Beiträge

Sie will ein Junge sein

„Meine Tochter (10) zieht sich an wie ein Junge – breite Shirts und Hosen, Sneaker, Cap – und hängt kaum noch mit Mädchen rum. Jetzt will sie sich auch noch ihre langen Haare abschneiden lassen. Ich frage mich manchmal, ob sie kein Mädchen mehr sein will, und mache mir Sorgen. Ob ich es mal ansprechen soll?“

Ein offenes und wertschätzendes Gespräch ist immer eine sehr gute Idee! Hier würde ich Sie ermutigen, den Gedanken und Beweggründen des Verhaltens Ihrer Tochter mit viel Neugier und aufgeschlossenem Interesse zu begegnen und diese nicht zu problematisieren.

Stereotype hinterfragen

Bei Themen wie der Geschlechteridentität besteht für uns Erwachsene die große Chance, unsere eigenen Positionen und Werte immer wieder neu zu überprüfen. Wer entscheidet darüber, welche Kleidergröße oder Haarlänge weiblich oder männlich ist? Letztlich sind dies gesellschaftlich gewachsene Stereotype, die einer freiheitlichen, selbstbestimmten Entwicklung von Kindern und Jugendlichen eher im Wege stehen, als diese zu fördern. Wir haben die Chance, uns zu fragen, ob es mehr unser persönlicher Wunsch ist, dass unser Kind sich in bestimmter Weise kleidet und warum das so wichtig für uns ist. Dass ein Kind oder Teenager sich nach eigener Vorstellung „gestalten“ möchte, losgelöst von den Stereotypen oder gesellschaftlichen Konventionen, kann zunächst einmal auch als Ausdruck einer selbstbewussten Haltung verstanden werden. Dabei unterstützen wir unsere Kinder dann weitergehend, indem wir uns ganz aufgeschlossen für ihre Gedanken und Ideen interessieren, ohne diese zu bewerten.

Hierbei sollten wir selbstverständlich trotzdem weiterhin wachsam für Sorgen oder mögliche Probleme der Kinder bleiben. Auch solche können Ihre Tochter zu ihren aktuellen Veränderungen veranlassen. Vielleicht treiben sie Fragen in Bezug auf die Entwicklung ihrer Weiblichkeit oder damit verbundene Sorgen um? Sie befindet sich in einem Alter, in dem auch auf der biologischen Ebene viele Veränderungen stattfinden – einige Mädchen bekommen in diesem Alter das erste Mal ihre Periode, was sehr kontroverse Gefühle auslösen kann. Ebenso gut kann es sich um ungelöste Streitigkeiten zwischen Freundinnen oder schlicht Neugier für die Interessen des männlichen Geschlechts handeln. Der Vielzahl an möglichen Anliegen sind hier keine Grenzen gesetzt.

Wichtige Ansprechpartnerin

Wichtig ist bei all diesen Belangen, in einem vertrauensvollen Kontakt zu Ihrer Tochter zu stehen. Als Mutter sind Sie für Ihre Tochter erst einmal das gleichgeschlechtliche Vorbild und somit eine wichtige Ansprechpartnerin in Bezug auf Fragen zur weiblichen Entwicklung. Wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihrer Tochter schwerfällt, mit Ihnen direkt über dieses Thema oder ihre Sorgen zu reden und sie dennoch eine erwachsene Ansprechperson braucht, überlegen Sie, welche vertrauensvollen Alternativen es gibt. Fragen Sie beispielsweise eine gute Freundin der Familie oder eine wichtige andere weibliche Bezugsperson Ihrer Tochter, ob diese ihr in einem passenden Moment ein Gespräch oder Unterstützung anbieten kann.

Mara Pelt ist Psychologin M.Sc., systemische Beraterin und Familientherapeutin, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapeutin i.A. und lebt mit ihrer Familie in Hamburg. Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Mutter fragt sich: „Will meine Tochter ein Junge sein?“ – Das rät die Expertin

Breite Hosen, Jungen-Clique und kurze Haare: Wenn sich Mädchen plötzlich wie Jungen verhalten, muss das kein Problem sein, sagt Psychologin Mara Pelt.

„Meine Tochter (10) zieht sich an wie ein Junge – breite Shirts und Hosen, Sneaker, Cap – und hängt kaum noch mit Mädchen rum. Jetzt will sie sich auch noch ihre langen Haare abschneiden lassen. Ich frage mich manchmal, ob sie kein Mädchen mehr sein will, und mache mir Sorgen. Ob ich es mal ansprechen soll?“

Ein offenes und wertschätzendes Gespräch ist immer eine sehr gute Idee! Hier würde ich Sie ermutigen, den Gedanken und Beweggründen des Verhaltens Ihrer Tochter mit viel Neugier und aufgeschlossenem Interesse zu begegnen und diese nicht zu problematisieren.

