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Medienpädagogin meint: „Im Handy schnüffeln ist wie Tagebuch lesen“

Der heimliche Blick ins Smartphone der Kinder ist ein No-Go, sagt Medienpädagogin Iren Schulz vom Medienratgeber ‚Schau hin!‘. Im Interview verrät sie, wie Eltern ihre Schützlinge trotzdem vor Mobbing und Kettenbriefen schützen können.

Dürfen Eltern Chats ihrer Kinder kontrollieren?

Dass Eltern wissen wollen, mit wem und über was ihr Kind übers Handy kommuniziert, ist grundsätzlich nachvollziehbar, da dahinter immer die Frage steckt: Geht’s meinen Kindern gut? Man muss sich trotzdem bewusst machen, dass heimlich im Handy zu schnüffeln nichts anderes ist, als das Tagebuch des Kindes zu lesen oder seine Briefe zu öffnen. Kinder haben ein Recht auf Privatsphäre und sollen auch in ihren Räumen frei kommunizieren können. Dies findet seine Grenzen, wenn es um das Alter der Kinder geht. Dass die beliebtesten und weitverbreitetsten Messenger-Apps ab 16 sind – obwohl das jenseits unserer Realität liegt –, hat seine Gründe und zeigt, dass ihre Nutzung nicht ohne ist. Stichwort Datenschutz, Kettenbriefe, Cybergrooming, pornografische Fotos oder Videos, Mobbing. Diese Dinge kann man nicht einfach nur kontrollieren, indem man abends einmal Handykontrolle macht und alle Chatverläufe durchscrollt, sondern sollte im Gespräch miteinander bleiben und von Anfang an gute Regeln aufstellen.

Keine privaten Profilfotos!

Was für Regeln empfehlen Sie?

Begleiten Sie Ihr Kind bei den ersten Schritten mit den Messengern und richten Sie sein Profil gemeinsam und so sicher wie möglich ein: kein privates Profilfoto, den Status eingrenzen, einstellen, dass niemand Fremdes Kontakt aufnehmen kann. Auch Regeln sind wichtig, etwa keine privaten Infos wie Anschrift, Telefonnummer oder Fotos zu teilen, Bescheid zu sagen, wenn man Kettenbriefe oder doch mal Nachrichten von Fremden bekommt, reduzierte Bildschirmzeiten, fairer Umgang in Gruppenchats. Leben Sie einen guten Umgang vor! Die Kinder gucken sich viel bei ihren Eltern ab und wenn Sie die ganze Zeit mit Messengern verbringen und dort frank und frei alles Mögliche teilen, dann wird Ihr Kind diese Handlungsweise übernehmen.

Wenn mein Kind Opfer von Cybergrooming geworden ist oder ein Pornovideo bekommen hat, was muss ich unternehmen?

Ich empfehle, alles so gut wie möglich zu dokumentieren, indem man Screenshots von den Chatverläufen macht, damit man, sollte man sich beraten lassen oder sogar zur Polizei gehen und Anzeige erstatten, etwas in der Hand hat. Die Polizei ist da inzwischen gut aufgestellt. Man kann sich auch an Erziehungsberatungsstellen und das Jugendschutznetz wenden. Melden Sie dem Anbieter das Profil, der es dann sperren kann. Wichtig ist: Das Kind gut mitnehmen und mit ihm die Schritte besprechen.

Beratungsstellen helfen bei Mobbing

Und wenn es um Mobbing geht?

Da ist es gut, Täter und Opfer und auch die Eltern an einen Tisch zu setzen, miteinander zu sprechen und es erst mal zwischenmenschlich zu klären. Es geht darum, die Opfer zu schützen und zu stärken. Aber es geht auch darum, zu gucken, was den anderen Jugendlichen oder das Kind dazu gebracht hat, jemand anderen so fertigzumachen. Da stehen oftmals auch Verletzungen und Ängste dahinter. In manchen Schulen gibt es Sozialarbeiter oder aber Beratungsstellen, die dabei unterstützen können, sowie gute Deeskalationsprogramme.

