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Mutter fragt sich: Ab wann sollte meine Tochter zur Frauenärztin?

Wann ist die richtige Zeit für einen ersten Frauenarztbesuch? Und was sollten Töchter vorher wissen? Dr. Ute Buth klärt auf.

„Meine Tochter ist jetzt 14. Manche ihrer Freundinnen waren schon bei der Frauenärztin, andere (wie sie) noch nicht. Ich bin mir unsicher: Wann ist der richtige Zeitpunkt dafür? Und wie bereite ich meine Tochter darauf vor?“

Für viele Mädchen sind Frauenärztinnen zunächst die große Unbekannte. Früher gab es nur den Kinderarzt oder die Kinderärztin. Den meisten Kids ist klar, im Erwachsenenalter gibt es stattdessen Hausärzte. Wozu braucht es zusätzlich eine Frauenärztin?

Was ist eine Frauenärztin?

Eine Frauenärztin ist für die inneren und äußeren Geschlechtsorgane der Frau im Intimbereich sowie für die Brüste zuständig, bei der Vorsorge und der Behandlung von gut- und bösartigen Erkrankungen. Sie begleitet ergänzend zu Hebammen Frauen in der Schwangerschaft und rund um die Geburt. Sie ist Ansprechpartnerin bei Störungen der Monatsblutung, Entzündungen, einem Ungleichgewicht weiblicher Hormone, in Fragen der Empfängnisregelung und bei vielen sexuellen Problemen.

Der Besuch bei der Frauenärztin wird ab dem 20. Lebensjahr ein- bis zweimal pro Jahr zur Vorsorge empfohlen. Wenn ein Mädchen keinerlei Beschwerden hat, genügt es, den ersten Besuch zwischen dem 18. und 20. Lebensjahr zu planen. Ausnahmen, die Praxis früher aufzusuchen, sind Beschwerden im Genitalbereich, starke Schmerzen und/oder Störungen der Monatsblutung, das Ausbleiben der ersten Blutung bei Mädchen älter als etwa 16 Jahre oder wenn kein Tampon eingeführt werden kann. Außerdem ist die Frauenärztin ansprechbar, wenn ein Mädchen schon sexuell aktiv ist oder unsicher, ob alles okay ist, zum Beispiel bei unklaren Tastbefunden der Brust.

Ein Kennenlerntermin kann helfen

Vielen Mädchen hilft ein orientierender erster Termin ohne Untersuchung, um die Ärztin und die Praxis kennenzulernen. Respektieren Sie unbedingt, ob sie zu einer Ärztin oder einem Arzt gehen möchte. Drängen Sie Ihre Tochter nicht zu Ihrem Gynäkologen. Überrumpeln Sie sie nicht, indem Sie mit Terminen Tatsachen schaffen. Klären Sie mit ihr, wann sie dazu bereit ist. Sie sollte wissen: Vor der Untersuchung entkleidet sie sich in einer Umkleidekabine im Untersuchungsraum untenherum – nie ganz! Ein langes Shirt ist ein guter Sichtschutz auf dem Weg zum Untersuchungsstuhl.

Steht eine Untersuchung an, bereiten Sie sie darauf vor, dass die Frauenärztin dafür einen speziellen Untersuchungsstuhl benötigt, auf dem man zurückgelehnt sitzt, während die Beine seitlich auf Beinschalen oder Bögen gelagert sind. Nur so kann die Ärztin durch die Scheide bis zum Eingang der Gebärmutter schauen. Dazu schiebt sie vorsichtig mit Untersuchungsinstrumenten die Scheidenwände beiseite. Zusätzlich kann sie die inneren Geschlechtsorgane durch die Scheide abtasten und sie mit einem schmalen Ultraschallgerät betrachten. Falls es wehtun sollte, bitte Bescheid sagen. Die Frauenärztin ist immer ansprechbar.

Dr. med. Ute Buth ist Frauenärztin, Sexual- und Weißes Kreuz-Fachberaterin. Sie leitet die Beratungsstelle „herzenskunst“ in Bochum, ist verheiratet, Mutter zweier Töchter und Autorin des Teenie-Aufklärungsbuches „Mädelskram“. 