Stereotype hinterfragen

Bei Themen wie der Geschlechteridentität besteht für uns Erwachsene die große Chance, unsere eigenen Positionen und Werte immer wieder neu zu überprüfen. Wer entscheidet darüber, welche Kleidergröße oder Haarlänge weiblich oder männlich ist? Letztlich sind dies gesellschaftlich gewachsene Stereotype, die einer freiheitlichen, selbstbestimmten Entwicklung von Kindern und Jugendlichen eher im Wege stehen, als diese zu fördern. Wir haben die Chance, uns zu fragen, ob es mehr unser persönlicher Wunsch ist, dass unser Kind sich in bestimmter Weise kleidet und warum das so wichtig für uns ist. Dass ein Kind oder Teenager sich nach eigener Vorstellung „gestalten“ möchte, losgelöst von den Stereotypen oder gesellschaftlichen Konventionen, kann zunächst einmal auch als Ausdruck einer selbstbewussten Haltung verstanden werden. Dabei unterstützen wir unsere Kinder dann weitergehend, indem wir uns ganz aufgeschlossen für ihre Gedanken und Ideen interessieren, ohne diese zu bewerten.

Hierbei sollten wir selbstverständlich trotzdem weiterhin wachsam für Sorgen oder mögliche Probleme der Kinder bleiben. Auch solche können Ihre Tochter zu ihren aktuellen Veränderungen veranlassen. Vielleicht treiben sie Fragen in Bezug auf die Entwicklung ihrer Weiblichkeit oder damit verbundene Sorgen um? Sie befindet sich in einem Alter, in dem auch auf der biologischen Ebene viele Veränderungen stattfinden – einige Mädchen bekommen in diesem Alter das erste Mal ihre Periode, was sehr kontroverse Gefühle auslösen kann. Ebenso gut kann es sich um ungelöste Streitigkeiten zwischen Freundinnen oder schlicht Neugier für die Interessen des männlichen Geschlechts handeln. Der Vielzahl an möglichen Anliegen sind hier keine Grenzen gesetzt.

Sie sind eine wichtige Ansprechpartnerin!

Wichtig ist bei all diesen Belangen, in einem vertrauensvollen Kontakt zu Ihrer Tochter zu stehen. Als Mutter sind Sie für Ihre Tochter erst einmal das gleichgeschlechtliche Vorbild und somit eine wichtige Ansprechpartnerin in Bezug auf Fragen zur weiblichen Entwicklung. Wenn Sie das Gefühl haben, dass es Ihrer Tochter schwerfällt, mit Ihnen direkt über dieses Thema oder ihre Sorgen zu reden und sie dennoch eine erwachsene Ansprechperson braucht, überlegen Sie, welche vertrauensvollen Alternativen es gibt. Fragen Sie beispielsweise eine gute Freundin der Familie oder eine wichtige andere weibliche Bezugsperson Ihrer Tochter, ob diese ihr in einem passenden Moment ein Gespräch oder Unterstützung anbieten kann.

Mara Pelt ist Psychologin M.Sc., systemische Beraterin und Familientherapeutin, tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapeutin i.A. und lebt mit ihrer Familie in Hamburg.

Erst die Jugend!

Auch wenn sich alle nach Normalität sehnen – Vorfahrt hat jetzt die junge Generation. Ein Kommentar von Martin Gundlach

Bisher ist in der Pandemie nicht deutlich geworden, dass Eltern, Kinder oder Jugendliche einen besonderen Stellenwert für unsere Gesellschaft haben. Homeschooling wurde stillschweigend vorausgesetzt, neben dem Homeoffice oft Home-Chaos. In der Impf-Reihenfolge sind Eltern oder Jugendliche nicht erwähnt worden. Jetzt gibt es die Hoffnung, dass das Schlimmste vorbei ist. Die Reihenfolge beim Impfen ist aufgehoben und irgendwann werden dann auch Familien geimpft sein. Denn alle wünschen sich vor allem eines: Normalität.

Trotzdem wäre es ein Fehler zu versuchen, alles wieder wie vor der Pandemie machen zu wollen. Die letzten 16 Monate haben uns verändert, haben manche Entwicklungen verzögert und viele Leben komplett durcheinandergebracht. Deshalb wird uns die Krise noch lange beschäftigen, denn sie hat tiefe Wunden geschlagen. Sie hat vor allem die junge Generation verunsichert, die – nach meinem Gefühl – zu wenig im Blick war.

Die Kirchen und Gemeinden sollten nun zeigen, dass sie das verstanden haben. Dass sie, sobald die Richtlinien sich lockern, die richtigen Prioritäten setzen. Dass sie vor allem und zuerst in Kinder und Jugendliche investieren. Denn die Kids brauchen die Förderung ihrer Begabungen und die Begleitung in ihrer menschlichen und geistlichen Entwicklung dringend. Die Jugendlichen brauchen Impulse, sie brauchen die Gruppe, das Miteinander. Vor allem brauchen sie eine Perspektive in einer Welt, die für sie unübersichtlich und bedrohlich geworden ist.

Ich wünsche mir, dass Pastorinnen und Pastoren, hauptamtliche und ehrenamtliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sich hier verstärkt einbringen. Und ich empfinde es nicht als Zumutung, wenn erwachsene und reife Christen da im Zweifelsfall noch einige Momente zurückstehen, um der nächsten Generation noch eine Zeit lang das Feld zu überlassen.

Martin Gundlach ist Redaktionsleiter von Family und FamilyNEXT.

Pädagogin verrät: So steigern Sie das Selbstbewusstsein Ihrer Teenie-Tochter

Vielen Teenagern fehlt das Selbstvertrauen. Genau hier können Eltern sie unterstützen, sagt Diplompädagogin Sonja Brocksieper.