Interview: Ruth Korte

„Ist unser Sohn pädophil?“

„Ich kam heute in das Zimmer meines Sohnes (16) und sah ein Foto von einem nackten Kind auf seinem Laptop. Er klappte ihn sofort zu und schickte mich raus. Mich lässt das nicht los. Ist unser Sohn pädophil? Wenn ja, wie können wir ihm helfen?“

Sie haben bisher nur gesehen, dass Ihr Sohn ein Bild von einem nackten Kind auf seinem Rechner hatte. Aus Ihrem Brief können wir nicht ersehen, ob dieses Bild für ihn sexuell stimulierend gewesen ist, Sie mit ihm darüber gesprochen haben und was er selbst dazu gesagt hat.

Ist der Sohn selbst Opfer?

Es ist nicht auszuschließen, dass jemand – wahrscheinlich aus seinem Bekanntenkreis – ihm das Bild unaufgefordert zugeschickt hat und Ihr Sohn in diesem Sinne sogar Opfer geworden ist. Auch in diesem Fall ist es durchaus nachvollziehbar, dass er sich schämt und den Laptop schnell zuklappt. Wenn das der Fall wäre, bräuchte er Schutz vor der Person, die ihn mit diesen Bildern konfrontiert hat. Bitte wenden Sie sich in diesem Fall schnell an eine Opferberatungsstelle.

Ohnmachts- und Minderwertigkeitsgefühle

Es ist natürlich auch möglich, dass Ihr Sohn die Bilder selbst gesucht oder erbeten hat. Jugendliche oder Erwachsene, die Missbrauchsabbildungen von Kindern konsumieren (und sogar diejenigen, die tatsächlich Kinder sexuell missbrauchen), sind nicht notwendigerweise pädophil. Im Gegenteil sind sogar die meisten Sexualstraftäter von sexuellem Kindesmissbrauch nicht auf kindliche Körper fixiert, sondern missbrauchen sie als Scheinlösung für emotionale Probleme wie etwa Ohnmachts- oder Minderwertigkeitsgefühle. Als Entlastung für ihr schlechtes Gewissen finden sie allerlei Vorwände, etwa, dass das dem Kind doch nicht wehtue oder nur als Scherz gemeint sei.

In ihrem Inneren wissen sie jedoch, dass sie eines der größten Tabus gebrochen haben und dass sexuelle Handlungen gegenüber Kindern schädigend und verboten sind. Wenn sie dabei lange unentdeckt bleiben, stellt sich für sie mit der Zeit oft eine Selbstverständlichkeit ein, die eine Verhaltensänderung noch erschwert – verbunden meist mit umso größeren Selbstvorwürfen, sich als Sexualstraftäter sehen zu müssen.

Suchen Sie sich und ihm Hilfe!

Insofern braucht Ihr Sohn auch in diesem Fall Hilfe, auch, weil er möglicherweise mit dem Konsum von Missbrauchsabbildungen eine Straftat begangen hat. Auch das Kind, dessen Nacktbild vermutlich im Internet zu finden ist, braucht Hilfe. Übergriffige Personen sind meist aus Scham nicht bereit, Hilfe anzunehmen. Aber zum Glück ist Ihr Sohn noch jung genug, dass Sie als Eltern auf ihn einwirken können.

Übergriffiges Verhalten braucht – als Schutz vor einem Rückfall in das unerwünschte Verhalten und zum Schutz des abgebildeten Kindes – eine klare Begrenzung, aber übergriffige junge Menschen brauchen auch Unterstützung, sich selbst (wieder) annehmen zu können und sich auf legalem Weg für ihre Bedürfnisse einzusetzen. Und auch im Falle, dass Ihr Sohn tatsächlich eine pädophile Neigung haben sollte, dürfte seine Identitätsfindung für ihn sehr herausfordernd sein, weil er dann mit einem Leben konfrontiert wäre, in dem er niemals eine seinen Neigungen gemäße Sexualität leben könnte. Bitte nehmen Sie die Hilfe einer Fachstelle in Anspruch.

