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Wenn Teens ohne Eltern verreisen wollen – das müssen Sie wissen!

In den Sommermonaten möchten viele Teens mit Freunden für ein Wochenende wegfahren – ohne Erwachsene. Wie sollten Eltern damit umgehen? Welche rechtlichen Vorgaben gibt es?

Der Wunsch der jungen Leute, allein mit Freunden ein Wochenende zu verbringen, ist absolut nachvollziehbar. Jugendliche wollen unabhängiger werden, Freiheit erleben und die Welt erkunden. Gleichzeitig lösen solche Wünsche bei Eltern aber auch ernstzunehmende Bedenken und Sorgen aus, weil diese Selbstständigkeit manche Gefahren mit sich bringen kann.

Der rechtliche Rahmen

Grundsätzlich können Jugendliche mit Bus, Bahn oder Flugzeug ohne eine erwachsene Begleitperson verreisen. Hierzu gibt es in Deutschland keine gesetzliche Altersvorgabe. Auch die Übernachtung in einer Jugendherberge oder einer Ferienwohnung ohne erwachsene Begleitung ist für Jugendliche ab dem 14. Lebensjahr möglich, wenn sie die Zustimmung der Eltern haben. Bis zum Alter von 18 Jahren liegt es also ausschließlich im Ermessen der Eltern, ob sie ihre Jugendlichen verreisen lassen oder nicht. Außerdem ist es gut, im Hinterkopf zu haben, dass Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren Kinos, Gaststätten und Discos allein nur bis 24 Uhr besuchen dürfen. Soweit der rechtliche Rahmen.

In der Schweiz sind die rechtlichen Vorgaben ähnlich, allerdings gibt es regional unterschiedliche Regelungen zur Ausgehzeit, sodass man sich hier individuell bei dem jeweiligen Kanton informieren sollte.

Der Trip will gut durchdacht sein

Bevor Sie Ihr Okay zu einem Wochenendtrip geben, ist es unbedingt sinnvoll, vorher abzutasten, welche Pläne mit diesem Wochenende verbunden sind. Wer genau fährt mit? Wo wollen die Jugendlichen das Wochenende verbringen? Ist die Finanzierung geklärt? Ist abgesichert, dass im Notfall Kontaktpersonen erreichbar sind? Schätzen Sie Ihr Kind und die Freunde so ein, dass sie nicht über die Stränge schlagen? Wie verantwortungsvoll gehen die jungen Leute mit Alkohol um? Wie handhaben Sie das Thema Ausgehzeiten grundsätzlich in Ihrem Alltag? Können Sie sich darauf verlassen, dass sich die Gruppe grundlegend an die Regeln des Jugendschutzgesetzes hält? Oder wäre zu befürchten, dass das Nachtleben einer Großstadt über die Maßen ausgekostet wird?

Grundlegend ist es sehr wichtig, dass Jugendliche immer mehr Freiräume bekommen. Je mehr Ihr Kind im Alltag zeigt, dass es verantwortungsvoll mit der Freiheit umgeht, umso größer kann der Rahmen sein, in dem essich bewegt. Wenn Sie bei all diesen Fragen keine großen Bedenken haben, schenken Sie Ihrem Kind und dessen Freundeskreis Ihr Vertrauen und lassen Sie es entspannt fahren. Ist das nicht der Fall, ist es angemessen, ein solches Wochenende nicht zu erlauben oder gemeinsam über eine Alternative nachzudenken. Dann ist es wichtig zu erklären, warum Sie so entschieden haben. Machen Sie an konkreten Beispielen deutlich, wo Ihnen das Verantwortungsbewusstsein fehlt und was Sie sich wünschen. Sicher wird die Enttäuschung erst mal groß sein, aber wenn Eltern gute Begründungen liefern und klar bleiben, respektieren Jugendliche solche Entscheidungen nach einer Weile. Wichtig ist, dass dieses Nein nicht in Stein gemeißelt ist, sondern die Möglichkeit beinhaltet, zu einem Ja zu werden, wenn die notwendige Reife vorhanden ist.

Sonja Brocksieper ist Diplom-Pädagogin. Sie lebt mit ihrer Familie in Remscheid und leitet gemeinsam mit ihrem Mann die Team.F Regionalarbeit im Rheinland. sonja-brocksieper.de

Wenn Teens sich zurückziehen: So können Eltern reagieren

Wenn aus Kindern Teens werden, ziehen sie sich von ihren Eltern zurück, suchen aber doch auch immer wieder ihre Nähe. Familienberaterin Daniela Albert verrät, wie Eltern das Dilemma lösen können.