„Unsere Tochter (13) ist total schüchtern und wirkt oft verunsichert. Ich habe das Gefühl, dass sie gar kein Selbstvertrauen hat. Wie können wir sie stärken und unterstützen?“

Die Teenagerjahre sind oft von Unsicherheiten und Selbstzweifeln geprägt, und Eltern sollten in dieser Phase sowohl das Wertgefühl ihres Kindes stärken als auch ein gesundes Selbstvertrauen vermitteln. Denn genau genommen müssen wir zwischen diesen beiden Begriffen „Selbstwertgefühl“ und „Selbstvertrauen“ unterscheiden.

Selbstwertgefühl ist nicht gleich Selbstvertrauen

Für ein gesundes Selbstwertgefühl braucht Ihre Tochter zunächst die Gewissheit, dass sie eine wertvolle Persönlichkeit ist, die um ihrer selbst willen geliebt wird, und das unabhängig von dem, was sie leistet. Nehmen Sie Ihr Kind als ganze Person ernst, mit all ihren Meinungen, Empfindungen und ihrem Temperament. Das bedeutet, dass Sie Ihrer Tochter vermitteln: „Du bist okay so, wie du bist. Und auch wenn ich nicht immer mit allem einverstanden bin, was du tust, bist du geliebt und angenommen.“ Wenn ihre Tochter oft schüchtern wirkt, ist das erst mal okay. Nicht jeder steht gerne im Mittelpunkt und hat das Bedürfnis, sich anderen mitzuteilen. Sprechen Sie Ihrer Tochter zu, dass dieser Wesenszug okay ist und sie sich nicht verbiegen muss.

Selbstvertrauen ist dagegen etwas ganz anderes. Es ist das Wissen um die eigenen Fähigkeiten und Begabungen. Und dieses Vertrauen in die eigenen Stärken kann Ihre Tochter entwickeln, wenn Sie ihr etwas zutrauen. Jedes Kind bringt ein Potenzial mit, das man lobend hervorheben und bestärken kann. Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrer Tochter, was sie richtig gerne macht, was sie auszeichnet und besonders macht. Eine gute Schulnote in einem bestimmten Fach, ein gelungenes Musikvorspiel, Erfolg im Sport – all das kann gefeiert werden.

Ermutigen Sie Ihr Kind!

Nutzen Sie dafür die Macht der Worte. Diese haben eine nicht zu unterschätzende Kraft. „Du schaffst das.“ „Ich bin stolz auf dich.“ „Probiere es ruhig aus. Wenn es nicht klappt, helfe ich dir.“ Solche Sätze haben eine starke Wirkung und fördern das Selbstwertvertrauen Ihres Kindes. Wenn ein Kind dagegen ständig hört, was alles nicht gut läuft, dann entwickelt es schnell ein einseitiges Bild von sich selbst. „Pass bloß auf!“ „Das musste ja schiefgehen.“ „War ja klar, dass du die Mathearbeit verhaust.“ All das sind negative Botschaften, die das Selbstvertrauen schwächen. Schaffen Sie stattdessen eine Atmosphäre der Ermutigung.

Manchmal lässt sich aber auch Kritik im Umgang mit Kindern nicht vermeiden. Hierbei sollten Sie sich vor Augen führen, wie vernichtend manch kritische Äußerung sein kann. Vor diesem Hintergrund sollten Sie Kritik möglichst in Maßen, behutsam und besonnen äußern. Und je mehr ein gutes Polster an Wertschätzung und Anerkennung vorhanden ist, desto eher wird die Kritik auf offene Ohren stoßen.

Schwächen sind normal

Übrigens sollte jede Form der Ermutigung und des Lobes angemessen und realistisch sein, damit Kinder kein falsches Selbstbild entwickeln. Jedes Kind hat Schwächen und Begrenzungen, die nicht ignoriert werden sollten. Erzählen Sie von Ihren eigenen Schwächen und Ihrem Umgang damit. Solche persönlichen Erfahrungen können Ihrer Tochter helfen, mit ihren eigenen Misserfolgen selbstsicher umzugehen. Je besser das Selbstwertgefühl eines Kindes ist, desto leichter können Kinder motiviert werden, an ihren weniger starken Seiten zu arbeiten.

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin. Sie lebt mit ihrer Familie in Remscheid und ist Mitarbeiterin bei Team.F. sonja-brocksieper.de

Unser Sohn guckt Pornos

„Ich habe gesehen, dass mein Sohn (11) sich auf dem Familienlaptop pornografische Fotos und Videos angeschaut hat. Wie gehe ich jetzt damit um?“

Junge Menschen durchleben in ihrer Entwicklung zum Teenager und Jugendlichen eine sehr verletzliche Zeit. Schon kleine Verunsicherungen in Gruppensettings können sie so stark beunruhigen, dass sie sie fortan meiden. Dabei muss es nicht bleiben. Gerade introvertierte Menschen dürfen üben, sich in Gruppen hineinzuleben.

Vertrauen schaffen

Um einen Zugang zu wertvollen Inhalten zu schaffen, ist es zunächst notwendig, bei introvertierten Teens ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen herzustellen. Familien können sich dazu zum Beispiel öfter nach dem Gottesdienst zum Kochen (zum Beispiel in der Kirche) treffen, um ihren Teens zu ermöglichen, miteinander vertraut zu werden. Am Anfang werden noch alle bei ihren Eltern sitzen, doch schnell wird ein Kartenspiel oder eine Runde Fußball die Familien durchmischen. Auch die Mitarbeitenden des Teenkreises können dazukommen. Dieses Kennenlernen bedeutet für die Eltern zwar vielleicht Verzicht auf den sonntäglichen Mittagsschlaf, aber ein Investieren in diese Gemeinschaft als Vorbild für ihre Kinder. Wenn Glaube entdecken und teilen wichtig ist, darf es im Alltag auch etwas kosten.