Barbara Behnen ist Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin in der Beratungsstelle LIEBIGneun und Leiterin der Opferberatungsstelle Wildwasser Gießen.

Unser Sohn guckt Pornos

„Ich habe gesehen, dass mein Sohn (11) sich auf dem Familienlaptop pornografische Fotos und Videos angeschaut hat. Wie gehe ich jetzt damit um?“

Junge Menschen durchleben in ihrer Entwicklung zum Teenager und Jugendlichen eine sehr verletzliche Zeit. Schon kleine Verunsicherungen in Gruppensettings können sie so stark beunruhigen, dass sie sie fortan meiden. Dabei muss es nicht bleiben. Gerade introvertierte Menschen dürfen üben, sich in Gruppen hineinzuleben.

Vertrauen schaffen

Um einen Zugang zu wertvollen Inhalten zu schaffen, ist es zunächst notwendig, bei introvertierten Teens ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen herzustellen. Familien können sich dazu zum Beispiel öfter nach dem Gottesdienst zum Kochen (zum Beispiel in der Kirche) treffen, um ihren Teens zu ermöglichen, miteinander vertraut zu werden. Am Anfang werden noch alle bei ihren Eltern sitzen, doch schnell wird ein Kartenspiel oder eine Runde Fußball die Familien durchmischen. Auch die Mitarbeitenden des Teenkreises können dazukommen. Dieses Kennenlernen bedeutet für die Eltern zwar vielleicht Verzicht auf den sonntäglichen Mittagsschlaf, aber ein Investieren in diese Gemeinschaft als Vorbild für ihre Kinder. Wenn Glaube entdecken und teilen wichtig ist, darf es im Alltag auch etwas kosten.

Sicherheit kann auch ein vorhersehbarer Rahmen einer ersten Mitarbeit bieten. Introvertierte Menschen sind Juwelen für stille, oft übersehene Kinder in der Kindergottesdienstarbeit, mit Senioren oder bei Bastelstationen an quirligen Kirchenfesten – wichtig ist, die Aufgabe klar zu umreißen. In kleineren Gruppen wie einem Minihauskreis kann ein Teenager wie Ihrer seine Fragen ohne Druck durchdenken. Hier lohnt es sich, eine Seniorin zu fragen oder eine Frau aus dem Umfeld der Familie, der Ihre Tochter vertraut.

Zugänge zu Gott

Es gibt verschiedene Zugänge zu Gott: durch Musik, Malen, Naturzeiten, Tagebuchschreiben. Versuchen Sie, Ihrer Tochter zu helfen, ihren ganz persönlichen Weg zu entdecken. Das persönliche Entdecken des Glaubens braucht in der Jugendzeit noch Beispiele wie durch moderne Musik, ein gutes christliches Jugendmagazin oder Bücher etwa von Nick Vujicic, Michael Stahl oder Verena Keil. Darüber bieten Sie ihr ohne Druck eine Infoquelle über Gott im Alltag an.

Das Allerwichtigste für Ihre Tochter sind jedoch Sie und dass Sie als Familie über Gott reden, Fragen stellen, laut grübeln und sich über Gott freuen. So nimmt sie am meisten mit.

Stefanie Diekmann ist Pädagogin, Trainerin für Eltern und Autorin. Sie gestaltet mit ihrem Mann die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Göttingen und genießt ihre eigene Familie.

Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

 

„Ist mein Kind bereit fürs Handy?“ Diese Tipps vom Mediencoach sollten Eltern beachten

„Unsere Tochter (11) will unbedingt ein eigenes Smartphone. Wir sind unsicher. Wie können wir wissen, ob sie schon so weit ist?“ Eine Expertin gibt Antworten.