Erektionsstörung: So überstanden Cathrin und Daniel gemeinsam die Krankheit

Als Daniels Prostata entfernt wird, stürzen seine Frau Cathrin und er in ein Tief. Dr. Ute Buth erzählt, wie die beiden ihre Sexualität dadurch neu entdeckten.

Cathrin und Daniel empfanden ihre Sexualität anfangs als aufregend und zugleich auch als herausfordernd. Nicht alles lief, wie sie es sich vorgestellt hatten. Manch eine Prägung aus ihren sexuellen Lerngeschichten* fuhr ihnen in die Parade, musste eingeordnet und verstanden werden. Trotz mancher Irrfahrten blieben sie auf Kurs: Gemeinsam entwickelten sie ihre Sexualität in Höhen und Tiefen, manchmal auch mit Unterstützung in einer Fachberatung.

Mit der Zeit genossen und schätzten sie ihr intimes Miteinander immer mehr. Daniel beschreibt es so: „Diese besondere intime Nähe, diese Vertrautheit, die teilten nur wir zwei. Wir haben erst lernen müssen, über Sex zu reden, das war in unseren Familien so gar nicht selbstverständlich.“ Doch von der Sprachfähigkeit profitierte die Zweisamkeit, denn sie begannen, „uns immer mehr unsere gegenseitigen Vorlieben anzuvertrauen. Und das hat Früchte getragen.“ So konnten sie ihre Sexualität miteinander genießen und feiern.

Wolke 7 trifft auf Alltag

Doch selbst eine gelingende, aufregende partnerschaftliche Sexualität ist kein permanentes Schweben auf Wolke 7. Sie findet live statt und will auf dem Boden alltäglicher Rahmenbedingungen gelebt werden. Sexualität lebt davon, dass beide Partner sich kennen, sich vertrauen und dass sie Wege finden, mit den alltäglichen ungeschminkten Herausforderungen des Lebens weise umzugehen.

„In den unterschiedlichen Lebensphasen“, so Cathrin, „haben wir gelernt, in den zahlreichen Wetterlagen des Alltags unsere sexuelle Nische lebendig zu halten. Das war besonders in der Kleinkindphase unserer beiden Kinder nicht immer einfach.“ Beide schmunzeln. Cathrin ergänzt: „Manchmal haben wir uns einen Babysitter geholt und sind für einen langen Abend ins Hotel gefahren. Anfangs fuhr dann einer wieder nach Hause, um den Babysitter abzulösen. Der andere konnte im Hotel in Ruhe ausschlafen. Unsere Flexibilität und Kreativität hat uns später in der Krise sehr geholfen.“

Daniel kämpft mit Erektionsstörungen

Auslöser dieser Krise war eine Krebserkrankung. Mit Anfang 40 ging Daniel zum Urologen, „weil ich Probleme beim Wasserlassen hatte. Der Urologe entdeckte eine auffällige Prostatavergrößerung. Meine Prostata musste radikal entfernt werden.“ Die Operation verlief gut, der Tumor hatte nicht gestreut. Doch auf die Erleichterung folgte auch eine gewisse Ernüchterung, denn „sexuell lief danach gar nichts mehr“. Daniel hatte nach dem Eingriff mit Erektionsproblemen zu kämpfen. „Damit konnte ich als Mann nicht umgehen. Anfangs zog ich mich deshalb zurück.“

Auch Cathrin war mit der Situation überfordert. Sie wünschte sich ihre gemeinsame Sexualität zurück. Und zugleich war ihr klar, dass das so nicht möglich war. Vor allem aber vermisste sie die intime Nähe, die sie geteilt und genossen hatten. Sie wäre glücklich gewesen, mit Daniel zu kuscheln, sich an ihn zu schmiegen und ihm so ihre Liebe zu zeigen. Doch sie wollte ihn nicht bedrängen, stand hilflos vor der Situation und schwieg.

Daniel machte sich Sorgen. Was, wenn sich die Problematik nicht zurückbilden würde? Er sehnte sich nach Intimität mit Cathrin. Dass sie das Gespräch nicht suchte, verstand er als Enttäuschung und Rückzug. War er nun für sie nicht mehr „gut genug“?

Was hilft bei sexuellen Problemen?