Sicherheit kann auch ein vorhersehbarer Rahmen einer ersten Mitarbeit bieten. Introvertierte Menschen sind Juwelen für stille, oft übersehene Kinder in der Kindergottesdienstarbeit, mit Senioren oder bei Bastelstationen an quirligen Kirchenfesten – wichtig ist, die Aufgabe klar zu umreißen. In kleineren Gruppen wie einem Minihauskreis kann ein Teenager wie Ihrer seine Fragen ohne Druck durchdenken. Hier lohnt es sich, eine Seniorin zu fragen oder eine Frau aus dem Umfeld der Familie, der Ihre Tochter vertraut.

Zugänge zu Gott

Es gibt verschiedene Zugänge zu Gott: durch Musik, Malen, Naturzeiten, Tagebuchschreiben. Versuchen Sie, Ihrer Tochter zu helfen, ihren ganz persönlichen Weg zu entdecken. Das persönliche Entdecken des Glaubens braucht in der Jugendzeit noch Beispiele wie durch moderne Musik, ein gutes christliches Jugendmagazin oder Bücher etwa von Nick Vujicic, Michael Stahl oder Verena Keil. Darüber bieten Sie ihr ohne Druck eine Infoquelle über Gott im Alltag an.

Das Allerwichtigste für Ihre Tochter sind jedoch Sie und dass Sie als Familie über Gott reden, Fragen stellen, laut grübeln und sich über Gott freuen. So nimmt sie am meisten mit.

Stefanie Diekmann ist Pädagogin, Trainerin für Eltern und Autorin. Sie gestaltet mit ihrem Mann die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Göttingen und genießt ihre eigene Familie.

Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

 

Zu introvertiert für den Teenkreis?

„Meine Tochter (13) ist sehr introvertiert und hat deshalb wenig Interesse, an Gemeindegruppen wie der Jungschar oder dem Teenkreis teilzunehmen. Wie kann ich meinen schüchternen Teenager trotzdem geistlich wachsen lassen?“

Junge Menschen durchleben in ihrer Entwicklung zum Teenager und Jugendlichen eine sehr verletzliche Zeit. Schon kleine Verunsicherungen in Gruppensettings können sie so stark beunruhigen, dass sie sie fortan meiden. Dabei muss es nicht bleiben. Gerade introvertierte Menschen dürfen üben, sich in Gruppen hineinzuleben.

Vertrauen schaffen

Um einen Zugang zu wertvollen Inhalten zu schaffen, ist es zunächst notwendig, bei introvertierten Teens ein Gefühl von Sicherheit und Vertrauen herzustellen. Familien können sich dazu zum Beispiel öfter nach dem Gottesdienst zum Kochen (zum Beispiel in der Kirche) treffen, um ihren Teens zu ermöglichen, miteinander vertraut zu werden. Am Anfang werden noch alle bei ihren Eltern sitzen, doch schnell wird ein Kartenspiel oder eine Runde Fußball die Familien durchmischen. Auch die Mitarbeitenden des Teenkreises können dazukommen. Dieses Kennenlernen bedeutet für die Eltern zwar vielleicht Verzicht auf den sonntäglichen Mittagsschlaf, aber ein Investieren in diese Gemeinschaft als Vorbild für ihre Kinder. Wenn Glaube entdecken und teilen wichtig ist, darf es im Alltag auch etwas kosten.

Sicherheit kann auch ein vorhersehbarer Rahmen einer ersten Mitarbeit bieten. Introvertierte Menschen sind Juwelen für stille, oft übersehene Kinder in der Kindergottesdienstarbeit, mit Senioren oder bei Bastelstationen an quirligen Kirchenfesten – wichtig ist, die Aufgabe klar zu umreißen. In kleineren Gruppen wie einem Minihauskreis kann ein Teenager wie Ihrer seine Fragen ohne Druck durchdenken. Hier lohnt es sich, eine Seniorin zu fragen oder eine Frau aus dem Umfeld der Familie, der Ihre Tochter vertraut.

Zugänge zu Gott

Es gibt verschiedene Zugänge zu Gott: durch Musik, Malen, Naturzeiten, Tagebuchschreiben. Versuchen Sie, Ihrer Tochter zu helfen, ihren ganz persönlichen Weg zu entdecken. Das persönliche Entdecken des Glaubens braucht in der Jugendzeit noch Beispiele wie durch moderne Musik, ein gutes christliches Jugendmagazin oder Bücher etwa von Nick Vujicic, Michael Stahl oder Verena Keil. Darüber bieten Sie ihr ohne Druck eine Infoquelle über Gott im Alltag an.

Das Allerwichtigste für Ihre Tochter sind jedoch Sie und dass Sie als Familie über Gott reden, Fragen stellen, laut grübeln und sich über Gott freuen. So nimmt sie am meisten mit.