Messenger, Games, Videos und Musik: Mit dem Smartphone öffnet sich für Heranwachsende das Tor zur großen Online-Welt. So ist der Wunsch Ihrer Tochter mehr als verständlich. Wie Medienstudien zum Gerätebesitz von Heranwachsenden zeigen, ist sie damit nicht allein: Das Smartphone ist ein präsenter Bestandteil in der Lebenswelt von Heranwachsenden. Aufgabe der Eltern ist es, zu verlässlichen Begleitern für einen guten Einstieg in die Smartphone-Welt zu werden.

Smartphone nicht unüblich

Es ist nicht untypisch, in diesem Alter ein Smartphone zu besitzen. Laut der KIM-Studie aus dem Jahr 2018 besitzen 51 Prozent der 6- bis 13-Jährigen ein eigenes Smartphone. 42 Prozent von ihnen nutzen es täglich und 56 Prozent von ihnen sind damit regelmäßig online. Doch nicht allein das Alter ist bei der Entscheidung für ein eigenes Smartphone wichtig. Vielmehr müssen Sie sicher sein, dass Ihr Kind bereits erfahren im Umgang mit dem Internet ist und auch weiß, wie es einen Computer sicher nutzt.

Risiken kennen

Wenn Elfjährige bereits mögliche Risiken kennen, die ihnen begegnen, spricht nichts gegen ein eigenes Smartphone. Zu den Risiken zählen ungeeignete Inhalte wie Gewalt oder Pornografie, hohe Kosten durch In-App-Käufe, Beleidigungen und grobe Sprache in Chats sowie der ungewollte Kontakt zu Fremden.Wichtig ist, dass Sie vor dem Smartphone-Kauf gemeinsam mit Ihrer Tochter besprechen, wie sie sich in solchen Situationen verhalten sollte.

Sicherheit an erster Stelle

Besonders zu Beginn ist es wichtig, dass Sie die Sicherheitseinstellungen am Gerät und in Apps im Blick haben. Ihre Tochter sollte jedoch von Anfang an über die Einstellungen informiert sein. So lernt sie gleichzeitig, welche Einstellungen sinnvoll und wichtig sind, zum Beispiel Profile bei Messengern oder Sozialen Netzwerken so einzurichten, dass die Privatsphäre so gut wie möglich geschützt ist. Zum Basiswissen für Smartphone-Nutzer und Nutzerinnen zählt, welche privaten Daten oder Bilder am besten nicht online verschickt oder gepostet werden. Wenn private Fotos ungefragt weiterverbreitet werden, verletzt das zusätzlich die Privatsphäre der Betroffenen.

In-App-Käufe sperren

Apps sollten zu Beginn nur gemeinsam heruntergeladen und In-App-Käufe gesperrt werden. Später können Eltern durch Altersgrenzen den App Store sicherer machen und für In-App-Käufe eventuell ein Budget festlegen. Am besten leben Sie Ihrem Kind vor: „Es geht auch ohne.“ Regelmäßige Handypausen, um mit anderen etwas zu erleben, Aufgaben zu erledigen oder zu schlafen, sind wichtig. Für den Einstieg vereinbaren Sie mit Ihrer Tochter ein Zeitlimit für digitale Medien.

Kristin Langer ist Mediencoach bei der Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“ Sie berät Familien bei allen Fragen der Mediennutzung in der Familie.

Ist mein Kind bereit fürs Handy?

„Unsere Tochter (11) will unbedingt ein eigenes Smartphone. Wir sind unsicher. Wie können wir wissen, ob sie schon so weit ist? Und welche Regeln sollten wir im Umgang mit dem Handy aufstellen?“

Messenger, Games, Videos und Musik: Mit dem Smartphone öffnet sich für Heranwachsende das Tor zur großen Online-Welt. So ist der Wunsch Ihrer Tochter mehr als verständlich. Wie Medienstudien zum Gerätebesitz von Heranwachsenden zeigen, ist sie damit nicht allein: Das Smartphone ist ein präsenter Bestandteil in der Lebenswelt von Heranwachsenden. Aufgabe der Eltern ist es, zu verlässlichen Begleitern für einen guten Einstieg in die Smartphone-Welt zu werden.