Es ist normal, dass ein solcher Einschnitt beide Partner gewaltig erdet und zutiefst verunsichert. Sie verlieren einen Schatz, den sie sicher zu haben wähnten. An bewährte Strategien können sie nicht mehr anknüpfen, und zur Tagesordnung können sie auch nicht übergehen. In einer solchen Situation ist vor allem Mitgefühl gefragt. Mit sich selbst und mit seinem Gegenüber. Und möglichst auch der baldige Austausch darüber, wie es beiden geht. Denn nonverbal stellen sich, wie auch im Fall von Cathrin und Daniel, rasch Missverständnisse und Fehldeutungen ein.

Beim Urologen erfuhr Daniel, dass das Problem mit der Gliedsteife bis zu neun Monate andauern könne. In manchen Fällen würde es auch danach nicht besser. Daniels Verunsicherung war dadurch nicht weg. Die Tabletten, die ihm der Arzt verordnete, verbannte Daniel zunächst in eine Schublade.

Eines Abends ergab sich ein erstes zaghaftes Gespräch mit Cathrin über die aktuelle Situation, zuerst ganz allgemein, wie es beiden geht, aber auch, was all das mit ihnen als Paar gemacht hatte. Beide merkten, dass sie auf dem Weg Federn gelassen hatten, und wie sehr Missverständnisse ihr Verhalten beeinflussten. Doch sie erinnerten sich auch daran, dass sie sich früher in Herausforderungen ihrer Ehe und sexuellen Fragen in der Beratung Hilfe gesucht hatten. So entschieden sie, sich auch in diesem Fall Rat zu holen.

Eine Paarberatung kann helfen

In der Beratung sprachen sie erstmals ohne Bewertung vom anderen darüber, wie es ihnen tatsächlich geht und welche Fragen und Sorgen, aber auch welche Bedürfnisse und Ideen da sind. Überrascht stellten sie fest, dass sie beide weiter ein starkes Nähe-Bedürfnis hatten, dieses aber durch ihren jeweiligen Rückzug nicht geäußert hatten.

Nach und nach stellten sie sich dem akuten Schmerz des Verlustes und auch der Möglichkeit, dass dieser endgültig sein könnte. Sie trauerten über das, was sie eingebüßt hatten, und übten sich dann darin, ihren Blick auf das zu richten, was ihnen an Ressourcen und Möglichkeiten geblieben war.

Intimität jenseits von Geschlechtsverkehr

Überraschend war für Daniel, dass Cathrin zunächst vor allem seine intime Nähe spüren wollte. Ohne Anspruch auf Sex. „Ich war perplex, traurig und freudig überrascht zugleich. Genau das hatte ich mir ja auch gewünscht und mich doch nicht getraut, danach zu fragen. Weil ich meinte, meinen Mann nicht stehen/ nicht liefern zu können.“ Gemeinsam entschieden sie, die Tabletten für später aufzuheben und sich erst einmal langsam wieder anzunähern. Sie belebten anfangs zaghaft, dann immer mutiger längst verschollene Möglichkeiten aus den Anfängen ihrer Partnerschaft: Kuscheln, Streicheln, Küssen, Petting, eine erotische Massage und auch die Stimulation mit der Hand. Vor allem aber genossen sie ihre Zeit zu zweit. Cathrin beschreibt es so: „Endlich war die Eiszeit zwischen uns vorbei. Unsere ganze Beziehung, vor allem aber die Vertrautheit und Nähe tauten auf.“

Viele Paare unterschätzen die Möglichkeiten, Intimität jenseits von Geschlechtsverkehr zu erleben, oder haben sie schlichtweg nie eingeübt. Dabei lässt sich hier viel Land einnehmen und kreativ gestalten. Oftmals kommt erst in der Beratung zur Sprache, wie sehr sich ein Partner Intimität über den Penis-Scheide-Verkehr hinaus wünscht. Fehlt beiden die Sprachebene, ist es sehr herausfordernd, diesen Wunsch einzubringen. Das kann dazu führen, dass man Körperkontakt meidet. Nach dem Motto: Besser nicht kuscheln, sonst versteht das der andere direkt als Einladung zum Sex. Hier helfen klare Absprachen. Wann gehen wir auf Sex zu, wann genießen wir uns bewusst anders und loten unsere Möglichkeiten aus?