Stefanie Diekmann ist Pädagogin, Trainerin für Eltern und Autorin. Sie gestaltet mit ihrem Mann die Evangelisch-Freikirchliche Gemeinde Göttingen und genießt ihre eigene Familie. Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

 

Pulverfass Pubertät – 8 Tipps sollten Eltern beachten, wenn Jugendliche in der Gefühls-Achterbahn feststecken

Mit dem Teenie-Alter beginnt für Eltern eine nervenzehrende Phase. Pädagogin Sonja Brocksieper verrät, wie Mütter und Väter das emotionale Chaos ihrer Kinder meistern können.

Himmelhoch jauchzend, zu Tode betrübt – in diesem Spektrum bewegen sich viele Jugendliche, manche innerhalb eines Tages mehrere Male. Gerade war das Leben noch wunderschön, ein paar Minuten später geht die Welt unter. Dieses Gefühlschaos wird zu einem großen Teil durch den Umbau des Gehirns in der Pubertät ausgelöst. Bestehende neuronale Verknüpfungen werden aufgelöst und neue kommen hinzu, sodass manche Gehirnareale eine Zeit lang ruhen, was auch das Ruhen von bestimmten Kompetenzen mit einschließt, zum Beispiel die Impulskontrolle und die Gefühlsregulation. Und das Unberechenbare daran ist, dass Jugendliche oft selbst nicht wissen, wo ihre Stimmung gerade herkommt.

Gefühlschaos sortieren

Außerdem müssen sich Jugendliche neuen und komplexen Entwicklungsaufgaben stellen, zum Beispiel der eigenen Identitätsfindung und der wachsenden Eigenständigkeit. Das kann sie zeitweise überfordern. Kleine Herausforderungen werden dann schnell zu großen Katastrophen. Und gleichzeitig können kleine Glücksmomente eine herausragende Euphorie auslösen. Diese Gefühlsachterbahn kostet eine Menge Kraft – sowohl die Teenager als auch uns Eltern. Aber die gute Nachricht ist: Wir können unsere Kinder darin begleiten, in dieser brisanten Zeit einen gesunden Umgang mit Gefühlen zu lernen. Nicht von heute auf morgen, aber mit Geduld, starken Nerven und Feinfühligkeit können wir helfen, das Gefühlschaos zu sortieren.

1. Die Launen ernst nehmen

Eine wesentliche Grundlage für einen guten Umgang mit Gefühlen ist, dass wir die Empfindungen unserer Kinder ernst nehmen. Läuft uns morgens ein schlecht gelaunter Teenager über den Weg, ist ein Spruch wie „Na, was ist dir denn über die Leber gelaufen?“ wenig hilfreich. Auch Kommentare, mit denen wir uns über den Liebeskummer lustig machen oder mit ironischem Unterton eine bestimmte Gefühlslage abwerten, sind nicht empfehlenswert. Können wir dagegen die Emotionen stehen lassen oder sogar Empathie für die Stimmungsschwankungen entwickeln, fühlen sich Jugendliche mit ihren Emotionen nicht abgewertet.

2. Zuhören und Verständnis zeigen

Alle Gefühle sind okay – auch die, die sich weniger gut anfühlen. Wenn sich ein Teenager darüber ärgert, dass er sich kein Tattoo stechen lassen darf oder dass er die Spülmaschine ausräumen soll, ist das absolut in Ordnung. Auch wir räumen nicht voller Glückseligkeit die Spülmaschine aus. Wenn wir spiegeln, dass wir seine Unlust und seinen Ärger verstehen, bauen wir Brücken. „Ich kann dich verstehen, das macht einfach keinen Spaß.“ Das heißt nicht, dass ihm die Hausarbeit erspart bleibt oder dass wir das Tattoo jetzt doch erlauben. Aber empfinden wir die Gefühle unseres Kindes nach, wird es sich schneller verstanden fühlen und weniger in die Konfrontation gehen.

3. Gefühlen einen Namen geben

Dann ist es gut, das Gefühl zu benennen. Oft ist Wut nur ein Oberflächengefühl und ein ganz anderes Gefühl steckt dahinter: Enttäuschung, Traurigkeit oder Scham. Möglicherweise steckt hinter der Motzerei beim Abendessen ein verletzendes Erlebnis mit den Mitschülern. Wenn wir unseren Kindern helfen, dem eigentlichen Gefühl auf die Spur zu kommen, entlastet das Jugendliche und so manche Situation wird sich entspannen.

4. Nicht bedrängen

Bei Teenagern, die eher introvertiert reagieren und sich in ihr Schneckenhaus zurückziehen, ist es ratsam, den Rückzug zunächst zu akzeptieren und sie nicht zu bedrängen. Je mehr wir auf den verschlossenen Jugendlichen einreden, desto bedrohter und unwohler fühlt er sich. Hier braucht es viel Fingerspitzengefühl, den passenden Moment zu finden, in dem wir Zugang zu dem Jugendlichen bekommen.

5. Gefühle ausdrücken lassen

Wut, die heruntergeschluckt wird, macht krank. Deswegen ist es gut, wenn Teenager die Möglichkeit bekommen, über das, was sie ärgert, zu sprechen. Wir müssen es auch mal aushalten, dass wir von unseren Teenagern angeschrien und angemotzt werden und dass sie manchmal wie ein Pulverfass explodieren. Dürfen sich Teenager ihren ganzen Frust von der Seele schimpfen, haben wir ganz nebenbei die Gelegenheit zu hören, was unser Kind wirklich bewegt und was die Ursache für seinen Ärger ist. Das heißt aber nicht, dass Teenager immer alles unkontrolliert herauslassen dürfen. Damit niemand verletzt oder gefährdet wird, brauchen sie konstruktive Wege, wie sie Dampf ablassen können, ohne etwas zu zerstören.