„Was liest du, guckst du oder zockst du gerade?“ Das sind neuerdings Fragen, die mein Mann oder ich am Abend gestellt bekommen, wenn wir unseren eigenen Beschäftigungen nachgehen. Normalerweise ist es dann schon nach 21 Uhr. Ich muss mich noch daran gewöhnen, dass um diese Zeit bei uns nicht mehr die selige Ruhe aus Grundschultagen herrscht.

Zwei unserer Kinder sind endgültig aus der Phase herausgewachsen, in der sie sich um 20 Uhr ins Bett gelegt und geschlafen haben. Stattdessen hantieren sie viel später noch herum, suchen Hefte oder bringen ihre Brotdosen in die Küche. Und nicht selten kommen sie noch einmal zu uns und fragen, was wir tun.

Unaufdringliche Präsenz

Unausgesprochen wollen sie jedoch etwas anderes wissen: Darf ich dazukommen? Ist bei dem, was du gerade machst, Raum für mich? Darf ich mit dir zusammen ein bisschen auf den Bildschirm schauen, eine Tasse von deinem Tee schnorren und dir vielleicht erzählen, was ich den ganzen Tag für mich behalten habe? Von der Mathearbeit, die ich mit Sicherheit vergeigt habe, den Freundinnen, die sich in letzter Zeit so komisch verhalten, der Gruppe, aus der ich mich ausgeschlossen fühle? Darf ich dir erzählen, welches YouTube-Video mich gerade beschäftigt und welchen Gaming-PC ich cool finde? Können wir zusammen schweigen, damit ich es nicht allein in meinem Zimmer tun muss?

Ich gebe zu: Manchmal denke ich mir in solchen Momenten, dass ich meine Abende lieber allein verbringen würde. Gleichzeitig weiß ich, dass sie so wichtig und wertvoll sind.

Wenn unsere Kinder größer werden, gehen sie mehr und mehr in eine Welt, in die wir nur auf Einladung Zutritt haben. Wir wissen nicht mehr selbstverständlich, was sie beschäftigt, mit wem sie rumhängen oder welche Wünsche und Träume ihnen gerade durch den Kopf geistern. Oft wollen die Heranwachsenden das auch gar nicht. Dass sich gerade junge Teenager und Pre-Teens zurückziehen, ist normal. Doch das bedeutet nicht, dass sie uns nicht brauchen. Das tun sie. Unsere Ohren und unsere Herzen. Unsere unaufdringliche, kaum sichtbare Präsenz in ihrem Leben.

Kontrolle oder Laissez-faire?

Was diese Präsenz angeht, kann man auf beiden Seiten vom Pferd fallen. Man kann sich mit dem Loslassen unfassbar schwertun und das Gefühl haben, dass man die Zügel viel stärker in der Hand behalten will. Müsste ich nicht noch Hausaufgaben kontrollieren und die Eltern der neuen Freunde mal anrufen? Sollte ich nicht darauf beharren, dass das Hobby, das keinen Spaß mehr macht, weitergeführt wird? Kann mein Kind seine Verpflichtungen als angehender Konfirmand wirklich allein organisieren? Sollte ich seine Chats lesen? Und wie viel Mitspracherecht habe ich eigentlich noch bei Klamottenauswahl und Körperpflege?

Ich kann aber auch zu wenig präsent sein. Der völlig freie Zugang zu Medien kann sich, gerade bei jüngeren Teenagern, als richtig schlechte Idee erweisen. Wie viel Laissez-faire ich an den Tag lege, wenn Jugendliche um die Häuser ziehen, hängt wohl auch sehr vom individuellen Reifegrad und dem Wohnort ab – aber auch hier kann ein allzu sorgloser Umgang mit einem bösen Erwachen enden. Und dass unser Kind Probleme in der Schule hat, sollten wir auch nicht erst beim Unterschreiben des Zeugnisses merken.

Egal, wie wir es halten, wir werden wohl bei der Begleitung von Teenagern auch mal stürzen. Ich denke, das gehört dazu, wenn wir mit ihnen einen neuen Lebensabschnitt beginnen. Genau wie wir im Rückblick das eine oder andere aus der Babyzeit anders machen würden, werden sich auch Entscheidungen, die wir mit älteren Kindern treffen, als falsch erweisen. Das ist okay und gehört dazu. Großwerden ist heute unfassbar komplex. Keine Elterngeneration vor uns musste sich mit so vielfältigen Herausforderungen, gerade in der medialen Welt, auseinandersetzen, wie wir ihnen gegenüberstehen.

Zuhören und ernst nehmen

Genau deswegen habe ich für mich festgestellt, dass es vor allen Dingen einen Bereich gibt, bei dem ich nicht loslassen möchte: unseren Dialog. Ja, manchmal würde ich meine Abende gern anders verbringen. Und gleichzeitig ist es ein riesiges Geschenk, dass unsere Kinder zu uns kommen. Dass sie mit uns reden. Dass sie Familienregeln ausdiskutieren wollen und nicht einfach hinter unserem Rücken brechen.