Die Erektion: Ein willkommener Gast

Mit den Tipps aus der Beratung entdeckten Cathrin und Daniel ihre gegenseitigen „Körperlandkarten“ und erotischen Zonen neu. Es waren wenige orientierende Sitzungen, bis sie ihren Weg gemeinsam gehen und stärken konnten. Sie tasteten sich langsam vorwärts, lernten Sexualität mit den neuen Randbedingungen zu gestalten und waren überrascht, wie sie nach und nach ganz neu aufregende sexuelle Begegnungen miteinander erleben konnten. Wenn es dabei zu einer Erektion kam, hießen sie diese als Gast willkommen, doch sie suchten bewusst auch Wege, ihre Intimität und Sexualität auch ohne diesen Gast zu genießen und zu feiern.

Was bleibt

Als sich die Erektion Monate später wieder mehr oder weniger regelmäßig einstellte, feierten Daniel und Cathrin auch das. Doch bis dahin hatte sich ihre Sexualität schon deutlich verändert. Ihre neue sexuelle Wirklichkeit wollten sie nicht mehr missen. Ihr Fazit: „Diese Höhen und Tiefen haben uns noch mehr zusammengeschweißt. Wir hätten anfangs nie gedacht, dass gerade diese krasse Erfahrung unsere Sexualität am Ende bereichern würde.“

Daniel und Cathrin haben sich vorgenommen, in Zukunft frühzeitiger Hilfe zu holen und immer nach Auswegen zu suchen. Sie wollen den Einschränkungen nicht den Sieg überlassen und bereit sein, notfalls verlorenes Terrain zurückzuerobern.

Dr. med. Ute Buth ist Fachärztin für Frauenheilkunde, Weißes Kreuz Fachberaterin und zertifizierte Sexualberaterin und leitet die Beratungsstelle „herzenskunst“ (herzenskunst-beratung.de) in Bochum.

*Zum Begriff „Sexuelle Lerngeschichte“: Unabhängig davon, ob Sex aktiv gelebt wird, hat jeder Mensch seine sexuelle Lerngeschichte. Im Laufe unseres Lebens erhalten wir zahlreiche Informationen zum Thema Sexualität: Erlebnisse, Sachinformationen, Emotionen, Positives und auch Negatives. All diese Informationen verknüpft unser Gehirn wie in einem aufwendigen Orientteppich mit ganz individuellen Mustern. Unliebsame Bereiche kann man nicht wie beim Computer einfach markieren und löschen. Wir müssen umlernen, oder um im Bild des Teppichs zu bleiben: neue Fäden einweben und schauen, ob wir alte Fäden auslaufen lassen können.

Sex im Alter: So kriegt Ihr Liebesleben in der Menopause wieder Schwung

Schwindet mit der Jugend auch die Erotik? Das muss nicht sein. Sexualtherapeutin Veronika Schmidt erklärt, wie die Lust sich mit dem Alter verändert.

Für viele Paare ist die Zeit der weiblichen Meno- und der männlichen Andropause ein Aufbruch in eine unbeschwerte sexuelle Lebensphase: Die Kinder sind ausgeflogen, es besteht keine Sorge, schwanger zu werden, und man hat zeitliche Freiräume für neue Experimente. Paare in der zweiten Lebensphase haben manchmal so viel Sex, wie schon seit Jahren nicht mehr, und genießen ihn sehr.

Wer dagegen froh ist, mit dem Einsetzen der Menopause einen Grund zu finden, die unbefriedigend erlebte Paarsexualität einzustellen, der wird es vermutlich tun. Bei Frauen ist der Grund oft die fehlende Lust oder Schmerzen beim Sex, beim Mann die Angst vor Erektionsstörungen.

Was ändert sich in den Wechseljahren?

Unbestreitbar halten die biologischen Umstellungen der Wechseljahre ein paar körperliche, psychische und sexuelle Herausforderungen bereit. Verschiedenste Veränderungsprozesse finden ab der Lebensmitte statt. Spätestens mit 45 Jahren ist der hormonelle Rückbau im Körper bei beiden Geschlechtern spürbar. Bei den Frauen fallen die Östrogenwerte, bei den Männern etwas weniger drastisch das Testosteron. Frauen müssen sich mit dem veränderten Aussehen und dem Ende der Fruchtbarkeit abfinden, Männer damit, nicht mehr so leistungsfähig zu sein wie zuvor.

Was kann man gegen Schmerzen tun?