6. Auszeiten nutzen

Eine Zeit des Abstands, die Eltern und Jugendliche nutzen können, hilft der Deeskalation. Wenn die Gefühle hoch hergehen, ist es für jeden Menschen schwer, vernünftig zu reagieren. Das liegt daran, dass der Körper in einem aufgeladenen Zustand Cortisol und Adrenalin ausschüttet. Dann ist es aus rein biologischen Gründen nicht mehr möglich, klar zu denken und besonnen zu reagieren. Deswegen macht es Sinn, eine Abkühlungszeit einzuschieben, in der die Gefühle zunächst reguliert werden. Den Raum zu verlassen, bis zehn zu zählen oder kaltes Wasser ins Gesicht zu spritzen, sind Wege, um innerlich Abstand zu bekommen. Anderen hilft ein Boxsack oder Sport oder Musik zu machen.

7. Gefühle aufarbeiten

Erst wenn sich die Wogen geglättet haben, ist es zielführend, einen Konflikt und mögliche Überreaktionen aufzuarbeiten und gemeinsam zu überlegen: Wie hast du dich in dieser Situation gefühlt? Wie ist es zu diesem Konflikt gekommen? Wann ist es eskaliert und wodurch? Wie können wir das in Zukunft vermeiden?

8. Vorbild der Eltern

Zu guter Letzt sollten wir uns als Eltern selbst hinterfragen: Wie gehe ich mit meinen Emotionen um? Habe ich Kontrolle über meinen Ärger, meine Enttäuschung oder meinen Frust? Oft werden Überreaktionen durch anstrengende und schwierige Situationen ausgelöst. Sind wir überfordert oder mit den Nerven am Ende, ist es nicht leicht, seine Gefühle zu kontrollieren und gelassen zu reagieren. Aber wenn wir mit gutem Beispiel vorangehen und wenn Gefühle einen Platz in unserer Familie haben, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass unsere Kinder einen guten Zugang zu ihren Gefühlen bekommen und diese angemessen ausdrücken können.

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin. Sie lebt mit ihrer Familie in Remscheid und ist Mitarbeiterin bei Team.F.

Lass mich in Ruhe und sei mir nah!

Was Teenager brauchen. Von Stefanie Diekmann

„Meiner Mutter ist es total egal, was ich am Wochenende mache!“, wirft Ella (16) in die Diskussion um einen möglichen Termin für die Besprechung in der Kirche ein. Auf den fragenden Blick ihrer Freundin ergänzt sie: „Echt! Sie will nur ihre Ruhe. Ob ich nachts nach Hause komme oder nicht – das merkt sie gar nicht!“ Schnell sind wir vom eigentlichen Thema abgelenkt, denn Sophie (18) wendet sich ihr zu: „Das glaube ich nicht! Eltern haben doch immer irgendwie Sorgen um uns. Bei meinen Eltern muss ich abends sagen, wenn es später wird. Immer noch.“

Ellas Blick ins Leere und ihr Schulterzucken berühren mich. Ich kann mich in das fast tägliche Ringen um Freiheit des Teens und die besorgten Regeln der Eltern gut einfühlen, denn zu Hause übe ich das Gleiche. Nicht selten gibt es bei mir Dissonanzen mit meinem Sohn (16), um das Türenknallen und Ausflippen mal mit einem gepflegten Wort zu beschreiben.

EINEN KAKTUS UMARMEN

Bei Ellas Anblick muss ich an einen Kaktus denken. „Von der Kunst, einen Kaktus zu umarmen“ ist der Untertitel eines Buches über die Pubertät. Er skizziert den Versuch der Eltern, ihrem Kind nah zu kommen und durch sein schmerzhaftes Abwehrverhalten an einen Kaktus erinnert zu werden. Eltern stehen bei Annäherung an den emotionsgeladenen jungen Menschen immer in der Gefahr, sich durch sein Augenrollen, seine stichelnde Abwehr, spitze Bemerkungen oder Ignoranz zu verletzen.

Eltern sind dabei oft schwer verwirrt und verletzt. In einem Seminar stellte ein Teenager-Vater mir seine Meinung deutlich dar: „Ich habe es ein paar Mal versucht, aber so … Nein, so lasse ich nicht mit mir reden. Dann ist halt Funkstille!“ Funkstille zwischen Eltern und Teenagern ist wie Nährstoffentzug für den Kaktus. Nach den Jahren der Zuwendung in Grundschule und Früh-Pubertät verunsichert die Distanz der Eltern den persönlichkeitssuchenden Stachelträger. Diese Verunsicherung kann zu weiteren Stufen des Dramas führen. Die abgelehnten Jugendlichen distanzieren sich, verlieren das Vertrauen zu den Eltern und zu sich und suchen woanders Rat und Anerkennung.

