützt werden, dann führen Sie zusammen mit ihr mindestens drei Tage lang ein Ernährungsprotokoll. Wichtig dabei: Alles sollte genauso wie immer gemacht werden, damit man möglichst gut den „Ist-Zustand“ der Ernährung Ihrer Tochter herausfinden kann. Anschließend werden alle notierten Lebensmittel ausgewertet; entweder per Lebensmitteltabelle oder per Smartphone-App.

Danach werden Sie wahrscheinlich schon sehr gut sehen, wann, wo und durch welche Lebensmittel oder Getränke sie die meisten Kalorien aufnimmt: Das sind die ersten Ansatzpunkte für Veränderungen! Isst sie zum Beispiel gern beim Fernsehen Chips und trinkt häufig süße Getränke, sind kalorienarme oder -freie Alternativen angesagt. So könnte sie etwa Rohkost knabbern oder Tee (kalt oder warm) trinken, sich Mineralwasser mit Limettensaft zubereiten oder sich zusammen mit Ihnen andere Leckereien einfallen lassen.

Gemeinsam ist es leichter

Wenn die gesamte Familie ebenfalls auf kalorienarme Zwischenmahlzeiten umstellt, keine süßen Getränke verzehrt und öfter mal spazieren geht oder mit dem Rad fährt, fällt es auch Ihrer Tochter leichter, die Umstellungen durchzuhalten. Kann sie über mehrere Monate ihr Gewicht mindestens stabil halten und wächst dann noch einmal, so wird das Größen-Gewichts-Verhältnis sicher bald wieder besser passen.

Ist sie allerdings schon ausgewachsen, sollte sie sich mit Ihrer Unterstützung ganz allmählich daran machen, ihre überschüssigen Pfunde wieder loszuwerden. Falls sie allein keinen Erfolg erzielt, kann es auch hilfreich sein, unter Gleichgesinnten abzunehmen und dort neue Ernährungsgewohnheiten einzuüben.

Elke Decher ist Diplom-Ökotrophologin und unterrichtet Ernährung, Hauswirtschaft und Gesundheits- und Naturwissenschaften an einem Berufskolleg. 

Gärtnern mit Kindern

In diesem Jahr scharren wir alle mit den Füßen, ins Freie zu kommen, unsere Gesichter der Sonne entgegenzustrecken und die Hände in kühle, fruchtbare Erde zu stecken.

Gärtnern erdet uns im wahrsten Sinne des Wortes. Niemals habe ich das so konkret erfahren wie während des Lockdowns im letzten Jahr. Mein unperfekter und wilder Garten war und ist mein Ankerpunkt.

Wie sollte ich mit dem Gärtnern anfangen?

Gärtnern kann man tatsächlich überall – egal, ob du Kräuter in einem Topf ziehst, ein kleines Hochbeet anlegst oder hochmotiviert einen 100-m²-Garten aus dem Boden stampfst. Binde dein Kind unbedingt mit ein! Kinder verfolgen den Weg vom Samen bis zur fertigen Pflanze mit wachem Interesse, auch wenn ihnen die gärtnerische Ausdauer fehlt. Erwarte nicht, dass sie sich von Anfang bis Ende selbstständig um ein Beet kümmern. Oft braucht es elterliche Unterstützung, die ein Kinderbeet vor dem Verdursten und der Verunkrautung rettet. Wenn es dann ums Ernten geht, sind sie wieder hochmotiviert.

Oft sind wir überfordert von tausend Informationen, und manchmal halten die uns davon ab, mit dem Gärtnern anzufangen. Ich will dir Mut machen, erste kleine Schritte zu gehen. Ein großer Blumenkübel, ein Hochbeet aus dem Baumarkt, aufeinandergestapelte Autoreifen, Holzkisten: Überall können wir leckere Sachen anbauen. Sogar auf einem Balkon! Fehler werden dir auf jeden Fall passieren. Aber durch sie gelangst du zu mehr Wissen.

Sorten für Anfänger

Überlege mit deinen Kindern, was ihr anbauen wollt. Beschränkt euch auf einfache Sorten:

  • Pflücksalat (Aussaat ab April – dieser Salat wächst nach, er kann also laufend geerntet werden; auch für Balkonkästen geeignet)
  • Erdbeeren (Vorgezogene Pflanzen im Herbst im Freiland oder in Töpfen anpflanzen)
  • Radieschen (Aussaat ab April – Topsi und Flamboyant 2 sind milde Sorten)
  • Cherrytomaten (Vorgezogene Pflanzen ab Mitte Mai ins Freie)
  • Kohlrabi (Vorgezogene Pflanzen ab April ins Freie)
  • Kürbis (braucht viel Platz und Sonne – ab Mitte Mai als vorgezogene Pflanze ins Freie)
  • Gurken (ab Mitte Mai als vorgezogene Pflanze ins Freiland oder auf den Balkon, benötigt eine Rankstütze)
  • Karotten (Aussaat ab April)
  • Kräuter (Jungpflanzen ab April ins Freie oder in Töpfe)

Auf die Lage und die Erde kommt es an

Entscheidend für gute Erträge:

  • Lage: Du kannst fast alle Sorten im Halbschatten anbauen. Pralle Sonne benötigen Kürbisse, Gurken und Erdbeeren. Cherrytomaten gedeihen auch an halbschattigen Plätzen, normale Tomaten hingegen brauchen volle Sonne.
  • Erde: Gute, fruchtbare Erde bringt gute Früchte hervor. Billige Blumenerde aus dem Baumarkt wird nur zu Frust führen. Mische eigene Erde mit Kompost oder besorge qualitativ hochwertige torffreie Gartenerde. Möchtest du längerfristig gärtnern, solltest du eine Kompostmiete anlegen. Für wenig Platz gibt es Thermokomposter und den Bokashi-Eimer.