Die Abnahme des Östrogens bei der Frau kann zum Problem werden. Die Vagina ist dadurch weniger elastisch, die Scheidenwand wird dünner. Auch lange Sexpausen lassen die Vagina enger werden, weil sie nicht mehr regelmäßig durchblutet wird. Es kann zu kleinen Rissen und damit zu Schmerzen beim Geschlechtsverkehr kommen. Ist das der Fall, ist Selbstliebe aus gesundheitlichen Gründen angezeigt, um mit sich selbst wieder Sicherheit zu gewinnen. Denn die Fähigkeit, sexuell erregt zu sein und lustvoll zu genießen und einen Höhepunkt zu erleben, bleibt bei Frauen auch nach der Menopause unverändert. Ob allein oder zusammen mit dem Partner, die Erregungsphase sollte ausgiebig, lustvoll und lang sein. Frau und Mann sollten sich Zeit nehmen, sich neu erkunden, sich streicheln, experimentieren, was sich erregend und gut anfühlt. Denn sich selbst gut fühlen ist eine wichtige Voraussetzung für Zärtlichkeit und Sex mit dem Partner.

Diese Salben können helfen

Erst durch genügend Erregung und durch die dadurch verstärkte Durchblutung sondern die Vaginawände genügend Flüssigkeit ab. Sollte dieser Feuchtigkeitsfilm nicht mehr ausreichend sein und damit die Penetration unangenehm werden, helfen spezielle Gleitmittel für die Bedürfnisse der empfindlichen Vagina (zum Beispiel „Pjur Woman softer formula“). Auch regelmäßige Pflege des weiblichen Geschlechts, außen und innen, wird in und nach der Menopause wichtig. Die reife Haut will nicht nur im Gesicht besonders gut gepflegt sein. Es gibt unzählige Vaginal-Pflegemittel, auch in Form von Ovulas. Manchmal braucht es auch eine von der Gynäkologin verschriebene Hormonsalbe. Doch für die Frau ist es genauso wichtig, sich in dieser Lebensphase ausreichend Zeit für Bewegung, Ernährung und ihre eigenen Interessen zu nehmen.

Wie verändert sich der Penis im Alter?

Bei Männern verändert sich der Hormonhaushalt ebenfalls, doch viel langsamer. Die Libido kann abnehmen. Erektionen entwickeln sich langsamer, es braucht mehr Reize und Stimulation dazu. Die Sensibilität des Penis nimmt im Alter ab, er verliert an Elastizität, wird etwas kürzer, verliert ein wenig an Umfang. Dabei handelt es sich um normale altersbedingte Umbauprozesse: der Penis verliert Muskelzellen und gewinnt an Bindegewebe.

Störungen können auftreten, die entweder hormonell bedingt sind oder aufgrund von Durchblutungsstörungen zutage treten. Ursachen können aber auch Krankheit, Medikamente und Versagensängste sein. Auch für den Penis gibt es pflegende Produkte. Seinen Penis täglich liebevoll zu umsorgen, stärkt den wertschätzenden Bezug zu ihm und die Akzeptanz des Älterwerdens.

Der Orgasmus ist ein Jungbrunnen

Frauen, die regelmäßig Paar- oder Solosex praktizieren, werden viel weniger mit Scheidentrockenheit zu kämpfen haben. Durch die Kontraktionen im Orgasmus wird zudem der Beckenboden in Bewegung gehalten, was Inkontinenz entgegenwirkt. Das gilt auch für den Mann und seinen Beckenboden. Ebenso profitieren der Penis und seine Schwellkörper, wenn sie regelmäßig anschwellen können, wenn regelmäßig Erektionen stattfinden und die Erregung entladen werden kann in einer Ejakulation. Die ist nicht nur für die Schwellkörper gut, sondern erwiesenermaßen auch günstig als Gesundheitsvorsorge der Prostata. Der Orgasmus als solches ist zudem mit seinem ausgeschütteten Hormoncocktail ein eigentlicher Jungbrunnen und bietet dermaßen viele gesundheitliche Vorteile, dass man nicht darauf verzichten sollte.

Trotz biologischer Veränderungen können wir in der späteren Lebensphase lustvollen, befriedigenden Sex erleben. Vorausgesetzt, es gelingt uns, uns die gemeinsame Sexualität in erweiterten Dimensionen vorzustellen. Frauen und Männer mit einem erfüllten Sexleben werden viel weniger damit zu kämpfen haben, dass sich ihr Körper verändert. Sie werden ihr Selbstbewusstsein und das gute Selbstgefühl behalten oder sogar entwickeln können.