Das läuft nicht immer harmonisch ab. Im Gegenteil, es kostet meinen Mann und mich gelegentlich Zeit, Schlaf und Nerven und geht manchmal nicht ohne Geschrei und Tränen vonstatten. Und doch ist es wichtig, dass wir einander anhören, ernst nehmen, uns entgegenkommen und Kompromisse finden.

Gerade bei strittigen Themen müssen wir Eltern uns bewusst machen, worum es eigentlich geht. Denn was für uns nach einem sinnvollen Verbot klingt, kann für den Teenager eine Vollkatastrophe sein. Nicht nur verderben wir damit vielleicht jede Menge Spaß – wir katapultieren das Kind mitunter auch aus einer sozialen Gruppe heraus. Dabei ist Zugehörigkeit ein menschliches Grundbedürfnis, und gerade Jugendliche finden sie nun einmal vor allem unter ihren Peers.

Im Dialog bleiben

Das bedeutet nicht, dass wir alles toll finden und erlauben müssen. Aber wir schulden unseren Kindern, dass wir uns kritisch mit der Frage auseinandersetzen, warum wir etwas nicht wollen: Hat das triftige Gründe oder spielen hier übertriebene Ängste mit hinein? Trauen wir unserem Kind zu wenig zu oder treffen wir eine gute Entscheidung zu seinem Schutz? Wo kann ich großzügig sein und auch mal einen Glaubenssatz über Bord werfen, um meinem Kind Raum für seine Bedürfnisse zu geben? Und wo bleibt mir nichts anderes übrig, als seine Freiheit zu beschneiden zu dem Preis, dass es sich unter seinen Freunden ausgeschlossen fühlt?

Für viele dieser Fragen suche ich meine Antworten noch, und für einige kann das, was sich heute richtig anfühlt, morgen schon nicht mehr passen. Im Dialog zu bleiben, scheint mir der einzig hilfreiche Weg durch diesen Dschungel. Neben dem Vertrauen auf den großen Reiseführer im Himmel, der sowieso seine ganz eigenen Geschichten mit unseren Kindern schreibt.

Daniela Albert ist Erziehungswissenschaftlerin und Eltern- und Familienberaterin (familienberatung-albert.de). Sie lebt mit ihrem Mann und ihren drei Kindern in Kaufungen bei Kassel und bloggt unter eltern-familie.de.

Was tun, wenn der Teenie kifft? Expertin gibt Rat

Kiffen ist weit verbreitet und gilt als Einstiegsdroge. Wie sollten Eltern damit umgehen, wenn sie ihre Kinder beim Kiffen erwischen? Suchtexperten raten: Das Gespräch suchen und die Hintergründe erfragen.

„Unser Teenie kifft. Wir hatten schon länger den Verdacht, dass er es tut, aber nun haben wir ihn dabei erwischt. Wir machen uns Sorgen, dass er süchtig ist. Wie finden wir das heraus? Wie können wir das Thema ansprechen? Und wo finden wir Hilfe?“

Wenn Jugendliche Cannabis konsumieren, ist dies oft ein vorübergehendes Phänomen. Am Anfang steht häufig die Neugierde. Jugendliche wollen wissen, was es mit diesem Cannabis auf sich hat. Manche Jugendliche kiffen, weil Freunde es tun. Sie wollen an einem Erlebnis in einer Gruppe teilhaben, Neues ausprobieren, Grenzen ausloten, Risiken eingehen – all dies kann dazu beitragen, mehr über sich selbst zu erfahren.

Cannabis birgt viele Risiken

Dass Sie sich Sorgen machen, ist verständlich. Wir raten Eltern, das Gespräch mit ihrem Kind zu suchen. Als Eltern sind und bleiben Sie für Ihr Kind ein zentraler Orientierungspunkt. Dabei gilt es, die Ansichten und Gedanken möglichst unaufgeregt zu vertreten. Wir ermuntern Väter und Mütter, eine gemeinsame Haltung zu vertreten und Cannabis weder zu dramatisieren noch zu banalisieren. Es gibt gute Gründe, weshalb Ihr Kind es nicht konsumieren sollte. Es ist wichtig, dass Sie diese Haltung vertreten.

Je jünger ein Kind ist, desto ausgeprägter sind die Risiken. Vor allem das Gehirn reagiert empfindlicher, weil es noch in der Entwicklung ist. Bei Jugendlichen unter 16 Jahren sind die Risiken zu groß. Kein Konsum sollte das Ziel sein. Auch bei älteren Jugendlichen ist es ratsam, auf Cannabis zu verzichten. Vor allem wenn Cannabis konsumiert wird, um mit Stress umzugehen oder negative Gefühle zu bewältigen, ist das Risiko größer, dass immer mehr konsumiert wird.