Erwarte nicht, dass dein Garten oder Balkon sofort wie ein Vorzeigegarten auf Instagram aussieht oder dein Kind immer Lust zum Gärtnern hat. Wenn am Ende der Erfolg vielleicht nur mäßig ist, wird dein Kind gelernt haben, wie viel Arbeit in einem Radieschen und einer Möhre steckt. Und wie viel Geschmack!

Veronika Smoor ist Autorin, Referentin und zweifache Mutter und bloggt unter veronikasmoor.com.

Unsere Kinder wollen Süsses

„Wir erlauben unseren Kindern (3 und 5) Süßes nur an Geburtstagen und anderen besonderen Anlässen. Für sie schien es lange okay, aber jetzt ist es ständig Thema – auch durch das ständige Ansprechen von anderen wie ihren Großeltern. Was können wir tun, damit unsere Kids nicht mehr so viel Wind darum machen?“

Dass Kinder Süßes lieben, ist völlig normal. Entwicklungsgeschichtlich sind wir Menschen auf süß gepolt! Die Muttermilch schmeckt bereits, durch den enthaltenen Milchzucker, leicht süß, und sogar das Fruchtwasser im Mutterleib hat einen süßlichen Geschmack und wird gern von den Babys getrunken.

Zuckerfreie Ernährung schützt vor Krankheit

Leider haben Süßigkeiten und die darin enthaltenen Zucker „Suchtpotenzial“. Wir gewöhnen uns sehr schnell an den Süßgeschmack und brauchen immer mehr davon, um es als angenehm zu empfinden. Zucker ist in unendlich vielen Lebensmitteln enthalten. Schaut man auf die Zutatenliste verschiedener Süßwaren und süßer Getränke, dann verbergen sich oft eine große Anzahl verschiedener Zucker darin, mit so wohlklingenden Namen wie Saccharose, Maltose oder Dextrose. Alle gehören der Gruppe der sogenannten „niedermolekularen Kohlenhydrate“ an, die dem Körper sehr schnell als Energiequelle zur Verfügung stehen, die aber leider nichts anderes als „leere Kalorien“ enthalten.

Bei Süßigkeiten kommt neben Zucker auch häufig ein hoher Fettanteil dazu, wie in Chips oder Erdnussflips. Kalorienbomben pur! Wer viel Zucker isst, ist häufiger von Zahnkaries, Übergewicht und daraus entstehenden Zivilisationskrankheiten wie Diabetes betroffen. Manche Kindergartenkinder leiden heute schon unter dem früher als „Alterszucker“ bezeichneten „Typ-II-Diabetes“. Deshalb ist es sinnvoll und gut, Kinder möglichst lange zuckerfrei oder zuckerarm zu ernähren.

Generelle Verbote meiden!

Der Umgang mit Süßigkeiten und Snacks will gelernt sein. Dazu ein paar Tipps:

  • Erklären Sie Ihren Kindern, warum sie Süßes in Maßen essen sollten.
  • Vermeiden Sie generelle Verbote im Umgang mit Süßigkeiten.
  • Legen Sie gemeinsam eine „süße Wochenration“ fest.
  • Süßigkeiten eignen sich sehr gut als Abschluss einer Mahlzeit (anschließend die Zähne putzen!).
  • Planen Sie bewusst Nachtische oder auch mal eine süße Zwischenmahlzeit am Nachmittag ein, wie ein Stück Kuchen oder Kekse.
  • Feste Naschzeiten erhöhen den Genuss, denn Vorfreude ist die schönste Freude.
  • Regelmäßige Mahlzeiten beugen Heißhunger auf Süßes vor.
  • Achten Sie auf bewusstes Genießen, wie nur im Sitzen zu naschen. Das trägt auch zur besseren Kontrolle bei.
  • Seien Sie Vorbild.
  • Bieten Sie süße Getränke wie Säfte und Limonaden nur zu besonderen Anlässen an.
  • Bevorraten Sie Süßes nur in kleinen Mengen.
  • Sagen Sie Verwandten und Freunden, dass Sie keine Süßigkeiten als Geschenke oder Mitbringsel für Ihre Kinder möchten.
  • Bieten Sie attraktive Alternativen an: Studentenfutter, Reiswaffeln, selbstgemachtes Popcorn, Salzstangen, Obstspieße, Rohkoststicks …
  • Eine Portion extra wie etwa eine Handvoll Gummibärchen (30 g) und eine Handvoll Chips (25 g) ist Genuss und etwas Besonderes!

 

Elke Decher ist Diplom-Ernährungswissenschaftlerin und unterrichtet Ernährung, Hauswirtschaft und Gesundheits- und Naturwissenschaften an einem Berufskolleg.

Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

 

Die Süßigkeiten-Falle: Ernährungsberaterin gibt 14 Tipps, wie Kinder sie vermeiden

Zu viele Süßigkeiten sind schädlich für die Gesundheit. Was aber tun, wenn Kinder sie immer wieder fordern? Ernährungswissenschaftlerin Elke Decher erklärt, was Eltern tun können.

„Wir erlauben unseren Kindern (3 und 5) Süßes nur an Geburtstagen und anderen besonderen Anlässen. Für sie schien es lange okay, aber jetzt ist es ständig Thema – auch durch das ständige Ansprechen von anderen wie ihren Großeltern. Was können wir tun, damit unsere Kids nicht mehr so viel Wind darum machen?“

Dass Kinder Süßes lieben, ist völlig normal. Entwicklungsgeschichtlich sind wir Menschen auf süß gepolt! Die Muttermilch schmeckt bereits, durch den enthaltenen Milchzucker, leicht süß, und sogar das Fruchtwasser im Mutterleib hat einen süßlichen Geschmack und wird gern von den Babys getrunken.

Zucker hat Suchtpotenzial

Leider haben Süßigkeiten und die darin enthaltenen Zucker „Suchtpotenzial“. Wir gewöhnen uns sehr schnell an den Süßgeschmack und brauchen immer mehr davon, um es als angenehm zu empfinden. Zucker ist in unendlich vielen Lebensmitteln enthalten. Schaut man auf die Zutatenliste verschiedener Süßwaren und süßer Getränke, dann verbergen sich oft eine große Anzahl verschiedener Zucker darin, mit so wohlklingenden Namen wie Saccharose, Maltose oder Dextrose. Alle gehören der Gruppe der sogenannten „niedermolekularen Kohlenhydrate“ an, die dem Körper sehr schnell als Energiequelle zur Verfügung stehen, die aber leider nichts anderes als „leere Kalorien“ enthalten.

Zu viel Zucker macht krank

Bei Süßigkeiten kommt neben Zucker auch häufig ein hoher Fettanteil dazu, wie in Chips oder Erdnussflips. Kalorienbomben pur! Wer viel Zucker isst, ist häufiger von Zahnkaries, Übergewicht und daraus entstehenden Zivilisationskrankheiten wie Diabetes betroffen. Manche Kindergartenkinder leiden heute schon unter dem früher als „Alterszucker“ bezeichneten „Typ-II-Diabetes“. Deshalb ist es sinnvoll und gut, Kinder möglichst lange zuckerfrei oder zuckerarm zu ernähren. Generelle Verbote vermeiden! Der Umgang mit Süßigkeiten und Snacks will gelernt sein. Dazu ein paar Tipps:

  • Erklären Sie Ihren Kindern, warum sie Süßes in Maßen essen sollten.
  • Vermeiden Sie generelle Verbote im Umgang mit Süßigkeiten.
  • Legen Sie gemeinsam eine „süße Wochenration“ fest.
  • Süßigkeiten eignen sich sehr gut als Abschluss einer Mahlzeit (anschließend die Zähne putzen!).
  • Planen Sie bewusst Nachtische oder auch mal eine süße Zwischenmahlzeit am Nachmittag ein, wie ein Stück Kuchen oder Kekse.
  • Feste Naschzeiten erhöhen den Genuss, denn Vorfreude ist die schönste Freude.
  • Regelmäßige Mahlzeiten beugen Heißhunger auf Süßes vor.
  • Achten Sie auf bewusstes Genießen, wie nur im Sitzen zu naschen. Das trägt auch zur besseren Kontrolle bei.
  • Seien Sie Vorbild.
  • Bieten Sie süße Getränke wie Säfte und Limonaden nur zu besonderen Anlässen an.
  • Bevorraten Sie Süßes nur in kleinen Mengen.
  • Sagen Sie Verwandten und Freunden, dass Sie keine Süßigkeiten als Geschenke oder Mitbringsel für Ihre Kinder möchten.
  • Bieten Sie attraktive Alternativen an: Studentenfutter, Reiswaffeln, selbstgemachtes Popcorn, Salzstangen, Obstspieße, Rohkoststicks …
  • Eine Portion extra wie etwa eine Handvoll Gummibärchen (30 g) und eine Handvoll Chips (25 g) ist Genuss und etwas Besonderes!

Elke Decher ist Diplom-Ernährungswissenschaftlerin und unterrichtet Ernährung, Hauswirtschaft und Gesundheits- und Naturwissenschaften an einem Berufskolleg.

Schadet vegane Ernährung?

„Meine Tochter (14) will sich vegan ernähren. Ist das nicht ein Problem bei Heranwachsenden? Und was müsste man beachten?“

Ihre Sorge ist nachvollziehbar und tatsächlich nicht ganz unbegründet. Generell gilt: Je einseitiger die Ernährung und je jünger das Kind ist, umso größer wird das Risiko einer Mangelversorgung. Junge Mädchen, die noch im Wachstum sind und schon ihre Regelblutung haben, haben schon bei Mischkost ein höheres Risiko, zum Beispiel einen Eisenmangel zu bekommen – bei veganer Ernährung steigt dieses Risiko deutlich an!