RISIKEN KENNEN

Es ist nicht untypisch, in diesem Alter ein Smartphone zu besitzen. Laut der KIM-Studie aus dem Jahr 2018 besitzen 51 Prozent der 6- bis 13-Jährigen ein eigenes Smartphone. 42 Prozent von ihnen nutzen es täglich und 56 Prozent von ihnen sind damit regelmäßig online. Doch nicht allein das Alter ist bei der Entscheidung für ein eigenes Smartphone wichtig. Vielmehr müssen Sie sicher sein, dass Ihr Kind bereits erfahren im Umgang mit dem Internet ist und auch weiß, wie es einen Computer sicher nutzt.

Wenn Elfjährige bereits mögliche Risiken kennen, die ihnen begegnen, spricht nichts gegen ein eigenes Smartphone. Zu den Risiken zählen ungeeignete Inhalte wie Gewalt oder Pornografie, hohe Kosten durch In-App-Käufe, Beleidigungen und grobe Sprache in Chats sowie der ungewollte Kontakt zu Fremden.Wichtig ist, dass Sie vor dem Smartphone-Kauf gemeinsam mit Ihrer Tochter besprechen, wie sie sich in solchen Situationen verhalten sollte.

SICHERHEIT AN ERSTER STELLE

Besonders zu Beginn ist es wichtig, dass Sie die Sicherheitseinstellungen am Gerät und in Apps im Blick haben. Ihre Tochter sollte jedoch von Anfang an über die Einstellungen informiert sein. So lernt sie gleichzeitig, welche Einstellungen sinnvoll und wichtig sind, zum Beispiel Profile bei Messengern oder Sozialen Netzwerken so einzurichten, dass die Privatsphäre so gut wie möglich geschützt ist. Zum Basiswissen für Smartphone-Nutzer und Nutzerinnen zählt, welche privaten Daten oder Bilder am besten nicht online verschickt oder gepostet werden. Wenn private Fotos ungefragt weiterverbreitet werden, verletzt das zusätzlich die Privatsphäre der Betroffenen.

Apps sollten zu Beginn nur gemeinsam heruntergeladen und In-App-Käufe gesperrt werden. Später können Eltern durch Altersgrenzen den App Store sicherer machen und für In-App-Käufe eventuell ein Budget festlegen. Am besten leben Sie Ihrem Kind vor: „Es geht auch ohne.“ Regelmäßige Handypausen, um mit anderen etwas zu erleben, Aufgaben zu erledigen oder zu schlafen, sind wichtig. Für den Einstieg vereinbaren Sie mit Ihrer Tochter ein Zeitlimit für digitale Medien.

Kristin Langer ist Mediencoach bei der Initiative „SCHAU HIN! Was Dein Kind mit Medien macht.“ Sie berät Familien bei allen Fragen der Mediennutzung in der Familie.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

 

„Warum sind da nackte Frauen?“

„Auf dem Rummel ist unseren Kindern (7 und 9) aufgefallen, dass an vielen Fahrgeschäften halbnackte Frauen abgebildet waren. Sie fragten, wieso die Frauen so wenig anhaben und warum es keine Männer gäbe? Wie erkläre ich das altersgerecht?“

Es ist super, dass Ihre Kinder ansprechen können, was sie irritiert und ihnen komisch erscheint. Das Schöne an dieser Frage ist, dass Sie dadurch mit Ihren Kindern ganz natürlich über die Sexualisierung unserer Gesellschaft sprechen können – ein Thema, mit dem Kinder schon früh konfrontiert werden.