Den Gründen auf der Spur

Erklären Sie Ihrem Kind, dass es Ihnen wichtig ist zu erfahren, was das Cannabis zu bedeuten hat. Stellen Sie Fragen zu den Beweggründen, wo und wann es kifft und wie es den eigenen Konsum einschätzt. In unserem Leitfaden „Cannabis. Mit Jugendlichen darüber sprechen. Ein Leitfaden für Eltern“ auf suchtschweiz.ch finden sich Tipps für eine gelingende Gesprächsführung. Bleiben Sie ruhig und verständnisvoll, zeigen Sie Interesse und sprechen Sie über sich selbst. Beschreiben Sie Ihre Haltung, Ihre Beobachtungen und Sorgen. Legen Sie gemeinsam Ziele fest. Wenn Sie möchten, auch schriftlich. Besprechen Sie gemeinsam, was das Kind und was Sie als Eltern brauchen, um diese Ziele zu erreichen.

Wir ermutigen Sie, den Dialog aufrechtzuerhalten und nicht nur auf das Kiffen zu begrenzen: Fühlt sich das Kind wohl in seinem Freundeskreis? Wie läuft es in der Schule oder der Ausbildung? Interesse zu zeigen, fördert den Dialog und erleichtert die Einschätzung, ob Cannabis immer mehr Platz einnimmt.

Wenn man merkt, dass man nicht weiterkommt und es dem Kind zusehends schlechter geht, gibt es immer die Möglichkeit, fachliche Hilfe in Anspruch zu nehmen. Unterstützung für Sie und Ihr Kind bieten Fachstellen für Suchtberatung (suchtindex.ch in der Schweiz, dhs.de in Deutschland oder praevention.at in Österreich), Erziehungs- und Jugendberatungsstellen.

Monique Portner-Helfer ist Pressesprecherin von Sucht Schweiz: suchtschweiz.ch

Sie bringt mich zur Weißglut!

„Meine Teenie-Tochter (15) und ich rasseln immer häufiger aneinander, ja, sie bringt mich richtig zur Weißglut! Neulich habe ich sie angeschrien und mich danach total schrecklich gefühlt – sie sich natürlich auch. Wie kriege ich es hin, meine Wut unter Kontrolle zu halten, ihr aber auch zu vermitteln, wo sie meine Grenzen überschreitet?”

Diese Zeiten fordern viel – von Eltern und den Teens. Gerade war man als Familie noch ein eingespieltes Team, nun trifft die Pubertät mit irritierenden Pfeilen in die vertrauten Beziehungen. Die Heranwachsenden suchen Halt in ihrer sich so stark verändernden Welt. Halt, den sie sich tatsächlich besonders in der Familie suchen. Paradoxerweise geschieht dies gerade bei Vertrauten durch Pöbeln, Motzen, Provozieren und Boykottieren. Paradoxerweise, denn das Abgrenzen durch Bemerkungen und Sticheleien fühlt sich nicht an, als würde der oder die Jugendliche Halt suchen. Ja, Teenager sind gute Beobachter und haben über ihre Eltern durch die gemeinsame Lebenszeit ausreichend „belastendes“ Material angesammelt. Mit wenigen Bemerkungen werden Treffer gelandet, die gerade Eltern schmerzhaft aus dem Gleichgewicht bringen. Nicht selten sind Schnappatmung, plötzlicher Zorn und Empörung nach einem gut gesetzten Teenie-Blick oder Kommentar die Begleiterscheinungen für Eltern von Pubertierenden auf der Suche nach Halt.

STOPPSCHILD AUFSTELLEN

Gerade weil der junge Mensch Halt sucht, ist es notwendig, dass Eltern bewusst ihr Stoppschild sichtbar machen. Geben Sie Ihrer Tochter Halt durch eine klare Haltung. Bedenken Sie: Ihre Tochter bringt zwar persönlich verletzende Argumente vor, es geht ihr aber nicht um die Beziehung.

Sie testet unbewusst: Halten meine Eltern das aus? Sie als Eltern dürfen die angespannte Situation verlassen, sich gegebenenfalls sogar gegenseitig an das Verlassen erinnern. Einige Familien einigen sich auf Codewörter, die beide Seiten nennen dürfen. Andere verabreden zusammen, dass sie nicht das Haus verlassen, aber im Schlafzimmer ungestört sein können.