Mischkost ist die beste Kost

Ernährungswissenschaftler plädieren für eine Mischkost, die zwar überwiegend pflanzliche Lebensmittel enthalten sollte, jedoch in Maßen auch Fleisch. Wer kein Fleisch isst, senkt die Zufuhr von gut verfügbarem Eisen und Zink und auch von Vitamin B12 durch Lebensmittel deutlich. Bei zusätzlichem Verzicht auf Seefisch fehlt zudem eine wichtige Quelle für Jod, Vitamin D und Omega-3-Fettsäuren. Wer komplett auf tierische Lebensmittel verzichtet, sich also vegan ernährt, nimmt zusätzlich weniger Kalzium und Vitamin B2 zu sich. Vitamin B12 und hochwertiges tierisches Eiweiß fehlen völlig!

Pflanzliches Eisen, das notwendig für den Aufbau von roten Blutkörperchen ist, ist für den menschlichen Körper nicht so gut verwertbar wie Eisen aus Fleisch und Wurst. Allerdings kann man durch Kombination von „Pflanzeneisen“ mit Vitamin C dieses Manko teilweise ausgleichen: Isst man sein Müsli (das Getreide enthält Eisen) mit Zitrusfrüchten (Orangen, Zitronen, Kiwi) oder sein Vollkornbrot mit frischer Paprikarohkost oder einem Glas Orangensaft, wird die Verwertbarkeit des pflanzlichen Eisens erhöht.

Eine ausreichende Jodzufuhr könnte bei ausschließlich pflanzlicher Ernährung durch jodiertes Speisesalz und durch mäßigen, aber regelmäßigen Verzehr zum Beispiel von Nori-Algen sichergestellt werden. Die „ovo-lacto-vegetarische“ Form der Ernährung, bei der neben Pflanzenkost auch Eier und Milchprodukte verzehrt werden, liefert auch Kalzium, vor allem wichtig für die Stabilität von Knochen und Zähnen, und Vitamin B2, notwendig für den Energie- und Eiweißstoffwechsel. Gewissheit über die Nährstoffversorgung schafft jedoch nur eine Blutuntersuchung.

Vegane Ernährung nur mit Präparaten

Bei langjähriger veganer Ernährung können schwere Vitamin-B12-Mangelzustände auftreten, die zur Blutarmut führen. Da aber Vitamin B12 auch sehr wichtig für die Entwicklung der Nervenzellen und des Gehirns ist, sollten Veganer ihre Kost unbedingt mit Vitamin-B12-Präparaten ergänzen. Auch der Bedarf an Vitamin D wird bei einer rein veganen Ernährung oft nicht gedeckt. Gerade in Wachstumsphasen, in denen Knochensubstanz aufgebaut werden soll, muss Vitamin D – genauso wie Vitamin B12 – durch Supplemente (Nährstoffpulver oder -tabletten) zugeführt werden.

Die meisten Jugendlichen, die sich vegan ernähren, lehnen erfahrungsgemäß aber jegliche „Zusatzstoffe“ oder Medikamente ab. Unter diesen Voraussetzungen ist eine vegane Ernährung gesundheitlich bedenklich und somit abzulehnen.

Elke Decher ist Diplom-Ernährungswissenschaftlerin und unterrichtet Ernährung, Hauswirtschaft und Gesundheits- und Naturwissenschaften an einem Berufskolleg.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Glückliche Tiere statt Algenpulver: So arbeitet der Landmetzger

Thorsten Gerlach ist der letzte von ursprünglich sechs Metzgern in seiner Region. Täglich kämpft er gegen EU-Richtlinien und Billigfleisch aus Wurstfabriken.

Von Rüdiger Jope

Es ist 6:03 Uhr. Ich steuere das Auto durch die Nebelschwaden im Oberbergischen Land. Der Nachrichtensprecher erklärt, dass in Deutschland jedes fünfte geborene Schwein nicht einmal den Schlachthof erreiche. Deren Haltung mache sie so krank, dass Millionen Tiere frühzeitig notgetötet werden. Ursache dafür seien auch Billigpreise im Handel. Wenige Minuten später parke ich im gefühlten dunklen Nichts vor einem Schaufenster mit der Aufschrift „Landmetzgerei Gerlach“. Im Hinterhof klopfe ich an eine silberne Stahltür. Sie öffnet sich. Im gleißenden Licht posiert kurzärmlig mit Schürze und einem Messer in der Hand Metzgermeister Thorsten Gerlach. Ich trete in einen bis oben hin weiß gekachelten Raum. An Stahlhaken hängen ein großes Stück Rotwild und ein Wildschwein. Letzterem steckt – wie mir der Meister später erklärt – als Zeichen der Ehrfurcht und Dankbarkeit vor dem Leben noch ein Tannenzweig als letzter Biss im Maul.

Unglaublich fingerfertig

Gerlach schwingt präzise die Klinge. Mit etwas Abstand schaue ich stumm der unglaublichen Fingerfertigkeit des 40-Jährigen zu. Innerhalb von wenigen Minuten hat er den Tieren das Fell über die Ohren gezogen. Kollege Ingo rollt das rohe Fleisch am Deckenhaken zum Zerteilen in den Nachbarraum. Thorsten greift zum Dampfstrahler. Nicht zum letzten Mal verschwinde ich an diesem Tag in einer Wassernebelwolke. Mich fröstelt. An einer Kaffeetasse wärme ich meine Finger. Thorsten steckt seine linke 4,5-Finger-Hand in eine Art Kettenhemdhandschuh. Mit chirurgisch genauen und flinken Schnitten wird auf einem Brett das Rotwild zerteilt.