Häufig kommen Kinder im jungen Teenageralter über das Smartphone ungewollt in den direkten Erstkontakt mit Nacktbildern und pornografischen Inhalten. Deswegen ist es ein wertvoller Schutz, wenn Eltern schon im Grundschulalter thematisieren, dass es solche Bilder und auch Filme gibt, wie sie darüber denken und wie Kinder damit umgehen können.

EIN GESPRÄCH IN RUHIGER MINUTE

Falls ein Kind eine solche Frage mitten im Trubel der Kirmes ausspricht, können Eltern ruhig um etwas Aufschub bitten, damit sie diese – vielleicht auch etwas überfordernde – Frage nicht in Anwesenheit anderer Zuhörer beantworten müssen. „Das ist eine wirklich gute Frage, über die ich noch etwas nachdenken möchte. Wenn wir zu Hause sind, können wir darüber reden.“ Dann sollte man das Versprechen aber auch einhalten.

In einer ruhigen Minute können Sie dann kindgemäß und möglichst sachlich erklären, dass Nacktheit für Aufmerksamkeit sorgt. Männern fällt es schnell ins Auge, wenn Frauen wenig anhaben oder aufreizend gekleidet sind. Diese Vorliebe nutzen manche Menschen, um Geld zu verdienen. „Sex sells“ ist ein Motto, das in der Werbung sehr effektiv ist, auch im Kirmesgeschäft. Die Zielgruppe dieser Art der Werbung sind vor allem Männer. Und weil Frauen sich durch Nacktbilder eher weniger ansprechen lassen, befinden sich auf den Fahrgeschäften vermutlich auch keine Bilder von Männern. Hier können Sie hinzufügen, dass es ähnliche Bilder auch auf Plakaten, in Zeitschriften oder im Internet gibt.

WERTE WEITERGEBEN

Je nach Offenheit Ihrer Kinder könnten Sie nachfragen, was sie darüber denken und wie sie diese Bilder empfinden. Überlegen Sie auch, ob Sie mit beiden Kindern gleichzeitig oder lieber einzeln sprechen wollen. Unter Umständen öffnet sich eines Ihrer Kinder mehr, wenn Bruder oder Schwester nicht mithören. Ich halte es für sehr wichtig, zu betonen, dass Nacktheit grundlegend nichts Negatives ist. Gott hat Männer und Frauen in ihrer Männlichkeit und Weiblichkeit geschaffen. Und es war seine Idee, dass sich erwachsene Menschen anziehend finden. Gleichzeitig ist Nacktheit aber auch etwas sehr Persönliches und Schützenswertes. Sie könnten Ihre Kinder fragen, ob sie es gut fänden, wenn sie jeder nackt sehen würde. So kann man gut thematisieren, dass Nacktheit in manchen Situationen normal oder sogar wichtig ist, zum Beispiel im vertrauten Zuhause oder beim Arzt, in anderen aber eben auch nicht. Nutzen Sie diese Gelegenheit, und erzählen Sie in einem geschützten Rahmen, wie Sie das empfinden und geben Sie Ihre Werte kurz und knackig mit, ohne lange Vorträge zu halten.

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin. Sie lebt mit ihrer Familie in Remscheid und ist Mitarbeiterin bei Team.F. www.sonja-brocksieper.de
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Porno nein, Selbstbefriedigung ja?

„Meine Tochter (14) hat einen Text gelesen, in dem Teenager vor Pornografie und Selbstbefriedigung gewarnt wurden. Pornografie sehe ich auch problematisch, aber Selbstbefriedigung? Gehört das nicht zum Entdecken der eigenen Sexualität dazu?“

Es gibt Christen, die davon ausgehen, dass Selbstbefriedigung – als eine sexuelle Aktivität außerhalb einer Ehe zwischen Mann und Frau – Sünde ist. Manchmal wird auch die Bibelstelle 1. Mose 38, 8-10 aufgegriffen. Allerdings geht es an dieser Stelle um etwas anderes – den Versuch, Gott zu täuschen.