Beim Sex kommt es plötzlich auf etwas anderes an

Junger Sex ist meist schnellerer Sex und mehr auf die Optik festgelegt, späterer Sex eher langsamer und auf die Empfindung gerichtet. Leidenschaftlich und genussvoll können beide sein, denn das hängt von den eigenen erotischen und sexuellen Fähigkeiten ab, besonders von der Wahrnehmungsfähigkeit. Wer in der sexuellen Anziehung nur auf jung und straff steht, hat spätestens jetzt ein erotisches Problem, hat es verpasst, in sinnliche Reize zu investieren. Denn die Haut fühlt sich in jedem Alter gut an, die Vagina immer noch erregend und ein Penis ebenso. Wer in die Wahrnehmung statt in die Optik investiert, für den bleibt das Gegenüber und der Sex interessant. Definieren wir uns in unserem Leben jedoch über Attraktivität und Leistung, werden wir das Älterwerden als Verlust sehen und damit hadern.

In einer kanadischen Studie wurden Paare mit über 35 Jahren Beziehungsdauer gefragt, was für sie guter Sex ist. Für sie treten Erektion und Orgasmus in den Hintergrund, während Intimität, Aufrichtigkeit und Sich-verbunden-Fühlen zur Hauptsache werden.

Wie funktioniert Sex im Alter?

Der Slow-Sex ist für langjährige Paare attraktiver. Zusammenliegen, genau wahrnehmen, die Sinne öffnen, das macht es aus. Je langsamer wir sind, umso mehr können wir wahrnehmen. Je zarter wir sind, umso feiner können wir unsere Empfindungen auseinanderhalten und unser Erleben vertiefen. Gleichzeitig sollten wir einander ehrlich mitteilen, was uns hemmt und hindert und einander fragen: Was stimmt für dich heute, was brauchst du? Denn zufriedene Paare haben gelernt, dass der andere nicht die eigenen Wünsche erfüllen muss.

In dieser Lebensphase sollten wir den Weg zum Höhepunkt ebenso sehr genießen wie den Orgasmus selbst. Das ermöglicht ein Genießen der dadurch entstehenden Gefühle von Zärtlichkeit und Intimität. Stiller Sex ist ein langsames Sich-ineinander-Bewegen und Sich-Räkeln, weniger penetrieren als vielmehr ein Streicheln der Vagina von innen und dabei von ihr gestreichelt werden.

Neue Möglichkeiten

Neben der Penetration können auch ganz andere Sachen beim Sex viel Spaß machen. Es stehen neben dem Penis noch viele weitere „Werkzeuge“ zur Lusterfüllung zur Verfügung. Zunge, Lippen, Händen und Fantasie sind keine Grenzen gesetzt. Es gibt keine speziellen Sextechniken für das Alter. Es braucht nicht mehr und nicht weniger als das Wissen über die Empfindungen, die Wahrnehmung und die Langsamkeit. Entscheidend ist, dass wir über die Jahrzehnte die Gewohnheit am Leben halten, uns körperlich zu begegnen. Die Sexpraktiken, die in meinem Buch „Alltagslust“ beschrieben sind, führen geradewegs in diese Form des stilleren Sex.

Körperliche Veränderungen haben auch ihr Gutes. Bei Frauen tritt mehr das Testosteron in den Vordergrund, weshalb sie „kantiger“ auftreten und mehr zu ihren Interessen stehen. Bei den Männern bewirkt der Testosteronabfall, dass ihre emotionale und soziale Seite mehr zum Zug kommt. Das Älterwerden bietet völlig neue Chancen und Gewinne, gerade für Frauen. Nun kann man sich fragen: Welche Träume, Ambitionen und Möglichkeiten habe ich noch? Jetzt muss ich nicht mehr allen gefallen wollen. Man kann es wagen, sich zu exponieren, weil man „nichts mehr zu verlieren hat“.