Wurst nach alter Väter Sitte

„Wie wird man Metzger?“, frage ich. Gerlach lacht und sagt: „Eigentlich wollte ich Gärtner werden. Doch meine Eltern sagten: ‚Nein! Du wirst Metzger! Schwein gegessen wird immer!‘“ Als Zehnjähriger fegt er beim Fleischer auf der anderen Straßenseite den Hof, hilft beim Schlachten, lässt sich in das Geheimnis der Wurstmacherei einführen. Thorsten bleibt unbeirrt dran. Der abwertenden Aussage eines Lehrers in der 8. Klasse, dass man für diesen Beruf nur „blöd, stark und wasserdicht“ sein müsse, setzt er Qualität, Wissen, Technologie und Tradition entgegen. „Wir machen hier noch Wurst nach alter Väter Sitte.“ Ich sehe, rieche und schmecke an diesem Tag: Landmetzgersein ist nichts für Hohlköpfe. „Qualitätswurst hat etwas mit Bildung zu tun“, schiebt er beim Wurstteigkneten energisch nach und bedauert, dass sein Beruf total verkannt sei.

Wurstmachen ist Kopfkino

Inzwischen ist er am „Kuchenbacken“. In eine motorisierte Schüssel, den Kutter, kippt er grobe Brocken Fleisch vom Rind und Schwein. Dazu fügt er Eisbrocken. Diese verhindern das Gerinnen des Eiweißes, halten die Temperatur niedrig und sorgen für weniger Wasser in der Wurst. Während der Kutter vor sich hin lärmt, eile ich dem Metzger nach in den Nachbarraum. Es riecht nach Paprika, Salz und Pfeffer. Thorsten stellt mit der Waage die richtige Gewürzmischung für die Fleischwurst zusammen. Ein Rezeptbuch sehe ich nicht. Er grinst und sagt: „Betriebsgeheimnis. Wurstmachen ist Kopfkino!“ Die Mischungsverhältnisse für seine mehr als 130 Sorten Wurst hat er im Kopf. Gurgelnd und schmatzend verschlingt der Kutter die Aromen. Thorsten schiebt mit seinen kräftigen Armen die wabbelnde cremige Masse, die inzwischen mehr nach Pudding als nach Fleisch aussieht, vom Rand in die Mitte der Maschine. Die Messer hacken gierig nach. Anschließend landet ein Teil des Bräts in Formen. „Das gibt Fleischkäse.“ Den größeren Teil jongliert er freihändig einmal quer durch den Raum in den Trichter der Wurstfüllmaschine.

EU-Regelungsirrsinn regt auf

Auf dem Stahltisch daneben steht ein Eimer mit gewässertem Naturdarm. Gekonnt schiebt Thorsten den hauchdünnen und hochelastischen Darm auf den Auslass. Per Fuß betätigt er einen Hebel. Die Wurstmasse schießt in die Hülle. Flink bindet er jeweils die Enden zu. Gleichmäßig reiht er eine Wurst an die andere. Die 28 Exemplare landen danach in einem Kessel bei 71 Grad. Jede Stunde muss er nun die gemessene Kerntemperatur in einem Heft dokumentieren. Meine Wozu-Frage kommentiert er knurrend mit einer abwinkenden Handbewegung: „Die EU-Verwaltung muss ja auch noch beschäftigt werden.“ Zwischen Schweigepausen, Wasserdampf und hektischen Telefonaten schlägt mir eine gehörige Portion Frust entgegen. Es ist ein scheinbarer Irrsinn. Statt stärker die Wurstfabriken zu maßregeln, zu kontrollieren, statt die Tiertransporte über tausende von Kilometern zu unterbinden, trägt man mit EU-Verwaltungsvorschriften die Nachhaltigkeit der Ortsmetzgereien zu Grabe.

Tierarzt statt Schlachter

Von ursprünglich sechs Metzgern im Umkreis von zehn Kilometern ist Gerlach der Letzte seiner Art. So darf der Landwirt, der sein Tier zum Schlachten bringt, nicht mehr den Schlachtraum betreten. „Was für ein Unsinn. Der ist Tag und Nacht mit dem Vieh zusammen, trägt die gleichen Keime wie sein Tier.“ Brach sich früher eine Kuh im Stall oder auf der Weide ein Bein, wurde der Metzger gerufen und machte dem Leid vor Ort ein Ende. „Heute muss das Tier vom Arzt eingeschläfert werden und wandert anschließend in den Abfall“, kommentiert er den ökonomischen Schwachsinn. Süffisant schiebt er nach: „Dafür schuften dann in Wurstfabriken wie bei Wilke schlecht bezahlte Hilfskräfte 14 Stunden am Stück.“