Das Verlassen der akuten Situation erscheint Eltern paradox, weil sie ihren aufgeplusterten Giftschützen unbedingt im Vollzug das „So nicht!“ verdeutlichen und ihre Macht demonstrieren wollen. Das fördert aber eher den Willen nach Unabhängigkeit des Jugendlichen und eine weitere Stufe der Emotionen wird freigeschaltet. Die gewünschte Einsicht ist allein von der Gehirnbeschaffenheit im Streit nicht möglich und führt eher zu Eskalationen, die die Beziehung sehr belasten.

IM GESPRÄCH BLEIBEN

Nehmen Sie in einem ruhigeren Moment das Gespräch mit der Tochter wieder auf. Rutschen Sie dabei nicht auf ihre Stufe und reagieren Sie nicht nachtragend. Die Frage: „Wie ging es dir im letzten Streit mit mir?“ hilft, sich gegenseitig neu kennenzulernen und den wirklichen emotionalen Druck des Haltsuchenden als Eltern zu verstehen. Dabei kann auch zur Sprache kommen, welche verletzenden Kommentare Sie von Ihrem austickenden Teen nicht mehr hören möchten. Im Gespräch zu bleiben, ist die Grundvoraussetzung für das Überleben der Beziehungen. Dann kann es auch nach Turbulenzen später wieder Humor und Respekt geben.

Stefanie Diekmann ist Pädagogin, Trainerin für Eltern und Autorin. Sie gestaltet mit ihrem Mann die EFG Göttingen und genießt ihre Familie. Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

„Wird unser Sohn in der Schule gemobbt?“ – Auf diese Anzeichen sollten Eltern achten

Wenn Jugendliche unter Mobbing oder Cybermobbing leiden, besteht dringender Handlungsbedarf. Elterncoach Sandra Schreiber erklärt, was die Alarmsignale sind.

„Unser Sohn (14) zieht sich immer mehr zurück und erzählt uns kaum mehr etwas. Seine Klassenlehrerin hat uns erzählt, dass er in der Schule eher Außenseiter ist und wahrscheinlich sogar gemobbt wird. Darauf angesprochen, hat er sich in sein Zimmer verzogen und jedes Gespräch mit uns verweigert. Wir würden ihm gern helfen, aber wie?“

Geben Sie Ihrem Sohn Zeit und signalisieren Sie ihm, dass Sie für ihn da und gesprächsbereit sind. Vielleicht ist es möglich, dass er in einer entspannten Atmosphäre zu einer für ihn passenden Zeit auf Sie zukommt? Gab es in der Vergangenheit vielleicht Momente, in denen persönliche Gespräche leichter entstehen konnten (bei der Autofahrt oder beim Einkaufen)? Falls ja, probieren Sie diese Möglichkeit aus. Sie könnten ihm auch anbieten, sich seinen Gesprächspartner frei zu wählen. Möglicherweise gibt es eine Tante, die einen guten Draht zu ihm hat, einen Jugendleiter, ältere Geschwister oder vielleicht den Sporttrainer? Sollten die depressiven Gefühle und die Verweigerungshaltung anhalten, rate ich Ihnen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Was ist die Definition von Mobbing?

Da die Klassenlehrerin bereits das Wort Mobbing ausgesprochen hat, möchte ich Ihnen noch einige Überlegungen dazu mitgeben: Es ist wichtig, einen Unterschied zwischen Konflikt und Mobbing zu machen. Bei einem Konflikt sind die Beteiligten einigermaßen gleichstark und gleichberechtigt. Konflikte gehören zum Alltag, sie haben meist einen konkreten Inhalt und gehören zur sozialemotionalen Entwicklung dazu. Aus Konflikten kann man viel lernen, wie etwa nachgeben oder sich wehren, sich durchsetzen, Lösungen finden und Ähnliches. Im Gegensatz dazu herrscht beim Mobbing ein Kräfteungleichgewicht (das Opfer ist körperlich oder psychisch unterlegen), die Lösung aus eigener Kraft ist nicht möglich, und die Angriffe erfolgen systematisch, wiederholt und über einen längeren Zeitraum. Bei Mobbing handelt es sich um Macht und Schwäche, Drohen und Schweigen, Ausschluss und Einsamkeit, Manipulation und Hilflosigkeit.

Werden Sie aktiv!