Eine eigene Bibelstelle zum Thema Selbstbefriedigung gibt es tatsächlich nicht. Die Frage danach, ob sie jungen Menschen wie Ihrer Tochter schadet oder nicht, beantworte ich daher aus einer anderen Sichtweise, nämlich aus der der sexuellen Entwicklung.

DIE ENTDECKUNG DES KÖRPERS

Bereits bei Kleinkindern kann man beobachten, dass sie gern an ihren Genitalien spielen. Sie tun das auch schon, weil es sich schön anfühlt und weil sie dabei eine kindliche Art von Lust empfinden. Diese hat noch nichts mit erwachsener Sexualität zu tun, ist aber bereits eine Art Selbstbefriedigung.

Mit der Pubertät kommt auch sexuelles Verlangen hinzu, wie wir es als Erwachsene kennen. Junge Menschen bekommen eine neue Lust, ihren Körper zu entdecken. Das ist, wie Sie schon selbst festgestellt haben, ein wichtiger Bestandteil der eigenen sexuellen Entwicklung. Viele Mädchen entdecken ihren Körper in dieser Zeit und lernen dadurch, an welchen Stellen sie Berührungen schön finden – und wie sie zum Orgasmus kommen können.

Es ist wichtig, dass dieser Prozess stattfinden darf. Er hilft Heranwachsenden, eigene Vorlieben und Wünsche herauszufinden und so besser zu einer mündigen Sexualität zu finden, die eine spätere Partnerschaft positiv beeinflussen kann. Ein Verbot oder das Erzeugen von schlechtem Gewissen hingegen können sich negativ auswirken. Schamgefühle und zwanghafte Versuche, das eigene sexuelle Verlangen zu unterdrücken, schlagen oft ins Gegenteil um.

WEDER ERMUTIGEN NOCH VERBIETEN

Nun ist dieses Thema aber für Jugendliche schambelastet. Es kann sein, dass Ihre Tochter es nicht näher mit Ihnen besprechen möchte. Was Sie tun können, ist, Gegengewichte zu solchen Artikeln wie dem von Ihnen angesprochenen bereitzustellen. Es gibt gute Bücher, die Heranwachsende in dieser Lebensphase positiv begleiten (s. Buchtipps). Wichtig finde ich dabei Ihre Rolle: Eltern sind weder in der Position, Kinder zu ermutigen, noch es zu verbieten oder gar mit Scham und Schuld zu besetzen. Sie können aber einen Rahmen für eine gute Entwicklung schaffen

Zu diesem Rahmen gehört auch die Auseinandersetzung mit Pornografie, die im Gegensatz zur Selbstbefriedigung tatsächlich problematisch ist. Kinder und Jugendliche kommen damit immer früher in Kontakt und sehen dort Szenen, die ihre Vorstellung von Sexualität und von Männern und Frauen prägen. Wichtig ist es, Jugendlichen klarzumachen, dass dies nichts mit der Realität zu tun hat – und dass auf Liebe beruhender Sex zwischen zwei Partnern ganz anders abläuft.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern- und Familienberaterin, lebt mit ihrer Familie in Kaufungen und bloggt unter www.eltern-familie.de.
Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Buchtipps
Dr. Ute Buth: Mädelskram (SCM Verlag)
Regula Lehmann/Pascal Gläser: Wir Powergirls. Das schlaue Mädchenbuch (fontis)
Regula Lehmann/Pascal Gläser: Rakete startklar. Wie aus Jungs echte Kerle werden (fontis)
Melanie Schüer: Finger weg! Nur für Mädels (Gerth Medien)
Melanie und Simon Schüer: Finger weg! Nur für Jungs (Gerth Medien)

Sex im Netz: Das können Sie tun, wenn Ihr Kind plötzlich Pornos schaut

„Ich glaube, dass mein Sohn (8) Pornos auf seinem Handy schaut. Wie kann ich mit ihm darüber reden? Und wie kann ich ihm dabei helfen, die Bilder wieder aus dem Kopf zu bekommen?“

Diese Situation ist leider keine Seltenheit. Lehrer erzählen mir immer wieder von Grundschülern, die Pornofilme zu Hause auf dem Computer oder in den Pausen auf dem Handy schauen. Eltern berichten mir von der ständigen Angst, dass ihre Kinder bei Freunden oder allein im Internet mit Pornofilmen konfrontiert werden.