4 Euro statt 6 Cent

Dass die Ausgebeuteten keinen Blick für Qualität und Hygiene haben, hält er für verständlich. Hier sieht er vor allem den Kunden in der Pflicht, der „als König mehr Verantwortungsbereitschaft zeigen müsse“. Doch leider verhält der sich nach jedem „Skandal nur 48 Stunden königlich. Zwei Tage nach dem Empörungseffekt packt er sich dann wieder das billige Massenfleisch, die günstigste Wurst auf den Teller.“ Ich frage nach: Ist das legal? „Ja, die arbeiten alle innerhalb der gesetzlichen Vorschriften. So ist es erlaubt, Wurst mit Algenpulver zu strecken. Da würde mich das Kilogramm Wurst in der Herstellung 6 Cent kosten. Ich nehme jedoch Schweinefleisch. Das schlägt mit 4 Euro zu Buche. Das bin ich aber meinem Gewissen und meinen Kunden schuldig!“ Einen Ausweg aus dem Dilemma „billig, billiger, am billigsten“ sieht er nur im Abbau der Subventionen in der Landwirtschaft.

Lehrling gesucht

Wieder greift er zum Wasserschlauch. Die Maschinen werden gereinigt. In das Rauschen hinein witzle ich: Eigentlich ein Job für den Lehrling, oder? Thorsten zieht die Augenbrauen hoch. Fünf Jahre ist er schon auf der Suche. Er stöhnt resigniert. „Die wissen alle um ihre Rechte, aber wenn ich denen einen Besen zum Stroh auffegen in die Hand drücke, bleiben die am nächsten Tag weg.“

Glückliche Tiere schmeckt man

Mich fröstelt. 2 Grad. Wir stehen im Kühlraum, dem Parkplatz für drei Rinderhälften. Drei Wochen hängen diese hier ab. Während der Reifung wird durch die Trocknung der pH-Wert gesenkt. Das macht das Fleisch geschmackvoll und aromatisch. Thorsten lässt mich fühlen. Das Fleisch hat eine unterschiedliche Konsistenz. Er erklärt: „Links ist eine Kuh, die habe ich als Lohnarbeit für einen Landwirt geschlachtet. Diese hätte ich nicht gekauft. Die rechte Kuhhälfte stammt von einer glücklichen Kuh. Die habe ich vor Ort ausgewählt.“ Ich hauche mir in die Hände. Doch bevor ich meine verwunderte Frage stellen kann, steckt der zweite Meister seinen Kopf in den überdimensionierten Kühlschrank: Die Wurstabfüllmaschine ist ausgefallen. Der Elektriker muss her. Thorsten greift zum Smartphone. Der Elektriker fragt nach: Ist sie nass geworden? Thorsten lacht schallend: Wir sind hier in einer Metzgerei!

Die Rinderhälfte wird an einem silbernen Haken hängend in Schwebebahnmanier in den nächsten Raum kutschiert. Den Bullen zu zerlegen, erspart Thorsten die Muckibude. Gerlach zerteilt das „glückliche Stück Vieh“. Er sieht, ob ein Tier ein gutes Leben hatte. Dafür klappert er nachmittags Höfe und Ställe in zehn Kilometern Umgebung ab. Er ist überzeugt: Nur ein glückliches Tier schmeckt! Wild aus einem Gatter in Neuseeland hält er für überflüssig. Die Regionalität gibt nur eine bestimmte Menge her. Seine Essensempfehlung lautet: „Essen Sie maximal 2–3 Mal die Woche Fleisch, dafür Qualität!“

Geschmackssymphonie für den Gaumen

Ein Gewürzvertreter steht in der Tür. Ein Anhänger mit neun Stück Rotwild zum Zerteilen in Auftragsarbeit wird entladen. Der Elektriker hat den Kurzschluss beseitigt. Der Laden braucht Nachschub an Schnitzeln. Ich fülle mir die Kaffeetasse auf, wärme meine Hände an der Keramik. Thorsten kommt mit frischen Brötchen die Treppe runter. Er angelt aus dem dampfenden Kessel eine Fleischwurst. Meine Lippen erleben eine Geschmacksexplosion. Diese wiederholt sich am Abend bei meinem Sohn: „Papa, die Wurst ist sooooo lecker!“ Handwerk macht eben den Unterschied. Dies kann ich auch beim nächsten Arbeitsgang studieren, riechen und schmecken. Aus der nun wieder brummenden Wurstfüllmaschine wabert Wildsalami. Echte Handarbeit ohne Farbstoffe, ohne künstliche Aromen, denn „es soll so schmecken, wie es ist“.

Qualitätswurst wird grau

Nebenbei erklärt mir der Meister, dass Qualitätswurst nicht farbstabil bleibt, sondern grau wird. Warmer Dampf beschlägt in einem Kessel Bergsalami. Nach dem Räuchern wird die Wurst getrocknet. Der Vorgang dauert acht Wochen. Mit Schnellbindern und Trockenmitteln ließe sich der Vorgang beschleunigen, doch dies ist nicht der Anspruch des Wurstmachers. „Wenn die Salami noch nicht reif ist, muss der Kunde auch mal drei Wochen auf ein Qualitätsprodukt warten“, erzählt der Meister und füllt nebenbei Nüsse in den wieder lärmenden Kutter. Die nächste Salami wird. Dann kosten wir die Wildbratwurst. Geschmackssymphonie, die Zweite. Zum Vegetarier wird man hier nicht.