UNNÖTIGES DRAMA

Für einen Heranwachsenden sind viele Äußerungen und Abwehrhandlungen unbewusst wie Testballons, um das eigene Ich zu erleben. Das Erlebte ist Tatsache. Die eigene Meinung ist unantastbar, revolutionär. Die Allmachtsphase ist psychologisch der Schutz in diesem Alter, um sich neuen Aufgaben selbstbewusst zu stellen. Hätten die jungen Menschen diesen inneren Dünger nicht, würden alle Menschen in gleichen Bahnen leben und sich nicht weiterentwickeln. Nicht erst seit Greta Thunberg haben Jugendliche mit ihren radikalen Ideen, Gebeten und Hoffnungen uns bewusst gemacht, wie sehr wir uns an Grenzen gewöhnt haben, ohne gegen sie zu kämpfen. Junge Menschen denken: „Das geht! Das ist nicht gefährlich!“ Die Eltern stecken dagegen oft in der Realismus-Phase: „Das geht nur mit zu viel Aufwand. Die Gefahr besteht und ist zu hoch!“ In dieser Spannung bewegen sich fast alle Themen zwischen Eltern und Teens: Partys besuchen, allein im Ausland Urlaub machen, das Zimmer mit Freunden renovieren, nachts mit dem Rad von einem Geburtstag zurückfahren …

Für mich als Mutter erscheint das, was dem Teenager wichtig ist, häufig als unnötiges Drama. In meinem Leben geht es um Fristen der Steuererklärung, Teamprobleme im Job, Zahnschmerzen. In meinen vollen Kopf passt die geballte Präsenz des Stachelgewächses nicht rein. Abwenden und Beenden – das scheint manchmal für mich die Lösung in solchen Begegnungen mit meinem Sohn. Erst mit Distanz kann ich verstehen, wie mein „Reg dich nicht auf!“ auf den Teenager abwertend wirken kann. Und ich verstehe, wie sein „Denk mal nach, Mama!“ aus seiner Sicht wirklich ein Ausruf voller Empörung ist.

STACHELIGE MONATE

Ich bin erschrocken, wie empfindlich ich reagiere, wenn meine Tochter meine Unordnung kommentiert, mein Sohn mich auffordert, mehr in meinen christlichen Glauben zu investieren und nicht so lahm zu sein. Es betrifft mich. Ich bin gemeint. In dieser Phase – der letzten vor dem Erwachsenwerden – diene ich meinem Teenager als Gegenüber und als erwachsene Testperson. Immer wieder nehme ich mir vor, den Schmerz auszuhalten und nicht trotzig „Aua!“ zu rufen, wenn mich ein Katktusstachel empfindlich trifft.

Mein Mann und ich haben einige Umgangsideen für die stacheligen Monate gesammelt:

  • Wir wollen auf das grüne, sehr sanfte Wesen unter den Stacheln sehen: unser wundervolles Kind!
  • Wir warten ab. Sortieren unsere Gefühle, legen uns Argumente zurecht, atmen durch.
  • Wir lassen uns zurechtweisen. Wir geben in geeigneten Momenten nach, um dem Testballon zum Erfolg zu verhelfen. Es hilft uns zu wachsen, wenn wir den Argumenten unseres Teenagers zuhören. Oft geben wir später dazu noch eine Rückmeldung: „Danke, dass du uns erinnert hast, mehr Strom zu sparen, ich war da nachlässig geworden.“
  • Wir zeigen Interesse. Wir wollen wissen, wo wer wann ist und auch mit wem und warum. Weil wir Interesse an unserem Kind behalten.
  • Wir üben, Unrecht haben zu dürfen und weisen in ruhigen Momenten auf Schieflagen hin, ohne den Jugendlichen zu beschämen. Es ist okay, seine Meinung zu ändern. Für mich, für ihn.

Nähe zu Teenagern ist also neben Orientierung die Hauptaufgabe für Beziehung in dieser Lebensphase von Familie. Das Angebot des Gesprächs, kleine Gesten des Interesses, klare Grundlagen, die auch hinterfragt werden dürfen, kommen dazu. Klingt so einfach. Während meine Seele sich noch manchen Stich am Kaktus holen wird, suche ich täglich nach Wegen, um unserem Sohn nah zu sein. Was gestern gelang, wird heute vielleicht nicht gut möglich sein. Und ich freue mich über Nähe-Überraschungen: die Umarmung meines Sohnes, eine liebevolle Nachricht im Smartphone – wie eine Blüte am Kaktus!

Stefanie Diekmann ist Pädagogin und Autorin und lebt mit ihrer Familie in Göttingen.

Gelassen durch die Pubertät

„Sina ist zurzeit so ätzend“, stöhnt ein Bekannter. „Voll pubertär eben!“ – Ja, pubertierende Teenager können herausfordernd sein. Und manche Eltern fragen sich, wo denn ihr süßes Kind geblieben ist. Aber statt nostalgisch die gute alte Kindheit hochleben zu lassen, sollten wir Teenie-Eltern lieber das sehen, was unsere Teens jetzt sind: junge Menschen, die ziemlich durcheinandergewirbelt sind. Menschen, die viele Fragen haben – an sich und an andere. Mädchen und Jungen, die mit sich und anderen nicht immer gut klar kommen. Kinder, die ihre Eltern brauchen, aber ihnen das nicht zeigen können. Menschen, die gesehen werden wollen – von ihren Freunden, aber auch von ihren Eltern.