Beobachten Sie Ihr Kind auf Verhaltensveränderungen wie etwa Leistungsabfall in der Schule, sozialer Rückzug, körperliche und psychische Reaktionen wie Angst, Übelkeit, Kopfschmerzen, Fehlen und Beschädigung von Schulsachen. Bedenken Sie, dass Mobbing auch in Form von „Cybermobbing“ in sozialen Netzwerken stattfinden kann und Ihr Sohn somit etwaigen Angriffen möglicherweise nicht nur vor Ort in der Schule ausgesetzt ist. Bestätigt sich die Vermutung, sollten Sie aktiv werden. Sprechen Sie zuerst mit Ihrem Sohn über Ihre und die Sorge der Klassenlehrerin. Achten Sie dabei darauf, dass Sie ihm keine Schuldzuweisungen machen. Erklären Sie ihm, dass er ohne die Hilfe von Erwachsenen nicht aus der Situation herauskommt und dass es Ihre Aufgabe als Eltern und Schule ist, ihm zu helfen. Versichern Sie ihm, dass alle Interventionen vorher mit ihm besprochen werden. In der Schule gibt es häufig einen Sozialarbeiter oder eine Vertrauenslehrerin, der oder die in Anti-Mobbing-Programmen geschult ist. Nutzen Sie das Helfersystem, das sowohl Ihr Kind als auch Sie als Eltern unterstützt und konkrete Hilfe leisten kann.

Sandra Schreiber ist Beraterin und systemischer Elterncoach in der christlichen Beratungsstelle „LebensRaum Gießen“. 

Wann zur Frauenärztin?

„Meine Tochter ist jetzt 14. Manche ihrer Freundinnen waren schon bei der Frauenärztin, andere (wie sie) noch nicht. Ich bin mir unsicher: Wann ist der richtige Zeitpunkt dafür? Und wie bereite ich meine Tochter darauf vor?“

Für viele Mädchen sind Frauenärztinnen zunächst die große Unbekannte. Früher gab es nur den Kinderarzt oder die Kinderärztin. Den meisten Kids ist klar, im Erwachsenenalter gibt es stattdessen Hausärzte. Wozu braucht es zusätzlich eine Frauenärztin?

WARUM ZUR FRAUENÄRZTIN?

Eine Frauenärztin ist für die inneren und äußeren Geschlechtsorgane der Frau im Intimbereich sowie für die Brüste zuständig, bei der Vorsorge und der Behandlung von gut- und bösartigen Erkrankungen. Sie begleitet ergänzend zu Hebammen Frauen in der Schwangerschaft und rund um die Geburt. Sie ist Ansprechpartnerin bei Störungen der Monatsblutung, Entzündungen, einem Ungleichgewicht weiblicher Hormone, in Fragen der Empfängnisregelung und bei vielen sexuellen Problemen. Der Besuch bei der Frauenärztin wird ab dem 20. Lebensjahr ein- bis zweimal pro Jahr zur Vorsorge empfohlen. Wenn ein Mädchen keinerlei Beschwerden hat, genügt es, den ersten Besuch zwischen dem 18. und 20. Lebensjahr zu planen. Ausnahmen, die Praxis früher aufzusuchen, sind Beschwerden im Genitalbereich, starke Schmerzen und/oder Störungen der Monatsblutung, das Ausbleiben der ersten Blutung bei Mädchen älter als etwa 16 Jahre oder wenn kein Tampon eingeführt werden kann. Außerdem ist die Frauenärztin ansprechbar, wenn ein Mädchen schon sexuell aktiv ist oder unsicher, ob alles okay ist, zum Beispiel bei unklaren Tastbefunden der Brust.

GUTE VORBEREITUNG

Vielen Mädchen hilft ein orientierender erster Termin ohne Untersuchung, um die Ärztin und die Praxis kennenzulernen. Respektieren Sie unbedingt, ob sie zu einer Ärztin oder einem Arzt gehen möchte. Drängen Sie Ihre Tochter nicht zu Ihrem Gynäkologen. Überrumpeln Sie sie nicht, indem Sie mit Terminen Tatsachen schaffen. Klären Sie mit ihr, wann sie dazu bereit ist. Sie sollte wissen: Vor der Untersuchung entkleidet sie sich in einer Umkleidekabine im Untersuchungsraum untenherum – nie ganz! Ein langes Shirt ist ein guter Sichtschutz auf dem Weg zum Untersuchungsstuhl.

Steht eine Untersuchung an, bereiten Sie sie darauf vor, dass die Frauenärztin dafür einen speziellen Untersuchungsstuhl benötigt, auf dem man zurückgelehnt sitzt, während die Beine seitlich auf Beinschalen oder Bögen gelagert sind. Nur so kann die Ärztin durch die Scheide bis zum Eingang der Gebärmutter schauen. Dazu schiebt sie vorsichtig mit Untersuchungsinstrumenten die Scheidenwände beiseite. Zusätzlich kann sie die inneren Geschlechtsorgane durch die Scheide abtasten und sie mit einem schmalen Ultraschallgerät betrachten. Falls es wehtun sollte, bitte Bescheid sagen. Die Frauenärztin ist immer ansprechbar.