MEHR ALS NUR BILDER

Pornos haben einen negativen Einfluss auf Kinder. Es werden nicht nur, wie Sie schreiben, Bilder in ihre Köpfe geschleust. Auch ihr Verhalten leidet darunter: Die Einstellung zu Beziehungen und der Sprachgebrauch unter Kindern zeigt weniger Respekt denn je. Mädchen werden mit Wörtern beschrieben, die man hier nicht nennen kann. Von einem Psychologen aus Oslo, der mit minderjährigen Sexualverbrechern arbeitet, weiß ich, wie sehr seine Patienten besonders von Pornofilmen beeinflusst wurden.

REDEN SIE ÜBER SEX!

Zwei Dinge sollten Eltern tun. Erstens: Versuchen Sie, die Ersten zu sein, die ihr Kind auf das Thema vorbereiten. Erzählen Sie ihm, wie Sex funktioniert und wie schön er ist. Erzählen Sie von der Ehe als Geschenk und von dem Segen, der davon ausgeht.

BEREITEN SIE IHR KIND AUF DAS INTERNET VOR!

Zweitens: Bereiten Sie die Kinder auf das Angebot im Internet vor. Manchmal sind Eltern besorgt, dass sie ihre Kinder dadurch womöglich erst auf die Idee bringen, Pornos im Internet zu schauen. Informationen, Filme und Bilder sind heute jedoch überall zugänglich. Es ist nur eine Frage der Zeit, wann auch Ihr Kind davon etwas mitkriegt.

NOCH VOR DER SCHULE AUFKLÄREN

Meiner Erfahrung nach sollten Eltern diese Gesprächsbrücke allerspätestens vor dem Schulanfang gebaut haben. Der erste Gedanke, der über eine Sache mitgeteilt wird – dazu noch von den Menschen, die den Kindern im Leben am meisten bedeuten –, ist immer die stärkste Grundlage. Von dieser Grundlage aus werden die Kinder neue Eindrücke verarbeiten. Wenn sie in eine entsprechende Situation geraten, werden Sie die erste Bezugsperson sein.

FRAGEN SIE IHR KIND!

Bei unseren eigenen Kindern benutzen wir oft Rollenspiele und Situationsbeschreibungen, um mit ihnen über dieses Thema ins Gespräch zu kommen, zum Beispiel: „Wenn ein Freund dir einen Film mit nackten Menschen zeigt, was würdest du tun?“ Oder: „Ist es dir schon einmal passiert, dass du etwas im Internet gesehen hast, was dir schlechte Dinge vermittelt hat?” Seien Sie nicht zimperlich beim Werte-Vermitteln. Ihr Kind liebt Sie und wird die Werte in seinen Entscheidungen berücksichtigen.

DIE HARDDISK DER GEDANKEN FÄRBEN

Was ist mit Kindern, die schon Pornofilme gesehen haben? Hier denke ich, dass man diese Filme als schlechte Beispiele besprechen kann. Pornos sind eine unechte Präsentation der Wahrheit. Wir sind für etwas viel Besseres von Gott gebaut worden. Leider ist es sehr schwer, Bilder von der Harddisk der Gedanken zu löschen. Aber man kann sie färben.

Chris Duwe lebt mit seiner Familie auf einem kleinen Bauernhof nördlich von Oslo und arbeitet bei „Jugend mit einer Mission“.

Besonnen reagieren

„Bei der Kontrolle des Internet-Verlaufes habe ich festgestellt, dass meine 12-jährige Tochter pornografische Seiten angeschaut hat. Wie soll ich darauf reagieren?“

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