Weil diese ganze Phase für Teens und ihre Eltern so herausfordernd ist, haben wir ein Mini-Magazin speziell für Teenie-Eltern zusammengestellt. Mit Anregungen, wie Eltern ihre Teens gut durch die Pubertät begleiten können. Und mit Tipps, wie es gelingen kann, auch in Bezug auf den Glauben ein guter Begleiter zu sein. Wertschätzung schenken und Freiheit geben – das sind wichtige Schritte auf dem Weg.

Das Mini-Magazin haben wir den aktuellen Ausgaben von Family und FamilyNEXT beigeheftet. Man kann es aber auch als PDF auf unserer speziellen Teenie-Eltern-Website herunterladen: family.de/teens/. Hier haben wir auch weitere Artikel aus früheren Ausgaben von Family und FamilyNEXT zusammengestellt, die Teenie-Eltern helfen können, die Herausforderungen ihre Familienlebens zu meistern.

Übrigens: So wie Family und FamilyNEXT gute Begleiter für Eltern sind, ist es das Magazin Teensmag für Teenager. Vielleicht eine Idee für ein nachhaltiges Weihnachtsgeschenk? teensmag.net

Bettina Wendland

Redakteurin Family/FamilyNEXT

Null Bock auf Schule

„Vor kurzem habe ich erfahren, dass mein Sohn (15) regelmäßig die Schule geschwänzt hat. Ich habe Angst, dass er seinen Abschluss so nicht schafft. Gespräche über das Thema wehrt er immer ab. Was kann ich tun?“

Mein Kind ist ein Schulschwänzer“ – das zu realisieren ist für Eltern meist ein Schock. Schließlich ist der Schulbesuch ja nicht nur Pflicht, sondern auch ein bedeutsamer Faktor im jugendlichen Reifungsprozess – und eine wichtige Vorbereitung aufs Berufsleben. Tröstlich mag sein: Sie sind nicht allein! Pubertät, Lernunlust, Schulverweigerung – das müssen Jahr für Jahr tausende Eltern durchstehen. Doch Jugendliche kann man kaum noch zwingen. Vielmehr muss man ihnen dabei helfen, selbst zu einer vernünftigen Entscheidung zu kommen. Mögliche Gründe fürs Schule-Schwänzen gibt es viele: Mobbing oder Stress mit der Clique, eine familiäre Beziehungsstörung oder berufliche Aussichtslosigkeit – vielleicht auch „nur“ anhaltende Überforderung oder die Langeweile eines Hochbegabten. Ich müsste also genauer wissen: Seit wann existiert das Problem, in welcher Form und in welchem Ausmaß? Wie waren seine bisherigen Schulerfahrungen? Was sind seine Pläne, was seine Wünsche für die Zukunft? Nicht zuletzt: Wie ist Ihre familiäre Situation, die Beziehung zwischen Sohn und Eltern?

ERSTE REAKTION
Eltern sollten versuchen, die erschreckende Ordnungswidrigkeit vor allem als Symptom anzusehen. Eine Art Notlösung, eine Revolte, ein Hilferuf aus vermeintlicher Ausweglosigkeit. Dann fällt es leichter, ungünstige Erstemotionen wie Ärger, Hilflosigkeit oder Überfürsorge hinten anzustellen. Ganz wesentlich ist jetzt nämlich, dass Sie das verlorengegangene Gespräch miteinander wieder aufnehmen. Sie sollten mit Ihrem Sohn gemeinsam besprechen, wie sich das Problem angehen lässt. Gleichzeitig ist es günstig, das Blaumachen zu erschweren – ihn zur Schule zu bringen, sich regelmäßig mit dem Klassenlehrer auszutauschen, bei Krankheit Arbeitsaufträge zu erteilen oder Abholdienste durch Mitschüler zu organisieren. Dazu kann man auch eine schriftliche Vereinbarung treffen – mit Aussagen über Belohnungen oder Sanktionen.

UNTERSTÜTZUNG VON AUSSEN
Viele Eltern machen außerdem die Erfahrung, dass die Hilfe eines nichtelterlichen Erwachsenen bei problematischen Entwicklungen im Jugendalter hilft. Er muss Sicherheit und Reife ausstrahlen und der strauchelnde Jugendliche muss ihm ein persönliches Anliegen sein bzw. werden (der Familienpsychologe Steve Biddulph nennt das „Mentor“). Vielleicht haben Sie das Glück, dass ein Lehrer bereit und in der Lage ist, Ihren Sohn eine Zeit lang besonders unter seine Fittiche zu nehmen. Dieser Mentor könnte mit Ihrem Sohn seine Stärken sowie berufliche Perspektiven durchsprechen – und ihm anbieten, ihn in einem überschaubaren Zeitraum (z.B. ein halbes Jahr) besonders zu unterstützen. Das kann in Form von regelmäßiger Begleitung, Kontrolle seiner schulischen Arbeiten oder auch kleinen Lerngesprächen sein. Oder gibt es einen Onkel oder Opa (oder sonstigen vertrauenswürdigen männlichen Freund der Familie), der diese Mentorenrolle übernehmen kann? Ein solcher Mentor dürfte sich natürlich von ersten Rückschlägen nicht aus der Bahn werfen lassen, sondern müsste eine Weile dicht am Ball bleiben.

Michael Felten hat 35 Jahre als Gymnasiallehrer gearbeitet. Neben Erziehungsratgebern veröffentlichte er zahlreiche Beiträge zu Bildungsfragen. www.eltern-lehrer-fragen.de