Dr. med. Ute Buth ist Frauenärztin, Sexual- und Weißes Kreuz-Fachberaterin. Sie leitet die Beratungsstelle „herzenskunst“ in Bochum, ist verheiratet, Mutter zweier Töchter und Autorin des Teenie-Aufklärungsbuches „Mädelskram“. Illustration: Sabrina Müller, sabrinamueller.com

Ein Paar, zwei Perspektiven: Musik

„ÜBER SIEBEN BRÜCKEN MUSST DU GEHEN“

Katharina Hullen musste als Kind viel Schlager hören. Ihre eigenen Kinder wollte sie für richtig gute Musik begeistern. Eigentlich.

Katharina:

Die Geschichte wiederholt sich ständig – im Großen wie im Kleinen. Katastrophen und Krisen ebenso wie Mode- und Musikgeschmack. Bei Letzterem scheint es eine wichtige Komponente für jede neue Generation zu geben: Abgrenzung! Für die Entwicklung des eigenen Geschmackes gilt: Den Eltern darf es auf keinen Fall gefallen!
Als ich ein Teenie war, fuhr ich am liebsten mit meinem Vater allein im Auto, denn obgleich er nicht meinen Lieblingsjugendsender einstellte, konnten wir uns dennoch auf den Mainstream-Sender einigen, und da lief ja immerhin aktuelle Musik. Meine Mutter hörte den lieben langen Tag Schlager auf WDR 4. Schon zum Frühstück läuteten die „Glocken von Rom“ und insgesamt gehörte der Sender zu uns wie unser „Name an der Tür“.Noch heute belegen unzählige Schlager-Liedtexte wertvolle Hirnregionen in meinem Kopf. Das wollte ich auf jeden Fall bei meinen Kindern anders machen – sie sollten sich dank mir nur für richtig gute Musik begeistern.
Doch gerade entwickelt es sich leider gar nicht wie geplant, denn unsere drei Teenies haben dank des Digitalradios ihren eigenen Lieblingssender entdeckt. Wer Tischdienst hat, hat für diese Zeit auch Radiogewalt. So wummert dreimal täglich ein Sender mit den „absoluten TOP-HITS“ durch die Wohnung. Alle fünf Kinder tanzen und singen mit, so gut es eben geht. Es wäre so schön, wenn die Musik nicht so nervig wäre!
Schwierig wird es mit den verschiedenen Musikgeschmäckern auf gemeinsamen Autofahrten. Da reicht die Spanne von WDR Maus über Mainstream, die besten Hits von heute, Bildungsradio bis zum Kuschelrocksender und ja, irgendwie ist WDR 4 auch inzwischen gar nicht mehr so schlecht. Denn mittlerweile läuft da „unsere“ Musik der 80er- und 90er-Jahre. Puh, wie alt du wirklich bist, zeigt sich an der Wahl deines Radiosenders!
Hauke hört auch sehr, sehr gerne einen Sender, der viele alte Rocknummern spielt. Wie gut, dass ich da die Mehrheit der Kinder hinter mir habe, denn das geht nun wirklich gar nicht. Ausgenommen ist da nur unser Vierjähriger, der auf der Suche nach seiner Identität Männlichkeit noch mit E-Gitarren-Solos gleichsetzt. Was irgendwie vielleicht auch für meinen Mann gilt.
So will nun jeder seinen Lieblingssender hören. Für dieses Dilemma haben wir eine Lösung gefunden. Wir spielen einfach ein Quiz mit ständigem Senderhopping und raten Titel und Künstler. So sind die Chancen gleich verteilt. Auf den neuen Digital-Sendern sind die Kinder uns weit überlegen, beim Rocksender trumpft Hauke auf, bei WDR 4 wohl ich, und beim Mainstreamradio gewinnen wir alle – damals wie heute.

Katharina Hullen (Jahrgang 1977) ist Bankkauffrau und Dolmetscherin für Gebärdensprache in Elternzeit. Sie und Ehemann Hauke haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

 

„WEIL LIEBE NIE ZERBRICHT“

Hauke Hullens musikalische Geschmacksausbildung war recht eingeschränkt. Trotzdem schwelgt er in Erinnerungen an die eigene Jugendzeit.