Veronika Schmidt arbeitet als Paar- und Familienberaterin und Sexualtherapeutin in eigener Praxis in Schaffhausen am Rhein. Sie bloggt unter liebesbegehren.ch

„Was hast du denn da?“

Warum Doktorspiele wichtig sind

Viele Eltern sind verunsichert oder auch peinlich berührt, wenn sie sehen, dass sich ihre Kinder ausziehen und mit ihren eigenen Geschlechtsorganen oder denen der Freunde spielen. Sollen wir jetzt eingreifen? Sollen wir das verbieten oder einfach nur weggucken? – Das sind Fragen, die Eltern in solchen Situationen durch den Kopf gehen.

Jeder Junge und jedes Mädchen ist von Anfang an eine sexuelle Persönlichkeit. Deshalb ist es ganz natürlich, dass ein Kind seinen Körper und damit auch seine Geschlechtsorgane wahrnimmt und erforscht. Kinder sind neugierig, berühren sich selbst an Penis oder Scheide und können schon früh angenehme Gefühle wahrnehmen. Allerdings sind das Lustempfinden, wie es Erwachsene erleben, und das Schamgefühl noch nicht entwickelt.

Neugier und Wissensdurst

Im Kindergartenalter wächst die Neugier und viele Kinder untersuchen nicht mehr nur sich selbst, sondern entdecken, dass der Freund oder die Freundin ganz anders aussieht und beziehen den anderen in ihr Spiel ein. In Rollenspielen, den so genannten Doktorspielen, werden dann die Unterschiede und Gemeinsamkeiten untersucht. Genau wie bei den Arztbesuchen im realen Leben ziehen sich die Kinder aus, verbinden sich, geben sich Spritzen und beziehen auch die Geschlechtsorgane ein. Diese Spiele dienen dazu, dass sich Kinder Wissen über ihr eigenes und das andere Geschlecht aneignen und festigen. In der Regel verliert sich das Interesse, wenn der Wissensdurst gestillt ist. Kommen Eltern ins Kinderzimmer und sehen, dass sich die Kinder gegenseitig untersuchen, sollten sie gelassen reagieren. Mit den Worten: „Oh, ihr habt euch ja ausgezogen. Was spielt ihr denn?“, kann man kurz auf das Doktorspiel eingehen, ohne ihm aber viel Bedeutung beizumessen. Anschließend kann man die Aufmerksamkeit auf eine andere Aktivität lenken, indem man zum Beispiel ein Gesellschaftsspiel miteinander spielt. Auf diese Weise erleben Kinder, dass das Erforschen des anderen Geschlechtes nichts Verbotenes ist, aber auch keine Aktivität, die im Speziellen gefördert und bestärkt wird. Vielleicht können Vater oder Mutter darauf hinweisen, dass sie nun ja wissen, wie der Freund oder die Freundin aussieht und dass sie beim nächsten Mal die Unterhose anlassen können.

Wichtige Regeln

Reagieren Eltern erschrocken und emotional und verbieten das Spiel, kann das für Kinder verwirrend und unverständlich sein und vielleicht sogar zu unangemessenen Schuldgefühlen führen. Eltern sollten dieses Verhalten ihrer Kinder also nicht grundlegend unterbinden, aber auf die Einhaltung folgender Regeln achten:

  • Jedes Kind bestimmt selbst, mit wem es Doktorspiele spielen möchte.
  • Jedes Kind bestimmt selbst, wo es berührt werden möchte oder nicht.
  • Keiner darf dem anderen wehtun.
  • Keiner darf dem anderen einen Gegenstand in Po, Scheide, Penis, Mund, Nase oder Ohr stecken.
  • Doktorspiele finden nur unter Gleichaltrigen statt.
  • Doktorspiele finden in einem geschützten Rahmen und nicht in der Öffentlichkeit statt.
  • Es werden keine Fotos gemacht. (Viele Kinder haben heute Spiel-Digitalkameras in ihren Kinderzimmern.)

Um Kinder vor Missbrauch zu schützen, sollten Eltern mit ihren Kindern im Gespräch über Sexualität sein. Hilfreich ist es, gemeinsam gute Kinderbücher zur Aufklärung anzusehen. Auf diese Weise können neugierige Fragen beantwortet werden. Herrscht in der Familie eine offene Atmosphäre und ist Sexualität kein Tabuthema, lernen Kinder einen entspannten und verantwortungsvollen Umgang mit ihrem eigenen Körper.

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin und lebt mit ihrer Familie in Remscheid.

Illustration: Thees Carstens