Ruhe im Hochsitz

Dann heißt es wieder Reinigen. Akribisch. Die Feuchtigkeit kriecht mir inzwischen aus jedem Reißverschluss. Es ist bereits früher Nachmittag. Nach dem Wurstmachen verschlägt es Thorsten hinter die Theke im Laden oder er entspannt auf dem Hochsitz. Dort, im Warten auf den nächsten Bock, kommt er zu sich selbst. Er genießt diese Stille, hat das Staunen nicht verlernt. „Statt zu schießen, lasse ich auch mal eine Sau oder ein Reh einfach laufen, aus purer Freude an der Schöpfung.“ Das reizt mich zu einer letzten Frage: „Was begeistert dich an deinem Job?“ Ich schaue in ein müdes, aber strahlendes Gesicht. Wie auf den Abzug gedrückt schießt es mir entgegen: „Wenn Tiere in guten Produkten weiterleben und so gut wie nichts zurückbleibt! Ich will den Schöpfer im Umgang mit seinen Geschöpfen und ihrer Verarbeitung ehren.“

„Übertreiben Sie es mit der Hygiene nicht!“

Wie sauber muss es bei uns zugehen, damit wir gesund bleiben? Hygiene-Experte Frank Günther warnt vor übertriebener Hygiene. Er rät Familien: „Hände weg von Desinfektionsmitteln im häuslichen Umfeld!“

Wann und wie oft sollten Kinder ihre Hände waschen?
In der Regel so oft wie Erwachsene auch. Insbesondere dann, wenn Gegenstände oder Oberflächen angefasst wurden, die von vielen Menschen berührt werden und deshalb mit Infektionserregern besiedelt sein können: zum Beispiel Türgriffe oder Einkaufswagen. Insbesondere vor dem Essen sollten die Hände gewaschen werden. Kinder erforschen ihre Umwelt noch stark mit den Händen und mit dem Mund. Bei ihnen findet deshalb ein viel stärkerer Austausch mit Keimen untereinander und aus der Umgebung statt.

Muss ich meinem Kind also ständig mit Desinfektionsmittel hinterherlaufen, um es zu schützen?
Sie werden es nicht immer verhindern können, dass Ihr Kind irgendetwas anfasst und sich danach die Finger in den Mund steckt. Was man tun kann, ist, nach jedem Ausflug erst einmal die Hände zu waschen. Das genügt, denn dadurch kann man die Keimbelastung schon stark minimieren. Der Einsatz von Desinfektionsmitteln hingegen kann dem Kind mehr schaden als nützen. Im schlimmsten Fall kann deren Einsatz Hauterkrankungen oder Allergien auslösen. Die Bakterien, die sich auf unserer Hautoberfläche befinden, sind nämlich sehr wichtig für uns, weil sie unser Immunsystem stärken und verhindern, dass sich krankmachende Bakterien auf und in uns ausbreiten können. Mit dem Desinfektionsmittel würden wir nicht nur krankmachende Keime töten, sondern auch die, die gut für uns sind.

Sie raten also grundsätzlich von Desinfektionsmitteln ab?
Ja. Finger weg von Desinfektionsmitteln im häuslichen Umfeld! Auch die Ausbreitung von Infektionen wie einem Magen-Darm-Infekt werden Sie dadurch zu Hause nicht verhindern können. In der Familie herrscht ein so enger Kontakt, dass eine Durchbrechung der Übertragung eigentlich nur durch Isolation gelingen kann – aber damit würde man dem kranken Kind ja noch mehr schaden. Übertreiben Sie es mit der Hygiene nicht! Außer Haus gibt es Situationen, in denen es sinnvoll sein kann, Desinfektionsmittel mit dabei zu haben, etwa im Streichelzoo. Da Tiere für Menschen riskantere Keime auf sich tragen, kann man, wenn nichts anderes zur Hand ist und bevor man etwas isst, die Hände mit Desinfektionsgel reinigen.

Wie gut und wie gründlich sollte man das Kinderzimmer reinigen?
So wie jeden anderen Raum auch. Wischen Sie einfach regelmäßig die Oberflächen ab und saugen sie, um die Staubbelastung zu minimieren und die Vermehrung von Hausstaubmilben zu vermeiden. Deren Kot, der sich vorzugsweise in Textilien wie Matratzen, Teppichen und Bettwäsche befindet, kann nämlich auch Allergien auslösen.

Was ist bei der Zubereitung von Speisen für Kinder zu beachten?
Bei Obst und Gemüse ist immer davon auszugehen, dass die Oberfläche mit Keimen belastet ist, auch wenn es bio ist. Sie wissen nicht, wo es gelegen oder wer es vor Ihnen in der Hand gehalten hat. Diese Keime müssen nicht unbedingt krankmachen, einige bestimmte können es aber. Deshalb sollte man sie vor dem Verzehr immer mit warmem Wasser abwaschen und am besten auch abreiben. So kann man schon einen Großteil der Keime entfernen. Aber auch hier gilt: Eine komplette Keimfreiheit werden Sie nicht erreichen.

Interview: Ruth Korte

My boobs, my business: Wieso ich mein Kind mit zwei Jahren noch stille

Ruth Korte stillt ihre Tochter, obwohl diese längst älter ist als zwölf Monate. Dafür wird sie öfters schief angeschaut – und ärgert sich darüber.