Hauke: Auf Drängen meiner ältesten Tochter haben wir uns zu Weihnachten einen Musik-Streamingdienst gegönnt. Seitdem warten sagenhafte 60 Millionen Songs und unzählige Neuentdeckungen auf uns. Doch was mache ich mit meinen neuen, unbegrenzten Möglichkeiten? Ich fülle meine Playlist mit den Evergreens meiner Jugendzeit. Wie beim Erstkontakt mit Google Earth: Man könnte den ganzen Planeten erkunden und zoomt sich doch nur an das eigene Haus heran.
Die Playlists haben eine ganz eigentümliche Wirkung auf mich. Man muss dazu wissen: Meine Eltern hörten keine Musik. Das Radio blieb bei Autofahrten stumm. Wir Kinder besaßen keine Abspielgeräte. Musiziert wurde zwar viel, aber keine Musik konsumiert. In der frommen Blase meines Elternhauses war ich nur von Klassik und Gemeindegesang umgeben.
Umso prägender war darum der Einfluss, den der Musikgeschmack meiner Freunde und die Hits der Oberstufenpartys auf mich hatten. Wie bei frischgeschlüpften Gänseküken bin ich seitdem festgelegt auf das, was ich direkt nach meinem (musikalischen) Erwachen kennengelernt habe, auch wenn ich es anschließend kaum mehr hörte.
Stattdessen malträtieren nun unsere Teenager unsere Ohren mit … Nun ja, was sie halt so Musik nennen. Seichtes Popzeug, mit Instrumenten und Stimmen, die allein dem Computer ihre Existenz verdanken. Und am schlimmsten ist dieser Sender, der stolz damit wirbt, nur die aktuellen Top-Hits zu spielen. Von Platz 1 bis 30. Und dann wieder von vorne. Jede Stunde. Jeden Tag.
Mit blutenden Ohren rette ich mich zu meiner Playlist. Bei jedem Song, jedem dieser musikhistorischen Kleinode flackern Assoziationen durch die Brust: ewige Sommerabende, Fahrten und Freizeiten, durchtanzte Nächte – alles Erinnerungen an den Rausch einer flirrenden, verklärten Jugendzeit!
Doch was ist das? Besteht der Text dieser stampfenden Dancefloor-Nummer aus den 80ern wirklich nur aus zwei banalen Sätzen? Und ist dieser Rocksong – jetzt, wo man den englischen Text wirklich versteht – tatsächlich so unglaublich sexistisch? Peinlich! Und hier – das ist ja der gleiche Synthesizer-Sound wie beim E-Pop-Genudel meiner Töchter! Und ein paar meiner Hits der 80er- und 90er-Jahre laufen sogar, man höre und staune, in der Dauerschleife des Folter-Senders, und zwar als Coverversion. Da wundern sich meine Mädels immer mal wieder, wenn ihr alter Herr einen Song eher erkennt als sie.
So allmählich finde ich darum einige aktuelle Songs tatsächlich auch ganz annehmbar. Und wer weiß – wenn ich sie in 20 Jahren wieder höre, werden sie mich vielleicht auch wieder zurückführen in eine turbulente, rauschhafte Zeit voller Leben.

Hauke Hullen (Jahrgang 1974) ist Lehrer für Deutsch und Sozialwissenschaften. Er und Ehefrau Katharina haben fünf quirlige Kinder und leben in Duisburg. Gemeinsam bilden die beiden das Kirchenkabarett „Budenzauber“.

Gelassen durch die Pubertät

„Sina ist zurzeit so ätzend“, stöhnt ein Bekannter. „Voll pubertär eben!“ – Ja, pubertierende Teenager können herausfordernd sein. Und manche Eltern fragen sich, wo denn ihr süßes Kind geblieben ist. Aber statt nostalgisch die gute alte Kindheit hochleben zu lassen, sollten wir Teenie-Eltern lieber das sehen, was unsere Teens jetzt sind: junge Menschen, die ziemlich durcheinandergewirbelt sind. Menschen, die viele Fragen haben – an sich und an andere. Mädchen und Jungen, die mit sich und anderen nicht immer gut klar kommen. Kinder, die ihre Eltern brauchen, aber ihnen das nicht zeigen können. Menschen, die gesehen werden wollen – von ihren Freunden, aber auch von ihren Eltern.

Weil diese ganze Phase für Teens und ihre Eltern so herausfordernd ist, haben wir ein Mini-Magazin speziell für Teenie-Eltern zusammengestellt. Mit Anregungen, wie Eltern ihre Teens gut durch die Pubertät begleiten können. Und mit Tipps, wie es gelingen kann, auch in Bezug auf den Glauben ein guter Begleiter zu sein. Wertschätzung schenken und Freiheit geben – das sind wichtige Schritte auf dem Weg.

Das Mini-Magazin haben wir den aktuellen Ausgaben von Family und FamilyNEXT beigeheftet. Man kann es aber auch als PDF auf unserer speziellen Teenie-Eltern-Website herunterladen: family.de/teens/. Hier haben wir auch weitere Artikel aus früheren Ausgaben von Family und FamilyNEXT zusammengestellt, die Teenie-Eltern helfen können, die Herausforderungen ihre Familienlebens zu meistern.

Übrigens: So wie Family und FamilyNEXT gute Begleiter für Eltern sind, ist es das Magazin Teensmag für Teenager. Vielleicht eine Idee für ein nachhaltiges Weihnachtsgeschenk? teensmag.net

Bettina Wendland

Redakteurin Family/FamilyNEXT