Stillen ist eine tolle Sache. Darin sind sich Ärzte, Hebammen und Biologen einig. Muttermilch versorgt das Kind nicht nur mit allem, was es für sein Wachstum benötigt. Sie ist kostenlos, immer verfügbar, wohltemperiert und senkt das Risiko für Fettleibigkeit, Diabetes und Allergien. Auch die gesundheitlichen Vorteile für Mütter sind gut belegt: Wer stillt, erkrankt seltener an Herzkrankheiten und einer Reihe von Krebsarten wie etwa Brust- und Gebärmutterkrebs. Nicht zuletzt stärkt das Stillen die Beziehung zwischen Mutter und Kind.

Heute anerkannt

Es gibt also gute Gründe zu stillen. Dies ist inzwischen auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Nachdem Stillen lange als verpönt und sogar gesundheitlich bedenklich galt, gibt es heute wieder mehr Still- als Flaschenkinder: Laut der Nationalen Stillkomission stillen hierzulande 90 Prozent aller Mütter nach der Geburt. Mit dem Alter des Kindes jedoch sinkt die Stillrate – genau wie die Toleranzrate in der Gesellschaft. Das zumindest ist mein Eindruck, wenn ich meine Tochter – bald zwei – stille. Ob sie denn nicht genug bekomme, ich sie noch stillen will, wenn sie in die Schule kommt und ob aus meinen Brüsten noch Milch heraus kommt, wurde ich schon häufig von etwas zu neugierigen Mitmenschen gefragt – stets rhetorisch natürlich.

Kritische Stimmen und Blicke

Mein Kind nimmt seit seinem zehnten Lebensmonat alle nötigen Haupt- und Zwischenmahlzeiten zu sich. Trotzdem möchte sie manchmal noch gestillt werden, wenn sie müde ist zum Beispiel oder ängstlich. Ich genieße diese exklusive Zweisamkeit – wären da nicht die kritischen Stimmen und Blicke der anderen. Anders als in den ersten Lebensmonaten überlege ich inzwischen sehr genau, ob und wo ich meine Tochter anlege. Dabei empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation sogar das Stillen im zweiten Lebensjahr und darüber hinaus.
Wir sind auf einem guten Weg, was Stillen angeht. Nun wünsche ich mir eine Stilltoleranz die über die ersten zwölf Lebensmonate andauert. Und mehr Respekt vor Langzeitstillenden. My boobs, my business.

Ruth Korte ist freie Mitarbeiterin bei Family und lebt mit ihrer Familie in Gießen.

My boobs, my business

Ruth Korte ärgert sich über blöde Kommentare zum Stillen.

Stillen ist eine tolle Sache. Darin sind sich Ärzte, Hebammen und Biologen einig. Muttermilch versorgt das Kind nicht nur mit allem, was es für sein Wachstum benötigt. Sie ist kostenlos, immer verfügbar, wohltemperiert und senkt das Risiko für Fettleibigkeit, Diabetes und Allergien. Auch die gesundheitlichen Vorteile für Mütter sind gut belegt: Wer stillt, erkrankt seltener an Herzkrankheiten und einer Reihe von Krebsarten wie etwa Brust- und Gebärmutterkrebs. Nicht zuletzt stärkt das Stillen die Beziehung zwischen Mutter und Kind.

Es gibt also gute Gründe zu stillen. Dies ist inzwischen auch in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Nachdem Stillen lange als verpönt und sogar gesundheitlich bedenklich galt, gibt es heute wieder mehr Still- als Flaschenkinder: Laut der Nationalen Stillkomission stillen hierzulande 90 Prozent aller Mütter nach der Geburt. Mit dem Alter des Kindes jedoch sinkt die Stillrate – genau wie die Toleranzrate in der Gesellschaft. Das zumindest ist mein Eindruck, wenn ich meine Tochter – bald zwei – stille. Ob sie denn nicht genug bekomme, ich sie noch stillen will, wenn sie in die Schule kommt und ob aus meinen Brüsten noch Milch heraus kommt, wurde ich schon häufig von etwas zu neugierigen Mitmenschen gefragt – stets rhetorisch natürlich.

Mein Kind nimmt seit seinem zehnten Lebensmonat alle nötigen Haupt- und Zwischenmahlzeiten zu sich. Trotzdem möchte sie manchmal noch gestillt werden, wenn sie müde ist zum Beispiel oder ängstlich. Ich genieße diese exklusive Zweisamkeit – wären da nicht die kritischen Stimmen und Blicke der anderen. Anders als in den ersten Lebensmonaten überlege ich inzwischen sehr genau, ob und wo ich meine Tochter anlege. Dabei empfiehlt die Weltgesundheitsorganisation sogar das Stillen im zweiten Lebensjahr und darüber hinaus.
Wir sind auf einem guten Weg, was Stillen angeht. Nun wünsche ich mir eine Stilltoleranz die über die ersten zwölf Lebensmonate andauert. Und mehr Respekt vor Langzeitstillenden. My boobs, my business.

Ruth Korte ist freie Mitarbeiterin bei Family und lebt mit ihrer Familie in Gießen.